Haupt- u. Realschüler in EINER Klasse?

Hallöchen,

auf Grund von Schülermangel gehen Haupt- und Realschüler in eine Klasse, obwohl seit Anfang des 7. Schuljahres normalerweise diese Klasse gesplittet werden sollte.

Hat jemand Erfahrungen damit gemacht? Die Schule nannte auch einen zusätzlichen Grund:

Damit sich die Hauptschüler die Realschüler als Vorbilder nehmen und sich nicht ausgegrenzt fühlen, da beide Schullaufbahnen in einer Schule stattfinden.

Bei aller Liebe zur Solidarität. Aber läuft das nicht ein bisschen auf Kosten der „guten“ Schüler?

Es handelt sich hier um eine Klasse, die im letzten Schuljahr keinen festen Klassenlehrer hatte. Das Niveau ist ziemlich schlecht, auch in der Disziplin. Es sind viele Schüler in der Klasse, wo das Elternhaus nicht normal ist und die dementsprechend ihre Aggressionen und Langeweile an denen auslassen, die NOCH im Unterricht mitmachen.

Sollte man gerade aus diesem Grund nicht die Spreu vom Weizen trennen?

Der Herdenzwang überträgt sich mittlerweile auch auf die Schüler, die sonst kaum auffällig geworden sind. Mein Sohn ist jetzt auch schon mit unter den „schwarzen Schafen“.

Ich hatte die Hoffnung, dass es sich wieder bessern wird ab dem Schuljahresanfang, weil ja da zumindest viele seiner „Freunde“ nicht mehr in seiner Klasse wären.

Über eure Meinungen bin ich sehr neugierig.

LG Herzblume

Hallo,

auf Grund von Schülermangel gehen Haupt- und Realschüler in
eine Klasse, obwohl seit Anfang des 7. Schuljahres
normalerweise diese Klasse gesplittet werden sollte.

Hat jemand Erfahrungen damit gemacht?

In den meisten Schulen dieser Welt kommt überhaupt niemand auf die Idee, Schüler in drei verschiedene Schulformen zu stecken. Und wenn ich dich richtig verstehe, waren die Schüler ja bisher in einer Klasse zusammen (sollten erst jetzt gesplittet werden). Wo liegt das Problem?

Damit sich die Hauptschüler die Realschüler als Vorbilder
nehmen und sich nicht ausgegrenzt fühlen, da beide
Schullaufbahnen in einer Schule stattfinden.

Das ist von der Schulleitung nett gesagt (und Untersuchungen untermauern diese Feststellung),sie hätten aber genauso sagen können, dass gute Schüler davon profitieren können, wenn sie mit schwächeren Schülern zusammenlernen. Dazu muss allerdings der Unterricht ein bisschen darauf ausgerichtet sein, dass die Schüler voneinander lernen.

Bei aller Liebe zur Solidarität. Aber läuft das nicht ein
bisschen auf Kosten der „guten“ Schüler?

Nein, siehe oben. Es ist ein total falsch verstandenes Elitedenken, dass man nur in Ländern findet, die dieser veralteten Schulpolitik anhängen.

Es handelt sich hier um eine Klasse, die im letzten Schuljahr
keinen festen Klassenlehrer hatte. Das Niveau ist ziemlich
schlecht, auch in der Disziplin. Es sind viele Schüler in der
Klasse, wo das Elternhaus nicht normal ist und die
dementsprechend ihre Aggressionen und Langeweile an denen
auslassen, die NOCH im Unterricht mitmachen.

Dann läuft da was schief, was nicht mit Aufteilung in schlechte und gute Schüler behoben werden kann.

Sollte man gerade aus diesem Grund nicht die Spreu vom Weizen
trennen?

Dann nehme ich mal an, dass du den eigenen Nachwuchs zum Weizen zählst, aber die anderen eben zu Spreu. Ziemlich menschenverachtend, findest du nicht? Selbst wenn man dir in der Sache recht geben würde (was ich, wie du bemerkst, nicht tue), durch solche Wortwahl vergraulst du jede ernstzunehmende Unterstützung deiner Ansichten.

