Guttenberg täuscht nicht bewusst

Hallo zusammen,

Guttenberg sagt ja, dass er in seiner Doktorarbeit „zu keinem Zeitpunkt bewusst betrogen hat“.

Nun, im Zweifel für den Angeklagten… aber ist es denn denkbar, dass wörtliche Zitate in seine Arbeit gekommen sind, ohne dass er das bemerkt hätte???

Ich habe selbst eine wissenschaftliche Abschlussarbeit geschrieben und kann mir nicht vorstellen, wie das passieren sollte. Es sei denn, man schreibt es nicht selbst, sondern lässt schreiben.

Außerdem ist es doch auch nicht so, dass man einfach mal „eine Fußnote falsch gesetzt hat“. Zitate sind doch auch im Text durch Formulierungen kenntlich gemacht, z.B.
"Prof. Beutelschneieder stellte in seinen Forschungen fest, zitat zitat, während Prof. Dr. Dr. Kraxelhuber die Ansicht vertritt zitat zitat…

Also ich kann mir nicht vorstellen, wie man da „aus Versehen“ Zitate nicht kenntlich machen kann.
Was meint ihr?
Gruß Bixie

szmmctag

Hallo,
ja, ich finde es auch schwer nachvollziehbar. Allerdings sieht man hier genauso wie bei Steuer- oder Wirtschaftsbetrug, dass es eben zwei Klassen von Menschen gibt: diejenigen, die sofort ihren Job loswerden, persönliche Insolvenz ablegen müssen oder in den Knast wandern und diejenigen, die durch ihre Machtposition etwas mehr Narrenfreiheit haben.

Viele Grüße

Ich habe selbst eine wissenschaftliche Abschlussarbeit
geschrieben und kann mir nicht vorstellen, wie das passieren
sollte.
Außerdem ist es doch auch nicht so, dass man einfach mal
„eine Fußnote falsch gesetzt hat“. Zitate sind doch auch im
Text durch Formulierungen kenntlich gemacht, z.B.

Ich hatte die gleichen Gedanken.
Zumal in der Einleitung.

Sangoma

Hi,

oh doch, das geht sehr fix. Die Abschlussarbeiten, die deiner- und meinereiner so schreiben / geschrieben haben, sind im Vergleich zu dem Arbeitsaufwand (und der damit erhöhten Komplexität) einer Doktorarbeit Pipifax (ich weiß schon, warum ich mir das nicht angetan hab. Nicht, dass es mir jemand angeboten hätte oder so)

Ich korrigiere genügend Facharbeiten. Ok, das ist ein noch geringeres Niveau, das ist das erste Mal für die Betreffenden, dafür aber auch nur 10-15 SEiten. Aber ich hab noch keine in der Hand gehabt, wo alles in Ordnung ist. Ich möchte auch meine eigene Zulassungsarbeit jetzt nicht noch mal nachkorrigieren müssen, was da alles fehlt…

Wie sowas kommt? Man liest x Werke, hier n Ausschnitt, da n Kapitel, da ne DEfinition, mal n ganzes Werk, dann n halbes, dann schaut man was, das Autor A zitiert hat, im Original nach etc. Und terminlich wird es bei den meisten knapp. Dann schreibt man zwischendurch alles mehrfach um, und hin- und her, dann tut man das Zitat rein,und wieder raus… ist Dir dabei wirklich noch keine Fußnote verschwunden? Entschuldigung, glaub ich dir nciht :smile:
Weiterhin ist in jeder vernünftigen wissenschaftlichen Arbeit die Einleitung das letzte, was man schreibt (denn man weiß ja erst am Ende genau,was man gemacht hat). Man stopft alles rein, was sein muss, möglichst knapp, man will ja keinen ermüden, ein Bonmot hier, ein Augenzwinkern daa -sofern es das Thema erlaubt - man will ja den Leser bei der Stange halten, ja und dann braucht man noch irgendeinen knackigen Absatz, so als Beginn der Einleitung. So nen Bezug zum Leben. Es ist Mitternacht, die Zeit rennt, morgen früh muss die Arbeit raus… und da fällt einem der Zeitungsartikel in die hand, der einfach perfekt passt. Nix wie reintippen, an den Rest anpassen, finales formatieren, bingo! Ab dafür.Da kann so eine Quellenangabe wirklich mal fehlen (meine Zula lag morgens 8.50 am Tag nach dem letzten Tag im Briefkasten des Prüfungsamtes, damit 10min vor Öffnung des Büros und Deadline), das geht schneller, als man glaubt.

