'gute', bzw 'böse' Wörter

Hallo Wissende!

Aus gegebenem Anlaß frage ich mich nun, wer sagen kann, was ein „böses“ , bzw oder „gutes“ Wort ist. Wodurch wird ein Wort böse? Warum ist „Arsch“ böse und „Hintern“ gut? Meint man doch das selbe Teil. Ich bilde mir ein, daß sogar bei einem der Texte zu Carmina Burana das Wort „Ürsch“ gelesen zu haben, welches ich als Ursprung für „Arsch“ vermute.

Danke im voraus

Gollum

Aus gegebenem Anlaß frage ich mich nun, wer sagen kann, was
ein „böses“ , bzw oder „gutes“ Wort ist. Wodurch wird ein Wort
böse? Warum ist „Arsch“ böse und „Hintern“ gut?

Sowas entwickelt sich einfach. Eine Sprachgemeinschaft verwendet Wörter. Durch und mit dem Gebrauch verändert sich zum einen die Bedeutung von Wörtern und zum anderen ihre Wertung.
Früher waren z.B. „wichsen“ und „Weib“ vollkommen normale Wörter - heute haben sie beide negative Wertungen.

Meint man doch das selbe Teil. Ich bilde mir ein, daß sogar bei
einem der Texte zu Carmina Burana das Wort „Ürsch“ gelesen zu haben,
welches ich als Ursprung für „Arsch“ vermute.

Das könnte man in einem Ethymologischen Wörterbuch nachschlagen - hab aber leider gerade keins hier :smile:

Hallo, Gollum,

dafür gab es früher eindeutige Kriterien: Was man in Gegenwart von Damen und Kindern nicht sagen darf, sind „böse“ oder „schmutzige“ Wörter. Spruch: Das sagt man nicht!

Da aber weder Damen noch Kinder heutzutage sind, was sie früher mal waren, als alles viel besser war, ist dieses Kriterium wirkungslos geworden.

Der Herr Adelung

_Adelung, Johann Christoph, *)Spantekow bei Anklam 8. 8. 1732, †)Dresden 10. 9. 1806, dt. Sprachforscher. Verfasste maßgebl. Werke zur Grammatik.

© Meyers Lexikonverlag._

gab ein Wörterbuch heraus, in dem er für jedes Wort angab, welcher Sprachebene so ein Wort angehörte. Er unterschied vier Sprachebenen, wobei die erste die gehobene Sprache, die zweite die gebildete, die dritte die normale. die vierte die niedere war.

Die niedere war seiner Meinung nach unbrachbar in der Konversation.
Wenn du dir den Spaß machen willst, schau mal in einer Bibliothek rein in Adelungs Wörterbuch. Goethe und Schiller gebrauchten ein Exemplar gemeinsam. Es gibt einige Briefstellen, wo der eine den anderen bittet, ihm den Adelung zu schicken. Das nur am Rande.

Ein Beispiel für den Wandel dabei ist das Wort „geil“.
Im Mittelalter hatte es die Bedeutung: fröhlich, lustig.
Dann wurde es immer mehr in einem sexuellen Kontext gebraucht und bekam die Bedeutung „lustig nach/auf Sex“; diese Bedeutung begann zu dominieren und in den immer prüder werdenden Zeitläuften wurde es zum Wort für ungezügelte, schamlose Gier nach Sex.
So blieb es bis in die Siebziger des letzten Jahrhunderts.

Beiseite gesprochen: Meine Mutter hat in ihrem ganzen Leben dieses Wort sicher niemals benutzt.

Als nun in den Endsechzigern die sogenanten Fäkal- und Unterleibswörter von Studenten und Jugendlichen in provokativer Form - um Professoren, Eltern und Erwachsene zu ärgen - abundant in Gebrauch gebracht wurden („Scheißliberale, Scheißbourgeoisie etc.“, Schimanski trug auch seinen Teil dazu bei), wurde auch „geil“ zur gängigen Münze.
Heute heißt es einfach sowas wie: toll, prima, klasse!