Der Herdenzwang überträgt sich mittlerweile auch auf die
Schüler, die sonst kaum auffällig geworden sind. Mein Sohn ist
jetzt auch schon mit unter den „schwarzen Schafen“.

Es ist immer gut, wenn man Entschuldigungen außerhalb des eigenen Einflussbereiches findet.

Gruß
Elke

Danke für die Anregung, weltoffener zu sein.

Das ist von der Schulleitung nett gesagt (und Untersuchungen
untermauern diese Feststellung),sie hätten aber genauso sagen
können, dass gute Schüler davon profitieren können, wenn sie
mit schwächeren Schülern zusammenlernen. Dazu muss allerdings
der Unterricht ein bisschen darauf ausgerichtet sein, dass die
Schüler voneinander lernen.

Da geb ich dir Recht. Nur ein Großteil der schwächeren Schüler schwächelt nicht aus Mangel an Intelligenz, sondern an der Einstellung zur Schule.

Nein, siehe oben. Es ist ein total falsch verstandenes
Elitedenken, dass man nur in Ländern findet, die dieser
veralteten Schulpolitik anhängen.

Warum ist das Elitedenken? Es gibt Eltern, die kümmern sich nicht darum was ihre Kinder in der Schule oder in der Freizeit machen. Kommen auf keinen Elternabend, zeigen einfach null Interesse und lassen die Lehrer machen.

Kinder, die lernen möchten werden als Streber hingestellt und gehänselt. Faulsein ist cool. Gewalt in der Klasse ist ein Thema, Projekte werden durchgeführt, aber es sind immer dieselben Schüler die jeden kleinen Erfolg wieder zunichte machen.

Soll ich als Mutter dafür Verständnis haben? Ist doch ganz normal, dass da Hoffnung auf Besserung aufkommt, wenn diese Klasse gesplittet wird. In SA kommt die Aufteilung nunmal von der Sekundärschule in Real- und Hauptschule. Wir leben hier, jetzt und mit diesem Problem müssen wir HIER klar kommen.

Dann nehme ich mal an, dass du den eigenen Nachwuchs zum
Weizen zählst, aber die anderen eben zu Spreu. Ziemlich
menschenverachtend, findest du nicht? Selbst wenn man dir in
der Sache recht geben würde (was ich, wie du bemerkst, nicht
tue), durch solche Wortwahl vergraulst du jede ernstzunehmende
Unterstützung deiner Ansichten.

Für die Wortwahl muss ich mich entschuldigen, falls es jemand so wie Elke verstanden hat. Es war keineswegs menschenverachtend gemeint, sondern ein blöder Vergleich.

Es ist immer gut, wenn man Entschuldigungen außerhalb des
eigenen Einflussbereiches findet.

Nein, es ist ein Fakt und keine Entschuldigung. Um so eine Aussage zu machen, müßtest du wissen, was innerhalb des eigenen Einflussbereichs getan wird. Da dies nicht so ist, war deine Wortwahl höchstwahrscheinlich genauso unangebracht wie meine obige.

LG Herzblume

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Hallo,

Da geb ich dir Recht. Nur ein Großteil der schwächeren Schüler
schwächelt nicht aus Mangel an Intelligenz, sondern an der
Einstellung zur Schule.

Die ja irgendwoher kommen muss.

Nein, siehe oben. Es ist ein total falsch verstandenes
Elitedenken, dass man nur in Ländern findet, die dieser
veralteten Schulpolitik anhängen.

Warum ist das Elitedenken? Es gibt Eltern, die kümmern sich
nicht darum was ihre Kinder in der Schule oder in der Freizeit
machen. Kommen auf keinen Elternabend, zeigen einfach null
Interesse und lassen die Lehrer machen.

