Was haltet ihr vom letzten Vorschlag von Giscard D. dem Konventspräsidenten?
Die Eckpunkte:
Ein von den Regierungschefs gewählter Präsident der EU, der 6 Personen an seiner Seite hat (!); ein einzelner für die gemeinsame Außenpolitik zuständiger Außenbeauftragte, der in Rat und Kommission (wo er auch gleich den Vizekommissar abgibt), Veränderung der länderspezifischen Verteilung der Sitzplätze im europäischen Parlarment nach der Bevölkerungszahl (heißt: zu gunsten der großen Staaten).
(Nicht nur) Meiner Meinung nach bedeuteten diese Vorschläge folgendes:
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Der Rat (sprich die Regierungschefs)gewinnt deutlich an Macht. Zum Einen weil mit dem Präsidenten, nun die mächtigste Person der EU vom Rat abhängig wäre und ihm unterstünde. Zum Anderen weil der wichtige Posten des Außenbeauftragten zu einem großen Teil im Rat angesiedelt wäre. Wenn jener Posten dann auch noch von einem loyalen Politiker besetzt würde, könnte der Rat über ihn auch noch die Kommission in einer äußerst bedenklichen Art beeinflussen.
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Die Kommission verliert deutlich an Macht. Einerseits gesellt sich an ihre Seite plötzlich eine paralell laufende Institution (die 6 neben dem Präsidenten). Außerdem würde der Posten des Kommissionspräsidentens deutlich abgewertet durch den neu entstanden Präsidentposten.
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Das europäische Parlarment erhält keinerlei Machterweiterung. Außerdem werden die großen Staaten im Parlarment mächtiger und die kleinen unwichtiger.
Das sind die offensichtlichen Veränderungen die daraus resultieren. Aber was bedeuten sie?
Meiner Meinung nach folgendes:
Das Ziel der Demokratisierung und der transparenteren Gestaltung würde nich einmal Ansatzweise erfüllt. Einerseits weil das Parlarment als einzig demokratisch legitimierte Institution keine neuen Zuständigkeiten bekommt. Andererseits, und das ist demokratiepolitisch äußerst kritisch, wird die Macht des Rates (sowohl der Ministerrat als auch der Europäische Rat) drastisch vergrößert und die Kommission könnte unter zumindest teilweise Kontrolle des Rates gelangen. Dann löst sich die sowieso ungenügende Gewaltentrennung in der EU komplett in Luft auf.
Aber es würde nicht nur die Bürokratie und die Macht der (meiner Meinung nach) falschen Institutionen erhöht sondern etwas ganz anderes wird zerstört (was realpolitisch wahrscheinlich deutlich mehr Widerstand in der EU hervorrufen wird): Die Reformpläne von Giscard sind ja schon fast eine Einteignung und Entmachtung der kleinen Mitgliedsstaaten. Von Kompromiss ist da nicht einmal nichts zu finden. Wehren sich die kleinen Staaten schon wegen der Abschaffung der rotierenden Präsidentschaft, weil das auf ihre Kosten geht. Nein, das ist noch lange nicht alles. Aus der Kommission fliegen auch noch viele Kommissare der kleinen Staaten raus (sind dann teilweise „Berater“). Und als wenn das noch nicht genug für die kleinen Staaten zu verdauen wäre, werden ihnen gleich im Parlarment auch noch Sitze gestrichen.
Bitte,solch eine Reform KANN ein kleiner Mitgliedschaft ja gar nicht unterstützen. Da wird richtiggehend über Demokratie und Ausgewogenheit in der EU „drübergefahren“.
Ich glaube eine unveränderte Annahme dieser Vorschläge durch alle EU-Mitgliedsstaaten ist ungefähr so wahrscheinlich wie die Ausrufung der Bundesrepublik Europa.
Was war die Reaktion der Komission und des EU-Parlarments? Vorstellbarerweise vernichtend. Aber was noch viel intessanter ist: Der Konvent, dessen Präsident Giscard ja ist, kritisierte das alles am Meisten (wenns nicht so traurig wäre, wäre es zum Lachen). Denn diese Vorschläge von Giscard gehen glatt an den Anliegen und Entscheidungen des Konvents so weit vorbei als ob es diese gar nicht gäbe.
Was will dieser so große Staatsmann (der schon viel in seinem Leben zu stande brachte) mit diesen Vorschlägen erreichen. Will er den Konvent lähmen oder gar „vernichten“, damit die Regierungschefs nicht gar einer unangehmen neuen Verfassung (die ihre Macht beschneiden würde) zustimmen müssen, nur weil sie vielleicht nicht angreifbar ist? Will er vielleicht auch nur jetzt einmal provozieren, damit er ,dann wenn er von den Vorschlägen nur den Präsidentenposten durchsetzt, sagen kann, dass er ja eh einen Kompromiss gemacht hat? Ein ganz interessanter Aspekt den ich dem STANDARD entnommen habe könnte aber unter Umständen auf den gefinkelten Giscard D. zutreffen. Vielleicht will er mit dem Allem gar in Wirklichkeit, die in letzter Zeit geschwächen, Integrationisten im Konvent unterstützen. Und zwar dadurch, dass er sie wach rüttelt und die EU, die über diese Vorschläge sich zutiefst empörte (zumindest die EU abseits der Regierungschefs) dadurch wieder auf den Pfad der Demokratisierung und der weiteren Integration zurückführt.
wie Blair, Chirac, Aznar und Berlusconi)
Ich weiß es nicht was er will. Falls diese Vorschläge aber so in die EU-Verfassung kommen, werde ich bei einer allfälligen Volksabstimmung über sie mir schwer tun sie zu unterstützen.
Was denkt ihr darüber so darüber?
Grüße
Chris