Wer kann mir sagen, woher der Ausspruch „Herein, wenn’s kein Schneider ist“ kommt?
Danke,
Andi
Wer kann mir sagen, woher der Ausspruch „Herein, wenn’s kein Schneider ist“ kommt?
Danke,
Andi
Hallo Andi,
es gibt zwei mögliche Erklärungen:
Der arme Student… Früher gab es noch keine Pret à porter, d. h. auch die Studis mußten ihre Klamotten nähen lassen und haben - mangels Kohle - häufig Schulden bei den Schneidern gehabt.
Es kann allerdings auch sein, daß mit Schneider (bzw. Schnitter) der Tod gemeint ist und der soll gefälligst hübsch draußen bleiben, gelle? *g*
Beste Grüße
Tessa
Hallo !
Schneider galten früher als die typischen Anmahner beträchtlicher
Schulden.
Es gab früher keine Textilgeschäfte und wenn man vernünftig angezogen sein wollte, ging man zum Schneider und ließ sich eine Jacke oder Hose nähen (bis weit in die 50er Jahre des 20. Jahrhunderts). Mit der Bezahlung ließ man sich dann oft Zeit, da der arme Schneider oft ein Mensch ohne Einfluß und ohne Macht war. Sein Geld mußte er sich dann oft bei den Kunden zusammenbetteln.
Grüße Max.
Hi,
ich habe da noch eine andere Erklärung gefunden:
„Herein, wenn’s nicht der Schneider ist !
Eigentlich: Herin, wans nit der Schnitter is! (Schnitter = Tod)“ (http://www.biolinx.de/bildung/reddeutsch.shtml)
Ciao Rossi
Hups,
war schon da, aber den Link finde ich trotzdem klasse
http://www.biolinx.de/bildung/reddeutsch.shtml
Ergänzung
Hallo nochmal,
zu Max’ Antwort noch die Ergänzung, daß es sich bei dem Spruch wahrscheinlich um eine Parodie auf die Wendung „Herein, wenn’s ein Schneider ist“ handelt, die bei den (streng geheimen) Zusammenkünften der Schneidergilde benutzt wurde, wenn es klopfte.
Gruß Kubi
Noch eine Ergänzung
Hallo Andreas,
ich kenne den Spruch von meinen Großeltern her in der Form
„Herein, wenn’s kein Schuldmann ist“ - Schuldmann im Sinne von „Gläubiger“.
(Ich dachte als Kind immer, sie meinen damit „Verbrecher“ :o))
Das passt in die Theorie vom Schneider als Geldeintreiber.
Klio.
Hi Andreas.
Nur eine Vermutung von mir, aber könnte es was mit einem berühmten Gedicht zu tun haben, in dem von einem Daumenlutscher die Rede ist…?
Schönen Gruß,
Olaf
und noch 'ne Ergänzung
Servus Andi !
Den genauen Titel des Buches hab’ ich nicht im Kopf (Buch zuhause, PC im Büro) aber es heißt nach meiner Erinnerung „Lexikon der deutschen Redensarten (Knaur ??)“. Nun denn, und in diesem Buch steht, daß der Ausspruch auf Bismarck zurückzuführen ist, der in seiner Studentenzeit in einem Brief an seine Verlobte sich darüber beschwert, daß im permanent irgendwelche Schuster und Schneider (!) die Bude einrennen, ihr Geld für die angefertigten Kleidungsstücke verlangen und er die Türe eigentlich nur öffnen möchte, wenn eben kein Schneider vor der selben steht.
Da ist man schon Fürst und soll auch noch bezahlen…ts ts ts
Grüße aus Wien
Helmut
Da dieses Nachschlagewerk nun schon genannt wurde,
hier der ganze Artikel zu:
Schneider
_Frieren wie ein Schneider:
sehr leicht frösteln, kälteempfindlich sein. Den Schneider hielt man früher wegen seines angeblich geringen Körpergewichts, seiner Schmächtigkeit, Schwäche und Kränklichkeit und vor allem wegen seiner Stubenhockerei ohne körperliche Ausarbeitung für weibisch, verzärtelt, überempfindlich und nicht genügend abgehärtet.
Essen wie ein Schneider:
sehr wenig zu sich nehmen. Die Schwächlichkeit der Schneider führte man auf mangelnde Nahrung zurück. Vor allem wenn die Schneider zu den Bauern auf Stör gingen und bei ihnen im Hause arbeiteten, fiel auf, daß sie sehr wenig vertragen konnten im Gegensatz zu dem kräftigen Appetit der Landarbeiter. Vgl. Schneiderspottlieder, z.B. Erk-Böhme: Deutscher Liederhort Nr. 1634/35: ‚Schneider Jahrstag‘.
