Hegel Zitat Begriff

Hallo,

ich fand kürzlich einen Text, in dem Hegel indirekt zitiert wird. Natürlich ohne Quellenangabe. Damit ich dieses Zitat verwenden kann, müsste ich aber überprüfen, ob es tatsächlich so lautet und wo es steht.
Meine Internetrecherche war bisher erfolglos, was daran liegen könnte, dass Hegel falsch zitiert wurde.

Vielleicht kennt es ja jemand von euch.

„Der Begriff ist das, was die Sache dasein lässt, während sie nicht da ist.“

LG

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Hi, cache-cache,

„Der Begriff ist das, was die Sache dasein lässt, während sie nicht da ist.“

dieser Satz ist als wörtliches Zitat nicht zu finden. Es ist gemäß dem Hegelschen Begriff vom Begriff auch nur bedingt richtig. Es käme also auf den Kontext in deiner Vorlage an.

In Enzyklopädie §166
schreibt er z.B.:
Der Begriff ist das den Dingen selbst Innewohnende, wodurch sie das
sind, was sie sind, und einen Gegenstand begreifen heißt somit, sich
seines Begriffs bewußt werden; schreiten wir dann zur Beurteilung des
Gegenstandes, so ist es nicht unser subjektives Tun, wodurch dem
Gegenstand dies oder jenes Prädikat beigelegt wird, sondern wir betrachten den Gegenstand in der durch seinen Begriff gesetzten Bestimmtheit.

In der „Wissenschaft der Logik“ 3. Buch wird das genauer abgehandelt. In der Vorlesung zur Religionsphilosophie, Kapitel „Beweise vom Dasein Gottes“ zeigt er in der Kritik des Anselmschen Beweises (und der Kritik an der Kritik Kants), daß die Aussage
In dem Begriff ist das Sein enthalten.
alleine nicht reicht:
Diese Realität unbeschränkt gibt nur leere Worte, leere Abstraktionen. Also die Bestimmung vom Sein ist als affirmativ enthalten im Begriff aufzuzeigen; dies ist dann die Einheit vom Begriff und Sein.

Wenn also der Begriff die Bestimmungen des Seins (der Sache) erfaßt hat, dann erst ist im Begriff auch das Dasein der Sache impliziert. Und dies wiederum setzt dann nicht mehr die sinnliche Gegenwart der Sache voraus. Nur insofern dies gemeint ist in deinem Zitat, wäre es hegelsch korrekt.

Gruß
Metapher

Hi,

Der Begriff ist das den Dingen selbst Innewohnende

Hegel widerspricht hier Kant und sich dann auch gleich selbst:

Diese Realität(en)… (sind) nur leere Worte, leere Abstraktionen

Nietzsche dagegen:

„Es gibt Zeitalter, in denen der vernünftige Mensch und der intuitive Mensch nebeneinander stehen, der eine in Angst vor der Intuition, der andere mit Hohn über die Abstraktion…“

Das Ganzheitssystem Hegels ist eine große philosophische Leistung. Man kann sie in sein eigenes, erweitertes Selbstbewusstsein integrieren, auch ohne den Objekt-Subjekt-Dualismus. Hegels dialektische Überwindung hat ja das Ziel, zum integrierten Selbstbewusstsein zu gelangen.

C.

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Hi,

„Es gibt Zeitalter, in denen der vernünftige Mensch und der
intuitive Mensch nebeneinander stehen, der eine in Angst vor
der Intuition, der andere mit Hohn über die Abstraktion…“

Das Ganzheitssystem Hegels ist eine große philosophische
Leistung… .

und es gibt Gelegenheiten, in denen sowohl der
vernünftige, aber auch der intuitive Mensch
erkennen müsste, dass er den Experten nicht
zu belehren braucht. Dass es sinnlos ist,
Eulen nach Athen zu tragen, insbesondere dann,
wenn es sich bei den Eulen um Spatzen handelt.

