im bohrschen Atommodell ist der Atomkern positiv und die Elektronen sind negativ geladen. Sie ziehen sich an und die Elektronen würden quasi in den Kern stürzen, wenn sie nicht einen Geschwindigkeitsvektor hätten, der senkrecht zum Radiusvektor steht (oder tangential zur Umlaufbahn).
So wie ich das Orbitalmodell verstehe, verhalten sich die Elektronen dort stationär. Sie bewegen sich quasi nicht und ihre Position kann man anhand einer Wahrscheinlichkeitsfunktion bestimmen.
Trifft dies zu? Bewegen sich die Elektronen im Orbitalmodell nicht? Wenn sie keinen Geschwindigkeitsvektor hätten, der vom ‚Radius’vektor‘ verschieden ist, würden sie aber in den Kern stürzen, sofern sie eine negative Ladung hätten und der Kern eine positive.
kurzum: Haben die Elektronen im Orbitalmodell eine Ladung? Und wenn sie diese haben sollten: Wieso stürzen sie nicht in den Kern?
Du stellst wirklich sehr gute Fragen, weißt du das?
Es geht beim Orbitalmodell schon ziemlich ins Eingemachte, und ich weiß nicht so recht, wie ich es dir erklären kann, ohne zu wissen, was du so kannst.
Vielleicht so:
Stell dir vor, du machst immer wieder Fotos von einem Atomkern, um das ein Elektron kreist, so daß die Bahnebene senkrecht zur Blickrichtung der Kamera ist. Auf jedem Foto ist das Elektron als Punkt zu erkennen.
Die Fotos legst du alle übereinander.
Du bekommst so ein Bild mit ganz vielen Punkten, die auf einem Kreis verteilt sind. Aus dem Bild kannst du NICHT bestimmen, wann und wo sich das Elektron aufhält. Du kannst nur sagen, daß es immer irgendwo auf dem Kreis liegt, und zwar an jeder Stelle gleich wahrscheinlich.
Jetzt stell dir vor, das Elektron ist nicht auf einer Kreisbahn, sondern auf einer elliptischen Bahn. Näher am Kern bedeutet wieder schneller, weiter außen langsamer. Man wird die Ellipse auch auf dem Bild sehen können, und feststellen, daß außen mehr Punkte sind als weiter innen. Ist ja klar, außen ist es langsamer unterwegs, daher ist es wahrscheinlicher, es außen anzutreffen.
Noch ein Schritt weiter: Wir fordern eine bestimmte Energie des Elektrons. Mit dieser Energie kann es eine Schar von verschieden geformten Ellipsen als Bahn haben, aber eben nicht zwingend genau eine. Das Bild wäre jetzt eine Punktewolke, aus der sich gar keine Bahninformatinen mehr gewinnen lassen. Man kann jetzt nur noch sagen, daß das Elektron mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit in einem bestimmten Bereich ist.
Wenn man an der Vorstellung eines Elektrons fest hält, dann bewegt es sich in diesem Modell also durchaus.
Und die Anziehung zwischen Elektron und Kern bestimmt eben auch, welche Bahnen denn überhaupt möglich sind, wenngleich es nicht mehr genau eine Kreisbahn, sondern eine Schar von Ellipsen ist. Also ja, die Ladungen spielen weiterhin eine Rolle.
Dazu muß ich jetzt sagen, daß das eine sehr sehr anschauliche Erklärung ist, die quantenmechanische Betrachtung sieht dann doch nochmal ganz anders aus!
So sieht man sich wieder. Von den Bahnen der Planeten wanderten meine Gedanken zu den Elektronen.
Bei den s-Orbitalen könnte man deine Veranschaulichung nutzen, eine ähnliche hatte ich mir auch überlegt. Die Wahrscheinlichkeiten der p-Orbitale kann man meiner Meinung aber nicht mit einer kreisförmigen oder elliptischen Bewegung erklären.
Was wirkt bei einem Elektron in einem p-Orbital der Coulombkraft zwischen Elektron und Kern entgegen? Vielleicht immer noch seine Massenträgheit, aber nicht auf einer Kreisbahn sondern in einer Pendelbewegung ähnlich einer Feder?