Die Probleme an Schulen sind so komplex, dass es keine simplen Lösungen gibt. Es nur auf die Eltern, nur auf die Lehrer, oder nur aufs Fernsehen/Computerspiele usw. zu schieben, hilft nichts. Elitedenken herrscht da, wo Kinder nach Elternhäusern aufgeteilt werden und ihnen nach diesen Einteilungen verschiedene Schulformen = verschiedene Bildungsinhalte zugeordnet werden. Dass das bei uns in Deutschland der Fall ist, wurde in den letzten Jahren immer häufiger diskutiert. Z.B. gibt es da die Untersuchung der UN, in der festgestellt wurde, dass in Deutschland Kinder aus benachteiligten Familien wesentlich weniger Chancen im Bildungssystem haben als das in anderen Ländern (ohne gegliedertes Schulwesen) der Fall ist.

Kinder, die lernen möchten werden als Streber hingestellt und
gehänselt. Faulsein ist cool. Gewalt in der Klasse ist ein
Thema, Projekte werden durchgeführt, aber es sind immer
dieselben Schüler die jeden kleinen Erfolg wieder zunichte
machen.

Dagegen muss die Schule aktiv angehen. Z.B. (wie an der Schule meines Sohnes geschehen) durch „Teambuilding“-Initiativen, durch die eine Gemeinschaft stark gemacht wurde und die Tendenzen gegen Klassenkameraden mit besseren Noten vorzugehen, wesentlich geringer wurden.

Soll ich als Mutter dafür Verständnis haben? Ist doch ganz
normal, dass da Hoffnung auf Besserung aufkommt, wenn diese
Klasse gesplittet wird.

Aber doch nur, weil du automatisch dein Kind zu der besseren Gruppe rechnest. Wobei es durchaus vorkommen soll, dass auch die, mit den besseren Noten, zur schlechten Lernatmosphäre beitragen.

In SA kommt die Aufteilung nunmal von
der Sekundärschule in Real- und Hauptschule. Wir leben hier,
jetzt und mit diesem Problem müssen wir HIER klar kommen.

Ja. Aber zum einen ist die Alternative ja vielleicht, dass es die beiden kleinen gesplitteten Klassen gibt, allerding in beiden mit vielen Lehrerausfällen etc. Zudem nehme ich an, dass solche Dinge in Sachsen-Anhalt vom Kultusministerium vorgegeben sind durch Zahlenschlüssel etc. Alternativ denkbar wäre auch eine Auslagerung z.B. der Realschüler in eine weiter entfernte Realschule (von der dann die Hauptschüler zu eurer Schule kommen müssten). Viele Eltern wären damit auch nicht einverstanden.

Es ist immer gut, wenn man Entschuldigungen außerhalb des
eigenen Einflussbereiches findet.

Nein, es ist ein Fakt und keine Entschuldigung.

Kannst du so sicher sein?
Ich habe Jungs, die etwas älter sind. Ich erlebte da in den letzten Jahren ,wie ineinander verzahnt die Prozesse sind, die da abgehen. Ja, meine Jungs haben schlechte Wahl bei ihren Freunden getroffen (wir zogen um, als sie 12 und 13 waren --> sie kamen in einen festen Klassenverband, wo die „sozialkompetenten“ Jungs bereits in festen Freundschaften waren, die, die noch Freunde suchten, waren eher schwierig; hinzu kamen durch unseren Hintergrund wenig Berührungsängste mit Schülern mit Migrationshintergrund --> schwupps waren sie bei den schlechteren Schülern der Klasse, nicht bei denen, die auf Realschul- und Gymnasiumsniveau lernten [es war eine integrierte Gesamtschule] - ich weiß also sehr genau, von was wir reden), dennoch suche ich die Schuld für ihre schulischen Probleme nicht bei diesen Freunden. Es gibt auch bei 13jährigen bereits eine Eigenverantwortung.

Aussage zu machen, müßtest du wissen, was innerhalb des
eigenen Einflussbereichs getan wird.

Nicht nur, was getan wird, auch wie dein Kind darauf reagiert, wie er sich in der Schule benimmt etc.

Da dies nicht so ist, war
deine Wortwahl höchstwahrscheinlich genauso unangebracht wie
meine obige.

Wo war meine Wortwahl unangebracht?
Ich habe darauf hingewiesen, dass Eltern eine Tendenz haben, ihre Kinder für besser/schlauer/angenehmer/netter/begabter etc. zu halten, als sie von anderen wahrgenommen werden.

