hallo.
ein arbeitskollege kam neulich mit einer mathematikaufgabe. dritte klasse grundschule. eine oma kauft eine jacke und einen mantel für zusammen 180 euro. der mantel ist 30 euro teurer wie die jacke. wieviel kosten die einzelnen artikel?
also allgemein:
gleichungssystem: j+m = 180, m = j+30, 2j + 30 = 180 usw…
die daraus resultierende lösung kann ohne weiteres auf mehrere artikel mit mehreren preisdifferenzen angewandt werden.
stattdessen lernen die kinder:
180 / 2 = 90. 90+15 = m, 90-15 = j.
so. in der probearbeit kommt diese aufgabe mit hose und schuhe, mit gesamtpreis 123 euro, mit preisdifferenz 13 euro.
der „gute“ schüler löst die aufgabe mit bravour nach dem vom lehrer vorgegebenen muster - und schneidet beim nächsten pisa-test trotzdem mies ab. weil die oma da plötzlich noch einen schal kauft, der 15 euro billiger ist als die hose.
mit dem eingangs erwähnten ansatz wäre das kein problem. gleichungssysteme sind aber momentan stoff der achten (!) klasse realschule (!!).
ich bemängele also, daß den kindern nicht die notwendigen denkprozesse bzw. die einer problemlösung zugrundeliegende logik nahegebracht werden, sondern einfach nur das berühmte „kochrezept“ bzw. die essenz dieser überlegungen.
warum?
sollen die schüler bewußt dumm gehalten werden (hauptschulabschluß = dumm, quali = mäßig intelligent, realschulabschluß = selbständig denkender mensch…)?
traut man ihnen die nötige intelligenz nicht zu („neunjährige kinder können kaum bis 100 zählen und sollen schon DENKEN?? wie soll das denn gehen?“)?
oder ist es tatsächlich pädagogisch sinnvoll („erstmal lösungen präsentieren. die probleme kommen später.“)?
gruß
michael