Günter Grass

Warum sehe ich den Medien, dass Personen, die zu Günter Grass’ Kritik an der israelischen Politik befragt werden, im Untertitel als „Holocaust-Überlebende“ beschrieben werden?
Es liegt mir fern, Holocaust-Überlebenden eine tragfähige Meinung oder politische Sachkenntnis abzusprechen, aber der Zusammenhang erschließt sich mir nicht.

LG
Der Kater

Hallo,

vielleicht weil Sie in etwa das gleiche Alter haben dürften wie Grass.

Gruß
Werner

ja,mikesch,

ein gute beobachtung.
was dazu noch gesagt werden muss:
Gegen das Vergessen,sind sie ja alle, aber hat schon einmal einer gesagt ,daß man manchmal auch vergessen muß,um alte Wahrheiten neu denken zu können? Ich kann mich gerade nicht daran erinnern.
( frei abgeschrieben,das muss noch gesagt werden.)

mkm

Hallo,

wenn das Gedicht in Frankreich, Griechenland, Spanien oder sonst irgendwo auf der Welt geschrieben worden wäre würde es nicht einmal richtig wahrgenommen.
Israels Politik darf durchaus kritisiert werden ohne in die rechte Ecke gestellt zu werden, auch von einem Deutschen.
Ich und erst recht meine Kinder sind inzwischen in einem Alter die mit den Taten des Nationalsozialismus so viel zu tun haben wie die Israelis mit dem Auszug aus Ägypten.

nicki

Über-Reaktion
Hallo

wenn das Gedicht in Frankreich, Griechenland, Spanien oder
sonst irgendwo auf der Welt geschrieben worden wäre würde es
nicht einmal richtig wahrgenommen.

Das nehme ich auch an.
Man würde wohl auch etwas mehr Gewicht auf die Frage legen: ist das überhaupt ein Gedicht?
Ich z.B. würde das eher als Prosa bezeichnen, die in auffallend kurze Zeilen umbrochen wurde.

Israels Politik darf durchaus kritisiert werden ohne in die
rechte Ecke gestellt zu werden, auch von einem Deutschen.

Dem stimme ich zu.
Und ein Einreiseverbot seitens Israel halte ich für eine wenig souveräne Reaktion.

Grüße
scalpello

Hi Kater

Das liegt wohl daran, dass Grass von November 1944 bis Mai 1945 der Waffen-SS angehörte.

Wegen dem Einreiseverbot: mir ist zu Ohren gekommen, dass Israel (ex-)Nazis die Einreise verweigern kann, wen wunderts?

gruss

l.

Hallo!

Das liegt wohl daran, dass Grass von November 1944 bis Mai
1945 der Waffen-SS angehörte.

Bei Kriegsende war Grass 17 Jahre alt. Zur SS hat er sich nicht freiwillig gemeldet.

Offensichtlich wird eine 67 Jahre alte Anekdote im Leben eines damals Jugendlichen benutzt, die Grass’sche Mahnung zu diskreditieren, um sich damit inhaltlich nicht auseinandersetzen zu müssen. Auf ähnlichem Niveau liegt der Streit, ob es sich um ein Gedicht oder irgend etwas anderes handelt. Als ob das den Kern der Sache auch nur entfernt berührte. Und wieder andere melden sich mit dem Einwand zu Wort, dass von Israel doch gar kein nuklearer Angriff geplant sei. Alles andere wird wohl als harmlos oder verzeihlicher Ausrutscher angesehen.

Egal ob Deutscher, Russe, Amerikaner, Israeli oder Eskimo, wer in Erwägung zieht, ein anderes Land mit welchen Waffen auch immer anzugreifen, ist ein Verbrecher. Das ist eine verdammt unbequeme Wahrheit, weil wir bisher nichts dabei fanden, uns mit verbrecherischen Regimes (das sind solche, die Angriffkriege führen) gemein gemacht zu haben und sie sogar unterstützen.

Gruß
Wolfgang

Hallo,

… Auf ähnlichem Niveau liegt der
Streit, ob es sich um ein Gedicht oder irgend etwas anderes
handelt. Als ob das den Kern der Sache auch nur entfernt
berührte.

Das kann einen riesigen Unterschied machen. Ein Kunstwerk ist nicht richtig oder falsch. Gestehen wir dem Text den Status eine Kunstwerkes zu, dann können auch alle sachlichen Fehler darin zum Stilmittel und mithin zur Notwendigkeit des künstlerischen Ausdrucks erklärt werden.

Und wieder andere melden sich mit dem Einwand zu
Wort, dass von Israel doch gar kein nuklearer Angriff geplant
sei. Alles andere wird wohl als harmlos oder verzeihlicher
Ausrutscher angesehen.

Es ist aber kaum nützlich in einer Diskussionen immer mit Superlativen zu arbeiten und der Atomkrieg ist nun mal das ultimative Verbrechen. Etwas schlimmeres kann man im Grunde nicht planen. Jemandem so etwas unrichtigerweise vorzuwerfen ist damit mindestens ein Mittel der Polemik, wenn nicht sogar der Dämonisierung.

