Hegels Dialektik anhand eines Beispiels

Wer kann mir anhand eines einfachen Beispiels aus dem Alltag die Dialektik Hegels im Bezug auf die Manipulierung der Massen erklären?

Wer kann mir anhand eines einfachen Beispiels aus dem Alltag die Dialektik Hegels im Bezug auf die Manipulierung der Massen erklären?

Es gibt bei Hegel weder den Begriff der Manipulation, noch den der Masse (etwa im Sinne von Ortega y Gasset).

Wenn du wenigstens eine noch so kleine Andeutung machen würdest, welcher Hintergrund dich zu dieser Fragestellung bewegt - vielleicht eine Textpassage, auf die du dich beziehst - gerne mehr.

Danke für die Antwort;
ich möchte mich auf diesen Link:

http://www.kopp-online.com/hintergruende/geostrategi…

beziehen.

Moin,
nur zur Info, wie deine Quelle einzuschätzen ist und ob es dann wirklich lohnt sich deren Artikeln zu beschäftigen

Der Kopp Verlag vertreibt hauptsächlich bedrucktes Papier zu Bereichen wie Esoterik, Verschwörungstheorien, Ufologie, Alternativmedizin und Pseudowissenschaften. Ausserdem haben sie auch noch Antisemiten und Leute aus der braunen Ecke im Programm. Überhaupt bestehen etliche Kontakte zur rechten Szene.
Wenn mir so Leute mit Hegel kommen … und wenn ich dann lese - „Um zu verstehen, was er [Gorbi] wirklich gesagt hat, muss man ein wenig zwischen den Zeilen lesen, …“ Und was dann 'zwischen den Zeilen steht wird vom Kopp-Verlag erklärt?
Bah…lux

2 Like

nichts von Dialektik darin
Hi,

abgesehen davon, daß ein Autor, der für das unsägliche Kopp-online schreibt, den letzten Rest an Seriosität verspielt hat - aber das ist ja hier nicht das Thema …

Die Kontexte der Bemerkungen
„ein beliebter Trick aus der Hegelschen Dialektik …“
„Teil der Inszenierung nach der Hegelschen Dialektik …“
„getreu der Hegelschen Dialektik …“
haben mit Hegelscher Dialektik soviel zu tun wie die Kuh mit Kuchenbacken.

Der Autor will damit vielmehr - exakt in seinem unsäglichen Unverstand von Dialektik - vortäuschen, daß er 1. von Hegel und 2. von Rhetorik auch nur einen blassen Schummer von Ahnung hätte.

Was er meint (bzw. hier unterstellt oder tendenziös hineinzuargumentieren versucht), ist lediglich eine bereits in der antiken Rhetorik bekannte rhetorische Technik der (vor allem auch juristischen) Argumentation und - tatsächlich - der Manipulation des Opponenten und der Zuhörer. Bereits Sokrates verwendet sie, um den Gesprächsopponenten auszuhebeln, und Cicero beschreibt sie allenthalben.

Man übernimmt ein isoliertes Teilargument des Gegners, der die Zustimmung der Zuhörer bereits hat, um sich Zuhörersympathien zu verschaffen.
Beispiel: Rechtsradikale plädieren für Naturschutz, um die Tür für Wählerstimmen der Grünen zu öffnen.

Oder:
Man stellt einen (zum Beispiel moralischen) Aspekt des Gegners besonders positiv heraus, um dann zu zeigen, daß dieser darüberhinaus diesem Aspekt vollkommen widerspricht. Genauer: um zu zeigen, daß er ein moralisches Schwein ist.
Beispiel:
Shakespeares Rede des Marc Anton (in „Julius Caesar“): „Doch Brutus ist ein ehrenwerter Mann! …“

Oder:
Man stellt eine Behauptung des Gegners als bewundernswert durchdacht dar, schaut sich diese dann genauer an - vorgeblich, um daraus noch Weiteres vom Gener zu „lernen“ - mit dem Resultat, daß die behauptung totaler Blödsinn ist und der Gegner des Denkens nicht fähig.
Beispiel:
Sokrates in Platons Dialog „Menon“: Sinngemäß: „Du, als der Meisterschüler des großartigen Freundes Gorgias [einer der damals bekanntesten Sophisten], wirst wissen, wie es sich in Wahrheit verhält … also sage mir, wie du das … genau meinst.“ Mit dem Resultat, daß Menon keine Ahnung hat, was er selber da sagt.

