Die Frage ist komplex…
…und die Antwort leider recht lang. Ich hoffe, es lohnt sich trotzdem, sie zu lesen.
Auch wenn es nicht direkt zur Lösung führt, sollten Sie als mögliche Eheleute und Eltern sich erst einmal gemeinsam darüber klar werden, was Sie möchten. Zwischen den Zeilen klingt ja auch die Frage durch, wie sich Ihr Freund eine Ehe mit Ihnen vorstellt. Welche weiteren, türkischen Traditionen, die er im Moment ähnlich zurückstellt wie sein aktives Glaubensleben, stellt er sich denn für Ihre Ehe und die Rollenverteilung in der Ehe vor?
Daß er seinem Kind hier, wo so vieles fremd ist, einen Namen aus der Heimat (türkisch) geben möchte, ist nachvollziehbar. Ein arabischer Name klingt, aber da mag ich danebenliegen, sehr nach religiösem Interesse. Haben Sie mal über seine Motivation dazu gesprochen? Mit Blick auf das Kind fände ich die Frage interessant: Was wird das in Zukunft für das Kind bedeuten, wenn es hier in Deutschland leben soll? Ich möchte unsere Vorurteile nicht rechtfertigen, aber sie bestehen eben leider. Als Deutsche® mit türkischen Namen dagegen anzugehen, kann eine große Last sein - aber auch eine Chance.
Zur Taufe ist die Einwilligung beider Eltern erforderlich. Eine vergleichbare Regelung gibt es im Islam meines Wissens nicht, da ein Kind islamischer Eltern (und meines Wissens auch eines islamischen Elternteils) automatisch als Moslem gilt. Eine spätere Taufe Ihres - so zunächst mal moslemischen - Kindes wäre aus moslemischer Sicht ein Abfall vom wahren Glauben - auch wenn natürlich nicht alle Moslems so radikal sind, dafür drastische Strafen einzufordern.
Davon völlig unabhängig werden Sie Ihr Kind von Anfang religiös prägen - entweder durch Tun (Beten, Gottesdienste, Moschee…) oder eben durch Nichttun. Auf Grund dieser Prägung wird sich ihr Kind später ohnehin entscheiden, wie es seinen Glauben leben wird. Ob es sinnvoll ist, hier eine Zerrissenheit vorzuleben, weil Sie „Jesus“ aus christlicher Sicht natürlich anders erklären, als Ihr Mann aus islamischer, wage ich zu bezweifeln. Natürlich können Sie aus Rücksicht auf Schweinefleisch verzichten, aber wie erklären Sie Ihrem Kind, daß es kein Schnitzel bekommt, wenn es gerne eines hätte? Die Wahrscheinlichkeit, daß daraus ein „ist eh alle gleich, ist eh alles egal“ entsteht, ist groß. Ist es das, was Sie bzw. Ihr Freund wollen?
Den Geschichten von Müttern, denen der türkische Ehemann in der Türkei alles inklusive des eigenen Kindes weggenommen hat, stehen die Geschichten von glücklichen Ehen ohne diese Probleme gegenüber (die machen nur keine so großen Schlagzeilen). Es muß nicht automatisch zum Extrem kommen. Trotzdem ist es sinnvoll, soweit zu denken. Es ist auch für Ihren Freund nicht ganz ohne, wenn er in eine traditionell geprägte Heimat und Familie zurückkehrt und selber keine solche Familie „vorzuweisen“ hat. Kann / will er diesem Druck standhalten - wollen / können sie das von ihm verlangen?
Eine Ehe soll ein Schritt für den Rest des Lebens sein, ein Bund, in dem man sich blind aufeinander verlassen kann. Aus Ihren Zeilen klingen zumindest Fragen, wenn nicht sogar Zweifel. Aber das von Bildschirm zu Bildschirm zu klären, dürfte schier unmöglich sein. Ich gebe zu, auch wenn ich mich um Objektivität bemühe, kann ich meine Skepsis nicht verhehlen. Reden Sie also auch mir Freunden - seinen und Ihren, deutschen wie türkischen; dem Immam und dem Pfarrer - und zwar immer gemeinsam. Bilden Sie sich so ein Bild.
Die Entscheidung werden Sie dann schließlich alleine treffen müssen - in der Verantwortung für sich und Ihren Freund, für ein mögliches gemeinsames Kind - aber natürlich auch für die Kinder, die Sie schon haben - alleine, aber wenn Sie als Christin leben nicht ohne Gottes Hilfe.
Gruß, Martinus…
P.S. Entgegen anderslautenden Gerüchten helfen Groß- und Kleinschreibung sowie die Regeln zum Abstand nach Satzzeichen nicht nur, sonst arbeitslose Deutschlehrer zu beschäftigen. Sie erleichtern auch das Verstehen eines Textes ungemein.