Laufen wie ein Schneider:
sehr schnell laufen, nicht vom eigenen Körpergewicht gehemmt werden.
Sich wie ein Schneider am Ostertag tummeln:
sogar an den Sonn- und Feiertagen arbeiten. Dies geschah bei den Schneidern häufig, wenn sie termingerecht etwas fertigstellen mußten.
Herein, wenn’s (was) kein Schneider ist!
ruft man scherzhaft, wenn jemand anklopft und man nicht weiß, wer hereinkommen wird. Vermutlich hat der
seine Forderungen eintreibende Schneider den Anlaß zu dieser Redensart gegeben, eigentlich eine Parodie der Wendung Herein, wenn’s ein Schneider ist!, die in der Schneiderzunft eine wichtige Rolle spielte. Die Sitzungen der Schneidergesellen fanden bei offener Zunftlade statt. Es war also eine streng geschlossene Gesellschaft, zu der niemand sonst Zutritt hatte. Forderte jemand Einlaß, dann hieß es: ‚Herein, wenn’s ein Schneider ist!‘ (Wissell II, S. 110).
Der Schneider hatte immer Schwierigkeiten, seine Rechnungen zu kassieren, er wurde oft abgewiesen und noch dazu verspottet. Darauf weisen verschiedene Redensarten:
Beim Schneider hängenbleiben: seine Kleiderrechnung nicht bezahlen, Schulden haben;
Dastehen wie ein geleimter (nicht bezahlter) Schneider und
Einen Schneidergang (-ritt) tun: unverrichteterdinge zurückkehren, einen vergeblichen Gang tun, um Geld zu erlangen, seine Schulden einzutreiben.
Sprichwörtlich wurde daher auch die Armut der Schneider:
Den Schneider im Hause haben:
Mangel leiden, sich mit eigenen Sorgen quälen müssen. Auffällig war auch die lange, ungeregelte Arbeitszeit der Schneider, die oft bis tief in die Nacht nähen mußten. Daher sagt man redensartlich übertragen
Den Schneider auf den Augen haben oder Der Schneider kommt (kriecht) jemandem in die Augen:
er wird schläfrig, die Augen fallen ihm zu.
Dem Schneider werden nur üble Eigenschaften nachgesagt, vor allem gilt er als diebisch und lügnerisch. So sagt man z.B.
Dem Schneider ist viel unter den Tisch gefallen:
er hat von dem Stoff, den er verarbeiten sollte, viel für sich behalten und für seine Kinder. Tatsächlich hatte der Schneider unter seinem Tisch eine Kiste für Stoffreste, das ‚Auge‘ oder die ‚Hölle‘ genannt, in das er auch manches noch brauchbare Stück fallen ließ. Man glaubte, daß aus diesem Grunde kaum ein Schneider in den Himmel käme. Deshalb heißt es, wenn etwas Seltenes geschieht, wenn bei Regen die Sonne scheint oder eine Stockung im Gespräch eintritt: Nun kommt ein Schneider in den Himmel.
Dem Schneider wurden auch Faulheit und Nachlässigkeit nachgesagt.
Wenn die Nähte nicht halten, heißt es:
Der Schneider hat mit der heißen Nadel genäht,
paßt das Kleidungsstück nicht oder ist eine Sache ihrer ganzen Anlage nach verdorben, sagt man:
Der Schneider hat die Hosen verschnitten (das Maß verloren). Auf den Pfuscher weisen die Wendungen ‚Meister, ich bin fertig, darf ich trennen (flicken)?‘ und
Er ist einem Schneider durch die Werkstatt gelaufen:
er besitzt wenig Kenntnisse und Fertigkeiten in seinem Beruf.
Die Wendung
Den Schneider auskaufen (ausklopfen, oberoesterreichisch ‚herauszwicken‘)
bezieht sich auf den Brauch, jemandem, der ein neues Kleidungsstück zum erstenmal trägt, im Scherz zu schlagen oder zu kneifen.
Als verächtliches Schimpfwort gilt die einfache Feststellung
Er ist ein Schneider, auch:
Ein hinkender (windiger) Schneider,
denn sie bezeichnet den Schwächling und den Furchtsamen, den sogar ganz geringe Gegner, wie Läuse, Mücken, Spinnen oder Schnecken, in die Flucht schlagen können. Daher erscheint eben das Märchen vom ‚Tapferen Schneiderlein‘ (Kinder und Hausmärchen der Brüder Grimm 20) als bemerkenswerte Ausnahme von der Regel.
