Hambacher Forst, die dreiundzwölfigste

Moin,

nachdem nun das Oberverwaltungsgericht die Rodung wegen der mittlerweile sprichwörtlichen Fledermaus des Nabu gestoppt hat, stellt sich mir folgende Frage(n):
Der Forst gehört RWE? Gibt es eine Baumsatzung in NRW bzw. die betroffenen Gemeinden, die vorschreibt, wie Inhaber mit ihren Bäumen umzugehen haben? In Niedersachsen ist dies z.B. von Gemeinde zu Gemeinde unterschiedlich. Meine Heimatstadt hat überhaupt keine Baumsatzung.
Ist die geplante Rodung bei RWE nicht durch alle möglichen Rechtsexperten geprüft worden? Woher kommt auf einmal die Fledermaus? Die mussten doch wissen, dass so etwas oft als Argument kommt und die Fledermaus auf jeden Fall ans Tageslicht gezerrt wird.
Wie kommt das Verwaltungsgericht Münster zu der Einschätzung, dass die Sicherheit nicht gefährdet sei, wenn im Vorfeld etliche Aktivisten Polizisten in einer extrem unterirdischen Art und Weise angegriffen haben? Das Betreten des Forstes ist verboten. Die Demonstranten machen es trotzdem. Landfriedensbruch? Oder nur Demonstrationsrecht?
Ich, als RWE wäre extrem angepisst, dass, so stellt es sich mir im Moment so dar, mit meinem Eigentum gemacht wird, wie es gerade so passt.

Ich stelle mir das gerade mal in meinen eigenen vier Wänden vor. Eines Tages zieht jemand, den ich überhaupt nicht kenne, in mein Wohnzimmer ein. Da ich ein netter Mensch bin, lasse ich ihn ein paar Tage dort wohnen. Dieser Jemand holt aber noch ein paar Freunde dazu. Sie lassen sich nicht dazu bewegen, wieder zu gehen. Also hole ich die Polizei. Die wird „friedlich“ mit Scheiße angegriffen und braucht mehrere Tage, um meine „Gäste“ aus meinem Wohnzimmer zu entfernen, derweil die Presse kräftig auf mich eindrischt, weil ich ja zwei Wohnzimmer habe und das eine sowieso nicht nutzen würde. Nun würde ich das Wohnzimmer gern renovieren lassen, da es nicht mehr so nett aussieht oder ich möchte dort einen Wintergarten bauen. Plötzlich werde ich von einem Gericht dazu verdonnert, das Wohnzimmer so lassen, wie es ist, weil sich dort eine seltene Spezies angesiedelt hat. Gleichzeitig meldet Herr Jemand zusammen mit seinen Freunden eine Demo in meinem Wohnzimmer an, um dagegen zu demonstrieren, dass ich mit meinen Wohnzimmer machen möchte, was ich will. Mein Wohnzimmer habe ich zwischenzeitlich abgeschlossen, interessiert aber niemanden. Im Endeffekt demonstrieren in meinem Wohnzimmer Leute, die ich nicht kenne, denen ich nichts getan habe, die Hausfriedensbruch begangen haben und die Polizei muss zugucken, weil ein anderes Gericht gesagt hat, dass ich die Leute demonstrieren lassen muss.
Zugegeben, etwas überspitzt formuliert, aber beim Hambacher Forst zeigt sich m.E. gerade wieder ganz deutlich, was hier in diesem Land gewaltig schiefläuft.
Wir sind die rechtschaffend Guten, deswegen dürfen wir alles. Wenn du dagegen bist, dann bist du wahlweise ein Kapiltalist oder eine Heuschrecke, oder du bist ein Linker oder Rechter oder ein Schwarzer oder Weißer oder, oder, oder.

Soon

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Hallo

Du meinst wahrscheinlich keine Demonstranten, sondern Baumbesetzer, deren Hütten geräumt wurden. - Räumungen sollten heute nicht stattfinden, sondern einfach nur eine Demonstration. Die Demonstrationen dort waren m.W. immer friedlich.

Ein Naturschutzgebiet, das einem gehört, kann man aber nicht mit einem Wohnzimmer vergleichen. Dieser Wald durfte überhaupt nur unter der Voraussetzung abgeholzt werden, als es für die Daseinfürsorge (in diesem Falle Stromversorgung) der Bevölkerung notwendig ist. - Wieso man jemals zu dem Schluss gekommen ist, dass das hier der Fall ist, weiß ich nicht. Das war noch nie glaubwürdig, und einen Nachweis gibt es ja anscheinend auch gar nicht dafür.

Wenn du den Wald unbedingt mit deinem Wohnzimmer vergleichen willst, dann nehmen wir mal an, du wolltest deine Sessel, deinen Teppichboden und Furnierholzmöbel und alles im Grill in deinem Garten verbrennen, und da gibt es ein paar Leute, die sich auf deine Sessel setzen, um dich daran zu hindern, weil da jede Menge Schadstoffe freigesetzt werden. Außerdem hättest du ein paar antike Gemälde von Tizian oder Rembrandt, die wolltest du auch in deinem Grill verbrennen. Ich bin ziemlich sicher, dass das ein Gericht verbieten könnte.

