Heisst Biosprit:'Reiche tanken m. Brot der Armen?'

Hallo und Guten Tag,

gerade habe ich bei „Spiegel-Online“ diesen Artikel gelesen:

http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,546477,00.html

Wenn Biosprit wirklich bedeutet: „Die Reichen betanken ihre Autos mit dem Brot der Armen.“ - dann wäre das doch ungeheuerlich. Dann müsste es doch eine viel größere Diskussion über die Ethik von biologischen Kraftstoffen geben, als es sie derzeit gibt.

Oder sehe ich das falsch?

Vielen Dank im Voraus für Antworten und Meinungsäußerungen.

Jasper.

Moin, Jasper,

nachdem vorgestern der Umweltminister seine Schnapsidee kampflos drangegeben hat, ist auch Frau Merkel, unsere oberste Naturwissenschaftlerin, aufgewacht und weist auf die Zusammenhänge zwischen Biosprit und Abholzung der Regenwälder hin. (Warum fällt mir da immer das Fähnlein auf dem Turme ein?)

Verlinken kann ich leider nichts, weil die Allgäuer Zeitung so ziemlich den dämlichsten Internet-Auftritt hat, den man sich vorstellen kann. Der Rest der (Online-)Presse schwelgt im Gestern, als Frau Merkel den Herrn Gabriel noch in Schutz genommen hat.

Gruß Ralf

Wenn Biosprit wirklich bedeutet: „Die Reichen betanken ihre
Autos mit dem Brot der Armen.“ - dann wäre das doch
ungeheuerlich.

Hallo,

die Weltwirtschaft IST ungeheuerlich. Wenn man viel Geld damit machen kann, Regenwald abzuholzen, um Biodiesel anzubauen, dann macht das auch jemand, genauso werden Flächen für Nahrungsmittel umgewidmet.

Was du, fürchte ich, ganz missverstanden hast: Gabriel hat die 10%-Mischung nicht aus ethischen Gründen gestoppt, sondern weil sie das Auto, liebstes Spielzeug der Deutschen, womöglich kaputtmacht. Das ist viel schlimmer als Völkermord durch Hunger.

Gruss Reinhard

Hallo auch,

Wenn Biosprit wirklich bedeutet: „Die Reichen betanken ihre
Autos mit dem Brot der Armen.“ - dann wäre das doch
ungeheuerlich.

Aber sicher ist das so. Gute Güte, hier geht’s um große Geschäfte. Da stehen ethische Vorstellungen erst mal hinten an. Das war immer so und das ist auch hier so.

Es gibt schon verhältnismäßg alte, unabhängige Studien, die dem Biosprit eine negative Energie- und vor allem Öko-Bilanz belegen und vor den schweren sozio-ökonomischen Folgen warnen. Die Erkenntnis ist also nichtmal neu (höchstens für den Endverbraucher, der erst von der Presse informiert wird, die lieber auf Popularitätsthemenwellen reitet und wichtige Dinge selten beizeiten adäquat thematisiert), die Experten wussten darum.

Dann müsste es doch eine viel größere
Diskussion über die Ethik von biologischen Kraftstoffen geben,
als es sie derzeit gibt.

Ja, müsste es. Allerdings müsste es auch über viele viele andere Dinge solche Diskussionen geben. Allesamt ist die Konsequenz aber - derzeit - dass wir unseren Lebensstandard so nicht halten können. Nicht mal annähernd. Wer will da schon ganz ernsthaft mit einer Diskussion anfangen?

Oder sehe ich das falsch?

LG
Jochen

Wenn Biosprit wirklich bedeutet: „Die Reichen betanken ihre
Autos mit dem Brot der Armen.“ - dann wäre das doch
ungeheuerlich. Dann müsste es doch eine viel größere
Diskussion über die Ethik von biologischen Kraftstoffen geben,
als es sie derzeit gibt.

Es wird anscheinend auch an Verfahren geforscht, die die nicht zu verwertenden pflanzlichen Abfälle (Stengel, Blätter) zur Herstellung von Biodiesel nutzen.
Der bisher hergestellte Biodiesel bezieht diese (unausgereiften) Verfahren nicht ein.

Oder sehe ich das falsch?

Nein!

‚Das kleinere Übel‘ oder ‚die Wüste wächst‘
Hallo Jasper.

Natürlich gibt es einige, die immer noch keinen Zusammenhang zwischen Klimaerwärmung und Verbrennungsmotoren sehen (oder sogar die Klimaerwärmung leugnen), aber denen ist ohnehin hier (per Forum) nicht zu helfen.

