Grundpfeiler der Wissenschaften

Hi!

In einer schlaflosen Nacht wanderten meine Gedanken und ich stellte mir folgende Frage:

Angenommen, nach einer weltweiten Katastrophe sind die menschlichen Erungenschaften, Städte, Bibliotheken und Internet (*gg*) von der Erde getilgt und nur noch wenige Überlebende übrig. Nachdem die ersten folgenden Generationen wahrscheinlich mehr mit dem Überleben beschäftigt sein werden, wird es aber irgendwann wieder Schulen geben - und die erste Generation überlegt, wie sie den Nachkommen ihr verstaubtes Schulwissen weitergeben kann.

Ich überlegte mir dabei, daß man dazu die Grundlagen jedes Wissenschaftszweiges weitergibt - das darauf aufgebaute Wissen können sich die Nachkommen dann später ja selbst erarbeiten.

Was wären nun also solche Grundpfeiler?
Ich dachte z.b. im Bereich der Chemie an das Atommodel oder das Periodensystem. Oder fällt jemandem was besseres ein?
Bei Mathematik z.b. ans Zahlensystem und vielleicht noch die vier Grundrechenarten (kann man aber auf dieser Basis so viel herausarbeiten? *zweifel*).

Wie siehts aus mit den anderen Wissenschaften? z.b. Biologie, Geologie, Astronomie, Informatik usw. usw.
Oder auch fernab der Naturwissenschaften: Psychologie, Sozial-/Sprachwissenschaften oder Geisteswissenschaften allgemein?

interessierter Gruß,
Sharon

Das selber ist schon eine Wissenschaft für sich und wenn mich nicht alles täuscht, dann werden die ersten Wissenschafften Sexualkunde und Kriegswissenschaft sein.

Hallo,

eine sehr schöne Frage wie ich finde.

Für die Grundpfeiler zu übermitteln, jetzt mal unabhängig davon welche das sein mögen, müssten ja auch die „Richtigen“ Leute überleben. Die dieses Wissen auch haben. Für Diese wird es meiner Meinung nach aber schwer sein, die „Überlebensphase“ zu überstehen.
Ich denke, dass Religion (in welcher Form auch immer) das erste sein wird woran die Menschen sich klammern.
Um dennoch Antwort auf deine Frage zu geben, würde ich mal behaupten, das bestimmte Elemente unserer Errungenschaften durchaus eine große Rolle beim Aufbau einer neuen Zivilisation spielen werden.

Meiner Meinung nach, zu tief im Menschen verankert um vergessen zu werden:

  • Tausch und Handel, sprich auch Währung
  • Das Zahlensystem
  • Das Alphabet (bzw. Schrift - auch anderer Kulturen nicht nur Latein)
  • Flächen und Längenmaße ( evtl. auch einige Grundlegende Rechenarten, Algebra, Pythagoras und den ganzen Schlonz)
  • Ackerbau, Jagd (incl. Waffenkunde), Viehzucht
  • Das Rad

Es gibt bestimmt noch viel mehr und der Mensch ist zu vielem Fähig in der Notlage, doch leider neigt er gerade in diesen Situationen zu kompromisslosem Handeln in all seinen Gestalten.
Macht, Gier, Hass, Neid, er sucht Anhänger oder jemanden an den er sich hängen kann, folgt blind etc etc

Ich denke es wird nicht so einfach mit einem „Wiederaufbau“ wie man sich vielleicht erhofft.

Keine Ahnung ob ich damit irgendwas beantwortet habe, aber ich wollte mal meine Sicht dieser Situation ins Spiel bringen.

Grüße vom Hasen, welcher ganz genau weiss wo dieses Thema eigentlich hingehört :stuck_out_tongue:

Hallo,

diese „was-wäre-wenn“-Frage läßt sich ja nur unter vielen Prämissen beantworten. Je nach der Voraussetzung, die du machst, erhältst du unterschiedliche Möglichkeiten.
Aber mal ganz allgemein: glaubst du nicht, daß die Menschen sowieso wieder das ganze Wissen entwickeln werden wie heute? Falls ein Teil davon tatsächlich verloren ginge, so läßt er sich doch aus dem nicht verloren gegangenen Teil relativ leicht wieder rekonstruieren.