Mir drängt sich auch noch die Frage auf, was du eigentlich fragen möchtest.
Wenn du wissen willst, ob die Schule nach geltendem Recht konform handelt --> Kultusministerium Sachsen-Anhalt --> Schulgesetz.
Ich nehme es einfach mal an, da solche Dinge nicht im Freiraum sondern in Absprache mit dem zuständigen Schulamt / Kultusministerium gemacht werden.
Ansonsten kannst du nun hier hören, dass so eine Zusammenlegung gut oder schlecht ist. Was machst du dann mit dieser Information? Ändert das was mit deinem Umgang mit der Situation?

Das eine Zusammenlegung durchaus positive Aspekte haben kann, habe ich versucht darzulegen.

Gruß
Elke

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Verbreitung des gegliederten Schulsystems
Hallo,

in Eure Diskussion will ich nicht eingreifen - nur eine Information: es gibt in der „zivilisierten Welt“ noch 5 !!! Länder, die ein gegliedertes Schulsystem haben: Deutschland, Luxemburg, Nordirland, Österreich, Schweiz.
http://www.ggg-bund.de/ - dort links „Gesamtschule“ anklicken, dann in der Mitte „Verbreitung“. Die genaue Seite lässt sich leider nicht verlinken. Ich frage mich schon seit längerer Zeit woran es liegt, dass es (bis auf Nordirland) alles „germanische“ Länder sind.

Grüße
Pit

Hallo Herzblume.

Wir haben das in einer kooperativen Gesamtschule, die bisher eine integrierte GS war. Weil wir jetzt auch diesen 8-jährigen Gy-Zweig haben müssen, wurde die GS umgewandelt in eine KGS. Die H/R-Klassen bleiben aber zusammen und werden weiterhin integriert unterrichtet. D.h., die Schüler werden nach ihrem Niveau in B und C-Kurse eingestuft( in einige Fächern ) und haben den Restunterricht gemeinsam. Mein Sohn hat dank dieser Schulform die Mittlere Reife geschafft und ich bin ein großer Verfechter dieser Schulform. Leider hat unser Kreis nur noch eine einzige Integrierte Gesamtschule und ich finde es sehr schade, dass unsere in eine KGS umgewandelt wurde. Diese Schulform ist eine echte Alternative zu der Gy-8-Stufe, die viele Kinder überfordert.

Gruß
T

Hallo Elke,
danke für deine Meinung. Deine Sichtweise ist sehr objektiv. Die Frage nach der „eigentlichen Frage“ liegt wohl bei mir eher an meinem Problem, mit der momentanen Entwicklung meines Großen umzugehen und an der Angst, irgendwann keinen Einfluss mehr auf ihn haben zu können.
Doch das gehört dann nicht mehr in dieses Brett.

Liebe Grüße
Herzblume

Hallo,
zunächst einmal:
ich gebe Elke zu 100% recht.
Auch ich denke, dass die Aufteilung nach der 4. (!) Klasse einfach nicht richtig ist und der Bildungsstand in anderen Ländern zeigt das ja auch.

Auch in den anderen Punkten gebe ich Elke recht: du sprichst sehr verachtend über Hauptschüler und solltest deine Ansichten noch einmal überdenken! (Spreu vom Weizen trennen…, omg!)
In diesem Zusammenhang möchte ich dich auf einen Widerspruch/ bzw. eine Ungereimtheit in deinen Postings hinweisen:
im ersten Post sagst du:

Es sind viele Schüler in der Klasse, wo das Elternhaus nicht normal :ist und die dementsprechend ihre Aggressionen und Langeweile an denen :auslassen…

…es ist also das Elternhaus, das Schuld am Verhalten der Schüler ist und dein Sohn muss das dann ausbaden :wink:

hier sagst du:

…an meinem Problem, mit der momentanen Entwicklung meines
Großen umzugehen und an der Angst, irgendwann keinen Einfluss
mehr auf ihn haben zu können.
Doch das gehört dann nicht mehr in dieses Brett.

