N`Abend,
du musst schon unterscheiden zwischen meiner Meinung und
meinen Beispielen.
Du kannst sicher sein, daß ich das tue. Ich bin ja auch nicht konkret auf dich eingegangen, sondern lediglich auf die von Dir angeführten Beispiele.
Ich selbst halte (als weitgehender
Kantianer und nicht religiöser Mensch) natürlich auch
die Gottesbeweise nicht für richtig. Ich habe nur Beispiele
für Positivversuche gegeben. Dass es sich nicht um
naturwissenschaftliche Definitionen handelt, ist doch
selbstverständlich.
Vielleicht ist dir die Definition „Gott ist der erste Beweger“
verständlicher.
Mir sind etliche Theodize-Versuche durchaus bekannt. Ich verlange ja auch keine „naturwissenschaftlichen“ Definitionen Gottes, ich halte sie, sofern sie Untersuchungen standhalten sollen, sogar für unmöglich!
Aber eine Definition soll, damit ich damit etwas anfangen kann, auch konkretes enthalten.
Die Formulierung ist (bei Thomas von Aquin) so gemeint, dass
in Gott alle Möglichkeiten vorhanden sind, also auch
diejenigen Möglichkeiten, die in der Wirklichkeit nicht
gleichzeitig auftreten können; in der Möglichkeit können sie
es: Gott ist die „Actualitas omnium actuum“. Die Vereinigung
der Gegensätze in Gott ist ein Thema das bis zu Cusanus und
darüber hinaus ein wichtiges Thema war. Gott ist also in dem
Sinne vollkommen, dass in ihm nichts fehlt bzw. unmöglich ist.
DAS ist doch schon mal konkret. D.h. also Gott ist z.B. allmächtig.
Wenn jetzt die bekannte Entgegnung kommt: „Kann Gott denn einen Stein erschaffen, der so schwer ist, daß er ihn selbst nicht mehr bewegen kann?“, dann hieße die Antwort des Aquinius sicherlich, das sei eine zu beschränkte Sicht, da Gott ja alle Gegensätze in sich vereinige, womit die Definition mich matt setzt, weil selbst logische Widersprüche Gottes Existenz noch untermauern könnten.
Gott=Liebe? Demnach ist Gott nur ein Gefühl? Oder die Liebe ein Wesen?
Diese Formulierung hängt mit dem moralischen und dem
teleologischen Gottesbeweis zusammen und behauptet, dass es
einen Urheber der Zweckmäßigkeit geben muss. Das ist natürlich
wiederum keine Realdefinition im naturwissenschaftlichen Sinn,
aber diese Einschränkung des Begriffs von Definition ist ja
auch erst eine neuzeitliche Erfindung.
Entsteht die Zweckmäßigkeit Menschlicher Existenz nicht letztlich erst durch die Erfindung einer höheren Instanz? Ich empfand diesen Gottesbeweis schon immer als einen Zirkelschluß.
Ich finde es nicht besonders nett, dass du deine
Einschränkungen von Begrifflichkeiten als Maßstab für alle
Denkweisen nimmst. Das ist neuzeitliche Hybris, die sich
inzwischen schon wieder überlebt hat.
Mag sein, ich denke aber den Schaffer dieser Worte („Wahrheit aller Wahrheiten“) wird es vermutlich nicht mehr stören.
Aber es ist doch eine Null-Aussage. Wenn ein gott tatsächlich existiert, dann ist er natürlich wahr, wenn nicht klingt die Sache immer noch gut, dann ist „er“ eben die Lüge aller Wahrheiten.
Du unterscheidest nicht zwischen der sogenannten „natürlichen
Theologie“ auf der einen Seite und der „Offenbarungstheologie“
auf der anderen Seite. Erstere versucht mit logischen Mitteln
auf der Seite des Wissens zu argumentieren, letztere ist keine
Wissens-, sondern eine Glaubensfrage.
Wenn es wie hier um Gottesbeweise geht, kann ich doch die Offenbarungstheologie guten gewissens bei Seite lassen, da sie offensichtlich nicht versucht, Beweise zu führen.
Die Frage, wie beides
zusammen existieren kann, ist wieder eine andere.
Gottesbeweise sind Bestandteil der natürlichen Theologie.
Vielleicht irritiert dich aber auch der Begriff „Beweis“
(einfach, weil du gelernt hast, dass das Wort bedeutet, etwas
mathematisch-naturwissenschaftlich abzuleiten).
Zuindest bei Thomas von Aquin war sowas ja auch der Sinn der Sache.
Wenn das so
ist, kann ich nur darauf verweisen, dass du auch diesen
Begriff sehr eingeschränkt verwendest. Neben den deduktiven
Beweisen gibt es mindestens noch induktive und abduktive - und
beide haben in der Naturwissenschaft selbst nichts zu suchen,
Als Beweise vielleicht nicht, aber letztlich arbeitet die Naturwissenschaft doch hauptsächlich Induktiv. Die meisten „Beweise“ naturwissenschaftlicher Theorien sind ja streng logisch gesehen gar keine solchen, sondern nur „Hinweise“.
