Hallo Jana,
ich denke, im Großen und Ganzen stimmen wir zwei ziemlich
überein. Paar Sätzchen von mir hast Du leider etwas aus dem
Kontext gerissen, deshalb nehme ich nochmal dazu Stellung:
Tut mir leid.
Ja, das ist sicherlich richtig. Aber was sind diese wenigen
Jahrzehnte in der Weltgeschichte? Und wie lange ist das Ende
des Kalten Krieges her? Noch nicht einmal in Deutschland ist
die Überwindung der Wiedervereinigung wirklich vonstatten
gegangen, geschweige denn eine Negation der ehemaligen
Polarisationen?
Stellt sich nur die Frage, wie man besser „darüber hinweg kommt“, durch „GrasüberdieSachewachsenlassen“ oder aktives handeln in gemeinsamen Interesse. (Antwort kannst du dir auf diese Frage sparen, ich glaube sie schon zu kennen )
Raimund schrieb von Hektik und mischte sich fein säuberlich
einige schwere Zeiten nach dem Krieg und das Jetzt und Heute
so zusammen, wie es ihm so in den
So-muss-es-gemacht-werden-Kram passte. Vor allen Dingen darauf
bezog sich meine Kritik. Nicht gegen den Gedanken EUROPA.
Habe ich auch so empfunden.
Absolut. Ein gesundes Gleichgewicht ist immer Grundlage für
ein Miteinander. Das liegt wohl in der menschlichen Natur.
Was ist das „gesunde Gleichgewicht“ zwischen einem 81 Mio.-Volk und einem 8 Mio.-Volk? Hierin seh ich noch ein Riesenproblem.
Hier sind wir bei dem Auseinanderreißen, was ich oben
angesprochen hatte. Seine, Raimunds, abenteuerliche Phantasien
waren für mich die großdeutschen Wahnvorstellungen,
keineswegs, dass sich ein starkes Europa entwickeln muss. Das
steht ja wohl außer Frage, und zwar nicht nur in Bezug auf die
USA, auch Russland und seine zukünftige Rolle in der Welt ist
nicht zu vergessen.
Ach, vor den Russen habe ich diesbezüglich weniger Agst als vor den Chinesen. Die bisherigen Konflikte Deutschland-Rußland gingen doch eigentlich ausnahmslos um Land, die Zeiten dürften wir überwunden haben.
Hier besteht mitnichten eine der größten Gefahren. Nicht ganz
umsonst basieren viele der innereuropäischen Streitigkeiten
auf Kompetenz bzw. deren Fehlen. Raimunds Vorschlag hinter den
Zeilen war wohl, dass Deutschland der Bestimmer sei. Doch da
liegt der Hase für mich im Pfeffer, beim „Bestimmer“…
Da greife ich gerne dein Argument der Notwendigkeit einer europäischen Verfassung auf. Innerhalb einer solchen müßten natürlich erst einmal die Kompetenzen abgesteckt werden.
Ohh-haah, im Detail liegt der Sturm im Wasserglas. Ich nenne
nur einmal Spanien mit seinen Basken (die ja auch in
Frankreich Gewicht haben), und die „paar Lappen“ ergänzen sich
noch um die Samen… etcetera etcetera… Und all das ist zu
beachten.
Lappen und Samen bilden doch jetzt schon in ihren Staaten (mit denen zumindest die Lappen aber relativ wenig am Hut haben) die Minderheit - trotzdem gibt es da keine Gewaltauseinandersetzung. Wie ich bereits erwähnt habe, dürfte gerade für Minderheiten, die regional Mehrheiten stellen, eine Verbesserung der Lage erfolgen.
Nicht ganz ohne sind in heutigen Zeiten der
Globalisierung die Identitätsängste der verschiedensten
Völker.
Psychologische Probleme dieser Art wurden in der Vergangenheit meist von großen Rednern (Lenin, Göbbels, DeGaulle) „gelöst“. (Wie gut, daß ich kein Politiker bin, sonst hieß es direkt wieder, ich habe DeGaulle mit Göbbels in einem Zusammenhang genannt…)
Ehrlichgesagt fällt mir da auch nichts besseres ein. Man kann das Weltgeschehen nicht rückgängig machen.