Gruß
Werner

Hallo,

Jemandem so etwas unrichtigerweise vorzuwerfen ist damit mindestens:
ein Mittel der Polemik, wenn nicht sogar der Dämonisierung.

Geht es jetzt um Vorwürfe gegen Israel oder gegen den Iran?

Greetz
Bommel

Hallo Mikesch,

der in dem „Gedicht“ von Günther Grass (Was gesagt werden muss) in Anführungszeichen gesetzte Begriff Antisemitiusmus, erfolgte ohne Not und lässt sich auch nicht mit der Freiheit der Kunst rechtfertigen.

Israel als Ursache für den Konflikt mit dem Iran zu brandmarken ist absolut unverständlich.

Drohungen kamen nur aus dem Iran. Außerdem unterstützt der Iran den Terror gegen Israel. Tatsächlich jedoch haben die Israelis ein Problem mit den orthodoxen Juden im eigenen Land. Das droht tatsächlich zu einem Konflikt zu werden, wenn diese Ereiferer weiter an Einfluss gewinnen sollten (Großfamilien, Siedlungspolitik, religiose Freiheiten etc.).

Israel ist indes die einzige Demokratie im Nahen Osten. Für viele moderne Palästinenser ist Israel der einzige Schutz vor ihren rückwärts gewandten Familien. Die Mehrheit der Bevölkerung Israels ist an einem Krieg mit dem Iran in keiner Weise interessiert.

Grüße mki

Hallo,

ich verstehe deine Frage nicht.

Hier geht es doch um das Gedicht von Grass und der Bewertung von dessen Aussagen.

Kennst du die Aussagen des Gedichtes?

Gruß
Werner

Hallo,

ich verstehe deine Frage nicht.

Hier geht es doch um das Gedicht von Grass und der Bewertung
von dessen Aussagen.

Nein, eigentlich geht es um die Frage, wo der Bezug zu einem Holocaust-Überlebenden ist.

Und Deine Aussage

Es ist aber kaum nützlich in einer Diskussionen immer mit
Superlativen zu arbeiten und der Atomkrieg ist nun mal das
ultimative Verbrechen. Etwas schlimmeres kann man im Grunde
nicht planen. Jemandem so etwas unrichtigerweise vorzuwerfen
ist damit mindestens ein Mittel der Polemik, wenn nicht sogar
der Dämonisierung.

bezieht sich ja nicht auf eine spezielle Aussage oder Passage des Grass’schen Gedichts, und hätte ja somit auch durchaus den Anspruch auf allgemeingültigen Character erheben können.

Verstehst Du jetzt, was ich wissen wollte und kannst eventuell darauf antworten?

Kennst du die Aussagen des Gedichtes?

Ich habe es jedenfalls gelesen. Und die Sache mit dem Atomkrieg wirft (so meine aussenpolitischen Kenntnisse) doch Israel dem Iran vor, daher meine Frage.

Greetz
Bommel

Hallo,

Hallo

Drohungen kamen nur aus dem Iran. Außerdem unterstützt der
Iran den Terror gegen Israel. Tatsächlich jedoch haben die
Israelis ein Problem mit den orthodoxen Juden im eigenen Land.
Das droht tatsächlich zu einem Konflikt zu werden, wenn diese
Ereiferer weiter an Einfluss gewinnen sollten (Großfamilien,
Siedlungspolitik, religiose Freiheiten etc.).

Israel ist indes die einzige Demokratie im Nahen Osten. Für
viele moderne Palästinenser ist Israel der einzige Schutz vor
ihren rückwärts gewandten Familien. Die Mehrheit der
Bevölkerung Israels ist an einem Krieg mit dem Iran in keiner
Weise interessiert.

Was erzählst Du denn hier? Irgendwie fehlt dieser Diskussion der Bezug zu meiner Frage?!
Ich wollte wissen, warum es für die Medien relevant schien, die Eigenschaft „Holocaust-Überlebender“ bei dem Interview-Partner hervorzuheben? Mich interessiert die Mentalität unserer Gesellschaft!
Ob Grass „im Grunde richtig“ oder „völlig falsch“ liegt, darüber wird woanders genug geschrieben.

Der Kater

hallo wolfgang,

eines muss noch gesagt werden: der krieg in irak,der krieg in afghanistan waren angriffskriege.die besetzung der länder durch die nato ist rechtswidrig.
mkm

Unsere Gesellschaft ist verunsichert, wenn es darum geht, Kritik zu üben, die gegen eine fremde Kultur oder andere Religion gerichtet ist. Das Land Israel ist in diesem Fall auch einfach ein Synonym für „andere Religion“.
Jede Kritik an Israel könnte schließlich aufkeimender Antisemitismus, jeder Kritiker, und sei er über einen dertigen Vorwurf im Grunde auch noch so erhaben, ein Neofaschist sein. Auf diese Weise verknüpt sich dann, zumindest unterbewusst, die Grass’sche Kritik mit dem Holocaust, daher wird die Eigenschaft des Interview-Partners „Holocaust-Überlebender“ auch eine mehr oder minder maßgebliche. Ebenso, wie die SS-Angehörigkeit von Grass.

