Gnitz

Hallo Schwaben,

es würde mich mal interessieren, ob das Wort „gnitz“ (das schwäbische
Eigenschaftswort zu einer Eigenschaft etwa wie Bauernschläue) eigentlich quer
durch alle schwäbischen Lande gebräuchlich und bekannt ist.

Wer kennt es/bzw. nicht?

Gruß
Bolo2L

Servus Bolo,

südwärts an der Grenze zum Alemannischen geht es mindestens bis Detlang, wahrscheinlich bis Hafen, also schon ziemlich weit ins Alemannische hinein.

Um die Frage ethymologisch zu erweitern: Liege ich richtig in der Vermutung, dass das Wörtlein im Kern ganz prosaisch „genütz“ = „(sich selbst) nützlich“ bedeutet? In diesem Fall wäre die Steigerung dazu, ins Negative umschlagend, „vortlhäftig“…

Sey gegrüszt!

MM

Servus, Martin und Bolo,

nach dem „Schwäbischen Handwörterbuch“ von Fischer ist das Wort

**gnitz, knitz

im gesamten schwäbisch-allemannischen Raum bis ins Fränkische anzutreffen.

Und du siehst, Martin, dass deine Vermutung nicht ganz richtig war. :wink:

Der Artikel im Handwörterbuch ist umfangreich. Ich schau, dass ich in gescannt kriege. Dann kann ich ihn euch schicken.
Nachdem die rein negative Bedeutung lang und breit erklärt ist, heißt es dort:

…„wie boshaft, schalkhaft u. a. ist auch knitz in milderem, kaum oder gar nicht tadelndem Sinn gebraucht: neckisch, mutwillig, spaßhaft. Besonders von Blick. Die macht knütze Äugle; die hat a paar knitze Augen im Kopf u. ä.

Ich selber kenn auch die hier nicht angegebene Bedeutung: _bauernschlau, hintertrieben, auf clevere Weise seinen Vorteil suchend_und das auch in anerkenneder Weise.

Es gibt übrigens auch
die Knütze Leberegelkrankheit der Schafe.

Gruß Fritz**

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Hallo, Bolo,

Wer kennt es/bzw. nicht?

mir ist das Wort bisher weder im schwäbischen (Allgäu) noch im (mittel-)fränkischen Raum begegnet - ich werde mal rumfragen.

Gruß
Kreszenz

vortlhäftig
Hi Martin,

„vortlhäftig“…

warum negativ? Ich kenne das in der Bedeutung von gewandt.

Gruß Ralf

Kartoffelernte
Hi,

mir begegnete dieses Wort bisher ausschliesslich bei Kartoffelernten, da jedoch zuhauf.
Gnitze Kartoffeln sind zerhackte, faule, zu kleine usw. Kartoffeln, die von vorne herein den Huehnern vorbehalten sind.

Gruss,

Hallo, Helge und ihr,

mir begegnete dieses Wort bisher ausschliesslich bei
Kartoffelernten, da jedoch zuhauf.
Gnitze Kartoffeln sind zerhackte, faule, zu kleine usw.
Kartoffeln, die von vorne herein den Huehnern vorbehalten
sind.

Diese Bedeutung wird auch im Fischer genannt. Und damit das nun alle sehen können, hier der Artikel:

_ knitz

kein-nütz(ig) Adj.: nichtsnutzig, schlecht, bös u.ä.; verstärkt bodenknitz,

Verbreitung: O = Ost = Ulmer Gebiet, Brenz-Iller-Lech-Raum, W = West = Oberer Neckarraum, Freudenstädter Raum, Baiersbronner Gebiet, Enzgebiet SW = Südwest = Rottweiler Raum, Tuttlinger Raum, FRK = Franken

A. Form [hier kommen phonetische Varianten; diese phonetischen Zeichen kann mein PC nicht darstellen.]

B. Gebrauch. 1. physisch.

a. allgemein.: untauglich, schlecht. Bes. von Gegenständen, die durch Alter, Krankheit o.a. untauglich geworden sind: verdorben, faul u. ä. Ein Baum, Balken, Brett, Strick, Kleiderstoff udgl. ist k. Übtr.: K-er Strick abgeschlagener Mensch. Ebenso sind Äpfel, Birnen udgl. k. faul, fleckig; Nüsse, Bucheln udgl. sind k. taub.
Insbes. heißen die Kartoffeln k. (knütz, NW.), infolge Regens oder der Kartoffelkrankheit verdorben. Fleisch ist k. : wässerig, krank, verdorben. Auch eine schlechtbereitete Speise kann k. heißen. Ebenso schlechtes, verdorbenes Getränke.

b. Geld ist k. gefälscht oder abgeschätzt.

c. von mangelhafter Gesundheit.

ca. obj. und habituell. Ein Mensch (auch ein Stück Vieh) ist k., inwendig k., ganz k.: nicht an einer akuten Krankheit leidend, aber an einem schleichenden, unheilbaren Übel, z. B. Tuberkulose (k. auf der Brust), Nierenleiden o. ä. In dieser Bedeutung nur knütz(ig), auch im S. Spez. ist knütz (so überall) gebraucht von den Schafen, die die Leberegelkrankheit haben. -
cb. mehr subjektiv. Es ist mir keinz(ig) S., keinzelig, knütz: es ist mir unwohl, insbes. von Übelkeit, Brechreiz. Arzneien, Speisen, Getränke sind k. (verschiedene Formen) schmecken schlecht, sind einem zuwider.