Oder:
Man tut genau das, was der Autor in seinem Artikel selbst tut, indem er „Hegels Dialketik“ erwähnt. Wenn ich sage: „Der Autor hat nicht die geringste Ahnung von Hegels Dialektik“, dann sage ich indirekt, also ohne es explizit zu tun, daß ich selbst erhebliche Ahnung davon habe.

„Dialektik“ war in der antiken, besonders griechischen, Rhetorik ein Teilgebiet (zu dem eben auch die oben erwähnten Beispiele gehören). Hegels dialektische Logik hat damit aber gar nichts zu tun. Sie ist vielmehr (unter anderem!) eine systematische Methode der Begriffsanalyse, oder, anders gesagt, die systematische Darstellung der in jedem Begriff essentiell vorhandenen Widersprüche, durch die sie umgekehrt bestimmt werden.

Wenn du dazu einführende Beispiele wünschst, dann melde dich nochmal.

Schönen Gruß
Metapher

6 Like

Danke Metapher und Pollux36!!!

Ich habe mir in den letzten Tagen die Zähne beinahe ausgebissen, um zu diesem Thema vernünftige Antworten zu erhalten.
Besonders die vielen Beispiele von Metapher haben mir weitergeholfen und ich weiß jetzt einigermaßen, was gemeint ist und wie der Verfasser des Artikels von Gorbis Rede einzuordnen ist.

Generell noch ein Frage anbei:

Wie schätzt Ihr die Rede von Gorbatschow ein?
Ist sie tatsächlich so dramatisch?

Viele Grüße aus München und noch
schöne Weihnachtsfeiertage,

Euer schwarzerroller.

Hallo schwarzerroller,

Wie schätzt Ihr die Rede von Gorbatschow ein?
Ist sie tatsächlich so dramatisch?

Ganz unabhängig davon, was Gorbatschow gemeint hat, sein Wort hat für die russische Politik ungefähr so viel Gewicht (naja doch etwas mehr :wink: wie meines, wenn ich meiner Frau erkläre, daß man den Chinesen mal ordentlich was aufs Haupt geben sollte, wenn sie nicht endlich die Menschenrechte achten. Da kommen die Chinesen genauso ins Schwitzen :wink:
„Gorbatschow droht mit Drittem Weltkrieg“ - solch eine Schlagzeile hätte sich wahrscheinlich nicht mal die Bildzeitung ausgedacht, oder? Gorbatschow redet und auf seinen Befehl schlagen die Russen los (oder die NATO, oder beide gemeinsam)…
Noch zum Autor des Artikels:
http://www.esowatch.com/ge/index.php?title=Oliver_Ja…

Viele Grüße aus München und noch
schöne Weihnachtsfeiertage

Danke gleichfalls

Marvin

1 Like

Asiatische Anti-Ethik, Hegel, Stalin
Hi.

…wie meines, wenn ich meiner Frau erkläre,
daß man den Chinesen mal ordentlich was aufs Haupt geben
sollte, wenn sie nicht endlich die Menschenrechte achten. Da
kommen die Chinesen genauso ins Schwitzen :wink:

Die Asiaten haben zweifellos viele interessante Tugenden, aber ein Sinn für Menschenrechte ist (zumindest) im Bewusstsein ihrer politischen Kasten völlig nicht-existent. Der Einzelne zählt als Individuum in Asien kaum oder gar nicht. Die Gruppe steht immer über dem Einzelnen, das Ganze immer über seinen Teilen. Das gilt prinzipiell in allen asiatischen Ländern, auch wenn es hie und da Aufweichungen dieses Prinzips durch den Einfluss der westlichen Kultur gibt. Dass der Kommunismus dort so tiefgreifend Fuß fassen konnte, ist aus dieser Mentalität verständlich, freilich ein Kommunismus, den man nur als komplett korrupt bezeichnen kann.