Über die Baumbesetzungen kann man - besonders als Waldschützer - unterschiedlicher Ansicht sein, aber es ist ziemlich wahrscheinlich, dass ohne sie diese Bewegung nicht so groß geworden wäre.

Hallo,

Grundgesetz Art. 14, Absatz 2: Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

Grüße
Siboniwe

Tach.
Die Fragestellung nach Baumsatzung oder wem was gehört ist in Bezug auf den vorläufigen Rodungsstopp unerheblich. Wichtiger wäre m.E. die Frage nach den möglichen Konsequenzen. Bis dato interessiert das weder die Grünen, noch den BUND.
Ich bin mir ziemlich sicher, dass nach diesem Urteil in den Rechtsabteilungen von RWE das Worst-case-Szenario durchexerziert wird. Zumal eine endgültige Entscheidung m.E. nicht vor 2025 zu erwarten ist. Gesucht werden Ansatzpunkte im Vertrags- und Bergrecht, die berechtigte Hoffnung auf Schadenersatz von Land und Bund machen. Und dann geht der Tanz erst richtig los! Oder ein Egreement unter Ausschluss der Öffentlichkeit.
Umweltschutz ist wichtig. In Bezug auf den Tagebau Hambach sollte aber auch jeder wissen, was es kosten wird.
http://pdf-ins-internet.de/maerchen-aus-nrw-ii/

Gruß.
:wink:

Nur soviel: eine Baumschutzsatzung kenne ich nur für besiedelte Bereiche.
Außerorts greifen andere Regelungen. Naturschutzgesetz, Landesforstgesetz … Die Gültigkeit all dieser Gesetze folgt aus dem zitierten Grundsatz, dass Eigentum verpflichtet. Ein Baum (ein Wald erst recht) hat über den eigenen Besitz hinausgehende Wohlfahrtswirkungen für die Gesellschaft und die gilt es zu erhalten.

Ansonsten bin ich komplett anderer Meinung in der Sache. Ich bin groß geworden mit dem Widerstand gegen die waa in Wackersdorf. Angriffe gegen Polizisten verurteile ich auch, aber andere Protestformen halte ich für legitim und auch wichtig. Als Bürger muss ich Möglichkeiten haben, mich gegen mächtigere (den Staat, große Konzerne) zur Wehr zu setzen. Und die Politik hat die Aufgabe, den Protest wahrzunehmen und zu würdigen (wird ja gern bei anderen Themen derzeit sehr betont).

Hätte niemand den Wald besetzt, wäre er längst abgeholzt bis eine Gerichtsentscheidung erfolgt wäre. Die Energiewende braucht meiner Meinung nach solche „Leuchttürme“, also so symbolhafte Ereignisse, sonst kommt sie nicht voran. (Fukushima war auch so ein Ereignis, natürlich noch einschneidender).
Der Strom kommt ja aus der Steckdose und das macht erstmal ein Umdenken scheinbar unnötig, da mag man sich gar nicht weiter mit beschäftigen. So ist das Thema wieder auf dem Tisch…

Bufo

arbeitskreis „bewahrung der vorkommen von fledermäusen im bereich des tagebaus hambach und seinem umfeld“.
seit 2005.
arbeitskreis mit vertretern von nabu, bund und rwe.
nicht nur deutsche, auch europäische gesetze und verordnungen stehen im raum.

ist doch nicht schief gelaufen, auch wenn es zeitlich sehr knapp geworden ist.

pasquino

Ich brauche großteils nicht mal mehr die Steckdose, ich kaufe meinen Strom im Supermarkt in Wegwerfverpackungen!

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Da hast du aber ganz schön zu schleppen, wenn du einen Kuchen backen willst.
:wink:

Grüße
Dirk

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Ich habe da so Häschen, denen schiebe ich jeweils eine Batterie in den Arsc Popo, dann laufen die mitsamt Batterie selbsttätig nach Hause!

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Also, für mich wär das ja nix.

  1. Wahlen
  2. Rechtsweg

Nur wenn er innerhalb des Grundrechts auf Versammlungsfreiheit oder auf anderer, legaler Basis erfolgt.

Uiuiui,
Dein Wohnzimmer ist kein Naturschutzgebiet - oder etwa doch?
Eine Demokratie lebt davon, dass unterschiedliche Interessen nach allgemeingültigen Regeln geklärt werden. Und wenn es dann mal für einen speziellen Fall keine Regel gibt, wird politisch entschieden. Dafür gehen wir zur Wahl. Das politische Konstrukt des Volkes ist doch nur theoretisch. Wenn dann vor Ort und für den Ort Widerstand entsteht und Politik darauf reagiert, ist das doch ein positives Signal. Ich verstehe Deinen Unmut nicht.
LG
Amokoma1

Absatz 3 haste auch gelesen? RWE wird definitiv enteignet und das kann nur zum Nutzen der Allgemeinheit per Gesetz beschlossen werden. Allerdings produziert doch RWE für eben diese.
Obwohl… man sollte die Entwicklung abwarten.

