Moin Thomas,
Offensichtlich waren einige Mitglieder der aus obigen Gründen
bereits stark dezimierten sozialdemokratischen Fraktion der
Meinung, man solle aus Sicherheitsgründen der Reichstagssitzug
fernbleiben. Die meisten lehnten dies jedoch ab, weil sie
zumindest versuchen wollten das Ermächtigungsgesetz zu
Moin Marion,
Ach übrigens, besitzt du eine Liste dieser
Selbsthilfegruppensprachritualmaßstäbe ? *gg*
"Sprich’ nur von dir, kommentier nicht Gefühle anderer … "habe leider gerade kein Kompendium zur Hand.
Es lässt sich alles herrlich manipulieren: Man sagt nicht „Du bist doof“ sondern: „Mich erschrickt (oder noch besser: ängstigt) deine Gemeinheit.“ Richtige Fiesheiten sind sogar noch verletzender, wenn sie korrekt im Jargon gebracht werden.
Vielleicht haben wir es mit Relikten aus einer Zeit zutun, in der Frauen (und auch Kinder) in erster Linie als Besitz des Mannes angesehen wurden, und von einem Eigentümer nun mal erwartet wurde, dass er seinen Besitz verteidigt. Und da die Frauen sich nicht selbst verteidigen durften/konnten, blieb ihnen nichts anderes übrig als ihren Verteidiger zu stärken und
anzufeuern, um selbst mit heiler Haut davonzukommen.
Ja, das wurde wohl erwartet und ist emotional auch noch recht massiv „restverdrahtet“. Wobei diese Alarmierbarkeit noch eine Stufe höher hängt als sie das beim lieben Besitz tut.
Beim Zuhälter fallen diese Ebenen in eins, wenn er seine Verhältnisse „professionell sauber“ geordnet hat. Der verteidigt im V-Fall seinen Besitz und kann so etwas wie eine „Güterabwägung“ vornehmen, vergleichsweise cool bleiben und auch schon mal sagen „reg dich nicht so auf“ weil er schließlich selber auch als Bösewicht renommiert ist.
Also was ich sagen will: Wenn es Besitz wäre, wäre es anders. Ein Besitzer ist souverän gegenüber seinem Besitz. Als Mann habe ich mich oft gegenüber Frauen zu wenig souverän gefühlt. das war ein Abarbeitethema von mir.
Dem Rest der Männerwelt gebietet kein geringerer als Pablo Picasso: „Das Flüstern einer schönen Frau hört man weiter als den lautesten Ruf der Pflicht.“
Über Jahrhunderte galten Frauen in Kriegen ja auch nicht als
Gegner, sondern als Beute.
Das war wohl der unkreative Normalfall. Die Osmanen haben zudem noch kleine Jungs geraubt und sie zu prima eigenen Leuten gedrillt. Nachdem sie zudem Angelique für den Sultan geraubt hatten, traf den glatt der Schlag woraufhin sie ihn sogar beerben durfte, jedenfalls laut Romanverfilmung. Dabei könnten alle Räuber gewarnt sein: schon der Raub der Sabinerinnen endete im Zank der Räuber und konnte nur von ihrer „Beute“ geschlichtet werden und Franz Liszt resümierte: „Wenn ich nochmals eine Frau entführen sollte, würde ich den Gatten mitnehmen.“
Ohne Kalauer: Die „Troerinnen“ von Euripides sind da sehr eindrucksvoll. Diese werden nach Abschlachtung der Troer von den Griechen, die das überlebt haben, zur Raubverheiratung verfrachtet. Dabei lynchen sie fast Helena, der sie den ganzen Schlamassel anlasten. Als aktuell beste Partie gilt Hector - Witwe Androhmache, wäre da nicht ihr kleiner Sohn, den man verdächtigt, seine Mutter ewig an seinen Erzeuger zu erinnern, weswegen er weg muss, was sich ewig hinzieht, bis ein Freiwilliger verpflichtet ist, ihn von den Klippen zu schubsen.
Zu Zeiten eines Daseins als „Raubgut“ hatten die Frauen einen nie wieder erreichten Vorsprung an Lebenserwartung. Es hat durchaus eigennützige Gründe für die Männer gegeben, von Raub auf Verführung umzusatteln.
Noch zu meiner Jugendzeit war es völlig üblich, zum Beispiel in
Krimis mitanzuschauen, dass Frau hysterisch kreischend in der
Ecke stand, während „der Böse“ ihren „Held“ grade einmachte,
statt mal selbst mit Hand anzulegen und ihrem Held ein wenig
beizustehen, und das trotz Wissen, dass sie bei Versagen des
Helds vermutlich die nächste ist. Ich weiß gar nicht bei wie
vielen Filmen ich schreiend vorm Fernseher gesessen habe: „Nun
zieh ihm doch endlich „XY“ (beliebig austauschbar, je nachdem
was grad vorhanden war) über den Schädel du blöde hysterische
Ziege !!“.
Da gibt es ein breites Spektrum dramaturgischer Peinlichkeiten: Von pur nervtötenden „Scream-queens“ der Hitchcooks und Wallaces über kreative Minimalistinnen, die schon mal in einem Mantel-und-Degen-Film elegant mit einer Vase werfen oder einen Tisch umkippen bis hin zu tank-girls und 2nd amendment sisters (Frauenflügel der US-Waffenbesitzerlobby NRA, 2nd amendment=right to bear arms).
