Hallo nochmal,
das finde ich einen äußerst klugen Gedanken: sich selbst
einbezogen zu fühlen.
Das funktioniert nicht immer - deswegen ja die ganze Aufregung
mit den Doppelnennungen im Deutschen oder die neue
Wortkreiierung im Schwedischen. Das hat dann wohl eher etwas
mit dem Selbstbewusstsein zu tun, denn, wie hier schon
mehrfach geäußert wurde, lässt sich eine über Jahrhunderte
gewachsene Sprache nicht so schnell verändern.
Das Selbstbewusstsein spielt dabei sicher eine wichtige Rolle. Danke dass du das ansprichst. Aber interessanterweise ist ja diese (bisher „typisch weibliche“) Fähigkeit sich mitgemeint zu fühlen gerade aus einem geringen Selbstwertgefühl entstanden. Im Patriarchat, wo man als Frau eh fast nichts galt und es kaum weibliche Bezeichnungen als Pendant zu den männlichen gab, blieb einem als Frau doch gar nichts anderes übrig, als sich mitgemeint zu fühlen, wenn von Zuhörern oder Freunden die Rede war. Ich glaube nicht, dass diese Frauen im Schnitt ein besonders großes Selbstbewusstsein hatten. Im Gegenteil denke ich, dass sich viele tatsächlich minderwertig im Vergleich zu den Männern fühlten.
Die Männer hatten es dagegen nicht nötig, sie demütig mitgemeint zu fühlen. Meist war ja eh ganz deutlich von ihnen die Rede und da wo doch mal von Frauen die Rede war, wären sie damals nie auf die Idee gekommen, mit angesprochen werden zu wollen. Im Gegenteil hätte sie das vielleicht sogar in ihrer Ehre verletzt, wenn sie mit solchem „Weiberkram“ in Verbindung gebracht worden wären.
Auch gut, dass Du die „Eltern“ anstelle der „Mütter“
ansprichst, denn umgekehrt sind ebenso viele beleidigte
männliche Personen, die sich ausgeschlossen fühlen - das habe
ich schon oft erlebt und Männer äußern dieses
Ausgeschlossensein mindestens genauso deutlich wie eine Frau
Schwarzer…
Ja, da hat sich viel getan. Heutzutage gibt es (Gott sei Dank) viele Männer, die die einstigen Frauendomänen als etwas Erstrebenswertes betrachten. Da sie aber nie gelernt haben, sie mitgemeint zu fühlen, passiert es nun eben leicht, dass sie sich ausgeschlossen fühlen, wenn man sie nicht benennt. Noch dazu, wo Frauen eben auch darauf pochen, (in Männerdomänen) extra genannt zu werden. Es gibt aber auch viele Frauen, die vehement darauf bestehen, Männer explizit zu benennen, obwohl es ihnen bei Frauen nicht so wichtig ist. Ich bemerke das auch bei mir selber und wenn ich ganz ehrlich bin, stelle ich fest, dass da auch der Wunsch dahinter steckt, Männer für diese Bereiche zu interessieren, bzw. die Befürchtung, dass Männer eben kein Interesse daran haben, solange diese Bereiche (auch sprachlich) als Frauendomäne angesehen werden. Aber im Grunde ist das doch der falsche Weg! Haben wir das nötig, Männer über dieses Hintertürchen dazu zu bringen, sich dafür zu interessieren?
Ich bin gegen Gleichmacherei, aber bis vor einiger Zeit, war es mir wichtig, zu sagen, dass es im Grunde keine typisch männlichen oder typisch weiblichen Tätigkeiten, Fähigkeiten und Verhaltensweisen gibt, weil jeder Mensch anders ist. Inzwischen halte ich das nicht mehr so ganz für richtig. Ich denke, es darf ruhig sein, dass es „typisch männlich“ und „typisch weiblich“ gibt. Nur muss eben klar sein, dass es auch immer Ausnahmen gibt. Und somit darf keinem Mann verwehrt werden (oder er schief angeschaut werden, oder im suggeriert werden, dass das falsch ist oder er das eh nicht kann), etwas „typisch Weibliches“ zu machen. Und genauso bei Frauen, die etwas „typisch Männliches“ machen möchten. Man muss auch nicht klar definieren, was jetzt typisch männlich" und was „typisch weiblich“ ist und was vielleicht beide Geschlechter gleich gut können. Und schon gar nicht klare Grenzen ziehen. Das sieht jeder ein wenig anders und wird sich wohl auch immer wieder ändern und das ist okay so. Aber ich denke, es ist kein Problem, wenn ich dadurch von Krankenschwestern und Erzieherinnen spreche (weil ich das als eher weiblich wahrnehme) und die Männer, die in diesen Berufen arbeiten mitmeine. (Den konkreten Mann kann ich ja dann als Krankenpfleger oder Erzieher ansprechen.) Genauso wie ich, (obwohl ich selber technische Zeichnerin bin), im Allgemeinen von Technischen Zeichnern spreche, weil ich diesen Beruf als eher männlichen wahrnehme. Eigentlich praktiziere ich beides schon immer so, aber bei Ersterem hatte ich immer ein bisschen ein schlechtes Gewissen. Komisch, oder?
Eine Sprache entwickelt sich durch deren Gebrauch - und da
scheinen die Frauen eher zurückhaltend zu sein. Über „das
Mädchen“ habe ich mich in der Kindheit sehr geärgert (als ich
Deutsch gelernt habe). Inzwischen ist der Artikel für mich
normal - allerdings spricht nichts dagegen dem Mädchen einen
weiblichen Aritkel zu verpassen. Als Statement und man wird
sich schon daran gewöhnen - genauso wie alle anderen neuen
Regelungen in der Rechtschreibung - die Alten werden meckern
und die jungen wachsen damit auf.