Allerdings wäre ich dir dankbar, wenn du mir erklärtest, was ein „abduktiver“ Beweis ist, davon hab ich tatsächlich noch nichts gehört.
Es zeigt sich: Es gibt keine vernünftigen Gottesdefinitionen.
Ich will das gar nicht bestreiten, sondern ich hatte lediglich
die Frage beantwortet, ob es positive Definitionsversuche
gibt.
Ich habe auch keine dieser Definitionen dir persönlich zugeordnet. Ich wollte nur Zeigen, daß die Definition Gottes tatsächlich das große Problem ist, das in der Ausgangsfrage angesprochen worden ist.
Wenn Gott ein empirisches Naturereignis wäre, hättest du
Recht. Wir können gerne darüber diskutieren, ob die Empirie
allesumfassend ist (wie du stillschweigend voraussetzt). Man
kann sehr schnell zeigen, dass die Empirie von ihren
Voraussetzungen abhängt, die ihrerseits selbst
nichtempirischer Natur sind.
Ich behaupte nicht, daß wir „alles“ erfassen können, aber das, was wir auf keinen Fall erfassen können, ist uns auch absolut unzugänglich und somit auch nicht von Interesse.
Wenn ein göttliches Wesen außerhalb unseres Fassungsbereich existiert, dann hat es doch keinen Einfluß auf uns - weder positiver noch negativer Natur. Wenn es doch irgendwie Einfluß auf unseren Erfassungsbereich hat, dann kann es imho nicht vollkommen außerhalb der Empirie liegen.
Folglich macht man das heute nicht mehr gern,
weswegen es auch so viele Agnostiker gibt.
Das verstehe ich nicht, du solltest vielleicht mal den Begriff
„Agnostiker“ nachschlagen. Darüber gibt es auch etwas im
Archiv von Metapher und mir.
Brauch ich nicht. Was ich meinte ist folgendes: Agnostizisus ist in sofern eine korrekte Haltung, weil man ja nicht wissen KANN, daß es keinen Gott gibt. Man kann es nicht wissen, weil keine konkreten Definitionen gemacht werden. Ginge es nur beispielsweise um den christlichen Gott (nach Definition der katholischen Kirche e.g.), wäre eine logische Widerlegung kein Problem. Aber selbst dadurch, daß ich alle „existierenden“ Götter aller Religionen widerlege, weiß ich noch nicht, daß es nicht doch IRGENDWAS gibt, das wir als Gott bezeichnen würden.
Niemand verlangt von dir, dass du Gott leugnest.
Mach ich inkonsequenter (s.o.) Weise aber. Anstatt an Gott könnte ich sonst auch genausogut an dreihundert verschiedene nicht erfaßbare Schlabberabums glauben, was ich schlicht für unsinnig halte. Ich beschränke mich mit meinem ebenso beschränkten menschlichen Geist dann doch lieber auf die Empirie, die zwar nicht alles umfaßt, aber doch alles, was ich zu erfassen im Stande bin.
Aber es verlangt auch niemand von dir, dass du die Gottesbeweise
mitmachst. Die Gottes beweise sind nämlich im Grunde nur
Beweis versuche auf logischer Basis.
Da liegt ja der Hund begraben. Logisch sind die Gottesbeweise doch soweit ich weiß ausnamslos widerlegt worden.
Auf
naturwissenschaftlicher Basis hast du natürlich ein Problem,
nämlich dass die Logik nicht empirisch ist, du also keine
Möglichkeit hast, etwas anzuzweifeln, was du schon vorher
methodisch ausgeschlossen hast. Dein Zweifel beruht
also auf einem Missverständnis.
Gott naturwissenschaftlich zu beweisen (oder auch seine Nichtexistenz) liegt mir fern, weil die Naturwissenschaften - dessen bin ich mir durchaus bewußt - ja auch nur ein Bild der Wirklichkeit entwerfen, mit dem Ziel, eben diese besser beschreiben und VORHERSAGEN zu können
Damit ist natürlich noch lange nicht gezeigt, dass das
Ergebnis anders wäre, wenn du die Naturwissenschaften
verlassen würdest, aber das ist ja auch nicht das Thema und
auch nicht meine Absicht. Was aber gezeigt ist, ist, dass du
mit deiner Skepsis die empirische Ebene nicht verlassen hast.
…was mir auch nur bedingt sinnvoll erschiene
Auf dieser Ebene forderst du einerseits die Falsifizierbarkeit
im Popperschen Sinn, andererseits aber die Verifizierbarkeit
im Sinne Carnaps.
Zumindest von jemandem, der einen Gottesbeweis auf eben dieser Ebene versucht!
Beide Methoden habe ihre Grenzen (und
außerdem darf man sie nicht gleichzeitig fordern).
Wieso nicht gleichzeitig? Meine bisherige Vorstellung von Positivismus war immer so gewesen, daß man immer BEIDES von einer Theorie verlangen muß. Ich bitte um Aufklärung - auch wenn ich mich offenbar manchmal etwas verbohrt (besonders bezüglich Empirie) anhöre, kann es nie schaden, den eigenen Horizont zu erweitern.
Herzliche Grüße
gleichfalls
L.