Dies war allerdings vor der Zeit, als mir bewusst wurde, dass
Medien auch absichtlich ein bestimmtes Frauenbild verkörpern
wollen und das der Held natürlich nach Erfolg (den er damals ja
im Endeffekt trotz zunächst ausweglosester Situation fast immer
hatte) dann nur um so strahlender (wenn auch etwa ramponiert,
aber nichts, was Frau mit ihrem Unterrockfetzen nicht richten
konnte) dastand.
Die Medien spekulieren auf die billigste und breiteste Stimulationsmasche. Und dass ist im Rahmen der Möglichkeiten von sog. Thrillern eine mäßige „damsel in distress“ oder „lady in peril“ Dramaturgie, die freilich erotisch nie auch nur ansatzweise durchdekliniert wird, sondern immer im Handlungsrahmen sozial-moralisch abgefedert und zugekleistert wird. Erotisch enttäuschend und sozial eine Zumutung.
Sozial war ich Emma Peel Fan. Eine ganz einmalige Gestalt. Nie wieder erreicht. Der Blick einer Königin und das Lächeln einer Scharfschützin. Aber so alt, wie John Steed aussah, wollte ich nie werden. Ich hatte es als politisch korrektes Kid mir damals nicht leicht gemacht. Die Vorgängerin von Emma Peel (Diana Rigg) war für mich charakterstrategisch Mae West. Ihre Interviews sind Legenden. „Würden sie alle ihre vier Gatten noch einmal heiraten?“ „Sicher, aber in einer anderen Reihenfolge“. Genial finde ich so etwas. Ich mag wirkliche Souveränität bei Frauen. Die finde ich leider sehr selten vor. Die Thatcher fand ich souverän und besessen (abgesehen von der ganzen Richtung) und das ist wohl immer etwas gefährlich.
Dabei war wohl nicht die wie auch immer benutzte Handtasche
das Problem, sondern die Methode, als Lady irgend so etwas
Drastisches wie Krieg oder Polizeieinsätze ad maiorem zu
begründen, also mit der rhetorischen Figur ?wenn ich als Frau,
dann ihr als Mann erst recht?. Das sie sich selbst damit ad
minorem setzte, ging bei den Konservativen locker durch.
Hier interpretierst du meiner Meinung nach aber in einem hast
du sicher recht, Thatcher war eine Art Schock für viele. Sowohl
für viele Feministinnen, die sich durch die stärkere politische
Beteiligung von Frauen eine größere „Befriedung“ der
Gesellschaft durch das einbringen „weiblicher“ Attribute
erhofft hatten, als auch für viele Männer, die nicht wussten,
was sie von so einer Frau nun halten sollten und ob man dieser
noch in den Mantel helfen solle/dürfe. Das Ergebnis war in
beiden Fällen jedoch fast das gleiche, nämlich dass Thatcher
viele Eigenschaften des „Weiblichen“ schlichtweg aberkannt
wurden, was soweit ging, dass die „Männlichkeit“ ihres Ehemanns
ebenfalls Gegenstand von allerlei Spott wurde.
Was sind die Männer, wenn die Ladys eisen sind? Vielleicht für Schmieröl zuständig? Die Metapher ist doof. Die Thatcher konnte eine extreme konservative Politik außergewöhnlich wirksam anpeitschen, befeuern und moderieren. Ich sage, nicht einfach, weil sie eine Frau war, sondern, weil sie die Möglichkeiten einer Frau, und zwar interessanterweise die einer konservativen und älteren Frau, unglaublich punktgenau appliziert hat. Ihr Repertoire war ja nicht das eines wet-t-shirt girlies, sondern das einer strengen Matrone oder Gouvernante, die meisterhaft „ex minorem, ad maiorem“ argumentiert und geführt hat. Sie wusste, wo der Bär seinen Nasenring hatte und wie sie ihn führen kann. Sie war eine Jeanne d’ Arc des Neoliberalismus und zugleich eines biederen hausmütterlichen Konservatismus.
Ich glaube, ihr Typ muss in dem Spiel öffentlich im Hintergrund bleiben, (incl. durch den Kakao gezogen werden) damit ihre Anhänger sich sie, von ihm unbeeinträchtigt, ständig als „noch nicht zufrieden mit dem erreichten“ etc. imaginiert halten können. Jeder Verdacht persönlicher Ausgeglichenheit könnte die Opferbereitschaft ihrer Blechritter schmälern. Und das durfte nicht sein, wo es überhaupt um Macht ging und nicht um Spaß.
Ich fand sehr interessant, dass die Le Pen Leute auf Jeanne d’Arc Gedenken machen und habe dann heraus gefunden, dass die Nazis das auch schon gemacht haben. Wahnsinn. Die klerikal-institutionellen Autoritäten habe sich da so titanisch „im Volksempfinden“ ins Unrecht gesetzt, dass heute noch, 500 Jahre später, das von Scharlatanen benutzt werden kann. Hast du die Neuverfilmung zu Ostern gesehen?
Die faszinierendste und unmittelbar charismatischste Frauen-Machtgestalt aber war Eva Peron, finde ich.
Für mich hat Frau Thatcher jedoch einen ganz wichtigen Beitrag
zur Emanzipation der Frau geleistet und ich gebe unverhohlen
zu, dass ich sie als Person bewundere, auch wenn ich ihrer
Politik größtenteils ablehnend gegenüberstehe.
Solche Leute haben ihre Größe und man sollte sicherlich so viel „imposantes“ und „funktionierendes“ wie möglich versuchen, herauszulesen. Die Thatcher verkörpert (mit den allfälligen Einschränkungen natürlich) bestimmt interessante Rollenmodellmomente. Keine Hemmungen, würde ich sagen, nimm mit, was dir passt, bezahlen müssen wir solche Leute eh.
Gruss
Thomas