"Guf" "Sabe" und die Nazis

Hallo

Was „Gruf“ ist, habe ich herausgefunden. Es hat mit der jüdischen Mythologie zu tun:
…ist im rabbinischen Schrifttum die Halle der Seelen, gelegen im siebten Himmel,

Aber was „Guf“ und „Sabe“ bedeuten, entgeht mir jegliche Interpretation. Was hat das mit den Nazis zu tun, ist mir nicht klar. Kann jemand weiterhelfen?

Danke

Heute kann er zwar nichts derartiges melden, dafür ist aber ein neuer ‘Allgemeiner Sabe’ für jeden ‘Guf’ gekommen, und nun wird es Pinneberg, dem pünktlich um Acht erschienenen Pinneberg versetzt: Die S.A.-Leute haben neue Abzeichen! »Ich finde das einfach genial! Bisher hatten wir nur die Sturmnummer. Weißt du, Pinneberg, arabisch gestickte Ziffer auf dem rechten Spiegel. (**Was bedeutet Spiegel hier?)**Nun haben wir auch noch ’ne Zweifarbenschnur am Kragenrand gekriegt. Genial ist das, nun kann man immer schon von hinten sehen, zu welchem Sturm jeder S.A.-Mann gehört. Denk dir aus. was das praktisch bedeutet! Also, wir sind in ’ner Klopperei will ich mal sagen und ich seh nun, da hat einer einen in der Mache ( Was bedeutet etwas in der Mache haben?), und ich seh nun auf den Kragen …«

Hallo,

siehe Duden → 3.

Gruß
Kreszenz

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Da bist du auf den Holzweg geraten.
Hier handelt es sich um den AKüFi, den Abkürzungs-Fimmel im Dritten Reich.
„Sabe“ ist ein „SA-Befehl“, und „Gruf“ ist ein „Gruppenführer“ der SA, etwa im Rang eines Unteroffiziers bei der Armee.
Ich zitiere „Das große Lexikon des dritten Reiches“: Aufbau und Koordinierung der SA erfolgten nach „Grundsätzlichen Anordnungen“ (GRUSA) und „SA-Befehlen“ (SABE) des Obersten SA-Führers (OSAF).

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Damit meint man den Kragenspiegel.

Hier siehst ein Beispiel für die SA (Horst Wessel):

Auf dem rechten Spiegel die Sturmnummer (Sturm 5) und auf dem linken das Rangabzeichen (Sturmführer). Auch gut sichtbar die erwähnte zweifärbige Schnur am Kragenrand.

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Danke! Jetzt habe ich verstanden, was „Spiegel“ bedeutet. Da müsste man Hintergrundwissen haben, um den Text zu verstehen. Sonst tappt man in den Nebel.

Ich wage zu behaupten, dass auch die meisten (heutigen) Muttersprachler große Probleme hätten, diesen Text zu verstehen. Zum Zeitpunkt der Bucherscheinung dürfte das anders gewesen sein.

PS: Man tappt im Nebel :wink:

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Ein sehr wichtiger Schlüssel ist hier aber schon das, was @KeinesHerrenKnecht Dir an die Hand gegeben hat: Besonderes Kennzeichen des NS-AbKüFi war die Abkürzung nach Silben und nicht wie gewohnt nach Buchstaben. Die gab es zwar auch, beim NSKK usw., aber typischer war die Abkürzung in Silben oder deren Bruchstücken, etwa Nationalpolitische Erziehungsanstalt >> NaPolA.

Beim „Jungvolk“, das noch lange in den 1930er Jahren von Jugendlichen ganz anderer Strömungen (Wandervögel, Bündische, sogar Falken) durchsetzt war, schlicht weil die Nazis keine brauchbaren, von den Jugendlichen akzeptierten „Führer“ stellen konnten, wurde analog zu dieser Art von Abkürzung der B.D.M. (= Bund Deutscher Mädel) karikierend als „BuDeMä“ geführt, was ihn gleich viel weniger heroisch, eher wie eine Schafherde klingen ließ. Die hübscheste dieser Silben-Abkürzungen ist, finde ich, der Spott-Titel, der vom Volksmund dem Führer verliehen wurde, in Anlehnung an das Dauerfeuer der Superlative des „Schrumpf-Germanen“ Joseph Goebbels - wenn grade kein zweihundertprozentiger PeGe zuhörte, nannte man ihn den „GröFaZ“ = „Größten Feldherrn aller Zeiten“…

Schöne Grüße

MM

Irgendwas stimmt da nicht, ich kriege es aber auch nicht auseinandersortiert.
Der „Gruppenführer“ war der zweithöchste Rang bei der SA, entsprechend dem Generalleutnant. Was ich vorher geschrieben hatte, war falsch.

Bei Fallada heißt es „Und denk
mal, unser Gruf trägt jetzt 'nen Stern am linken Spiegel.“ Das wäre das Abzeichen eines Scharführers, das entspricht tatsächlich dem Unteroffizier.

Ich kann „Gruf“ also nicht erklären, aber es ist sicher eine Abkürzung.

Es kann aber nur „Gruppenführer“ bedeuten. In dem Fall muss Lauterbachs Bemerkung mit dem Stern am Kragenspiegel falsch sein. Vielleicht war das Absicht von Fallada?

Jetzt hab ich’s. Es wurde ja ständig um- und neuorganisiert.

