HdR - Wie war das eigentlich

Hi!
Stimmt es eigentlich, daß Tolkien der erste war, der mit dem kleinen Hobbit un dem Herrn der Ringe, nicht nur Halblinge, Orks, Trolle, Elben und Zwerge, sondern auch eine komplette Fantasy-Welt schuf?
Oder gab es da - wenn man von Sagen und Mythen absieht, die einfach einen anderen Daseinszweck haben und zudem auf der Erde spielen - schon jemand anderes vorher?

Gruß
Tyll

Stimmt es eigentlich, daß Tolkien der erste war, der mit dem
kleinen Hobbit un dem Herrn der Ringe, nicht nur Halblinge,
Orks, Trolle, Elben und Zwerge, sondern auch eine komplette
Fantasy-Welt schuf?

Naja, Tolkien war der erste, der aus etlichen Anleihen verschiedener nordischer Sagen eine längere Geschichte in Romanform erzählte. Laut Vorwort wollte er ja auch „ein Märchen für Erwachsene schaffen“, was ihm bestens gelungen ist. Neu war praktisch, daß Sagen nicht mehr mythologisch erzählt wurden wie in den Sagenbüchern a la „Sagen des klassischen Altertums“, sondern die Sagen als Hintergrund um die Erlebnisse kleiner Hobbits im Hintergrund eine prächtige Geschichte ergaben.
Neu war auch, daß er die Schauplätze seiner Romane genau kartographierte. Die Welt, wo es spielt, Mittelerde, war ja vorher schon erdacht worden von Tolkien, der ja eigentlich aus seinen schon um 1920 - 1940 entstandenen Elbensagen (zu finden gebündelt und upgedatet im „Silmarillion“) den Hauptzweck darin sah, elbische Sprachen und Schriften zu erschaffen - die Welt war eigentlich nur ein Nebenprodukt zu dieser Zeit.
Tolkien kann man daher auch als „Weltenschöpfer“ bezeichnen. Doch auch er war nicht der erste. Frühere Fantasy-Auroren (auch wenns die Bezeichnung so damals noch gar nicht gab) waren vor allem William Morris, E.R.R. Eddison, Lord Dunsany, Abraham Merritt; und auch Johnathan Swift mit seinem „Gulliver“ im weitesten Sinne.

Grüße,

Ich bin mir nicht sicher, ob Tolien der Erste war, aber ich habe in etlichen unabhängig voneinander entstandenen Artikeln über ihn immer wieder gelesen, dass er der Schöpfer der Fantasy sei.
Wenn er denn nicht der aller Erste war, dann wenigstens der erste nennenswerte Fantasyautor. Und vor allem derjenige, der Fantasy mit Sience-Fiction usw. gleich gestellt hat.
Ich glaube, dass der Titel „Schöpfer der Fantasy“ zu Recht an J.R.R. geht.

Grüße,
Zwergenbrot

Tolkien war ein ‚Konzeptschriftsteller‘
Das besondere an Tolkien war, daß er Jahrzehntelang an der „Mittelerde“-Literatur gearbeitet hat.

Er hat mehrere Sprachen erfunden, die die Einwohner seiner Fantasywelt sprechen. Zudem hat er Kartenwerk geschaffen und umfangreich über die einzelnen Rassen berichtet.

Das Konzept, welches er für das Erzählen geschaffen hat, ist in seinem Umfang bis dahin sicher einmalig gewesen. Bei der sonst poplär gewordenen Fantasyliteratur wurde zudem immer davon ausgegangen, daß die Helden irdisch sind.

Die Anregung für seine Figuren und Welt stammen jedoch aus Jahrhundertelanger Überlieferung im Bereich der Sagen und Mythen. Mittelerde verweist auf das nordische „Midgard“.

Richard Wagner hat z.B. seine eigene „Midgard-Welt“ geschrieben, hier haben Artefakte wie die Tarnkappe (die unsichtbarkeit verlieh) und auch Mythische Gestalten (Zwerge, Walküren, Lindwürmer etc.) bereits eine Rolle gespielt. Aber auch er hat bereits existente Vorlagen verwendet.

Der „Ring“ bei Tolkien verleiht ebenfalls Unsichtbarkeit, und im kleinen Hobbit gibt es auch einen Drachentöter.

Er hat sich jede Menge Anregungen geholt, hieraus eine komplett neue Welt geschaffen, und zwar in einem nicht dagewesenem Umfang. Hierauf aufbauend konnte er einen Roman schreiben. Vom schriftstellerischen her kann man sagen, daß die Entwicklung des zugrundeliegenden Gesamtkonzeptes für seine zwei Bücher „Der kleine Hobbit“ und „Der Herr der Ringe“ Tolkien in pedantischer Art verfolgt hat. Dieses Konzept gab ihm die Sicherheit, beidem Verfassen der Erzählungen keine Widersprüche unterlaufen.