…der Einfluss kommt von den anderen und nicht von den Eltern…
das passt nicht.

Ich denke im Übrigen, dass sich vielleicht die Lehrer einmal die Gesamtschulen und deren Unterrichtssystem ansehen sollten, damit sie besser auf diese Konstellation eingehen können. Ich meine damit, dass unterschiedliche „Lerngeschwindigkeiten“ in einer Klasse sind. Das können nicht die Schüler ändern, sondern dass muss von Lehrern/Eltern kommen.

Wünsche euch viel Erfolg in dieser Sache,
Shannon

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Liebe Herzblume,
Die Kritik am dreigliedrigen Schulsystem meiner Vorschreiber teile ich auch.
Integrierenden Gesamtschulen sind besser als ihr Ruf. Die Qualität steht und fällt natürlich mit den jeweiligen Lehrern und der ihnen gesetzten Rahmenbedingungen.

Eine IGS sollte möglichst Schüler im Drittelmix haben.

Daneben gibt es aber auch staaatliche Schulen, die nach dem Jenaplan arbeiten. Guckst Du mal hier nach, ob in Deiner Nähe eine solche Schule ist?
http://www.jena-plan.de/cms/front_content.php?idcat=33

Jenaplan arbeitet nicht nur schulart integrierend sondern auch Jahrgangsübergreifend mit Lernpaten, die selbst auch davon profitieren. Und sie arbeiten projektorientiert bzw. mit Wochenplänen, damit die Lust am Lernen nicht verloren geht.

Mit Steiner/Waldorf haben sie übrigens nichts zu tun.

Jenaplan fördert schwache aber auch gute Schüler. Mein jüngster Sohn z.B. hat 6 Wochen nach der Einschulung begonnen, alles zu lesen, was er sieht. Weihnachten ist das erste Buch für ihn auf dem Gabentisch.
Und er wird mit zusätzlichen Aufgaben und Anreizen im Lesen und schreiben bestärkt.

Ein weiterer Sohn von mir ist in der 4. Klasse und eignet sich weitgehend selbsttätig Wissen an.

Und alle Schüler haben Spaß am entdeckenden Lernen, wobei der staatliche Lehrplan von der staatlichen Schule voll erfüllt wird.

Herzlichst
Ole Welzel

Hallo!

in Eure Diskussion will ich nicht eingreifen - nur eine
Information: es gibt in der „zivilisierten Welt“ noch 5 !!!
Länder, die ein gegliedertes Schulsystem haben: Deutschland,
Luxemburg, Nordirland, Österreich, Schweiz.

Wobei man sich derzeit in Österreich - endlich! - ernsthaft an die Reform dieses Systems hin zu einer gemeinsamen Schule macht, siehe „Modellversuch Neue Mittelschule“ auf der Homepage des österr. Unterrichtsministeriums: http://www.bmukk.gv.at/
Grüße, Peter

Hallo Peter,

schade, dass wir in Deutschland noch nicht so weit sind. Hier in Niedersachsen ist das Gegenteil der Fall: es gibt einige Gesamtschulen, und unter der SPD-Landesregierung kamen nach und nach neue dazu. Als dann aber vor ein paar Jahren die CDU das Ruder übernahm wurde die Neugründung von Gesamtschulen gestoppt, obwohl sie von der Bevölkerung immer mehr gefordert werden. Es ist zum Haareausraufen!

Grüße
Pit

Hallo,

…es gibt in der „zivilisierten Welt“ noch 5 !!!
Länder, die ein gegliedertes Schulsystem haben: Deutschland,
Luxemburg, Nordirland, Österreich, Schweiz.

Deine Interpretation der dort (von einem Interessenverband zur Verbreitung der Gesamtschulidee) eingestellten Karte, ist ziemlich mutig.

