Handwerkerhaus - wieviel kann man selbst machen?

Hallo,

auf dem Immobilienmarkt werden immer wieder günstige sogenannte Handwerkerhäuser angeboten, also renovierungsbedürftige Häuser. Kann man grob angeben, wieviel der zu erbringenden Arbeiten davon man selbst machen kann (bei wenig handwerklichen Vorkenntnissen, aber Zeit, Lernbereitschaft und gutem Willen) und wieviel auf jeden Fall von Firmen gemacht werden muss? (Also z.B. Tapeten kleben oder Paneelen an die Decke schrauben selbst machen, vielleicht auch noch Fliesen legen, aber Fenster einbauen oder Dach machen von Firmen.)

Ich weiss, das kommt immer darauf an, aber so eine grobe Einschätzung wäre nett.

Hallo,
an Elektrik und Wasser sollten nur Fachleute arbeiten, weil bei Fehlern schlimme Schaeden entstehen koennen. An Gas duerfen nur Fachleute arbeiten, ausserhalb jeder Diskussion. Sonst darfst Du wohl alles in Eigenleistung machen. Nicht die Statik aendern und nicht die Aussenansicht, sonst werden Berechnungen vom Statiker und Genehmigungen beim Bauamt noetig.
Gruss Helmut

zusätzlich: EENV… das so zu dämmen, dass es die Normen erfüllt und Bestand hat. Wissenschaft für sich…

Hallo,
das kommt auch auf die beteiligten Handwerker an.

Elektroarbeiten:
Bei „Handwerkerhäusern“, wie ich sie kennengelernt habe, ist die gesamte Installation meist komplett desolet, eine komplette Neuinstallation ist notwendig. Hier würde ein freundlicher Elektriker den Zählerschrank ersetzen und eine Baustromversorgung einrichten, dann dem Handwerker sämtliche Fräs- und Stemmarbeiten überlassen. Weitergehend könnte auch das Verlegen der Leitungen und Einsetzen der Dosen dem lernwilligen und fähigen Heimwerker überlassen werden. Als Elektrotechniker kontrolliere ich dann mehrmals den Baufortschritt - bevor (!) alles verputzt wird. Habe ich dreimal so machen lassen, ging zweimal gut. Einmal habe ich abgebrochen - katastrophale Vorleistung des Heimwerkers, der völlig überfordert war. Das hat dann leider auch „Krach“ gegeben, weil neben Überforderung auch Uneinsichtigkeit und völlige Unterschätzung der Sanierungskosten vorlagen.

Gas, Wasser, Sanitär:
Das ist nicht mein Fachgebiet, aber die groben Vorarbeiten dürften auch hier vom Heimwerker besorgt werden dürfen. Das Verlegen der Rohre aber nicht, da wird ein Installateur selber die Verpressungen durchführen wollen - aus gutem Grund.

Dach:
Zimmermannsarbeiten willst du nicht selber durchführen. Wenn morsche Pfetten, Balken oder Ständer zu ersetzen sind, oder wenn Wechsel zu erstellen sind, ist stets die Stabilität des Dachstuhls gefährdet.
Dachdecken ist in der Fläche recht simpel - aber bei Graten und Kehlen wird es schwieriger. Ebenso ist klar: Fehler führen zum Totalschaden des Hauses! Da könntest du ggf. nur Helferarbeiten anbieten - aber die meisten Dachdecker (die ich kenne) haben für die simplen Arbeiten schon günstige Bauhelfer eingestellt.

Dämmarbeiten:
Ist ein Fall für den, der erstmal ein Konzept erstellt. Bei der Ausführung gibt es einfache Tätigkeiten, etwa das Einbringen der Zwischensparrendämmung. Und es gibt Arbeiten, bei denen kleine Fehler dazu führen, dass du in zwei Jahren einen komplett verschimmelten Dachausbau entsorgen darfst.

Tapeten und Bodenbeläge:
Da kann man sicher am meisten selber erledigen. Wenn man das noch nie selber gemacht hat, wird man allerdings optisch „interessante“ Ergebnisse befürchten müssen. Glücklich ist, wer im Verwandte oder gute Freunde hat, die sowas können und die auf Gegenseitigkeit helfen können.

Fenster und Türen:
Das ist auch nicht so schwer. Aber auch hier können Fehler zu katastrophalen Folgen führen, vor allem bei den Fenstern. Die Folgen einer falschen Abdichtung oder Regenwasserführung machen sich ggf. erst lange Zeit nach dem Einbau bemerkbar, sind dann aber RICHTIG ärgerlich und teuer!