Eine besonders deutsche Ausprägung des Handwerkerspottes ist der um 1400 in Süddeutschland entstandene ‚Schneider-Geiß-Spott‘. Der 1. Hinweis darauf findet sich 1408 in einem Straßburger Ratsprotokoll, in dem ein Schneider-Spottlied verboten wird. Ursprünglich handelt es sich um eine sexuelle und obszöne Anspielung auf den Schneider als ‚Geißbuhler‘. Aus Oberschwaben ist belegt:
Der Schneider und die Geiß,
die machten eine Reis.
Der Schneider wollte reiten,
die Geiß, die wollt’s nicht leiden,
die Geiß nimmt einen Seitensprung
und wirft den Schneider im Kuhdreck rum
Erst im 16. Jahrhundert wurde ‚Schneiderbock‘ der verallgemeinerte Spottname. Der Ritt des Schneiders auf dem Bock und der Kampf zwischen Schneider und Bock wurden nun Themen der bildlichen und literarischen Darstellungen. Vor allem in Spottversen und Liedern spielten sie bis zum 17. Jahrhundert eine große Rolle und sind bis heute im allgemeinen Bewußtsein geblieben im Unterschied zu anderen Berufsschelten. Vgl. Erk-Böhme: Deutscher Liederhort Nr. 1631/32: ‚Es wollt ein Schneider wandern wohl auf sein Schneidergeiß‘, und EB. Nr. 1636: ‚Es hatten sich 77 Schneider verschworn‘.
Man denke auch an redensartliche Scherzworte wie »Schneider, Schneider, meck, meck, meck!« (Wilh. Busch).
Das Wort Schneider tritt andererseits euphemistisch für Teufel ein, vor allem im Fluch:
Hol dich der Schneider!
Aus dem Schneider (heraus) sein:
über dreißig Jahre alt sein (vgl. ‚Tief in den 29 stecken‘, ‚Dreimal genullt haben‘), nicht mehr ganz jung sein, besonders von alten Jungfern gesagt. Weiterhin bedeutet diese Redensart: aus den schlimmsten Geldverlegenheiten und Schulden heraussein, und schülersprachlich: in den Stimmbruch kommen. Der Ausdruck stammt vom Kartenspiel, wo Schneider werden weniger als dreißig Augen bekommen hieß. Wer aus dem Schneider ist, hat demnach mehr als dreißig Augen, d.h. mehr als die Hälfte der unbedingt zum Gewinn nötigen. Auch in einem alten studententischen Bierspiel (‚Lustig, meine Sieben‘) spielte die Wendung eine ähnliche Rolle: wer unter dreißig blieb, mußte das doppelte Quantum trinken, und auf seinem Platz wurde unter lautem Gesang eine Schere gemalt.
Die Wendung
Schneider sein
bedeutet allgemein leer ausgehen, keinen Jagderfolg haben, aber auch: am Tag nichts verkauft haben. Literarischen Ursprungs ist der in der Anrede gebräuchliche Ausdruck Gevatter Schneider und Handschuhmacher. Bei Schiller heißt es in ‚Wallensteins Lager‘: »Sind Tieffenbacher, Gevatter Schneider und Handschuhmacher«.
Den Schneider haben
ist umgangssprachlich eine verhüllende Umschreibung für die Menstruation._
Und hier noch der exakte Titel der Lexikons:
Lexikon der sprichwörtlichen Redensarten: Schneider, S. 6. Digitale Bibliothek Band 42: Lexikon der sprichwörtlichen Redensarten, S. 5595 (vgl. Röhrich-LdspR Bd. 4, S. 1388) © Verlag Herder
Beste Grüße
Fritz
Servus Fritz !
Hatte natürlich aus dem Gedächtnis das falsche Buch zitiert bzw. Artikel und Buch durcheinandergeschmissen.
Hier nun also… aus
Krüger / Lorenzen: Deutsche Redensarten und was dahintersteckt, Heyne Verlag, 2. Aufl. 1991, S. 497
„Herein, wenn’s kein Schneider ist! ruft man, wenn jemand an die Tür klopft. Bismarck schrieb am 7. März 1847 an seine Braut: ‚Wie entrüstet bin ich als Student über Schneider und Schuster gewesen, wenn sie ihre Rechnung bezahlt verlangten; es schien mir die empörendste Zumutung, anstatt daß ich dankbar für den gewährten Credit gewesen wäre.‘ Aus dieser überlebten Einstellung gedankenloser Arroganz des vorigen Jahrhunderts entstand unsere Wendung: Herein, wenn’s kein Schneider ist.“
Grüße aus Wien
Helmut