Gruß
Peter

… Nachdem die ersten folgenden Generationen
wahrscheinlich mehr mit dem Überleben beschäftigt sein werden,
wird es aber irgendwann wieder Schulen geben - und die erste
Generation überlegt, wie sie den Nachkommen ihr verstaubtes
Schulwissen weitergeben kann.

hallo Sharon,

ich schätze mal, da bleibt nichts erwähnenswertes mehr übrig. Fast das ganze im klassischen Griechenland erworbene Wissen (von Kultur im engeren Sinn will ich garnicht erst reden) ging im Mittelalter, als es den Menschen deutlich schlechter ging, wieder verloren. Das ist sogar innerhalb derselben Bevölkerung so: die heutigen Indios in Yucatan usw. sind eindeutig Nachfahren der Mayas, konnten aber zur Rekonstruktion von Sprache und Schrift der Mayakultur absolut nichts beitragen. Und auch die alten Ägypter sind ja nicht verschwunden, sondern wohnen immer noch am Nil, haben aber keine Ahnung von Hieroglyphen. usw. usw.

100 bis 200 Jahre nach deiner Katastrophe werden die Menschen glauben, die Rest von Bauwerken stammen von Aliens oder Göttern.

Gruss Reinhard

Hallo!

Schwierige Frage. Will man beispielsweise die Quintessenz der Physik herausarbeiten, so wäre die „Wissensdichte“ (Inhalt pro Zeichen) sicherlich in folgender Zeile am höchsten:

H|ψ> = i ℏ ∂/∂t |ψ>

Nur: Wenn unsere ungebildeten Nachfahren das lesen, haben sie nicht die leiseste Ahnung, was das Bedeuten soll. Entweder müssen wir darauf vertrauen, dass sie einen Rest an mathematischer-naturwissenschaftlicher Bildung besitzen oder wir müssen wirklich beim Urschleim anfangen.

Wenn sie aber tatsächlich etwas Restbildung haben, dann ist es ganz schwierig abzuschätzen, was sie wissen werden und was wir voraussetzen können. Ist die Integralrechnung oder das Periodensystem der Elemente oder die klassische Mechanik oder eine Weltkarte oder die Evolutionstheorie elementar?

Wenn sie wirklich gar nichts wissen, würde ich über die Physik folgendes schreiben:

Wir nennen den Bewegungszustand eines Körpers „Impuls“. Dieser ist bestimmt durch seine Geschwindigkeit v und seine „Trägheit“. Jeder Einfluss der den Impuls eines Körpers ändern kann, nennen wir „Kraft“. Wir definieren die Kraft daher einfach als „Impulsänderung/Zeit“. In einem System, in dem nur die Körper untereinander wechselwirken, jedoch nicht mit Körpern außerhalb, ist der Gesamtimpuls eine Erhaltungsgröße. usw.

Michael

Moin

Angenommen, nach einer weltweiten Katastrophe sind die
menschlichen Erungenschaften, Städte, Bibliotheken und
Internet (*gg*) von der Erde getilgt und nur noch wenige
Überlebende übrig.

was heißt ‚wenige‘?

Nachdem die ersten folgenden Generationen
wahrscheinlich mehr mit dem Überleben beschäftigt sein werden,
wird es aber irgendwann wieder Schulen geben - und die erste
Generation überlegt, wie sie den Nachkommen ihr verstaubtes
Schulwissen weitergeben kann.

Wenn die drei Hansel nicht sofort anfangen ihr mageres ‚Wissen‘ an die nächste Generation weiterzugeben, dann ist es futsch, erst nach einigen Generationen anzufangen kann man vergessen. Mein Neffe schaut ja schon komisch, wenn ich erzähle, dass man in meiner Jugend aufstehen musste um den Fernseher lauter zu machen. Sag mal jemand, der in einer Welt wie du sie beschreibst geboren wird, ‚früher‘ hätte man sich über viele Fußmärsche hinweg mitels kleiner Kästchen unterhalten können.