  1. moralisch, von Menschen und menschlichen Handlungen.

a. streng tadelnd: nichtsnutzig, schlecht, verdorben. K-er Strick; so k. (k-er) als Galgenholz o. ä. - Öfters sind speziellere Übersetzungen möglich. Boshaft, bösartig (knütz N., keinzig S.; keinnützig verbr.).
Heimtückisch, hinterlistig (diess. Formen). Träge, verdrießlich. Unartig, unfolgsam, leichtfertig. Speziell: verdorben, leichtfertig in geschlechtlicher Beziehung. Ein k-s Mensch, Geschwätz. In allen solchen Fällen genügt aber der Begriff „nichtsnutz“, „nichtswürdig“.

b. wie boshaft, schalkhaft u. a. ist auch k. in milderem, kaum oder gar nicht tadelndem Sinn gebraucht: neckisch, mutwillig, spaßhaft. Besonders vom Blick. Die macht knütze (keinzige) Auge" (Auglein); hat ein knützes Paar Augen im Kopf u. ä._

Hermann Fischer, Schwäbisches Handwörterbuch

Gruß Fritz

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Servus Ralf,

im Raum BC-RV habe ich vortlhäftig als „nur auf den eigenen Vorteil bedacht“ kennen gelernt. Ob das im Sinn der neuen Wiener Nationalökonomie die Bewertung gewechselt hat?

Schöne Grüße

MM

Servus, Ralf und Martin,

mir ist der „Vortl“ (mit kurzem o gesprochen) aus dem Bruuslerischem meines Vater bekannt.

Und zwar verwendete er es meint in negierenden Sätzen: „I hann kain Vortel bei demm Gschäfft, dees muss da Dieta mache, der isch Linkshänder.“

Das Nomen meint da also: Handfertigkeit, Geläufigkeit, Geschicklichkeit.

Und wenn einer een Vortl hott, geht die Arbeit flott voran: es vortlt.

Gruß Fritz

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Hi Fritz,

Das Nomen meint da also: Handfertigkeit, Geläufigkeit, Geschicklichkeit.

manchmal muss sich schon wundern, das ist genau die Bedeutung, die ich aus dem Ostallgäu kenne. Jetzt sind wir schon drei: Du und ich und meine Quelle.

Gruß Ralf

Hi, Ralf,

ich habe mir jetzt aus dem „Woinemmer (Weinheimer) Wörterbuch“, das mir Elke zukommen ließ und aus dem Fischer Bestätigung geholt.

Fischer bietet zu „Vorteil“ die alternativen Schreibweisen _Vortel, Vörtel", aber keine Erklärung.
In Elkes Wörterbuch aber steht es fast wörtlich so, wie ich es angab.

Dank bei der Gelegenheit nochmals an selbige! :wink:

Fritz_

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pst…
Nahmd, Fritz,

Dank bei der Gelegenheit nochmals an selbige! :wink:

ich schließe mich gern an, aber wer ist Elke?

Gruß Ralf

ich schließe mich gern an, aber wer ist Elke?

Das ist jetzt nicht dein Ernst, diese Frage!!!

Diese Woinemerin, die zuerst in Südafrika und dann in Saudiarabien und jetzt irgendwo im Odenwald ihr Wesen trieb und treibt.

Eklastic war ihr Nick.

Gruß Frtz

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Servus Ralf & Fritz,

da tun sich jetzt zweierlei Nuancen aus dem Neukircher Eck auf:

Als Attribut ist mir „vortlhäftig“ fast ausschließlich in Zusammenhang mit dem Zauberwort „Siach“ begegnet, dem Außenstehende mit ungläubigem Kopfschütteln begegnen, weil es je nach Kontext sehr vieles höchst Verschiedene von hohem Lob bis gänzlicher Vernichtung bedeuten kann. „En vortlhäftiger Siach, en vortlhäftiger“ zu sein ist eine Reputation, die den Betroffenen schon beinah aus der bäuerlichen Nachbarschaft gegenseitigen Vertrauens und gegenseitiger Hilfe ausschließt, weil man nie weiß, wann und wie man das nächste Mal von ihm übers Ohr balbiert wird.

Irgendwo östlich von Neukirch-Wangen, wo das Allgäu im engeren Sinn anfängt, verläuft offenbar die Bedeutungsscheide.

In der gleichen Gegend heißt das mir unbekannte „es vortlt“ soviel wie „es b’schiaßt“, normalerweise auf eine Person bezogen, die dabei im Dativ steht: „Dem b’schiaßts“ ist ein hohes Lob für einen, der z.B. beim Heuen grad einmal das Doppelte hinlegt wie ein anderer, z.B. weil er sich vorher überlegt, wie ers angeht.

Seyd gegrüszt

MM

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Danke, MM,

da geht’s um feinste Nuancen! Immer wieder schön, wenn die Bedeutung plötzlich kippt. Ein wenig derber vom Lechrain: Hund sans scho, dee Andern, ôber mia san dee gressan.

Gruß Ralf

Moin, Fritz,

Eklastic war ihr Nick.

eh kloa, in diesem Brett hätte ich sie aber nicht gesucht.

Gruß Ralf

Ich selber kenn auch die hier nicht angegebene Bedeutung:
bauernschlau, hintertrieben, auf clevere Weise seinen
Vorteil suchend
und das auch in anerkenneder Weise.

Im Sinn von gerissen, bauernschlau, hintertrieben verwendet man den Begriff auch
bei uns auf den Fildern.

LG
Edith