Letztlich hat ihn das „Grundkonzept“ wohl ebensoviel Freude bereitet wie die „Geschichten“, und dem wird aufgrund der Komplexität, Faszination und Kreativität Rechnung getragen, indem man Tolkien als „Urvater der Fantasy“ bezeichnet.

nächste Frage
Hi!
Vielen Dank für eure Antworten!
Nun muß ich euer Wissen aber noch einmal strapazieren:
Wer hat eigentlich die Ringe geschmiedet?
O.K. den EINEN hat Sauron gemacht, aber die anderen?
Es heißt doch, daß er sie „verschenkt“ hat - stammen sie also auch aus seiner Werkstatt?
Gruß
TYll

Über das Schmieden der Ringe

Wer hat eigentlich die Ringe geschmiedet?

In der Mitte des Zweiten Zeitalters erschien Sauron in der Maske eines adligen Fürsten bei den Elben. Er nannte sich Annatar, das heißt der „Herr der Geschenke“, und er schmeichelte sich bei den Elben ein. Unter seiner Anleitung und in Verbindung mit den mächtigen Elbenschmieden entstanden die Ringe der Macht - drei für die Elbenkönige, sieben für die Zwerge und neun für die sterblichen Menschen.
Insgeheim aber schmiedete Sauron während dessen (die Herstellung dauerte sicherlich Monate, wenn nicht Jahre!) im Schicksalsberg den Einen Ring, der alle anderen beherrschen sollte. Aber die Elben erkannten dies zuletzt, und die drei Ringe der Elben wurden vor ihm verborgen. Sauron überzog Mittelerde mit Krieg, er erbeutete die sieben und die neun und nutzte sie dann für seine Zwecke. Die Neun gab er den mächtigsten menschlichen Herrschern, die alsbald (dauerte sicher aber auch Jahrzehnte oder Jahrhunderte gar) zur bösen Macht korrumpiert wurden und als Ringgeister - Nazguls - in seine Dienste gerieten.
Die drei Ringe der Elbenkönige aber hat Saurons Hand niemals besudelt.

Aha!
Hi Didi!
Danke für die Ausführungen - wo kann man das eigentlich nachlesen? Und da du ein Kenner bist:
Was befindet sich denn nun östlich von Mordor? Ödland? Orks? Warum ist Sauron nicht dort eingefallen?
Nochmals Danke und Gruß
Tyll

Jenseits von Mordor
Diese Sachen kann man nachlesen im „Silmarillion“ - das ist eine Sagensammlung über das erste Zeitalter, wo all die Sagen und Heroen vorgestellt werden, von denen vor allem die Elben im HdR fallweise erzählen (O Elbereth! Gilthoniel!). Es ist sehr interessant, wenn man tiefer in die Welt und die Geschichte von Mittelerde eintauchen will, allerdings ist es nicht in Romanform geschrieben, sondern in so Kapiteln und im Stil à la „Klassische Götter- und Heldensagen“. Im Silmarillion finden sich auch einige Ausführungen über das Zweite Zeitalter (das mit dem Letzten Büdnis endete, das ja am Anfang des Filmes mit dieser großen Schlacht zu sehen war), aus dem diese Erzählung über das Schmieden der Ringe stammt.

Was befindet sich denn nun östlich von Mordor? Ödland? Orks?
Warum ist Sauron nicht dort eingefallen?

Östlich von Mordor sind karge, unfruchtbare Landstriche, bestenfalls Hochebenen, in denen bestenfalls nomadisierende Reiter- und Hirtenvölker leben - Verwandte der Völker der Ostlinge, die in Teil III auftauchen dürften. Diese Völker sind Sauron längst tributpflichtig und verehren ihn mehr oder minder offen (bewußt) durch ihre dunklen Religionen.
Gondor im Westen ist die einzige Großmacht, die Sauron seit jeher gehindert hat, die Herrschaft über den Kontinent anzutreten. Sein ganzer Schlag richtet sich daher gegen Gondor. Fällt dieses Reich, dann braucht er die übrigen Reiche nur noch einzusammeln wie gefallenes Obst.
Man muß bedenken, daß nur Gondor über nennenswerte Technologie und stehende Heere verfügt, und dies nur, weil es das Reich der Dunedain ist, deren Hochkultur von den Elben lange vorher zur Blüte geriet. Die anderen Völker Mittelerdes befinden sich eher auf einem technischen Standard aus der Zeit unserer Völkerwanderung vergleichbar, die könnten dem dunklen Herrscher nicht lange stand halten.

Nochmals Danke und Gruß
Tyll