Machen wir uns nichts vor:

Wir schädigen die Welt und unsere Mitmenschen mit fast jedem Atemzug.

Es geht darum, die optimale Balance zu finden.

Alternative Kraftstoffressourcen aufzubrauchen, um den Armen nicht das Brot vom Teller zu nehmen mag lokal betrachtet eine verlokende Hypothese sein, nur ist globales Denken in globalen Modellen gefragt.

Wenn wir das Weltklima weiter verändern gibt es ja nicht bloß bald keine Eisbären mehr. Nein, es schrumpft auch die Anbaufläche für Nahrungsmittel durch die Veränderung der Klimaregionen.

Ist dann der fossile Treibstoff alle alle - na wer seine Karosse jetzt noch nicht stehen lässt gemäß dem Motto: „Mein Auto fährt auch ohne Wald“ wird es auch dann nicht tun. Nur wird es dann noch weniger Essen geben.

Wenn Du den Armen nicht das Essen von Teller oder die Möglichkeit, selber Essen anzubauen nehmen willst gibt es nur eins: Umsteigen auf den ÖPN.

Ich weiß, das geht für viele nicht. Der ist zu schlecht ausgebaut etc blablabla. Kenne ich alles, und auch den Begriff der Kognitven Dissonanzreduktion.

Und andersherum: Statt ein Steak anzubauen kann man das 10fache in Pflanzlichen Nahrungsmitteln anbauen - plus den Kraftstoff sparen wenn das Steak erst aus Argentinien über den heimischen Supermarkt auf den eigenen Teller findet sondern das Gemüse vom Bauern kommt.

Die Empfehlung kann nur sein: das Auto stehen lassen und etwas auf seinen Konsum zu achten. Aber das geht eben für viele nicht - daswegen ist es relativ egal, was mit dem Biodiesel ist.

Lokal gesehen ist Dein Problem ein Problem, aber nicht global gesehen.

Machen kann man indes viel - wenn es einen denn nicht nur akademisch interessiert.

Lieben Gruß
Patrick

Leider ist die ökobilanz von biosprit alles andere als erfreulich. bei der produktion werden unmengen an energie benötigt, welche heute ja großteils mit co2-emission verbunden ist. das hat übrigens auch greenpeace erkannt und begrüßte deswegen ja die pläne vom umweltminister den biospritanteil nicht zu erhöhen.

ich verweise hierbei auf ein interview in der neuen osnabrückner zeitung mit dem nobelpreisträger prof. dr. h. michel.

zitat:
Herr Professor Michel, welche Bedeutung haben nachwachsende Rohstoffe zur Lösung der Energieprobleme in Deutschland, speziell bei Kraftstoffen?

Nachwachsende Rohstoffe sind für den Einsatz als Kraftstoff unbedeutend. Das Problem ist zunächst einmal, dass die Effizienz der Fotosynthese sehr gering ist. Weniger als ein Prozent der Energie des Sonnenlichts wird in Form von Biomasse gespeichert. Um daraus Bioethanol oder Biogas zu gewinnen, muss man zusätzlich Energie einsetzen und verringert damit die Effizienz noch weiter. Biogas und Biodiesel, auch „Sundiesel“, enthalten pro Flächeneinheit und Jahr rund 0,4 Prozent der Energie des Sonnenlichts, das in dieser Zeit auf diese Fläche gefallen ist. Außerdem muss die Hälfte der Energie, die Biogas oder Biodiesel enthalten, zuvor investiert werden. Und diese Hälfte stammt in der Regel aus fossilen Brennstoffen.

Und wie sieht es bei der Herstellung von Bioethanol aus Zuckerrüben oder aus Weizen aus?

Noch schlimmer. Hier liegt der Nettoenergiegewinn bislang bei zwölf bis 25 Prozent. Und die Frage bleibt dann noch: Energie aus welchen Quellen wird eingesetzt? Hierzulande ist dies häufig Braunkohle. Wenn daraus gewonnene elektrische Energie zum Destillieren von Alkohol genommen wird, erfolgt unter dem Strich eine Nettoproduktion von Kohlendioxid und keine Einsparung. Nur beim Einsatz von Erdgas ließe sich hier die Produktion von Kohlendioxid verringern.

