Hi.
Wenn sich jemand zu einer Monotheistischen Religion bekennt
(Judentum, Christentum, Islam) dann könnte er doch zusätzlich
eine Religion adoptieren die nur aus Lebensregeln besteht aber
keine Gottheiten kennt ohne dabei in Konflikt mit SEINEM Gott
zu geraten oder ?
Erstens meinst du sicher „adaptieren“, und zweitens erhebt jede Religion einen mehr oder weniger expliziten Absolutheitsanspruch. Es bringt daher nichts, die verschiedenen Systeme zu vermischen, auch wenn das zwischen Christentum und z.B. Zenbuddhismus schon versucht wurde. Innerhalb der einzelnen Systeme gibt es so viele Spaltungen (Schulen, Lehren), dass es schon schwer genug ist, die unter einen Hut zu bringen bzw. sauber voneinander zu trennen.
Was die Definition von „Religion“ betrifft, schlage ich folgende vor:
Religion ist ein System, das über das Verhältnis zwischen Mensch und einer transzendenten Dimension Aussagen macht, und zwar 1) unter einem(erkenntnis-)theoretischen Aspekt und 2) unter einem lebenspraktischen (= ethischen) Aspekt.
Im einzelnen:
* Theistische Religion - 1) polytheistische Mythologien, 2) monotheistische Mythologien, in Spätphasen auch amythologisch-mystische Ausformung (z.B. Eckhart, Nikolaus von Kues, moderne Theologie)
* Atheistische Religion:
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Vedanta, mystisch-atheistisch, aber auf älterer polytheistischer Grundlage (Veden) beruhend
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Taoismus, ursprünglich mystisch-atheistisch, dann Mischform aus Mystik und Polytheismus (= Götter als Erscheinungsformen des Tao)
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Buddhismus, ursprünglich komplett atheistisch, verband sich aber im Zuge der Ausbreitung mit Mythologien des regionalen Volksglaubens. Die atheistisch-philosophische Ebene ist der volkstümlich-mythologischen natürlich übergeordnet und gänzlich von deren Inhalten unabhängig. Es gibt quasi-polytheistische Sonderformen wie in Tibet, wo zahlreiche Thangkas (Gottheiten) verehrt werden. Im Tibetanischen Totenbuch heißt es über bestimmte Erscheinungen, welche das gestorbene Ich im Totenreich (Bardo) wahrnimmt:
Nachdem es vorüber ist, daß die Scharen der Friedvollen, der Wissensbewahrer und der Dakinis ihn empfangen wollten, werden nun flammengleich die Scharen der bluttrinkenden, schrecklichen
Götter, achtundfünfzig an der Zahl, erscheinen und zwar als die Verwandlungen der früheren Scharen friedvoller Götter. Doch nun ist [die Situation] nicht wie vorhin, denn da dies eben der
Zwischenzustand der Schreckensgottheiten ist, wird [der Tote] von Furcht, Angst und Schrecken überwältigt. Daher wird es schwierig sein, [die Wahrheit] zu erkennen.
Allerdings - und das ist entscheidend - wird im Totenbuch wiederholt darauf hingewiesen, dass es sich bei solchen Erscheinungen um Projektionen (aus dem Unbewussten) des Egos handelt.
Chan