Tut mir leid, dass ich erst heute dazu komme, auf Deine Anfrage zu antworten. Ich möchte Dir ja gerne helfen, aber eine Antwort auf Dein Anliegen ist, gerade weil es so allgemein formuliert ist, sowohl einfach wie schwierig zugleich.
Im Grunde sollte jeder Film, der Filmmusik im traditionellen Sinn einsetzt - also nicht kontrastierend oder verfremdend, sondern sozusagen synchron zur Verstärkung der Handlung, der Emotionen usw. - die Kriterien erfüllen. Am klarsten geschieht dies bei älteren Filmen (nicht zufällig hat Dein Lehrer ein Beispiel aus den ja ebenfalls älteren „Miss Marple“ Filmen gewählt). Da kannst Du eigentlich fast jeden Film aus den 1950-1960er Jahren nehmen, da entspricht die Filmmusik meist diesem Stil. Ein berühmtes, auch preisgekröntes Beispiel für spannungsgeladenen Score wäre etwa die Musik von Bernard Herrmann zu „Psycho“ von Alfred Hitchcock. In Krimis, Horrorfilmen oder Melodramen findet man am häufigsten jene 1:1 Entsprechung von szenischem und musikalischem Ausdruck - etwas abfällig wird von solcher Musik manchmal oft als bloßem „Underscoring“ gesprochen.
Bei besseren Soundtracks findet der Komponist eine eigene, musikalische Entsprechung zur Gesamtwirkung eines Films und trägt auf seine Weise dann auch zu dieser Gesamtwirkung bei. Dabei beeinflussen Genre und Sujet des Films natürlich auch den Stil der Musik, was Soundtracks auch schwer untereinander vergleichbar macht. Die Erzeugung bestimmter Emotionalitäten hören sich in einem klassisch-kammerspielartigen Kontext ganz anders an als etwa in einem folkloristisch-ethnischen - trotzdem kann es sich beidemale um gute Filmmusik handeln. Bei den Klassikern der Filmmusik (Max Steiner, Bernard Herrmann, Dimitri Tiomkin, Miklos Rosza oder Rolf Wilhelm - um nur einige zu nennen, darunter auch einen weniger bekannten, aber guten deutschen) geht so weit, daß den wichtigsten Charakteren eines Films eigene musikalische Themen zugeordnet werden, die ihrerseits dann verschiedene, dem Schicksal der Charaktere entsprechende Variationen erfahren. Soviel Mühe machen sich die modernen Komponisten meist nicht mehr (haben in der Regel auch gar nicht mehr die Zeit dafür). In neueren Filmen findet man häufiger, daß die Musik einfach über Filmszenen „drübergestülpt“ wird, um eine Stimmung zu erzeugen, die der Film selbst kaum hergibt. Am deutlichen zeigt sich das in der derzeit grassierenden Verwendung externer „Source Music“, meist Songs aus der Konserve, die gar nichts mit dem Film zu tun haben und nur selten wirklich zu ihm passen.
Soviel zum Allgemeinen. Schwierig wird’s jetzt, konkrete Beispiele zu nennen, gerade weil die meisten Filmsoundtracks, vor allem die älteren, die genannten Grundeigenschaften mitbringen. Also wäre die Auswahl fast beliebig.
Als besonderes Beispiel für einen weniger bekannten, aber originellen Score fällt mir ein amerikanischer Film von 1988 ein: „Shoot to Kill“ (dt. „Mörderischer Vorsprung“) von Roger Spottiswoode (ehemals Cutter von Sam Peckinpah). Es geht darin um die Verfolgung eines Killers, wozu sich zwei völlig konträre Charaktere zusammentun müssen: ein moderner Großstadt-Cop (gespielt von Sidney Poitier) und ein zivilisationskritischer Naturbursche (gespielt von Tom Berenger). Je nach Umgebung, sei es in der Stadt oder in der Bergwildnis, kann der eine oder der andere seine Kompetenzen ausspielen. Der britische Komponist John Scott (ein Oldtimer, bekannt durch viele Scores wie „Lionheart“, „William the Conqueror“, „Greystoke - The Legend of Tarzan, Lord of the Apes“, „The Deceivers“, „The Long Duel“ usw.) hat dazu eine Musik komponiert, deren Leitmotiv sich kongenial den unterschiedlichen Umgebungen anpaßt, in der Stadt als leicht jazziges Saxophon-Thema, in der Natur als breit ausladende Sinfonie.
Ein wirklich bemerkenswerter Score, der es wert wäre, mal genauer vorgestellt zu werden. Die DVD wird bei eBay oder Amazon öfters preisgünstig angeboten. Leider gibt’s keine separate Veröffentlichung des Soundtracks, weil der Produzent die Lizenz dazu verweigert. So geistern bis heute nur Bootlegs umher, die bei eBay hin und wieder angeboten werden.
Ich hoffe, ich konnte Dir ein paar Anregungen geben, und wünsche Dir viel Erfolg mit Deiner Arbeit!