Hallo Tychiades,
das laute Aussprechen
wäre für mich kein Problem, wenn ich es denn als katholische Lehre klar erkennen könnte („es“? was ist es?).
Ich lese also erst einmal von einem Ereignis, bei dem Menschen zu Schaden kommen. Allem Anschein nach ruft dieses Ereignis in den Köpfen der Zeitgenossen eine gewisse Ratlosigkeit wach, die nicht zuletzt in der Frage zu gipfeln pflegt: Wo ist Gott?
Die kirchliche Erklärung dazu ist nun etwas vereinfachend gesagt die, dass Gottes Gedanken nicht unsere Gedanken sind, bzw. dass nicht aus der blossen Existenz des Leidens geschlossen werden kann, es gebe keinen Gott. Durch die schlimmen Ereignisse soll unter anderem den Menschen bewusst werden, dass sie leben, wer sie sind und besonders wer Gott ist bzw. was der Gottesbegriff der Gemeinschaft überhaupt sagen kann, oder (anders gesagt) welchen Sinn das Wörtchen „Gott“ für einen Christen macht oder machen kann.
Vor diesem Hintergrund erstaunt es, wenn Du die
Strafen Gottes
gerade für
wegerklärt
hältst, in dem Moment, wo sich die Gottesfrage überhaupt stellt. Natürlich komme ich hier um den Verdacht der Unseriosität nicht herum. (Wieder mal einer, so will es mir scheinen, der gerne ein wenig polemisiert, weil er noch schnell den Link zwischen „Päderasten“ und „Strafe Gottes“ als katholische Lehre suggerieren kann, aber es ist ja unbestritten, dass dieser Konnex auch in katholischen Voten aufgetaucht ist. Lassen wir das und bleiben bei der Frage, ob bzw. wann Gott straft.)
Biblisch betrachtet, gibt es eher wenig klare theologische Aussagen im Zusammenhang mit Schadenfällen als Strafen; zwar gibt es von Gott her Folgen für konkretes Verhalten, welche einer Art Strafe gleichkommen, besonders etwa bezüglich Adam und Eva und dann sehr deutlich immer wieder angedrohte Folgen für das Verhalten des Volkes Israel. Diese Strafen sind aber nicht als erschreckende Unglücksfälle gezeichnet, wie sie etwa in Naturkatastrophen oder eben bei Unfällen wie in Duisburg anzutreffen sind.
Konkret angedrohte und durchgeführte Strafen boshaften Verhaltens, welche auch mit dem Gedanken des Unglücksfalls verbunden werden können, etwa im Sinn der Todesstrafe für einen schlechten Lebenswandel, sind in der Bibel eher selten klar auszumachen. Da kann am ehesten Noah mit der Sintflutgeschichte noch herhalten, an deren Ende gerade verlautet, Gott werde „die Erde der Menschheit wegen nicht noch einmal verfluchen“ (Gen 8,21), also wo eben gerade gesagt wird, dass Gott für uns kein strafender Gott (mehr) ist.
Die nächste Stelle, an der Gott als strafender Gott erscheint, ist die Geschichte der Vernichtung von Sodom und Gomorrha (Gen 19). Vorausgegangen ist hier aber das Feilschen Abrahams mit Gott („wenn in der Stadt fünfzig- fünfundvierzig- … zehn Gerechte sind, dann vernichte sie nicht um der zehn willen“, Gen 18). Das heisst, es ist schon von vorneherein auf Individuen abgezielt, für die nicht gebetet worden ist, im Gegensatz zu solchen (den wenigen Geretteten wie z. B. der Verwandte von Abraham, Lot), für die gebetet wurde. Ich kann somit etwas sagen: Wenn ich Gott rufe, besteht die Möglichkeit, dass Katastrophen und Unglücksfälle verhindert werden. Was ich hingegen nicht sagen kann, ist, ob derjenige, der darin umkam, gut oder böse war.
Wer weiss, welchen Tod ich sterben muss, damit die Menschen wissen, ob ich gut oder böse war? Keiner weiss es, denn Jesus antwortet auf dieses Problem mit dem moralischen Anspruch an alle Menschen, also so, dass kein Mensch ein besseres Ende verdient als diejenigen, die in Katastrophen oder Unglücksfällen umkommen (Lk 13,3).
Gruss
Mike