Ich überlegte mir dabei, daß man dazu die Grundlagen jedes
Wissenschaftszweiges weitergibt - das darauf aufgebaute Wissen
können sich die Nachkommen dann später ja selbst erarbeiten.

Eher nicht - bzw. nicht so einfach. Inzwischen ist Forschung idR mit großem materiellen Aufwand verbunden wo alle Disziplinen ineinander greifen. Ohne z.B. die Moeglichkeit der weltweiten Kommunikation kann man Forschung abhaken.

Nach einer Katastrophe wie von dir beschrieben wird vorallem praktisches Wissen einer jeden Disziplin von Interesse sein. Wie bau ich ein Haus, das stehen bleibt, was ist essbar von dem wenigen was es noch gibt, wie verteidige ich mich, wie finde ich ohne Navi meinen Weg, wie mache ich Kleidung, wie versorge ich Wunden…
Die Aufgabe ‚überleben‘ wird alle Zeit in Anspruch nehmen, da wird lange nichts anderes gedacht werden.

Von der Biologie: wie erkenne ich essbares, Verhalten von Tieren, Fruchtfolgen, so Kram.

Vielleicht würde dir das Buch ‚Lobgesang auf Leibowitz‘ von Walter M. jr. Miller gefallen.
Gruß…lux

Orden{Priesterschaft/Geheimbundd
Hi Sharon,

solche Gedanken mache ich mir auch tagsüber.

Das Wissen selbst ist nicht das Problem. Zwar ist mein Wissen über Geschichte, Kunst u.a. relativ begrenzt (und von mir abgesehen diffus verstreut und nicht rekonstuierbar), aber mein naturwissenschaftlich/technisches Wissen reicht aus, um eine technisch-wissenschaftliche Zivilisation zu begründen. Und das gilt für alle Naturwissenschaftler, so sie etwas Allgemeinbildung haben und ihre Augen über den Tellerrand heben können.

Das Problem ist das der Tradierung. Und da helfen, bei all meiner Abneigung gegen die Religionen, deren Techniken weiter:
Primär die Traditionspflege
Sekundär die Auslese, also wie im Buddhismus den einen zu finden, in jeder Generation, der nicht nur Sprache, Schrift und Inhalte versteht, sondern die primäre Intention. Da dürfte die Trefferqute bei 1:1Mio liegen

Aber diese Ausnahamen gibt es immer. In den 70ern war ich in Griechenland im Urlaub, alle fielen fast in Ohnmacht, wieviel Waisengeld ich erhielt. Nur einer im hinterallerletzen Dorf meinte: das ist ja nicht viel.

Ob die Wissensbruderschaft auch materielle Vorteile aus ihrem Geheimwissen zieht, stelle ich mal zur Diskussion. Aber ohne diese werden die Geheimnisse erst bei Wiedererlangung einer Hochkultur wiederentdeckt, siehe Hieroglyphen.

Gemäß dem Motto Zwei Spinner, ein Thema , Zoelomat

Methodik
Guten Tag,

jenseits einer Basis von Wissen ist auch die Methodik neues Wissen zu schaffen wichtig. D.h. dass Aussagen durch Beobachtungen oder (besser) Versuche bestätigt werden müssen. Einfach „es sieht so aus“ (dass sich das Weltall um die Erde dreht) oder „ich glaube“ (das ärztliche Hände heilig sind und Desinfektion überflüssig) ist keine Wissenschaft.

Gruß

Stefan

Hallo Sharon.

Wichtig und möglich in einer solchen Situation ist nur die Weitergabe von Wissen, das sofort praktisch angewendet werden kann.

Alles was darüber hinaus geht, würde alsbald in Vergessenheit geraten und bestenfalls in Sagen und Märchen weiter existieren.

Gruß, Nemo.

Hi Sharon,

der Grundpfeiler aller Wissenschaften ist die Chemie.

Erst durch sie, durch das Feuer, gelang es der Menschheit überhaupt Wissen zu schaffen.
Prometheus, der „Feuerbringer“ (Pyrphoros), erweckte mit seiner Tat den Menschen, wofür er von den Göttern - die das nicht wollten - bestraft wurde.

Grüße

watergolf