Damit ist die ökologische Bilanz von Biosprit negativ…

Ja, Biosprit rechnet sich unter Umweltgesichtspunkten überhaupt nicht. Es ist grundsätzlich sinnlos, herkömmlichen Diesel oder Benzin durch Biogas und Biodiesel ganz oder teilweise zu ersetzen.

mfg roberto

[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachträglich automatisiert entfernt]

Wenn wir das Weltklima weiter verändern gibt es ja nicht bloß
bald keine Eisbären mehr. Nein, es schrumpft auch die
Anbaufläche für Nahrungsmittel durch die Veränderung der
Klimaregionen.

witzigerweise wurde diese anbaufläche künstlich gesenkt…willkommen im kapitalismus und dem mittel der preissteigerung.

klimadiskussion hin oder her…es ist genau diese diskussion, die uns jetzt auf die füße fällt. einem sudanesen ist das abschmelzen der pole nun wirklich egal. aber wir können ja weiter gutes tun, um die einbären zu retten.

ich mag herzlos und undeutsch klingen, aber der regenwald ist mir persönlich fast so wenig wichtig wie das abschmelzen der pole - und zwar aus archiologischen und naturprozesstechnischen gründen. was mir allerdings wichtig ist, ist, dass mein nachbar ausreichend ernährt ist, weil er nämlich sonst das wird, was wir biospritfahrenden, sterne-auf-auto-habenden, mit-armeen-welt-retten-wollenden als böse terroristen bezeichen.

was unsere politiker zu diesem thema angeht, gibt es nur 2 möglichkeiten - entweder sie sind weniger klug als wir das gerne hätten oder sie belügen das volk über die motive. man kann sich eins aussuchen.

Wie kommt eigentlich alle Welt auf die Idee dass die Eisbären durch den Klimawandel aussterben, obwohl die Population ansteigt?

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Wie kommt eigentlich alle Welt auf die Idee dass die Eisbären
durch den Klimawandel aussterben, obwohl die Population
ansteigt?

a) sie bringen ihre Jungen in Hohlräumen unter dem Eis/Schnee zur Welt

b) sie haben ihre „fette“ Zeit im Winter, wenn sie auf das Eis können, um an Luftlöchern Robben aufzulauern. Ausserdem bringen auch Robben ihre Jungen in solchen Hohlräumen zur Welt. Diese Jungen werden auch gejagt.

c) dass ihre Population ansteigt höre ich zum ersten Mal. Was man aber häufig hört ist, daß in Churchill die Eisbären im Herbst immer öfter auftauchen. Klar, denn sie haben ja im Sommer nicht viel zu futtern. Sie warten also darauf, dass der Ozean endlich zufriert. Friert er spät zu, dann müssen sie länger hungern. Oder sich woanders nach Fressbarem umsehen…

Martin

Biosprit kann man grundsätzlich getrost vergessen. Ein Gewissensberuhiger für all jene, die ihr Gehirn nicht gerne gebrauchen.
Denkanstösse hierzu:

  • Alle organischen Verbindungen verbrennen zu CO2, kommt also das selbe hinten raus.
  • Ausserdem hat der Biosprit den geringeren Energieinhalt als Benzin, resultiert also in einem höheren Verbrauch.
  • Pflanzen nehmen beim Wachsen CO2 aus der Atmosphäre auf, warum machen wir also auf den „Biosprit-Feldern“ nicht Wälder? Hätte den grösseren Effekt und wäre landschaftstechnisch vielerorts nicht zu verachten.
  • Die Motoren, die nicht für diesen Fusel gemacht sind gehen daran kaputt.
  • Mittlerweile geht die Biosprit-Hysterie so weit, dass in Europa gewisse Leute darüber nachdenken, Felder, die bisher für den Nahrungsanbau dienten, für solche Spritpflanzen aufzugeben…
  • In Südamerika wird der Regenwald gerodet, um Felder für die Biospritproduktion zu schaffen, rechnen wir dann noch den Transport nach Europa dazu, macht man damit mehr Dreck als mit regulärem Benzin.

Gäbe noch mehr Argumente dagegen, aber ich bin der Diskussion langsam müde. Zur Zeit wollen alle sich mit der Klimadiskussion profilieren oder sich daran bereichern. Die Strafsteuern auf Benzin werden auch nur im guten Glauben eingeführt, dass das Volk verärgert aber immer noch genau so viel wie vorher Auto fährt, so lässt sich die Staatskasse hübsch aufbessern…

In diesem Sinne, ich fahre mein 11-Liter-Auto und mein 9-Liter-Motorrad mindestens so lange weiter, bis die Politik endlich mal sinnvolle Massnahmen ergreift. Und selbst dann würde sich nichts bessern, denn Indien und China bestehen auf ihrem Recht, die Welt die nächsten 50 Jahre genau so zu schänden, wie es der Westen die letzten 50 Jahre getan hat.

In diesem Sinne, lasset uns den Weltuntergang geniessen.
Gruss Pascal