Günther Aloys will noch extremeren Massen-Tourismus in den Alpen

Was haltet ihr von solchen Aussagen?

Mit den Alpen muss noch viel mehr passieren. Die Alpen sind ein großer Entertainmentpark. Nichts anderes. Wir verkaufen jetzt schon etwas Anderes als Natur pur. Wir leben vom Massentourismus, die Menschen brauchen außergewöhnliche Unterhaltung, da muss weiter daran gearbeitet werden.

Die Natur muss natürlich intakt sein. Nur in den Bereichen, in denen wir Tourismus betreiben, ist es keine reine Natur mehr, das ist Tatsache. Und mit reiner Natur können die wenigsten etwas anfangen.

Nachzulesen hier: http://www.meinbezirk.at/imst/politik/guenther-aloys-besser-und-extremer-d1403848.html

Mir wird richtiggehend schlecht, wenn ich so etwas von einem führenden Touristiker in Österreich lese. Bin ich da zu sensibel?

Grüße
Matias

Hallo Matias!

Auch dieses Zitat ist - wenngleich aus dem Zusammenhang gerissen - bemerkenswert:
„Wir haben in Ischgl 1200 Schneekanonen, das interessiert uns nicht. Wir müssen unserer Hausaufgaben machen, für eine perfekte Saison muss man Schnee produzieren. Die Natur darf in unserem Business überhaupt keine Rolle spielen. Wir müssen durch die Technik die Angebote halten. Energie ist genug vorhanden, um die innovativsten Ideen umzusetzen.“

Klartext mit deutlicher Positionierung von Interessenlagen sehe ich positiv, deutlich begrüßenswerter als heimliche Bemühungen mit schleichenden Effekten. Der Mann wird Gegenwind ernten. Seit Jahrzehnten überfällige Diskussionen, die überwiegend nur lokal begrenzt stattfinden, werden auf diese Weise deutlich breiter geführt und erreichen auch die Zielgruppen der Tourismusbranche, die von gedankenlos konsumierenden Kunden lebt. Soll Herr Aloys sein Gedankengut also gerne verbreiten - je lauter, desto besser.

Im Massentourismus findet überall der gleiche Unfug statt: Das Publikum soll nicht denken, will nicht denken, will bespaßt werden. Jahrelange breite Diskussion bietet die Chance, Auswüchsen ein Ende zu bereiten, weil die Kundschaft wegbleibt.

Ich schlage am Rand der Ballungszentren den Bau riesiger aufblasbarer Hallen vor. Eine Halle gekühlt und mit Bergpanorama bemalt, eine Halle mit ein paar Wagenladungen Sand und einem Wasserbecken, eine mit Kletterwänden, eine mit verwildert aussehendem Bewuchs, eine Halle mit Seegang nachahmenden bewegten Kabinen usw. Die Besucher werden angekarrt, dürfen nach Belieben ihren Müll verteilen, trinken bis zum Abwinken und Animateure kümmern sich um Spaß ohne Ende. Nach ein paar Tagen hat jeder Touri das Gefühl, seinen Traumurlaub verbracht zu haben - funktioniert ohne Schiffreisen, ohne Ferienflieger, ohne ruinierte Natur und alle sind glücklich.

Erste Ansätze in dieser Richtung gibt es bereits. So kann man in Hamburg in einen Shuttlebus steigen, sich ein paar Kilometer nach McPomm karren lassen, um dort in einer Skihalle auszusteigen, im Bayerstübl zünftig Brotzeit zu machen und auf geliehenen Ski einen Abhang herunter zu rutschen. Bei Bedarf kann man in alpenländisch eingerichteten Zimmern übernachten. Genau sowas wolln die Leut. Die brauchen keine Berge.

Gruß
Wolfgang

Hallo,

Realistisch.
Eine Nummer kleiner: Vor ca. 25 Jahren hat mir eine große Liebhaberin der Rhön in einem Gespräch zu einem ähnlichen Thema gesagt: „Wir müssen ein paar Berge „opfern“, damit die Touristen dort sind und woanders wegbleiben“.

„Intakte Natur“ und das, was Lieschen Müller dafür hält, muss nicht immer das Gleiche sein.

„Tourismus“ ist in erster Linie gewinnorientiert, oder nicht?
Und wie groß wird wohl die Schnittmenge zwischen „Tourismus“ und „Naturschutz“ sein?

Gruß
Jörg Zabel

Hallo Joerg!

Scheint mir für den gesamten Tourismus ein so realistischer wie umweltgerechter Gedanke zu sein. Bevor überall ein bisschen betoniert wird und Touris flächendeckend alles kurz und klein latschen, werden einige Gebiete der Bespaßungsbranche geopfert und der überwiegende Rest ist tabu für solche Ansinnen.

Gemeinden und Gemeindevertreter sollten sich beliebige Beispiele genau ansehen und begreifen, dass sie sich mit Massentourismus etliche Probleme, Fehlentwicklungen und Kosten einhandeln, während sie von den Renditen wenig bis nichts sehen werden. Auch Arbeitsplatzargumente erweisen sich regelmäßig als hohl. Selbst in Orten mit vorzugsweise betuchter Kundschaft kommen die Beschäftigten über Hungerlöhne mit auf die Saison befristeten Anstellungen nicht hinaus. Am Ende ist die Region zugebaut, die Natur kaputt und lockt allenfalls noch Pauschalbucher, die sich billig abfüllen wollen.

Gruß
Wolfgang

Hallo Wolfgang,

Stimmt.
Aber die Väter und Mütter der jeweiligen Gemeindesehen das möglicherweise anders.
Und der Tourismus orientiert sich „am Markt“, an Angebot und Nachfrage, woher auch immer diese kommen.
Dazu noch die Vermutung, dass „die Touristen“ eine sogenannte „parkähnliche Landschaft“ mit „unberührter Natur“ verwechseln können.

Fragen über Fragen.

Und manchmal stellt sich später etwas ganz Anderes heraus, wer hätte gedacht, dass die bayrischen Königsschlösser, die einst - vorsichtigt gesagt - ein riskantes finanzielles Abenteuer waren, heute ein Touristenmagnet erster Klasse sind.

Gruß
Jörg Zabel