Hallo Manni,
warum in der sozialistischen Planwirtschaft Töpfe aus Gusseisen emailliert wurden, erschließt sich mir leider nicht.
Das macht einer der Marktführer dieser Gusstöpfe aus Frankreich heute auch noch so.
Verstehen kann ich das ebenfalls nicht.
Laut dem von mir an anderer Stelle schon einmal erwähnten „Hilfsbuch für junge Frauen der niederen Stände zum Erlernen der Hauswirtschaft“ müssen eiserne (und gusseiserne) Töpfe, deren Oberfläche roh (unbehandelt) ist, vor dem ersten Gebrauch vorbehandelt werden, damit die darin gekochten Speisen durch die Reaktion mit dem Eisen nicht verderben. (die hatten es etwas anders ausgedrückt, meinten aber dasselbe).
Dazu musste der Topf mit Scheuersand ausgescheuert werden, bis die schwarze Haut auf dem Eisen entfernt war, danach wurde er mit einer Mischung von „einem Theil Vitriolöl (Schwefelsäure) auf neun Theile Wasser“ gefüllt und zwei Tage an einem warmen, aber nicht zu heißen Platz auf dem Küchenherd stehen gelassen. Anschließend wurde der Inhalt weggeschüttet und solange Kartoffelschalen im Topf gekocht, bis diese sich nicht mehr schwärzlich verfärbten. Dann war der Topf „betriebsbereit“.
Emaillierte Töpfe waren deshalb in „bessergestellten Kreisen“ so beliebt, weil bei diesen die Prozedur der Vorbehandlung entfallen konnte.
Ich habe selbst Erfahrungen damit gemacht.
Ich habe mir in Pretoria einen dreibeinigen Gusskessel (6 Liter), wie er von der „schwarzen“ Bevölkerung noch zum Kochen verwendet wurde, gekauft. Ich wollte ihn ursprünglich als Pflanzschale auf der Terasse missbrauchen und dazu hätte ich unten ein Loch hineinbohren müssen.
Nun wollte ich ihn aber wenigstens einmal benutzen, um darin „gekochten Missionar“ (Gulasch) zuzubereiten.
Der Topf hatte innen noch die rohe Gußhaut, war so zum Kochen (nach unserem Standard) also nicht zu gebrauchen.
Ich habe die überlieferte Inbetriebnahmevorschrift also modernisiert und habe innen die Gusshaut mit einer Schleifhexe abgeschliffen. Dann habe ich die verdünnte Schwefelsäure eingefüllt und 36 Stunden stehen gelassen. Da man heute Ärger mit der Kanalbehörde bekommt, wenn man 6 Liter verdünnte Säure einfach in den Abfluss kippt, habe ich der Säure solange Kalilauge zugefügt, bis sich blaues Lackmuspapier nicht mehr rot färbte und habe das Ganze dann weggekippt.
Da jetzt das Topfinnere keine Säurereste mehr enthielt, erübrigte sich auch das Auskochen mit Kartoffelschalen.
Die nach dem Schleifen silbrige Wand des Topfes war jetzt mattschwarz (nicht abfärbend) geworden. Nach meinen Erkenntnissen hat die Säure die oberste Schicht Eisen weggeätzt und nur den mit dem Eisen legierten Kohlenstoff übriggelassen, der eine chemisch beständige Beschichtung bildete.
Ich nehme an, dass heute in Verkehr gebrachte nicht emaillierte Gusstöpfe und –Pfannen im Werk einer ähnlichen Behandlung unterzogen werden, um die Oberflächen zu passivieren.
Mein Gusstopf ist nie zum Blumentopf umfunktioniert worden, denn der „Gekochte Missionar“ war bei einigen Firmengrillfesten die Hauptattraktion.
Gruß
merimies