Das WICHTIGSTE zum Schluss:
Überschätze dich nicht selber.
Vor dem kauf einen Sachverständigen das Haus begutachten lassen.

Da war der Kunde, etwa vor einem halben Jahr, der hatte ein Fertighaus aus den 70ern schon fast gekauft. Ich sollte mal den Aufwand bei der Elektrik abschätzen. Tja, das Haus roch muffig / fischig, obwohl der Makler schon deutlich vor dem Besichtigungstermin angekommen war und die Fenster geöffnet hatte. Kurze Recherche: Die Faserplatten sind hochgradig mit Formaldehyd belastet, der Parkettkleber PAK haltig, die Fassadenverkleidung ist Asbestzement, … Das volle Schadstoffprogramm der 70er halt. Der Wert des Hauses: negativ. Das Grundstück wäre also ohne das Haus teurer als mit diesem Haus, sagte der Gutachter, den die Beinahe-Käufer nach meinem dringenden Rat beauftragt hatten.

Danke, das hast du wunderbar beschrieben.
Ich möchte noch einmal die Dämmung hervorheben. Hier kann man als unbedarfter Mensch eine Menge Fehler machen. Lieber einmal zu viel prüfen als sich auf einen dahergelaufenen Baumarktmitarbeiter verlassen, der im Brustton der Überzeugung Bullshit erzählt (uns passiert, aber glücklicherweise noch vor Baubeginn Expertenrat bekommen).
Das Problem bei den Eigenleistungen in Zusammenarbeit mit Handwerkern ist m.E. die Haftung, wenn etwas schief geht. Wer ist schuld? Ist genau wie mit angelieferten Teilen im Autohaus, die verbaut werden sollen. Wer hat schuld, wenn es nicht funktioniert?

Soon

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Danke für die ausführliche und aufschlussreiche Antwort.

Wie findet man denn so was mit einer kurzen Recherche raus?

Und wie findet man einen entsprechenden Gutachter (einen, der sich wirklich auskennt, nicht einen, der sich irgendeinen nicht geschützten Titel an die Haustür hängt)?

Es ging um einen speziellen Hersteller solcher Fertighäuser.

Wenn man am Smartphone bei Google eintippt:

„XX Fertighaus 70er“ und Google dann automatisch vervollständigt:

  • Sanierung
  • Formaldehyd
  • Entsorgungskosten

und zudem der Hersteller selber noch existiert und einen eigenen Bereich in seinem Web-Angebot zur Schadstoffbelastung seiner Häuser hat, dann reicht das.

Ha ha, ja, das reicht dann.

Abgesehen von den einzelnen Gewerken sollte man folgende Dinge bedenken:

  1. Die Eigenleistung erspart nicht den Materialaufwand. Das hat schon mancher „übersehen“/sich hierbei furchtbar verkalkuliert. Zudem ist der wöchentliche Baumarktbesuch anstelle des Großeinkaufs des Wandwerkers beim Hersteller/Großhändler/Baustoffhändler ist deutlich teurer. Und kaum ein Heimwerker kann exakt genug vorplanen, und hat über die Länge der Ausführung größerer Maßnahmen ausreichend Stauraum für Großeinkäufe. Zudem produziert man als Laie deutlich mehr Verschnitt, der auch bezahlt werden muss.

  2. Neben der verfügbaren Zeit spielt auch die verfügbare Lust eine große Rolle. Früher oder später hängt auch dem begeistertsten Heimwerker so ein Großprojekt zum Halse raus, und will er mal wieder ein freies Wochenende. Größere Aktivitäten am Abend nach der Arbeit sind ohnehin eher Theorie, zumal man bei so kurzen Einsätzen enorm Zeit dafür verliert, dass man sich erst man wieder umziehen muss, sich wieder in die Dinge reindenken muss, gestern gesichertes Material wieder auspacken darf, Dinge erst wieder neu anrühren muss, …

  3. Wenn man „am lebenden Objekt“ saniert, steht man sich ständig mit der bereits stattfindenden Wohnnutzung bei der Sanierung im Wege. Abgesehen von dem Problem der Lagerung von Material (s.o.)

  4. Die Sanierung „am lebenden Objekt“ ist eine ganz extreme Belastung für Ehe und Familie. Es ist schon so manche Familie über so ein Projekt zerbrochen! Gerade wenn man nicht sonderlich erfahren in handwerklichen Dingen ist, und nicht wirklich alle Zusammenhänge erkennt, und es dann häufig zu Eingriffen in bereits genutzte Räume und Versorgung kommt, ist das sehr heikel.