Dann würde ein Elektron immer zwischen zwei Orbitallappen hin und her pendeln. Dabei würde es aber den Kern passieren. In Kernnähe hat das Elektron im p-Orbital aber eine geringe Aufenhaltswahrscheinlichkeit. Vielleicht, weil es in Kernnähe bei einer Pendelbewegung immer besonders schnell wäre?
Oder es „teleportiert“ sich durch den Kern? Vielleicht nimm es in Kernnähe einen Wellencharakter an und weiter außen eher Teilchencharakter?
Eine andere Möglichkeit wäre, dass das Elektron im Orbitalmodell gänzlich kein Teilchen wäre, sondern eine Welle. Eine Welle kann aber in meiner Vorstellung nur schwerlich eine Ladung haben.
Auffallend ist schon, dass die Orbitale eine Symmetrie zum Kern haben. Dies könnte auf eine pendelnde oder sonstige Ausgleichbewegung von einer Seite des Kerns zur anderen hinweisen.
also:
Wie kommt ein Elektron von einem Orbitallappen eines p-Orbitals in den anderen?
Oder, sollte es sich nur in jeweils einem Lappen aufhalten, wieso stürzt es dann nicht in den Kern?
Wenn ein Elektron auf einer stationaeren Bahn sich befindet und bleibt, dann rast es immer noch um den Kern, zweng der Geschwindigkeit fuer die Fliehkraft. Nicht-stationaer waere -glaub- wenn es die Bahn ab und zu verlaesst und wieder zurueckfindet.
Du vermischst in denen Überlegungen das Bohrsche Atommodell mit dem älteren Rutherfodschen Modell, das die Elektron-Proton-Bindung noch mit den Mitteln der klassischen Elektrodynamik zu erklären versuchte. Also mit ektrischer Ladungs-Attraktion, Bahngeschwindigkeiten, Fliehkraft usw. Dieses Modell hatte das Problem, daß Elektronen, wenn sie den Kern umkreisen, Energie abstrahlen würden und daher in den Kern kreiseln müßten. Das aber widersprach ja der Beobachtung, und es konnte auch nicht erklären, wieso die Elektronen nur auf diskreten Bahnen um das Proton kreisen. Das war nämlich das, was zu erklären war: Das energetisch angeregte Wasserstoffatom liefert diskrete Energie-Spektren: Warum gab es die Zwischenzustände niicht?
Das Bohrsche Modell aber war bereits ein quantenmechanisches! Mit Hilfe des Planckschen Wirlungsquantums „h“ und → Bohrs Postulaten, war zunächst erklärbar, daß sich die verschiedenen Energiezustände des Elektrons, und vor allem seine Bahndrehimpulse um jeweils ganzzahlige Vielfache n*h unterschieden (→ Quantensprünge), entsprechend verschiedenen Bahnen. Und daß es die Zwischenzustände nicht geben könne und folglich auch nicht Bahnen zwischen den so definierten: Die jeweiligen Zustände waren „stationär“. Und vor allem: Es gab einen niedirgsten Energiezustand, der damit erklärte, warum das Atom stabil ist und also das Elektron nicht in den Kern stürzen kann.
Mit der Weiterentwicklung der Quantenmechanik (Heisenberg, Schrödinger) wurde dann das heute noch gültge Atommodell entwickelt, das Wassestoff und Helium sehr gut, die höheren Atome einigermaßen gut berechenbar macht: Die Schrödngergleichung, angewendet auf das Wasserstoffatom, also die „Wellenfunkton“ des Wasserstoffatoms, liefert als Lösungsmenge alle diskreten Energiezustände des Elektrons. Allerdings bewegt sch das Elektron hier nicht mehr auf Bahnen um das Proton! Vielmehr geben die einzelnen Lösungen (die sog. Orbitale, in Form von sog. „Kugelfunktonen“) die Verteilung der Aufenthaltswahrscheinlichkeiten im Raum für das Elektron. Diese Aufenthaltwahrscheinlchkeiten verteilen sich in Abhängigkeit der jeweiligen Energie- und Bahndrehimpulse und eniger weiterer Quantenzahlen um das Proton.