Man könnte Hegels heikles Wort „Das Wahre ist das Ganze“ damit in Zusammenhang bringen. Für Hegel ist das Subjekt, also der Einzelne, ja nur ein winziges Rädchen im Getriebe der großen Supersubjekte, allen voran der Weltgeist und, im Kleineren, die Gesellschaft, die wie ein Subjekt durch die Geschichte schreitet.

Bei Hegel liegen Wahrheit und Irrtum so häufig und so dicht beisammen wie wohl bei keinem anderen Autor.

So ganz kann man Hegel also nicht aus der geistigen Verantwortung für rhetorische Tricks mancher Politmanipulatoren nehmen, auch wenn seine Dialektik, wie Metapher zutreffend schreibt, mit politischer Rhetorik im Detail nichts zu tun hat. Allerdings hat solche Rhetorik im (dialektischen) Kommunismus eine üble Tradition: zu Stalins Zeiten wurde den zum Tode verurteilten Opfern der berühmten „Schauprozesse“ doch tatsächlich (inoffiziell) gesagt, dass sie zwar unschuldig sterben, dadurch aber dem gesellschaftlichen Fortschritt einen großen Dienst erweisen würden.

Chan

Spontan konstruiert

Bei Hegel liegen Wahrheit und Irrtum so häufig und so dicht
beisammen wie wohl bei keinem anderen Autor.

Fünf praktische Beispiele von Dialektik - spontan konstruiert:

  • Alle Karrierefrauen schlafen sich nach oben.
  • Die Bundeskanzlerin Angela Merkel ist eine Frau.
  • Deshalb schlief sich auch Angela Merkel nach oben (diese Dialektik geht auch mit doof: Alle Frauen sind doof als These, usw…).
  • Alle Menschen sind sterblich.
  • Sokrates ist ein Mensch.
  • Deshalb ist Sokrates sterblich.
  • Erwin Teufel ist ein Massenmensch (These).
  • Erwin Teufel manipuliert als Politiker die Massen (Antithese).
  • Erwin Teufel sucht nach „Wahrheit“ und studiert nach seiner politischen Karriere Hegels Philosophie an der Uni München mit 65 Jahren (Synthese).
  • Gott ist Geist.
  • Die Geschichte entwickelt sich im Gegensatz von Subjekt und Objekt .
  • Hegel integriert Subjekt und Objekt in die Selbsterkenntnis des Weltgeistes.
  • Eros ist das Ewige.
  • Kosmos die materielle, emotionale und geistige Evolution.
  • Logos ist die Selbstverwirklichung in Sokratischer Selbsterkenntnis.

CJW

Ich hab den Text zur Hälfte geschafft. Mief.

„Mief“ ist ein sehr vornehmer Ausdruck für den Schwachsinn. Ich hab auch nur die besagten Passagen rausgepickt. Marvin - hier im Thread - hat ja Infos zum Autor gepostet.

Aber es ging dem UP ja um etwas anderes.

Eros

Bei Hegel liegen Wahrheit und Irrtum so häufig und so dicht beisammen wie wohl bei keinem anderen Autor.

Sorry, ich vergaß dabei dich und Metapher :smile:

  • Gott ist Geist.

Nur, wenn man das „ist“ als Identitätsbeziehung nimmt (und nicht als prädikative Beziehung).

  • Eros ist das Ewige.

Wenn diese These bedeutet, Eros sei ein Aspekt eines zeitlosen Absoluten, dann widerspreche ich. Er ist ein Aspekt des zeitlichen Relativen. Vedantisch gesagt, ist Eros das, was dem Menschen von der Seligkeit des Brahman (vedantischer Weltgeist) übrigbleibt in seiner Entfremdung (maya) von seinem wahren Sein. Der entsprechende Aspekt des Brahman ist ananda (Wonne), die beiden anderen sind sat(reines Sein) und chit (Bewusstsein). Eros ist vergleichsweise ein lascher Aufguss des ananda und hat gar nichts „Ewiges“, sondern ist an vergängliche Objekte gebunden (in der Regel Sexual- und Kunstobjekte). Eros hat also immer ein Objekt, ananda aber (das innerste, aber unbewusste Wesen des Eros) hat ein solches nicht.

Chan