Auf der Karte werden (soweit ich das erkennen konnte) ganze 19 Staaten differenziert (das sind etwa 10% der Gesamtzahl) und von diesen sind es fünf, was immerhin über 20 % wären.
Diese willkürliche Auswahl überhaupt als die „zivilisierte Welt“ zu bezeichnen ist falsch, auch in Anfürungszeichen.
Länder wie z. B. Island, Griechenland, Tschechien, Polen, Israel, Korea, Neuseeland, Argentinien und auch viele andere würden sich sicher bedanken in dieser Weise abqualifiziert zu werden.

Außerdem werden dort Länder „mit integrierten Schulformen“ ausgewiesen ohne das klar ist was das heißt. Wenn damit gemeint sein sollte, dass es in diesen Ländern unter anderem auch integrierende Schulformen gibt, dann müsste Deutschland entsprechend darzugezählt werden.

Im Grunde genommen ist die Karte fast wertlos.

Gruß
Werner

Hallo Werner,

Im Grunde genommen ist die Karte fast wertlos.

Im Grunde genommen hast du Recht. Die Frage ist nur, wo die Aufteilung der Schüler gemäß ihrer Leistungen in verschiedenen Mittelstufen üblich ist?

Ich mutmaße mal, dass es in Entwicklungsländer und vielen Schwellenländern eine Aufteilung in Schulen für Arme und Reiche gibt. Die Reichen schicken ihre Kinder in Privatschulen, während den Armen nur die allgemein zugänglichen Schulen bleiben.
Möglicherweise gibt es verschiedene Oberstufen mit unterschiedlicher Fachrichtung. Außerdem gibt es überall in der Welt Auslesekriterien für Universitäten.

Aber die Frage bleibt, gibt es die Leistungsaufteilung der Schüler noch sonst wo in der Welt oder ist dies eine mitteleuropäische Sonderlocke.

Gruß
Carlos

Liebe Debattanten,
ich wollte mich eigentlich gar nicht in diese Diskussion…

Als betagtes Semester finde ich ideologisch geführte Diskussionen tödlich und langweilig, also tödlich langweilig.

Von Beginn an,
ich habe die Diskussion zunächst in Niedersachsen in den Anfängen, später in Schleswig-Holstein und nun Mecklenburg-Vorpommern mitverfolgt,
war die Diskussion immer ideologisch:

Die Gesamtschulidee ist im Westen des kalten Krieges von den POS (polytechnischen Oberschulen) der DDR abgeguckt gewesen, genauso wie manche Berufsschulreformen.

Deshalb waren viele „alte kalte Krieger“ des CDU-nahen Lagers immer dagegen und SPD-Anhänger dafür.

Eine inhaltliche Auseinandersetzung hat auf der politischen Ebene nie wirklich stattgefunden, das ist bis heute bei vielen CDU-nahen Schulpolitikern so.

Bei den SPD-nahen Schulpolitikern ist das nicht anders:
Nicht die Schulform für sich macht eine gute Schulbildung, sondern eine von Lehrern gelebte Idee.

Ich habe als Berufsschullehrer ein Jahr lang an einer Modell-Gesamtschule unterricht, um die neuen Methoden (nicht nur der Schulform) kennen zu lernen und auf Tauglichkeit für Berufsschulen zu prüfen. Das war 1992-93 in Bad Oldesloe (S-H)

Ich habe verstanden, dass die Gesamtschule nicht integrieren kann, wenn bestimmte soziale Gruppen übergewichtig vertreten sind. Hier hatte man auf einen gesunden Mix geachtet. Die Lehrer waren damals aus dem ganzen Bundesland handverlesen und freiwillig an die Schule gekommen.

Es gibt aber auch Gesamtschulen mit 2/3 Anteil Schülern aus bildungsfernen Familien. Das sind nicht nur Migranten, wir haben inzwischen auch Deutsche, die ihrer Sprache kaum noch mächtig sind und kaum lesen können.

Die können aber nicht vom übrigen Drittel integriert werden.
Das hat aber mit der Schulform nichts zu tun.

Im übrigen habe ich zur Wendezeit Ost-POS-Schüler, Ost-EOS-Schüler (entsprach unserer Gymnasialen Oberstufe) und West-Schüler aus Haupt-, Realschulen und Gymnasien verglichen.

