Die Antwort ist ganz einfach:
Die USA haben gar kein Defizit mit der EU
Es ist eine wahrhaft monströse Zahl, die Donald Trump da immer wieder voller Zorn ausspeit: 811 Milliarden Dollar - so hoch war im vergangenen Jahr das Defizit, das die Vereinigten Staaten im Warenaustausch mit ihren Handelspartnern in aller Welt verbuchten.
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Doch stimmen die Zahlen überhaupt, mit denen die Amerikaner da hantieren? Sind sie die ganze Wahrheit, oder hat Trump etwas nicht kapiert? Glaubt man dem Münchner Ifo-Institut, dann sind es mitnichten die USA, deren Leistungsbilanz gegenüber der EU einen Fehlbetrag aufweist. Im Gegenteil, es seien die Europäer: Sie verbuchten allein 2017 ein Defizit von 14,2 Milliarden Dollar.
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Der Grund für die unterschiedlichen Ergebnisse liegt darin, dass die Münchener Wirtschaftsforscher in ihrer Rechnung nicht nur den Im- und Export von Waren berücksichtigen, sondern auch die übrigen Geldströme zwischen den USA und Europa. Schon wenn man den Warenverkehr nur um den Austausch von Dienstleistungen ergänzt, die beispielsweise amerikanische Internetkonzerne, Banken und Tourismusfirmen für ihre europäischen Kunden erledigen, ändert sich das Bild gewaltig: Die Vereinigten Staaten wiesen hier 2017 einen Überschuss von 51 Milliarden Dollar auf, der das Gesamtdefizit gegenüber der EU auf nur noch gut 100 Milliarden schrumpfen ließ.
Nimmt man nun noch das sogenannte Primär- und Sekundäreinkommen hinzu, kippt die Bilanz endgültig. Hinter dem Primäreinkommen verbergen sich vor allem die Gewinne, die die europäischen Töchter von Digitalkonzernen wie Apple, Amazon, Facebook und Google an die Muttergesellschaften in den USA überweisen. Hier erzielten die Vereinigten Staaten 2017 einen Überschuss in Höhe von 106 Milliarden Dollar, was zeigt, dass amerikanische Investments in der EU offensichtlich sehr viel lukrativer waren als europäische in den USA.
Das Ganze in einer handlichen Grafik:
Und wie du selber schon richtig erkannt hast:
Die USA haben einen gewaltigen Wettbewerbsvorteil im Servicebereich, insbesondere bei Finanz-, Unternehmens- und IT- Dienstleistungen. Die Europäer wiederum haben die Nase beim Bau von Autos, Maschinen und anderen Industrieprodukten vorn. Unter dem Strich ergibt sich damit eine amerikanisch-europäische Leistungsbilanz, die seit nunmehr zehn Jahren fast immer weitgehend ausgeglichen ist. Wäre man nicht Trump und betrachtete das große Ganze, könnte man sagen: Die globale Arbeitsteilung funktioniert.
Kurz gesagt ist es einfach nur gelogen, dass die USA ein gewaltiges Defizit gegenüber der EU hätte. Trump und seine Leute nutzen diese Lüge aber aus, um den Handelspartnern die Daumenschrauben anzulegen, um noch bessere Konditionen für die USA herauszuholen. Gleiches gilt für die Idiotie, nur die Zölle für einzelne Waren zu vergleichen. Bei manchen Produkten sind die US Zölle höher, bei anderen die EU Zölle. Das ist normalerweise das Ergebnis von langen Verhandlungen, bei denen eine gewisse Balance gesucht wird. An Balance ist Trump aber nicht interessiert und sein Slogan ‚America first‘ ist hier Programm.
Natürlich kann sich kaum ein Land leisten, einen Wirtschaftsstreit/krieg mit den USA zu beginnen. Manche Länder wie z.B. Südkorea, Mexiko oder Kanada haben schon neuen Abkommen zugestimmt, bei denen die USA besser aussteigen. Die EU führt noch Verhandlungen während es mit China bereits einen mittleren Handelskrieg gibt, wobei es aber schon Anzeichen für eine Lösung gibt.
tl;dr Das angebliche gewaltige US Handelsdefizit ist ein Vorwand der Trumpadministration, bestehende Verträge aufzukündigen und (mit besseren Konditionen für die USA) neu zu verhandeln.
LG