Wie bei so vielen im Leben findet hier eine Abwägung statt. Ich habe mich nicht zu dem konkreten Sachverhalt geäußert. Es war eine direkte Antwort auf den Wohnzimmer-Vergleich.

Grüße
Siboniwe

Hi!

Naja, da RWE gut die Hälfte der durch Braunkohleverstromung erzeugten Energie ins Ausland exportiert, wird es zu keinem Blackout kommen, was auch hiesige Wissenschaftler so sehen …

VG
Guido

Tach Guido.

werden die eher für die eigenen Bagger, Förderbänder und Absetzer brauchen :wink:

Ich sehe u.U. einen anderen Zwang: die geologische Stabilisierung des Tagebaus.

Nur ein Gedankengang:

Von ehemals 4000 ha steht noch ein kümmerlicher Rest von 200 ha. Lt. RWE werden mehr als 100 ha zur Stabilisierung der Abraumkanten benötigt. Davon ausgehend, dass diese Angaben richtig sind, eine einfache und für jeden nachvollziehbare Überlegung:

Benötigte Restfläche: 100ha

Tagebautiefe: 300m -> 200 m Abraum, 100 m Kohle

Ich gehe der Einfachheit halber davon aus, dass zur Stabilisierung nur 100 m verwendbar und anrechenbar sind. Somit ergeben 100 ha x 100 m insgesamt 100 Millionen Kubikmeter.

100.000.000 cbm, für mich eine ganz schön gewaltige Größe.

Und nur dafür nötig, damit der Restwald nicht in den vorh.Tagebau abrutscht, bzw. sich Unglücke aus Hangrutschungen wie Nachterstedt nicht wiederholen. Teilweise werden sogar größere Sicherheitspuffer gefordert. Oder, dass die Verfüllung der Restlöcher vorgeschrieben werden muss. Mit welchem Material? Die Sophienhöhe etwa wieder abbaggern und als Füllmaterial verwenden?
Zurück zu den 100 Mio. cbm und möglichen Alternativen, sofern es diese überhaupt gibt. Einfach mal angenommen, die Hänge und Böschungen könnte man, wie es mancher aus seinem Garten kennt, mit technischen Lösungen bewerkstelligen. Beton und Stahl oder Faserbeton könnten in Frage kommen. Und womöglich benötigt man auch nur 1% der 100 Mio. cbm. Wären immer noch 1 Mio. cbm. Schlichter Denker, der ich bin, veranschlage ich 100 €/ cbm Beton in eingebautem Zustand, was zugegeben recht optimistisch ist. Aber lässt sichleichter rechnen. Somit ergeben sich 100.000.000 € an Betonkosten zur Lochstabilisierung. Wenn die Betonwerke rund um die Uhr 1000 cbm/ Tag liefern, sind in 3 bis 5 Jahren die Arbeiten abgeschlossen. Kein Stau auf der Autobahn vorausgesetzt. Unter Umständen lassen sich die Kosten auch etwas reduzieren. Immerhin bringt das Recycling der Kraftwerksanlagen auch Füllmaterial für das Tagebauloch.

Wenn sich alle einig sind, sollten wir es angehen. Angst um seinen Job braucht keiner haben; Arbeit gibt’s genug. Und wenn ab und an der Strom ausfällt, ist dies nur temporär und bessert sich auch wieder.

Gruß.

B.

Hi!

Naja, im Steinkohlebergbau war das vollkommen normal und niemand hat sich aufgeregt.

Bei knapp 1,9 Milliarden € Nettogewinn in 2017, die denen gegenüberstehen …

Ich bin ein wenig voreingenommen.
Ich habe nie verstanden, wie ein Unternehmen ganze Städte auslöschen darf und politisch die dreckigste aller möglichen Energiegewinnungsarten gepusht wird.

Warum hat man nicht die Steinkohle länger laufen gelassen, wenn es schon Kohle sein muss?

Aber egal, darum geht es hier ja nicht …

VG
Guido

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Tach.

me too.

Fehler der Vergangenheit.
http://pdf-ins-internet.de/maerchen-aus-nrw-2/

Gruß.
:wink:

Ich danke euch für die vielen verschiedenen Denkanstöße.
Ich gehe insoweit mit, dass es sich lohnt, für wichtige Sachen auf die Straße zu gehen und dass es wunderbar ist, dass es hier in D auch möglich ist. Warum dann nicht vor der Zentrale der RWE?
Allerdings möchte ich mal folgende Zahl dagegen setzen: 1.000.000 Arbeitsstunden! hat die Polizei in den vergangenen Wochen geleistet. Stunden, die bei viel, viel wichtigeren Sachen fehlen.
Der Zutritt zum Hambacher Forst ist nachwievor verboten, interessiert nur niemanden, es werden schon wieder fleißig Häuser gebaut.
Und die Demonstranten haben sich natürlich mit den Besetzern gemein gemacht.

Soon

Weil derweil dann am Standort des Streitobjekts fröhlich abgeholzt wird und die Demo erfolglos wäre.

Hätte man in den 80ern vor den Toren der DWK demonstriert, stünde in Wackersdorf jetzt eine Wiederaufarbeitungsanlage …

VG
Guido

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