Im Kern hatten die Ost-Schüler ein erheblich höheres Faktenwissen, konnten es aber dafür nicht so phantasievoll in Diskussionen umsetzen.

Für mich ist die Gesamtschule also nicht pe se schlecht.

Herzlichst

Ole Welzel

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Hallo Ole,

Ich habe verstanden, dass die Gesamtschule nicht integrieren
kann, wenn bestimmte soziale Gruppen übergewichtig vertreten
sind.
Es gibt aber auch Gesamtschulen mit 2/3 Anteil Schülern aus
bildungsfernen Familien.

Wenn es nur Gesamtschulen gäbe, dann kämen solche „Verteilungsfehler“ gar nicht erst vor.

Grüße
Pit
(Ex IGS-Lehrer)

Lieber Pit,
das wäre schön,
aber die zunehmende Spaltung (Schere) in der Gesellschaft
zeigt sich auch (zumindest hier, wo ich wohne, aber z.B. auch in Berlin und Hamburg)in einer zunehmenden „Getto“-Bildung der Stadteile.

Deshalb bringen manche Menschen ihre Kinder lieber
in Schulen, die v.a. das Bürgertum (dem ich auch angehöre), bedienen.
Manche aber müssen auf verkehrsgünstig nahe gelegene Schulen des Viertels zurückgreifen. Manchen ist das auch egal.

Unsere Schulen entmischen sich dadurch.

Da liegen die eigentlichen Probleme unseres Schulsystems:

  • dreigliedrigkeit, die eine andere ist als vor 20 Jahren
  • entmischte bildungsferne Stadtteile
  • hilflose Schulpolitik
  • gefühlte Perspektivlosigkeit in Teilen der Bevölkerung (an die Kinder weiter gegeben)

Die Schulart allein entscheidet daher nicht über die Bildungsqualität.
Neulich bei Maischberger habe ich erschreckt festgestellt, dass weder Wulf (Ministerpräsident Nds.) noch der "SPD-Bildungsexperte Ahnung davon hatten, was in den Schulen wirklich los ist. Der SPD-Experte redete von der Arbeiterklasse (die gibt es seit 35 Jahren nicht mehr), Wulf von Gymnasien und notwendigen Anstrengungen der Lehrer.

Abgesehen davon (ich bin ja schon älter) höre ich im Hinterkopf immer wieder den ollen Picht mit seiner „Die deutsche Bildungskatastrophe“. Wir sind reformerisch in den 60ern zurück.

Herzlichst

Ole

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Hallo,
tatsächlich glaube ich dass eine so früheitige Leistungsdifferenzierung weltweit unüblich ist und auch dass sie (so wie bei uns umgesetzt) nicht sinnvoll ist.
In vielen Ländern ist die angeblich nicht leistungsdifferenzierte Beschulung aber auch eine Mogelpackung, indem private weiterführende Schulen knallhart nach Leistung auswählen, oder nach Einkommen, was dann ein noch viel willkürlicheres bzw. zum lernerfolg gar nicht in Beziehung stehendes Kriterium ist.

Was nun gerechter oder sinnvoller ist kann man diskutieren.

Gruß
Werner

Lieber Kollege,
ich stimme Dir zu,
auch weil mit dem Begriff schwammig umgegangen wird:
Leistungsdifferenzierung ist oft nicht mehr als eine Behauptung.

Dort, wo in der Wirtschaft Qualitätsmanagement betrieben wird,
müssen zuerst einmal verbindliche Mindestziele beschrieben werden.

In den Schulen können diese Qualitätsstandarts nicht mehr bundeseinheitlich festgelegt werden, weil die Kultusministerkonferenz und das Bundesbildungsministerium entmachtet worden sind.
Das förderalistische System steht uns im Weg.

Was ist dann Leistung?

Wir Berufsschullehrer sind eigentlich Gesamtschullehrer, ohne dass es uns bewusst ist:

In unseren Schulklassen sitzen gemeinsam Jugendliche ohne Schulabschluss aus den Klassen 7-8 der Haupt und Sonderschulen, Hauptschüler, Realschüler, Abiturienten und manchmal 40 Jahre alte Umschüler.

