Dazu noch ein Wort: ich habe großen Respekt vor Menschen, die an Kraftfahrzeugen Reparaturen durchführen können und wissen, welcher Nippel durch welche Lasche muss. Darum geht es aber hier nicht, sondern um Behauptungen, die mit dem Endprodukt weitaus weniger zu tun haben als mit dem an sich schon extrem aufwendigen Planungsprozess für einen neuen PKW und wie der abläuft, weiß man halt nicht, wenn man zwar einen kompletten Motor blind auseinander- und wieder zusammenbauen kann, aber eben nicht weiß (und nicht wissen kann) wie so ein Motor bis ins letzte Schräubchen zustande kommt.
Zum Einen ist schon die Behauptung, man können die Lebensdauer einer Fahrzeugs, das heute aus an die 100.000 Teilen und zusätzlich knapp 10.000 elektronischen Bauteilen besteht, irgendwie vorher planen, absurd, weil die Lebensdauer eben nicht nur von der der Einzelteile und Baugruppen abhängt, sondern auch davon, wie und unter welchen Umständen sie genutzt werden.
Zum Anderen wären mit diesem Alterungsprozess nicht nur die Heerscharen der Ingenieure, die sich den ausdenken beschäftigt, sondern jeder in der ganzen Kette von den Ingenieuren und Designern beim OEM über die Einkäufer, die mehr können als nur E-Mails mit Terminvorgaben und Konstruktionszeichnungen an potentielle Lieferanten zu verschicken, bis hin zu denen, die die Teile in den Zulieferern und deren Sublieferanten wüsste davon. Wir reden hier also von zigtausenden oder eher an hunderttausend Menschen, die davon wüssten. Das ist ähnlich wahrscheinlich, dass all die zigtausend Menschen, die an der angeblich nur gespielten Mondlandung beteiligt waren und bis heute die Klappe halten.
Und was meine Gespräche angeht: natürlich spreche ich da nicht mit Leuten, die irgendeine Schraube irgendwo platzieren, wo Du es doof findest, sondern mit den Leuten, denen die Unternehmen gehören, die es führen und die darüber entscheiden, welches Modell am Ende in welcher Form auf den Markt kommt. Man spricht über Produkte, Märkte, Strategien, Wettbewerber und Kosten. Und um den letzten Punkt gerade noch aufzugreifen: allein der Gedanke, dass in einer Branche, in der bei vielen Teilen in Zehntelcent gerechnet wird, irgendeiner das Geld übrig hätte, um Millionen für Leute auszugeben, die sich damit befassen sollen, dass das Produktionsergebnis schlechter ausfällt als möglich, ist halt völlig absurd.
Natürlich werden Kosten und Qualität gegeneinander abgewogen, aber nicht dergestalt, dass man sagt „oh, komm, hier müssen wir einen Zehntelmillimeter Materialdicke einsparen, damit das Teil nicht am Ende 30 Jahre hält“, sondern dergestalt, dass man sich darauf einigt, dass es diese oder jene Legierung oder diese oder jene Materialstärke auch tut, um die Anforderungen für einen Kleinwagen, einen Sportwagen, ein Fahrzeug der Oberklasse oder ein Elektroauto zu erfüllen.
Um zu letzterem ein Beispiel zu bringen: wirf mal die Fahrertür einer beliebigen Mittelklasselimousine von vor fünf Jahren ins Schloss und dann die eines aktuellen Elektroautos der gleichen Klasse. Dann wirst Du wahrscheinlich merken, dass die Tür bei letzterem wesentlich weniger elegant zufällt, weil man hier aus Gewichtsgründen Dämmmaterial eingespart hat. Das heißt aber nicht, dass das Elektroauto nach sieben Jahren auseinanderfällt, nur weil man da aus den genannten Gründen eingespart hat.
Kein Hersteller würde aber bewusst die Entscheidung treffen, an lebensdauerrelevanten Bauteilen bewusst minderwertige Bauteile einzubauen, damit die Karre nach sieben Jahren anfängt, auseinander zu fallen. U.a., weil eben die Lebensdauer von der Nutzung und dem Unterhalt beeinflusst wird und man bei „sieben Jahren“ als Zielgröße Gefahr liefe, dass die heftig genutzten und schlecht gepflegten Fahrzeuge nach drei, vier oder fünf Jahren anfangen, den Geist aufzugeben und so etwas wäre halt extrem schlecht fürs Image. Man erinnere sich nur daran, wie lange sich aus den 80ern und 90ern resultierend in den Köpfen gehalten hat, dass französische und italienische Autos quasi ab Werk das wilde Rosten anfangen. Oder - als Gegenbeispiel - wie lange Audi gebraucht hat, das heutige Markenbild eines in Technologie und Qualität führenden Herstellers aufzubauen.
Kurzfassung: ja, natürlich werden Kosten und Qualität je nach Umfeld bzw. Produkt gegeneinander abgewogen, wie das bei praktisch jedem Produkt der Fall ist (vgl. bspw. die verschiedenen Serien bei Festplattenherstellern), aber ganz sicher wird nicht versucht, irgendein Zeitfenster oder gar einen Zeitpunkt anzuvisieren, ab dem das Produkt nach und nach zerfällt.