Grenzen der Wissenschaft, oder was ist beim Erstellen von wissenschaftlichen Modellen zu beachten

_Einleitung

Speziell am Hummelflug wird ein Beispiel gegeben, wie Wissenschaftler mit Modellen umzugehen haben.

Die Frage war, daß behauptet wurde, eine Hummel könne nach den gängigen Modellen der Aerodynamik nicht fliegen._


Natürlich stimmt das nicht, denn Naturwissenschaftler sind keine
Idioten und blind sind sie auch nicht. Jeder kann schließlich
sehen und hören, wie Hummeln fliegen.

Es wird aber eine gewisse Problematik in den Wissenschaften
angesprochen, die von Laien oft nicht verstanden wird und auch
Gegnern von Naturwissenschaften oft in dümmlicher Manier gegen
die Naturwissenschaften wettern läßt.

Das Problem ist, daß man von Vorgängen in der Natur Modelle
erschafft. Diese Modelle spiegeln die wesentlichen Eigenschaften
eines Effekts/Vorgangs wider, sind aber mit gewissen
Unzulänglichkeiten und Fehlern behaftet. In Konsequenz gelten
sollche Modelle nur bei Beachtung bestimmter Randbedingungen
(sind also nur vernüftig anwendbar innerhalb gewisser Grenzen).

Wird aber versucht, ein solches Modell für Vorgänge zu benutzen,
welche weit außerhalb der festgelegten Randbedingungen liegen,
dann versagt das Modell und es kommen stark fehlerhafte Ergebnisse
zustande. Dies wird dann eben oft als totales Versagen der
Wissenschaften interpretiert.
Das ist natürlich Blödsinn, denn Wissenschaftler kennen meist
die Grenzen und Randbedingungen in denen ihre Modelle gültig
sind und sagen ja auch meist vorraus, daß es außerhalb dieser
Bedingungen nicht klappen wird.
Wer also ein untaugliches Modell benutzt, muß sich nicht
darüber aufregen, daß das Modell mies ist, sondern darüber, daß er selbst keine Ahnung hat.

Im vorliegenden Fall kann man eben Strömungsmodelle
(bestimmte Gesetze für Strömungen von Gasen), die für sehr große
und starre Flugzeugflügel geeignet sind nicht auf die winzigen
beweglichen Flügel der Insekten anwenden.

Genauso kann man die klassischen Gesetze der Mechanik zwar
gut auf einen geworfenen Stein anwenden, aber für ein
Elektron oder ein Photon sind diese Gesetze nicht vernüftig
anwendbar. Da käme nur großer Unsinn raus.

Peter(Too) hat auch seine Gedanken dazu beigetragen:

Vielleicht sollten wir uns einmal grundsätzlich darüber unterhalten, wie Wissenschaft überhaupt funktioniert.

Nehmen wir mal, als Beispiel, den alten Newton.
An irgendeinem Tag hat er sich darüber Gedanken gemacht, wieso die Äpfel vom Baum immer auf den Boden fallen. Darauf hat er die Gravitation erfunden, also ein mathematisches Modell erstellt, welches sie erklärt und berechenbar macht. Die Äpfel konnten das, auch ohne Theorie, schon seit Millionen von Jahren.

Wenn man nun so eine Formel hat, kann man damit rumspielen. z.B. kann man statt mit Äpfeln das Ganze für Birnen berechnen. Der nächste Schritt ist dann, dass man sich einen Birnbaum sucht und überprüft, ob das berechnete Ergebnis auch mit dem Verhalten der Birnen übereinstimmt. Ist dies nicht der Fall, ist die Theorie irgendwie falsch. Stimmen die Ergebnisse überein, ist man einen Schritt weiter.
Aber ob das alles auch für Bananen stimmt weiss noch keiner.

Praktisch hat man aber noch das Problem, dass beim Messen immer eine Messungenauigkeit besteht und es auch mal einen Fehlversuch gibt. Es gibt also praktisch immer kleine Abweichungen zwischen den Messungen und den Berechnungen. Jetzt weiss man aber nie ob der Fehler bei den Messungen zu suchen ist oder bei der Formel.

Wenn so eine Theorie veröffentlicht ist, versuchen andere Forscher natürlich auch, die Ergebnisse nachzuvollziehen. Es könnte ja sein, dass sich amerikanische Äpfel anders verhalten als englische.
Wenn sich die Ergebnisse einer Theorie überall nachvollziehen lassen, scheint sie brauchbar zu sein.

Weitere Forscher werden sich dann noch weitere Experimente ausdenken um die Theorie zu überprüfen, z.B. kann man das Ganze auch noch für einen mit Helium gefüllten Luftballon berechnen …

Allerdings ist eine Theorie nicht mit der Wirklichkeit zu verwechseln. Es ist nur ein Modell, welches mit den Beobachtungen übereinstimmt, oder auch nicht. Solange das Modell, alles was überprüfbar ist richtig beschreibt, wird sie als gültig anerkannt.
Neue Erkenntnisse können immer dazu führen, dass eine Theorie überarbeitet werden muss.

Oft werden dann, besonders in der Technik, auch eigentlich überholte Modelle, weiter benutzt, z.B. weil sie einfacher zu berechnen sind und für die Praxis genügend genaue Resultate liefern.

Ein Beispiel wäre da das Bohrsche Atommodell, das wurde hier letzthin auch behandelt.
In der Elektrotechnik und teilweise in der Chemie, kann man das meiste mit den kreisförmigen Elektronenbahnen erklären. z.B. die Bindungen lassen sich damit noch erklären. Wenn es aber darum geht wieso Wasser ein Dipol ist, benötigt man das komplexere Modell mit den Keulen.

Hieran sieht man, dass eine Theorie über Jahrzehnte gut funktioniert, aber dann von einer neuen abgelöst werden muss, weil sich nicht alle neuen Beobachtungen damit erklären lassen.

Auch die Geschichte mit dem Urknall ist nur eine Theorie. Für das was wir heute beobachten können, liefert sie die passenden Resultate. Aber damals war ja keiner dabei und es könnte alles auch ganz anders gewesen sein …

Das Problem ist dabei, dass wir annehmen, dass das Ganze linear abgelaufen ist.

Stell dir vor du kennst die genauen Daten der Flugbahn eines Balls. Allerdings nur die letzten 3 m. Aus der Masse, Geschwindigkeit und der Richtung, kannst du nun berechnen wo der Ball herkommt.
Wenn du jetzt aber nicht weisst, dass der Ball vorher an einer, für dich unsichtbaren, Glasscheibe abgeprallt ist …