Fachlicher Qualitätsstandart ist der Facharbeiterbrief, von der Wirtschaft (also nicht von uns) nach Prüfung erteilt.

Wir können aber keine Gymnasialtischler- und Sonderschultischlerklassen aufmachen. Wir müssen integrieren.

Dazu gibt es moderne Methoden.

Wie ich das mache, habe ich gerade bei Lehrer-online beschrieben,
deshalb nur der Link, für den der nachlesen möchte:
http://www.lehrer-online.de/online-lerninhalte-tisch…

Das, was innerhalb des Unterrichts einer Klasse durch Pflicht- und Wahlaufgaben selbsttätig erarbeitet wird, ist bereits Förderung leistungsstarker Schüler mit viel Vorkenntnis einerseits und gering vorgebildeter Schüler anderseits.

Zugleich erlauben sinnvolle (!!! auch so ein vergewaltigter Begriff) Projektunterrichte in Gruppen, dass ich mich eine Zeit lang Einzelnen Schülern gezielt zuwenden kann. Ich muss dann nicht immer Vorträge halten („Wenn alles schläft und einer spricht…“)

Wenn dann die Arbeit auch noch Spaß macht und z.B. ein Temperaturverlauf durch eine wärmegedämmte Wand von einem ursprünglichen Schulabbrecher richtig berechnet wird, einer Aufgabe, die früher nur Meisterschüler und Studenten vorbehalten war, wenn er dann erkennt, dass sein Kundenauftrag zu Bauschäden führen würde, wenn er Verbesserungsvorschläge machen kann,
hat der Schüler dann nicht eine große Leistung vollbracht?

Herzlichst

Ole Welzel

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Hallo,

In den Schulen können diese Qualitätsstandarts nicht mehr
bundeseinheitlich festgelegt werden, weil die
Kultusministerkonferenz und das Bundesbildungsministerium
entmachtet worden sind.
Das förderalistische System steht uns im Weg.

Tatsächlich sehe ich das Problem nicht vor allem im Föferalismus. Wer sagt denn dass Qualitätsstandarts Bundeseinheitlich sein müssen? Das wäre sicher besonders schön, aber jedes Bundesland könnte ja ein funktionierendes System aufbauen. Viele Länder mit laut PISA überlegenen Leistungen des Bildungssystems haben keine größere Bevölkerung als manches Bundesland bei uns.

Festzustellen ist doch, dass kein einziges Bundesland es wirklich gut gemacht hat. Da befürchte ich hätte auch eine zentrale Regelung nichts besseres bewirkt. Dann wäre die Misere nur überall die gleiche. Nun ist sie ein wenig vielgestaltiger.
Ich vermute es lag an einer zu lang anhaltenden Selbstüberschätzung.
Wir sind doch mit dem Mythos aufgewachsen eines der Besten, wenn nicht das beste Bildungssystem der Welt zu haben.

Nun sind alle ratlos, weil offensichtlich die Anpassung des Bildungssystems hinter dem Tempo gesellschaftlicher Veränderungen zurückgeblieben ist und ich beobachte vor allem durch Klientelpolitik und Ideologie bestimmtes Reformgewusel.
Im Gegenteil erlebe ich zentrale Anweisungen als weitgehend schw…sinnig und vermute eine größere Zentrale würde nur noch größeren Schw…sinn produzieren.

(Man stelle sich vor, von-der-Leyen hätte als Niedersächsin nun bundesweit das phantastische neue niedersächsische System aus den 60ern durchgesetzt! Oder ein CSU-Mann auf dem Bildungsthron, hätte in großer Zufriedenheit über die leicht überdurchschnittlich mittelmäßigen Ergebnisse seines Herrschaftsbereiches uns allen das höchst-selektive bayrische System übergestülpt!)

Wobei ich zugeben muss, dass ich aus persönlichem Erleben und von Freunden nur Informationen aus vier Bundesländern habe. Mag sein das ich hier ein zufällig verzerrtes Bild bekomme.

Gruß
Werner