Was aber viel wichtiger ist, ist der Unterschied zwischen Täuschungsabsicht und Qualität des wissenschaftlichen Arbeitens.
Die Doktorarbeit ist die erste wissenschaftliche Arbeit, auf deren Niveau man tatsächlich etwas Neues erfinden muss (man vergebe mir die Formulierung). Darin besteht dann die eigene Leistung. Vorige wiss. Arbeiten an Uni und FH bringen nichts Neues, sondern „nur“ eine kritische Betrachtung eines vom Studenten selbständig zu erarbeitenden Sachverhaltes. Die Grundlagen und die Eigenleistung haben jeweils eigene Abschnitte der Arbeit, und in der Einleitung wird darauf hingewiesen, was Grundlagen sind und was Eigenleistung.
Wenn man nun den Weg der ERarbeitung des Sachverhaltes / die Grundlagen darlegt, muss man angeben, wo man was herhat. Und wen man im Bereich der Eigenleistung noch mal uf seine Quellen zurückgeht, dann gibt man das auch an - eben alles, was man woanders herhat. Nur die Eigenleistung kann man natürlich nicht belegen, aber sie muss sich logisch aus den Grundlagen ergeben (args, es ist spät - hoffentlich vereinfache ich nciht zu sehr)
Wenn nun in den Grundlagen irgendwo die Fussnote fehlt, aber das Werk ist in der Bibliografie angegeben, ja vielleicht ist die Stelle sogar in Klammern angegeben - dann ist das kein Täuschungsversuch, sondern nur schlechtes wissenschaftliches Arbeiten. Ganz besinders trifft das zu, wenn man in der Einleitung etwas - eben einleitendes, unterhaltsames, Illustrierendes drin hat. Schlechtes wissenschaftliches Arbeiten wirkt sich auf die Bewertung aus, kann aber durch Glanz an andere Stelle ausgeglichen werden.

Ernster wird es, wenn man das, was man als Eigenleistung verkauft (das sagt man ja im Verlauf der Arbeit ausdrücklich) geklaut hat. Das ist Täuschung. Aber wie schwer das zu werten ist, hängt weniger von der Anzahl der Worte ab, als von dem Rang, den der geklaute Inhalt innerhalb der Arbeit hat.

Insofern kann eine zitierte und nicht mit Quelle versehene A4-Seite am Anfang der Arbeit mit weniger als einem Kopfschütteln der Prüfungskommission bewertet werden (vielleicht stellen sie bei der Verteidigung der Arbeit eine Frage zu dem entsprechenden Inhalt, und wenn der Doktorand es auswendig weiß, verwandelt sich das Ganze automatisch in eine Eigenleistung, auch bei Nichtadeligen ohne firmenbesitzende Eltern) - währen dein Satz im Schlussparagrafen mehr als eine Notenstufe kostet.

Das mag sich in einzelheiten von Studiengang zu studiengang und uni zu uni ein bisschen unterscheiden, aber vom Prinzip her wird es das gleiche sein.

die Franzi

Hi

Ich kann mir schon vorstellen, dass man denkt man schreibt gerade was frei runter, hat aber was gelesenes im Kopf und durch Zufall ist die Formulierung bei 2-3 Sätzen exakt gleich wie im Buch, was aber nur auffällt, wenn man dieses daneben hält.

Ne ganze Einleitung oder ein ganzer Absatz sind da aber lächerlich.

lg
Kate

Nun, im Zweifel für den Angeklagten… aber ist es denn
denkbar, dass wörtliche Zitate in seine Arbeit gekommen sind,
ohne dass er das bemerkt hätte???

Kann ich mir schwer vorstellen. Vorstellen kann ich mir aber, dass man vergißt, ein Zitat auch als solches kenntlich zu machen (d.h. den entsprechenden Fundstellennachweis anzubringen). In juristischen Arbeiten wird viel zitiert und ich würde vermuten, dass eine Dissertation von mehr als 400 Seiten locker in die Nähe von 1000 Fußnoten kommt oder sogar darüber hinausgeht. Wenn man da Textpassagen z.B. aufgrund eigener Exzerpte zunächst einfach mal runterschreibt und die Fußnoten erst nachträglich - vielleicht nach einigen Tagen oder sogar Wochen - einbaut, dann kann einem schon mal das ein oder andere entgehen, gerade wenn die betroffenen Quellen keine primär juristischen sind und/oder der Bearbeiter außer der Diss noch viel nebenher macht (zu Guttenberg soll neben Beruf und Familie sieben Jahre lang daran gewerkelt haben).

