Als erstes ist zu sagen, dass man nicht die gleiche Tätigkeit, die man zuvor als Angestellter ausgeübt hat, mit einem neuen Vertrag als freier Mitarbeiter - sprich selbständig unternehmerisch Tätiger - ausüben kann. Das ist Scheinselbständigkeit.
Ist man eingebunden ist in die betriebliche Organisation und weisungsgebunden, arbeitet man niemals als Selbständiger Unternehmer - das wäre dann ebenfalls Scheinselbständigkeit.
Wenn beide Aspekte ausscheiden, man nicht weisungsgebunden ist und man tatsächlich „freie Hand“ bei der Einteilung seiner Zeit hat, also kommen und gehen kann wann man will, seine Arbeit eventuell auch am Wochendende von zuhause aus macht und nicht eingebunden ist in die betriebliche Organisation, d.h. keinen Schreibtisch im Büro des Auftraggebers, keine betriebliche EDV des Auftraggebers nutzt und auch nicht sein Telefon, stellt sich nur noch die Frage, ob es Angestellte im Unternehmen gibt, die die gleiche Arbeit verrichten. Wenn ja, bleibt es auch dann immer noch Scheinselbständigkeit.
Als letztes kommt hinzu, dass Scheinselbständigkeit auch dann angenommen wird, wenn man wirtschaftlich von diesem einen Auftraggeber abhängig ist, denn ein selbständiger Unternehmer hat immer weitere Auftragger, die seine wirtschaftliche Situation sichern.
Wenn Dir Dein Arbeitgeber den Wechsel in die „freie Mitarbeit“ angetragen hat, riskiert er sehr viel, sofern die vorgenannten Aspekte zutreffen, er wird also triftige Gründe für seinen Vorschlag haben. Kann sein, er will die „Freie Mitarbeit“ ohnehin nur für kurze Zeit riskieren. Denn bei den nächsten Prüfung der Sozialversicherung könnte es ziemlich teuer werden für ihn, also wird er dieses Risiko nicht auf lange Zeit eingehen wollen. Zumal er als Personalberater sicher diese Gesetze alle gut kennt und auch betriebswirtschaftlich die Risiken (Kosten) gegen den Nutzen abzuwägen weiss.
Du selbst verzichtest bei einer freien Mitarbeit auf Urlaub, auf bezahlte Feiertage und auf die Bezahlung im Krankheitsfall, ggls. auf Weihnachtsgeld usw… Für Deine spätere Altersversorgung musst Du auch selbst sorgen, ggfls. über eine Versicherung, denn je länger Du auf dieser Basis arbeitest, desto größer würde ansonsten die Lücke in Deiner Altersversorgung sein. Auch hast Du keinen Kündigungsschutz, wenn Dein Arbeitgeber Dich nicht mehr beschäftigen kann oder will. Und sollte er Konkurs anmelden müssen, kannst Du höchstwahrscheinlich noch offene Honorare komplett abschreiben und Konkursausfallgeld, wie die angestellten Kollegen es in dem Falle von der Arbeitsagentur erhalten würden, bekommst Du nicht. Selbst wenn es in Deinem zukünftigen Vertrag eine Kündigungsfrist gibt, muss Dein „Auftraggeber“ Dir keine Aufträge mehr erteilen, während der Vertrag ausläuft. Du stehst also von heute auf morgen ohne jede Kohle da. Und immer wenn Du Dein Geld haben möchtest, musst Du erst eine Rechnung schreiben und dann abwarten. Vielleicht musst Du x-mal mahnen und dann ggfls. völlig auf Dein Geld zu verzichten, weil die Leistung angeblich nicht so war, wie der Auftraggeber sie erwartet hat (Leistungsmängel). Die Zahlungsmoral der Firmen ist mittlerweile schlecht. Es gibt auch kein Arbeitlosengeld im Anschluss an das freiberufliche Arbeitsverhältnis. Darüber hinaus musst Du Dich und ggfls. Deine Familie privat krankenversichern. Das ist für junge und ledige Leute manchmal verlockend, aber man kommt so einfach nicht wieder in die gesetzliche Krankenkasse zurück und die PKV wird immer teurer, je älter man wird und wird man tatsächlich mal krank, kommen Risikozuschlage hinzu und Ehepartner und Kinder müssen ebenfalls mit eigenen Prämien versichert werden, denn anders als in der GKV gibt es bei der PKV keine Familienmitversicherung.
Und eines solltest Du noch wissen: Es gibt Arbeitgeber, die versuchen Mitarbeiter, die sie auf absehbare Zeit loswerden wollen, dies aber wegen der Kündigungsschutzgesetze nicht so einfach können, zu einem Vertrag auf freier Mitarbeit zu bewegen. Denn ist der neue Vertrag erstmal unterschrieben, dann ist es ganz easy. Genau das rät ein Personalberater seinem Kunden, wenn dieser Probleme hat einen Mitarbeiter zu kündigen.
Überleg es Dir also gut, denn auf jeden Fall will Dein Arbeitgeber Geld sparen, wenn er Dich zur Selbständigkeit überredet.
Deine selbständige Tätigkeit musst Du bei Deiner Gemeinde anmelden und dann bei Deiner Steuererklärung auch die Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit anmelden. Hinzu kommen noch Beiträge an die Handelskammer und an die Berufsgenossenschaft sowie ggfls. 19 % Umsatzsteuer, die Dein Einkommen dann nochmals schmälern, sofern Du mehr als Euro 17500 p.a. verdienst und ggfls. Gewerbesteuer. Denn als „freier Mitarbeiter“ auf selbständiger Basis bist Du noch immer kein „Freiberufler“. Wer zu dieser Berufsgruppe gehört, das kann man im Einkommensteuergesetz nachlesen.