Ich glaube zwar auch, dass Sprache keine „Einbahnstraße“ ist und nicht einfach nur von den Gegebenheiten geprägt ist. Sondern ich glaube, dass auch umgekehrt die Sprache das denken und somit die Gegebenheiten prägt und ändert, aber trotzdem sehe ich nicht so recht, was es für ein Sinn haben soll, „das Mädchen“ in „die Mädchen“ zu ändern. (So meintest du es, oder?) Schon allein deshalb, weil jeder „die Mädchen“ für Plural halten würde, wäre das ziemlich verwirrend. „Mädchen“ ist nun mal ein Diminutiv. Die sind immer sächlich. Das „Bübchen“ ist auch sächlich, aber eben ungebräuchlich. Wenn man das ändern möchte, müsste man m. E. eher den Begriff „Mädchen“ abschaffen oder überdenken. Warum gibt es den nur als Diminutiv? (Ich weiß dass das etymologisch die Verkleinerungsform der Magd ist, aber eben genau das sollte man m. E. eher hinterfragen, als einfach den sächlichen Artikel.) Mir scheint es aber eigentlich nicht nötig, da was zu ändern, weil ich eigentlich nirgends erlebe, dass Frauen ein Problem mit ihrem Selbstwert hätten, weil sie als Kinder mit „das Mädchen“ bezeichnet wurden. Außerdem ist es ja eh Gang und Gäbe, dass in Texten, in denen ein Mädchen vorkommt, „sie“ dieses oder jenes tut (und nur selten „es“) oder man „ihr“ dieses oder jenes gibt (und nur selten „ihm“). Das deutet für mich ganz klar darauf hin, dass ein Mädchen in den Köpfen der Menschen eben weiblich ist und nicht sächlich, obwohl es einen sächlichen Artikel hat.
Das sympathische an dem „hen“ finde ich allerdings, dass es
eben absolut keinen Geschlechterunterschied gibt. Es gibt nach
dem neuen Gesetz immer mehr Menschen, die ihr Geschlecht
gewandelt haben und immer noch mit dem „falschen“ Geschlecht
angeschrieben werden.
Dazu kann ich eigentlich nicht viel sagen, weil ich nicht viel Ahnung von der schwedischen Sprache habe. Aber ist denn dieses „hen“ (vor allem?) für Menschen gedacht, die eine Geschlechtsumwandlung hinter sich haben? Das scheint mir sehr seltsam… Wenn ich als Frau nicht glücklich wäre und mich als Mann fühlte und mit deshalb umoperieren ließe, wäre es mir vermutlich wichtig, auch tatsächlich als Mann angesehen zu werden. Ein allgemeines Wort, mit dem das offengelassen würde, würde mir dann vermutlich nicht reichen… Dieses „hen“ macht es doch dann nur dem Sprecher einfacher, weil mit diesem Wort nicht die Gefahr besteht, ins Fettnäpfchen zu treten. Mir kommt es aber irgendwie falsch vor, es sich da so einfach machen zu wollen. (Aber vielleicht hab ich dich auch falsch verstanden?)
Ganz allgemein kann ich allerdings gut verstehen, warum Bedarf an einer Möglichkeit besteht, bestimmte Sachverhalte geschlechtsneutral ausdrücken zu können. Es ist unglaublich mühsam, wenn man z. B. schreiben muss: „Stell dir vor, da kommt eine Person auf dich zu. Er/Sie ist total verhüllt und kommt langsamen Schrittes näher. Er/Sie hat eine Plastiktüte in der Hand und bleibt damit direkt vor dir stehen. Er/Sie sagt kein Wort und reicht dir die Tüte. Du sagst zu ihm/ihr, was das soll…“ Oder auch bei einer ganz anderen Art von Texten, z. B.: „Wenn jemand große Probleme hat, auf andere Menschen zuzugehen, kommt es womöglich vor, dass er/ sie, keine sozialen Kontakte hat und sich am liebsten daheim verkriecht. In Extremfällen kann es vorkommen, dass er/sie sich nicht einmal mehr zum Einkaufen aus dem Haus traut und total verwahrlost. Es ist äußerst schwierig, so jemandem zu helfen, weil er/sie kaum jemanden an sich ran lässt.“ Natürlich gibt es immer Möglichkeiten, dass etwas eleganter zu formulieren, aber das ist oft ziemlich umständlich oder führt dazu, dass es nicht mehr so deutlich ist, dass hier ohne Ausnahme beide Geschlechter gleich gemeint sind. Wie gesagt, kann ich kein Schwedisch, aber im Deutschen scheint es mir unmöglich, da eine elegante Lösung zu finden. Da reicht es nicht, ein neues Wort zu erfinden. Es hängt so viel dran, das sich dann mitändern müsste, dass es kaum jemand benützen würde, weil es viel zu kompliziert und damit unverständlich wäre.
Wie ist das denn im Schwedischen? Han und hon steht für er und sie, richtig? Mit hen kann man nun beides gleichermaßen meinen, richtig? Wie ist es denn aber z. B. mit besitzanzeigenden Fürwörtern? Gibt es im Schwedischen da sowieso nur eins? Also kein „sein“ und „ihr“ (Buch z. B.)?
Liebe Grüße
M.