@Metapher: scnr

Gruß
Junktor

Danke Metapher,

diese von dir zitierte Textstelle habe ich bereits gelesen und sie drückt meiner Meinung nach nicht das aus, was ich meine bzw. was J. Lacan meint.
Er schreibt nämlich sinngemäß, dass ein Begriff (frz. Original concept)das Ding, das es bezeichnet, als Seiendes „ermordet“. Durch den Begriff erübrigt sich das Sein einer Sache, weil es nun ein Substitut gibt.
Er untermauert diese Ansicht mit einem indirekten Hegelzitat. Aber bezweifele langsam, dass Hegel irgendetwas in der Richtung gesagt hat. Oder?

LG

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Hi cache-cache,

Lacan

das konntest du ja auch gleich sagen :smile:

Nun, ich bin generell nicht der Meinung, daß Lacan Hegel adäquat perzipiert hat. Was nicht wundert, denn er hat ihn ja nur indirekt über Alexandre Kojève studiert.

Er schreibt nämlich sinngemäß, dass ein Begriff (frz. Original concept)das Ding, das es bezeichnet, als Seiendes „ermordet“. Durch den Begriff erübrigt sich das Sein einer Sache, weil es nun ein Substitut gibt.

Ja, so Lacan. Aber das ist geradezu konträr zu Hegel, wie du allein schon aus den Zitaten von mir, die du ja zu kennen sagst, erkennen kannst.

Er untermauert diese Ansicht mit einem indirekten Hegelzitat.

Ja. Völlig absurd. Hegels „Begriff“ enthält immer das Sein als eins seiner Momente. Ich setze jetzt mal voraus, daß du auch weißt, was „Moment“ bei Hegel ist, und welche Rolle es in der Dialektik spielt.

Aber bezweifele langsam, dass Hegel irgendetwas in der Richtung gesagt hat. Oder?

Nein. Es ist unmöglich. Nicht etwas in dem von L. gemeinten Sinne, den er durch sein Pseudozitat untermauern will.

Gruß
Metapher

Hallo Metapher,

es hilft mir sehr, was du schreibst, denn mit Hegel kenne ich mich nicht wirklich aus, um nicht zu sagen, gar nicht. Deshalb weiß ich auch nicht welche Bedeutung „Moment“ in Hegels Werk hat.
Aber ich konnte tatsächlich aus deinem Hegelzitat erkennen, dass Hegel in dieser Hinsicht nicht mit Lacan kompatibel ist. Schade. Von Lacan mag man ja denken, was man will, aber seine Vorstellung vom Sein finde ich höchst interessant.
Das ist anscheinend sehr typisch für Lacan, dass er sich „seine“ Philosophen so hinbiegt, wie er es braucht. Mit Freud hat er es nicht anders gemacht. An anderer Stelle wiederum belegt er nicht, wenn er eine Idee von jemand anderem übernommen hat.
Für mich ist es recht schwer den Überblick zu behalten, weil ich weder aus der philosophischen noch aus der psychoanalytischen Ecke komme, sondern aus der sprachwissenschaftlichen. Da fehlt mir oft das Hintergrundwissen zu Kant, Hegel und Heidegger.

Auf jeden Fall, vielen lieben Dank.

LG

cache-cache

Hi,

und es gibt Gelegenheiten, in denen sowohl der
vernünftige, aber auch der intuitive Mensch
erkennen müsste, dass er den Experten nicht
zu belehren braucht.

Aja, das ist ein Machtanspruch, den alle Experten auf der ganzen Welt erheben.

Ohne Zweifel haben die Experten auch eine Legitimation. Doch der Mensch selbst ist unantastbar, wenn er sich nicht nur auf der gleichen Ebene mit den Experten streitet, sondern sich als Führungskraft seines eigenen Lebens selbstbewusst auf einer höheren Ebene weiß, a`la Sokrates.

Dieses Ziel der Autonomie hatte ja nicht nur Sokrates, sondern auch Kant und Hegel u. v. a. Und nur in diesem Sinne habe ich für mich selbst gesprochen. Die Behauptung, ich wollte Experten belehren, ist also falsch, denn nichts liegt mir ferner, als die Experten hier zu belehren.

C.

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