Das ist natürlch, wie die gesamte Quantenmechanik, weitab von jeder Anschaulichkeit. Insbesondere dehnt sich die Wahrscheinlichkeitsverteilung (genauer: Die Verteilung der „Wahrscheinlichkeitsdichten“) bis ins Unendliche aus und bei einigen Energiezuständen ist sie im Mittelpunkt, also sozusagen innerhalb des Protons, sogar am größten.
Ebensowenig wie ein jeweilige genauer Ort ist auch die Geschwindigkeit in diesem Modell gar nicht defniert (→ Heisenbergsche Unbestimmheitsrelation). Man kann hier nicht mehr sagen, das Elektron „bewege“ sich von einem Ort innerhalb der Verteilung an einen anderen. Vielmehr müßte man eher sagen: Die gesamte Wahrscheinlichkeits-„Wolke“ ist das Elektron.
Man kann aber zumindest eine Analogie zu einer Geschwindigkeit abschätzen: Da die jeweiligen Energezustände ja bekannt sind, kann man ihnen auch eine Geschwindigkeit zuordnen.
Die mittlere kinetische Energie z,B. des Grundzustandes (bei 1 Proton + 1 Elektron) ist
Ekin = 13,5 eV.
Andrerseits gilt per def.
Ekin = 1/2 mv2.
Mit m = mElektron = 0,51 MeV/c2 findet man für v die mittlere Geschwindigkeit vElektron = 7,7*107 cm/s = 770 km/s.
Aber, wie gesgat, das bedeutet nicht, daß das Elektron mit dieser Geschwindigkrit innerhalb der bis bis ad inifinitum reichenden Wahrscheinlichkeits-„Wolke“ herumwetzt.
danke für deine ausführliche, gut strukturierte, interessante und stilistisch angenehme Antwort, Metapher!
Spielen Ladungen oder die Coulombkraft im modernen Atommodell, oder auch Orbitalmodell, eine Rolle?
Liefert das Modell Erklärungen mithilfe anderer Effekte zur Frage, wieso sich die Wahrscheinlichkeitsdichte so verteilt? Oder ist das Modell nur beschreibend insofern, dass sie sich so verteilt?
Wenn ich deine Frage richtig verstehe: Die „Gestalt“ dieser Orbiltale ist sozusagen reine Mathematik. Etwas ungenau gesagt, sind es Lösungen einer bestimmten Art von Differentialgleichung. Genauer gesagt: Es sind Eigenfunktionen des Laplace-Operators. Auch ganz ohne physikalische Assoziation. Und die (physikalische) Schrödingergleichung enthält einen solchen Laplace-Operator. Daher sehen die Orbitale so aus.
Die uralte Frage stellt sich natürlch dann wieder (in der provokativen Ausdruckweise): „Woher weiß die Natur, was eine Schrödingergleichung ist? Und woher weiß sie, wie man sie löst?“
Das Bohrsche Atommodell ist „halbklassisch“. Man arbeitet im Wesentlichen mit den Vorstellungen der klassischen Mechanik und Elektrodynamik, baut aber an der einen oder anderen Stelle eine Prise Quantenmechanik ein. Damit ist dieses Modell einerseits (zumindest für Wasserstoff) nahe an den experimentellen Befunden und andererseits anschaulich recht verstehbar. Deswegen ist es zB in der Schule so beliebt. In der modernen Quantenmechanik wird es aber durch ein völlig anderes Bild ersetzt. Manche Leute nennen das dann Orbitalmodell.
Im Orbitalmodell sind die Zustände stationär. Das heißt, dass die räumliche Wahrscheinlichkeitsverteilung zeitlich konstant ist. In einem bestimmtem Raumbereich triffst du das Elektron also immer mit der gleichen Wahrscheinlichkeit an.
Das ist aber kein generelles Wesen der Quantenmechanik. Zeitabhängige Probleme werden durch die zeitabhängige Schrödingergleichung beschrieben, die dir neulich jemand aufgeschrieben hat. In speziellen Fällen (wie zB dem Wasserstoffatom) kann man aber den Zeitanteil herausseparieren und erhält dann eine zeitunabhängige Gleichung. Deren Lösung sind im Falle des Wasserstoffatoms die neulich schon angesprochenen Kugelflächenfunktionen $Y_{lm}(\theta,\phi)$.