Dass dem so ist, weiß ich, seit meine damals vierjährige Nichte, die gerade sprechen lernte und das „g“ noch nicht artikulieren konnte, den Satz: „Auja, des is deil!“ von sich gab.

Die „political correctness“ ist übrigens so ein Versuch, dieses Prinzip von „guten und bösen Wörtern“ wieder zu etablieren.

Fritz

Achja, ein Ürsch an Stelle eins Arsches oder Oarsches oder Orsches ist angesichts der Freiheiten, die Schreiber hatten, kein Problem. Dennoch vermute ich auch einen „Verleser“ bei Gollum. :wink:

Ich bilde mir ein, daß sogar bei einem der

Texte zu Carmina Burana das Wort „Ürsch“ gelesen zu haben,
welches ich als Ursprung für „Arsch“ vermute.

Ich kann keine ethymologische Form des Wortes „Arsch“ finden, die mit Ü beginnt. Sämtliche Formen scheinen mit a, bzw. mit o zu beginnen.
Einen Lautwandel vom Ü zum A halte ich auch für relativ unwahrscheinlich.

Zur Ergänzung…
…noch ein Hinweis, lieber Fritz!

Ein Beispiel für den Wandel dabei ist das Wort „geil“.
Im Mittelalter hatte es die Bedeutung: fröhlich, lustig.
Dann wurde es immer mehr in einem sexuellen Kontext gebraucht
und bekam die Bedeutung „lustig nach/auf Sex“; diese Bedeutung
begann zu dominieren und in den immer prüder werdenden
Zeitläuften wurde wurde es zum Wort für ungezügelte, schamlose
Gier nach Sex.
So blieb es bis in die Siebziger des letzten Jahrhunderts.

Beiseite gesprochen: Meine Mutter hat in ihrem ganzen Leben
dieses Wort sicher niemals benutzt.

Als nun in den Endsechzigern die sogenanten Fäkal- und
Unterleibswörter von Studenten und Jugendlichen in
provokativer Form - um Professoren, Eltern und Erwachsene zu
ärgen - abundant in Gebrauch gebracht wurden („Scheißliberale,
Scheißbourgeoisie etc.“, Schimanski trug auch seinen Teil dazu
bei), wurde auch „geil“ zur gängigen Münze.
Heute heißt es einfach sowas wie: toll, prima, klasse!

Es kommt auch noch auf die sachliche Umgebung an (Fachbereich). Zu Deinem Beispiel ‚geil‘ fällt mir ein, daß in der Botanik Pflanzen ‚geile‘ Triebe haben können, oder einfach ‚geiltriebig‘ sind. Und diese Bezeichnung blieb in den letzten 100 Jahren, wenn nicht noch länger, vom Wandel unberührt. ‚Geile‘ Triebe sind meist farb-, saft- und kraftlose, oft wilde Austreibungen, die vom Gärtner als unerwünscht entfernt werden. Das ist meines Erachtens nach deswegen interessant, weil Wörter über eine längere Zeit in verschiedenen Bereichen unterschiedliche Entwicklungen durchlaufen.
Gruß Alexander.

Hi Alexander,

Das ist meines Erachtens nach deswegen interessant,
weil Wörter über eine längere Zeit in verschiedenen Bereichen
unterschiedliche Entwicklungen durchlaufen.

das nennt sich dann Jargon. Die Untersuchung von sog. Fachsprachen oder eben Jargon, ist eine lebhafte Disziplin der Sprachwissenschaften.

Gandalf

dermanchmalsogarseinekollengennichtverstehtwennsieihrenjargonreden

Hallo, Alexander,

du hast Recht.
Und bei den Tomaten sagt man bei uns „ausgeilen“, wenn man die Triebe, die an den Stellen, wo Zweige aus dem Stamm herauswachsen, entfernt.

Fritz