Probleme gibt es in diesen Fällen nur da, wo die
mittel/nord/südwest-europäische Kultur weiter durch
konfessionell gebundene veraltete Macht- bzw.
Repräsentationsstrukturen unterteil wird oder bestimmten
Mehrheitsgruppen die Verwaltung ihrer Gebiete aus historischen
Gründen aberkannt wird (Nordirland, Baskenland).
Ganz so einfach ist es dann wohl leider doch nicht.
Dann vergleich doch mal Nordirland mit Lappland.
Es dürfte sogar von enormer Bedeutung sein, die nationalen
Identitäten zu fördern, sozusagen das Gesicht der Menschen
dahin gehend zu wahren. (Idealistisch?)
Von regional verschiedenen Mentalitäten einmal abgesehen, wird das letztlich zu einem nationalen Symbolismus führen, wie er eigentlich in ganz Europa schon praktiziert wird, bei uns allerdings nur bei Fußballspielen.
Ich denke, ganz im Gegenteil, es ist wichtig, gerade Staaten
wie die Türkei an sich zu binden, um für die Zukunft starke
Bindungen aufzubauen, die ein auch vielleicht religiös
bedingtes (der Laizismus in der Türkei ist da ein Problem)
Ausscheren aus einem politischen Miteinander weitestgehend
verhindern zu können.
Starke Bindungen meinetwegen, aber es ist doch klar, daß je unterschiedlicher die Mitglieder sind, der kleinste gemeinsame Nenner umso geringer wird. Und das will ich gerade nicht. Die EU soll deutlich stärker werden, nicht sich selbst in ihren Möglichkeiten beschneiden.
Was wir sind: Eine goldene Geldkuh.
Es gab Zeiten, da hat Deutschland nichts anderes tun können,
als nehmen. Leider will da niemand mehr so recht dran erinnert
werden. Ein moralisches Verkommen, finde ich…
Nun, von der EU respektive EG haben wir netto nie besonders viel erhalten. Wenn wir genommen haben, dann von den Amerikanern, die sich das aber in anderer Form mehr als zurückverlangt haben. Ich halte auch icht viel von der Erbschuld-Theorie gegenüber den Amerikanern, die weder mit dem Eingreifen in WKI, noch mit dem Verschwinden bei den Versailler Verträgen, noch bei dem Wiederaufbau nach WKII nach deutschem, sondern nur nach eigenem Interesse gehandelt haben. Daß die Sowjetunion (paradoxerweise nur durch das Eingreifen der USA in WKII) nach 1945 als Siegermacht und Gegenpol zu Amerika dastanden, war historisch ein unglaubliches Glück für Dtl., da dies der Grund war für die Amerikaner, Dtl. beim Aufbau zu helfen, um so einen tauglischen Puffer zwischen Rußland und dem Rest Europas zu haben! D.h. nicht, daß ich pro NS-Regime argumentiere, sondern ich will nur Amerikas Motivationen hinterfragen.
Aber es geht doch um das, was wir sein KÖNNTEN.
???
Die Macht, die uns zu sein zusteht!
Aus welchen Gründen auch immer, die Vorteile gibt es nur mit
unumschränkter Anerkennung der demokratischen Grundprinzipien.
Wer das Eine will, muss das Andere mögen. Wer den politischen
Willen hat, hat meines Erachtens nach auch eine Chance
verdient. Schließlich können viele Beitrittskandidaten nicht
originär etwas für ihre momentane Wirtschaftssituation. Und
wenn ich an Polen denke, dann könnte sich Deutschland durchaus
eine wirtschaftliche Scheibe abschneiden, was das betrifft.
Da spiel ich mal Radio Eriwan:
Im Prinzip ja, aber…
Wer soll das bezahlen?
Und von neuen Absatzmärkten brauch man mir auch nicht zu kommen, wir sind doch jetzt schon der Haupthandelspartner dieser Staaten. Wenn es aber tatsächlich zur osterweiterung kommen soll, dann muß zumindest vorher das Subventionssystem für die Landwirtschaft deutlich abgebaut werden(Und versuch das mal!).
England ist eigentlich immer einen seperaten Weg gegangen.