Bis 1934 war die Organisation
Gruppe - Trupp - Sturm - Standarte - Brigade - Gausturm.

Erst 1934 erfolgte die Neuorganisation in der Form
Rotte - Schar - Trupp - Sturm - Sturmbann - Standarte - Brigade - SA-Gruppe

Also ist der Gruf = Gruppenführer als einer der niedrigsten Ränge doch richtig, denn Falladas Roman spielt 1930-32.

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Hier wird das etwas anders beschrieben:

Angesichts der rapiden Zunahme der Neumitglieder gliederte Röhm die SA am 20. Februar 1931 völlig um. Unterste Einheit war die Schar, die nächstgrößere der Trupp, dann folgten der Sturm, der Sturmbann, die Standarte, die Untergruppe (der bisherige Gausturm) und die Gruppe.

Passt aber natürlich noch immer zum Zeitrahmen des Buches.

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In Bayern gingen die Uhren schon immer anders. :grin:

Ich gehe mal davon aus, dass deine Quelle stimmt. Unterhalb der Führungsebene wurde dauernd umorganisiert, damit sich ja keine Machtstrukturen etablieren konnten, die den Oberbonzen hätten gefährlich werden können.

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Ich sehe hier Parallelen zur heutigen Zeit.
Fein, haben wir ja noch was aus dem Dritten Reich erhalten, neben etlichen Gesetzen.
Wieso wundert mich das nicht?

Servus,

abgesehen davon, dass z.B. Zentralheizungen nur deswegen, weil sie in den 1930er Jahren in einigem Umfang installiert wurden, nichts besonders Schlimmes sind:

Das „wir“ ist in diesem Zusammenhang ungefähr vierzig Jahre lang getrennt marschiert - in der BRD galt alles als zwangsläufig dumm, böse oder minderwertig, was in der DDR praktiziert wurde, von der Polytechnischen Oberschule über die flächendeckende ambulante medizinische Versorgung durch Polikliniken bis zum grünen Rechtsabbieger-Pfeil und dem berühmten Ampelmännchen mit Hut. Weil in der DDR neben haufenweise „üblichen“ deutschen Buchstaben-Abkürzungen (die LPG Ernst Thälmann betrieb eine SMA zur neuzeitlichen Versorgung der AK im Weltmaßstab; ob die beiden Bedeutungen von SMA aus Versehen oder mit einem Augenzwinkern geschaffen wurden, sei dahingestellt…) auch die Silben-Abkürzungen der NS-AgitProp (ja, die AgitProp war schon älter als die DDR!) in ÖKuLei, VoPo (nicht mehr mit KRad wie bei Nazis, sondern auf dem Mora MZ ETZ 250 unterwegs - das Mora hat sich nicht recht eingebürgert, allerdings) und natürlich StaSi typisch verwendet wurden, waren solche Sachen im Westen weitgehend ausgeschlossen - Edeka, BePo und Fewa durften bleiben, weil sie schon älter waren, aber „wir“ achteten schon darauf, nicht mit Silbenabkürzungen das blöde Ostzonendeutsch zu benutzen.

Beiläufig: Die Meister im Abkürzen im europäischen Raum dürften nicht die Deutschen, sondern die Franzosen sein: Wer arbeitslos ist, geht zum ASSEDIC, um dort RSA, ATA oder AREF zu beantragen. Soweit die Leistungen des ASSEDIC nicht eh durch Staatsverschuldung finanziert werden, werden Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung durch die URSSAF erhoben. Die gemeinsame Verwaltung der Gemeinden um Thourotte an der Mündung Aisne / Oise, die wörtlich ungefähr „Gemeinschaft der Gemeinden der Zwei Täler“ heißt, nennt sich selbst kurzerhand CC2V…

Vielleicht, weil Abkürzungen ganz praktisch und üblich sind, um Wort- und Bezeichnungsungetüme auf ein sprech- und lesbares Maß zu stutzen?

Bonus Track: Bei der Wehrmacht bedeutete ArmPfLaz soviel wie Armeepferdelazarett. Man sieht übrigens an dieser Stelle, dass die Möglichkeit im Deutschen, im Stil der berühmten Donaudampfschifffahrtskapitänstochter beliebig lange Reihen von Begriffen aneinanderzukleben, ohne dass das Monstrum seinen eindeutigen Sinn verlöre, zum Abkürzen einlädt, damit man überhaupt noch flüssig schreiben, lesen und sprechen kann.

Schöne Grüße

MM

DoDaSchiFaKaTo. Hat was :wink:

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Ja, vor allem in betrunkenem Zustand ausgesprochen - da klingt dann ungefähr wie „Do da - Skifahrkarton.“ Schlittenfahren auf Plastiksäcken - ja gut, solange der Steiß das mitmacht. Aber Skifahren im Karton?

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Hand hoch, wer das ohne nachzuschlagen verstanden hat, na?
Nicht schummeln! :smile:

Ist das nicht das eine Lied von den Fantastischen Vier? :thinking:

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AK hätte ich nicht gewusst.

Dem Versicherungsaufsichtsgesetz hatte man damals auch nachgesagt, es sei ein Nazi-Gesetz. M.E. war das vöĺlig neutral und für den Versicherungsnehmer auch in der Bundesrepublik eine gute Sache.

Worauf willst du hinaus?