Kennst du die Aussagen des Gedichtes?

Ich habe es jedenfalls gelesen. Und die Sache mit dem
Atomkrieg wirft (so meine aussenpolitischen Kenntnisse) doch
Israel dem Iran vor, daher meine Frage.

Bedingt, ja. Israel wirft dem Iran vor, Atomwaffen zu entwickeln. Und da der liebe Herr A. schon mehrfach angedeutet hat, man müsse Israel von der Landkarte tilgen, sähe Israel Atomwaffen in der Hand der iranischen Machthaber verständlicherweise nicht gerne.

Nur - und das als Bezug zu deiner Frage - am Pranger der Öffentlichkeit steht in erster Linie Israel. Deswegen auch die Verunsicherung über Grass’ Gedicht.

Im Endeffekt muss ich, auch als Gegner von Militäraktionen gegen mutmaßliche Atomanlagen des Iran, anerkennen, dass vom Iran insgesamt eine deutlich größere Gefahr für die Stabilität ausgeht, als es gezielte Angriffe gegen Atombunker in der Wüste jemals tun könnten. Da Grass genau diese Frage ohne ersichtlichen Grund zum Nachteil Israels umkehrt, stellen Kritiker ihn in die Nähe des Antisemitismus. Ich persönlich hätte dem Gedicht indes nicht gar so viel Aufmerksamkeit beigemessen, nur stellt die Empörung vielleicht auch ein Ventil für den Frust über die ewig einseitige Kritik an Israel dar, wenn gleichzeitig dort die Raketen aus Palästina in den Städten einschlagen.

Hallo,

Und Deine Aussage

Es ist aber kaum nützlich in einer Diskussionen immer mit
Superlativen zu arbeiten und der Atomkrieg ist nun mal das
ultimative Verbrechen. Etwas schlimmeres kann man im Grunde
nicht planen. Jemandem so etwas unrichtigerweise vorzuwerfen
ist damit mindestens ein Mittel der Polemik, wenn nicht sogar
der Dämonisierung.

bezieht sich ja nicht auf eine spezielle Aussage oder Passage
des Grass’schen Gedichts, und hätte ja somit auch durchaus den
Anspruch auf allgemeingültigen Character erheben können.

In dem Gedicht wird aber ein möglicher Atomschlag von Israel aus angenommen, von daher bezieht sich meine Aussage darauf, obwohl man sie tatsächlich auch verallgemeinern könnte, dann aber unabhängig von Grass.

Gruß
Werner

Hallo.

Warum sehe ich den Medien, dass Personen, die zu Günter Grass’
Kritik an der israelischen Politik befragt werden, im
Untertitel als „Holocaust-Überlebende“ beschrieben werden?

Weil - entgegen der beliebten Behauptung - wir in Deutschland eben immer noch nicht souveräne mit diesem Teil unserer Geschichte umgehen, wie auch die ganze Diskussion um dieses schlechte Gedicht zeigt. Selbst Grass kann sich hiervon nicht lossagen, was ich eigentlich von einem Dichter erwarten würde und brachte dieses dagegen ganz unreflektiert in sein Gedicht ein.

Und ja, es besteht hier kein Zusammenhang, ausser eben auch Grass diesen selbst herstellte.

Gruss,
Eli

Hallo,

Weil - entgegen der beliebten Behauptung - wir in Deutschland
eben immer noch nicht souveräne mit diesem Teil unserer
Geschichte umgehen.

Wir gehen seit 60 Jahren mit dieser Geschichte um, wir haben Denkmäler gesetzt, wir haben mit allen geweint, getrauert, natürlich gehen wir souverän damit um! Was sollen wir denn noch tun?

Gedenkt Amerika den Toten von Hiroshima, jährlich, und jetzt noch?

Hallo,

Weil - entgegen der beliebten Behauptung - wir in Deutschland
eben immer noch nicht souveräne mit diesem Teil unserer
Geschichte umgehen.

Wir gehen seit 60 Jahren mit dieser Geschichte um, wir haben
Denkmäler gesetzt, wir haben mit allen geweint, getrauert,
natürlich gehen wir souverän damit um! Was sollen wir denn
noch tun?

Ist denn also die Tatsache, dass in unseren Nachrichten die Holocaust-Überlebenden (und gerade in ihrer Eigenschaft als solche) die Literatur von Grass kommentieren, ein Ausdruck unseres souveränen Umgangs mit unserer Geschichte?

Gedenkt Amerika den Toten von Hiroshima, jährlich, und jetzt
noch?

Ich weiß es nicht? Und selbst wenn ich es wüßte, weiß ich nicht, worauf Du hinaus willst.

Der Kater