Ja, ihnen brennt noch der Verlust ihres Weltreiches schwer in
der Erinnerung.
Scheint so.
Da gegen die Briten eine solche Veränderung aber
nicht möglich ist, werden sie wohl schon deshalb in der EU
bleiben, um eine groß angelegte Stärkung derselben zu
verhindern. (Gleichgewicht der Kräfte IN Europa, nicht
Europa-USA war schon immer britische Maxime)
Das ist jetzt aber widersprüchlich: Indem die Briten in der EU
bleiben, stärken sie sie ja selbst. Das würde einem
schizophrenen Harakiri gleichkommen, wäre das ihre Intention.
Und für so dumm halte ich die Gentlemen auf gar keinen Fall!
Das ist nicht dumm und auch nicht widersprüchlich, es ist hinterlistig und perfide!
Indem ich in einer Institution bleibe, um sie kontrollieren und in ihrer Entwicklung bremsen zu können, habe ich doch viel bessere Möglichkeiten dazu, als wenn ich das von außen versuche.
Davon abgesehen unterhält die britische regierung außerordentlich engere Beziehungen mit den USA als der Rest Europas. Das ist jetzt keine Verschwörungstheorie, sondern ein Factum. Wenn kein vereinigteres Europa entsteht, kann es auch nicht stärker werden als ein dann vielleicht ausgetretenes Vereinigtes Königreich.
Chirac war und ist einer Derjenigen, die gerade in jüngster
Vergangenheit offen ihre Position pro Schröder dargelegt
haben. Diese Herren sind mindestens vom gleichen Format.
Schröder zeigt nur im Wahlkampf Flagge (auf zugegebenermaßen sehr ungeschickte Weise - obwohl, die Wahl hat er ja damit gewonnen), versucht dann aber eine Ersatzleistung anzubieten (Afghanistan). Chirac setzt seinen Willen ohne Rücksicht auf Verluste durch (Wie ein Aerikaner, was ihn leider nicht gerade zum hervorragenden Europapolitiker - wie Mitterand - macht, siehe Mururoa).
Die NATO ist inzwischen ein Witz.
Das sehe ich keineswegs so
Wenn man sie als reines Verteidigungsbündnis betrachtet, dann wohl nicht, aber sonderlich sinnvoll ist sie ansonsten nicht mehr.
Dass die Amerikaner hier versuchen zu erpressen, das denke ich
auch oft. Oft und ziemlich plump.
Aber mit recht. Dem Recht des stärkeren, bzw. des einzig Starken, was leider etwas völlig anderes ist als das Völkerrecht!
Deshalb brauchen wir die starke EU, so schnell wie Möglich.
Ein Beispiel: Bei uns (Nähe Koblenz - ehemals französische
Residenz!) gibt es ein sehr gespaltenes verhältnis zu
Frankreich.
Das gab/gibt es bei mir in Brandenburg auch, nur zu den Russen
Na, hier gibts doch einen kleinen Unterschied, zum einen ist der Aufenthalt der Franzosen bei uns etwas länger her (jedenfalls der, von dem ich sprach), das war nämlich in der napoleonischen Zeit. Mal davon abgesehen, daß die Alternative, die Preußen, bei uns auch nicht so unbedingt beliebt war, war schon damals das erhältnis zu den französischen Truppen (Département Rhin et Moselle) sehr gespalten, zumal Napoleon ja einige sehr positive Neuerungen mitbrachte (Code Civil z.B.).
Naja, die Sachsen werden doch auch von jedem verspottet, aber
schlägt man ihnen deshalb gleich den Kopf ein?
Krieg heißt nicht unbedingt Feindschaft zwischen den Völkern, auch wenn es die zwischen Deutschen und Franzosen (Erbfeind) durchaus gab.
Das sind sie längst, und schon seit etlichen Jahren.
Jaja, zwei Kasernen oder so, und die nur zum Teil.
Diese deutsch-französischen Einheiten bestehen unter anderem
auch aus Wehrdienstleistenden.
Die mente ich ja auch nicht.
Aber natürlich. Und das hoffe ich auch! War nett, mit Dir
Meinungen zu tauschen!!
Danke gleichfalls.
Viele Grüße
L.