Solange nicht das plagiiert worden ist, was die eigentliche Leistung der Diss ausmacht, nämlich die eigene wissenschaftliche und neuartige Lösung irgendeines bestimmten Problems, ist mir - jedenfalls soweit es die Wertschätzung des Bearbeiters und seiner wissenschaftlichen Leistung angeht - eigentlich recht egal, ob er ein paar Passagen irgendwo geklaut hat, ohne das kenntlich zu machen.

Es sei denn, man schreibt es nicht selbst, sondern
lässt schreiben.

Ist nicht unmöglich.

Außerdem ist es doch auch nicht so, dass man einfach mal
„eine Fußnote falsch gesetzt hat“. Zitate sind doch auch im
Text durch Formulierungen kenntlich gemacht, z.B.

"Prof. Beutelschneieder stellte in seinen Forschungen fest,
zitat zitat, während Prof. Dr. Dr. Kraxelhuber die Ansicht
vertritt zitat zitat…

Das kommt zwar bei Juristen auch vor, ist da aber nicht die Regel. Um einen meiner ehemaligen Professoren zu zitieren: „Wir setzen uns hier nicht mit Autoren auseinander, sondern mit Rechtsfragen.“ Insofern ist in juristischen Arbeiten oft die Fußnote der einzige Hinweis, dass es sich bei einer Textstelle um ein Zitat handelt. Und eine Fußnote kann man - wie gesagt - durchaus mal vergessen …

Hallo,

Das kommt zwar bei Juristen auch vor, ist da aber nicht die
Regel.

Es ist nicht nur nicht die Regel, sondern ist sogar regelrecht verpönt.
„Wir schreiben hier doch keinen Besinnungsaufsatz“ ist ein Zitat, welches mir da in Erinnerung kommt.

MFG Cleaner

Hallo,

Was meint ihr?

ich meine, dass es unglaublich lustig ist, dass ihm der einzige Titel, den er nicht angeboren bekommen hat, vll aberkannt wird :smiley:

Mal ehrlich… jeden anderen Doktoranden hätte man äußerst schlecht bewertet, wenn nicht durchfallen lassen. Einen Studenten sowieso, denn wie könnte man es wagen, eine Fußnote zu übersehen. Und hier sind sich offenbar alle Gönner einig, dass es sich um ein kleines Versehen handelt. Der betreuende Professor hat ihn sogar mit summa cum laude bewertet, was ebenfalls sehr verdächtig ist.

In meinem Sammelsurium an Abschluss- und Hausarbeiten gab es jedenfalls keinen Anlass, Plagiatsvorwürfe zu erheben. Daraus schließe ich, dass ein normal sterblicher Bürger durchaus in der Lage ist, wissenschaftliche Arbeiten korrekt zu verfassen, ohne etwas auf „Versehen“ schieben zu müssen.

Gruß, Leebo

Hallo!

Nach allem, was ich höre, handelt es sich nicht um ein Versehen, sondern um einen handfesten Betrug.

Habt Ihr Anne Will gesehen? Da sitzt eine Strauß-Tochter namens Hohlmeier (Nomen est omen!) und will dem geneigten Fernsehpublikum weis machen, dass dieser Betrug ein „wissenschaftlicher, aber kein menschlicher Fehler“ sei.

Es kam noch besser: Die Sache sei ja nur deswegen so groß raus gekommen, weil die Opposition Angst vor Gutti habe und ihm daher schaden möchte, indem sie diese Schlammschlacht lostrete.

Liebe Frau Hohlmeier! Ein Betrug ist ein Betrug. Und: Es verhält sich derjenige unredlich, der den Betrug begeht; nicht derjenige, der ihn aufdeckt. Bei Ihrer Vorstellung von Anstand sträuben sich mir die Nackenhaare!

Michael

Um Frau Hohlko… äääh, Hohlmeier zu zitieren: „Über jeden von euch hab ich was!“