Was in den bisherigen Beiträgen (wieder mal) nicht klar
herauskommt oder zumindest nur sehr vage angedeutet wird, ist
der synkretistisch-historische Zusammenhang einer religiösen
Idee (hier: „Menschensohn“) mit Vorgängerkonzepten in anderen
Religionen. Der Eindruck wird erweckt, als habe das Judentum
das religiöse Konzept „Menschensohn“ ex nihilo erfunden. Kein
Blick über den Tellerrand hinaus. Dabei wird schon lange in
der Fachwelt diskutiert, ob und in welchem Maße die Idee vom
„Urmensch“, wie es sie vor allem im Zoroastrismus gab,
Einfluss auf die jüdische und später christliche Idee vom
„Menschensohn“ hatte.
Das ist richtig, aber das hat die „Fachwelt“ schon längst wieder hiunter sich gelassen. Das war die religionsgeschichtliche Schule mit Gunkel, Deißmann und anderen, aber die Erkenntnisse dieser Schule sind zum großen Teil entweder überholt oder als Engführung erkannt worden.
Die Stelle bei Daniel wird von vielen:
Forschern als eine Variation der zoroastrischen Idee vom
präexistenten himmlischen Urmenschen angesehen, der die
Menschen erlösen wird. In spätjüdischen Quellen wird Adam z.B.
als engelhaftes himmlisches Wesen dargestellt, was den
zoroastrischen Vorstellungen entspricht.
„Viele Forscher“? Bevor ich mich so sehr wundere, glaub ichs nicht!
Und „spätjüdische Quellen“? Das sind allenfalls gnostisch-jüdische Traktate; die kannst Du aber nicht als repräsentativ für das Judentum ausgeben.
Für jeden Unsinn wirst Du irgendwo immer eine „Quelle“ finden.
Von der Gnosis wurde das Urmensch-Erlöser-Menschensohn-Konzept
ebenfalls übernommen.
Und? Macht es diese Idee darum richtiger?
Diese Grundidee hat sich auch in christologischen Konzepten
niedergeschlagen. Paulus z.B. deutet im 1 Korinther die
Christusfigur als „zweiten Menschen“ (= zweiter Adam, also
zweiter Ur-Mensch). Die Referenz zu den Vorstellungen im
Judentum und vor allem im Zoroastrismus ist, trotz einiger
Unterschiede, bei Paulus unübersehbar.
Oh nein! Du meinst 1. Ko 15, 21f? Da erwähnt Paulus zwar Adam und Jesus nebeneinander, aber dass er Christus als zweiten Urmenschen darstellte, ist völlig falsch.
Zu erwähnen wäre auch die Zweinaturenlehre der Alten Kirche,
die der Versuch war, sich von den doketistischen (= Jesus
hatte nur einen geistigen Leib, keinen physischen)
Vorstellungen der Gnosis und vermutlich auch der frühen
christlichen Gemeinden abzusetzen. In Jesus, so diese Lehre,
bestehen eine menschliche und eine göttliche Natur
nebeneinander.
Du kannst doch nicht eine theologische Lehre der späteren Kirche als Erklärung für einen Begriff des viel früheren Neuen Testaments heranziehen! Das ist sowas von ahiustorisch und anachronistisch, dass es nicht zum Sagen ist.
Was nun die Jesus-Zitate betrifft, in denen „er“ sich selbst
als „Menschensohn“ bezeichnet, so werden diese in der Regel so
gedeutet, dass er sagen wollte: „Ich bin nur ein Mensch (und
kein Gott).“ Man darf aber getrost annehmen, dass diese Zitate
(sofern JC überhaupt existierte) ihm nachträglich in den Mund
gelegt wurden.
Das hättest Du wohl gern; hier merkt man sehr genau, dass Deine Methode, die „Fachwelt“, „spätjüdische Quellen“ anzuführen oder eine Deutung „in der Regel“ zu behaupten, allein auf Deiner vorgefassten Meinung basiert.
Wissenschaft ist was anderes.
Und was Du betreibst, ist Spekulation, Raterei, aber ganz bestimmt keine Wissenschaft.
Gruß - Rolf