Herkunft des Titels Menschensohn

Hallo,

Beim Thema „Jesus im Glauben der palästinensischen Urgemeinde“ bin ich (no na net) an einer ausführlichen Behandlung der Herkunft der Würdebezeichnung „Menschensohn“ bzw. „der Sohn des Menschen“ natürlich nicht vorbeigekommen. Mangels unendlicher Zeit, bin ich auf zuverlässige Hinweise angewiesen und möchte euch bitten mir zum aktuellen Stand der Diskussion zu verhelfen sowie meine (im Text markierten) Unsicherheiten zu klären.

Dazu mein bisher erarbeitetes Wissen:

Variante 1:

Will der Aramäer einen Menschen bezeichnen so wählt er entweder „der Mann“ oder „die Frau“ oder sich der Umschreibung „Menschensohn“ bedienen. Das aramäische bar 'nascha meint also einen bestimmten Menschen („der Mensch“). Nach dieser Theorie hätte dieses Idiom den Sinn einer messianischen Würdebezeichnung erst durch die ungewöhnliche griechische Formulierung „der Sohn des Menschen“ erhalten. Ob Übersetzungsfehler(?) oder wortwörtliche Übernahme aus dem Aramäischen(?) wage ich nicht zu beurteilen.

Variante 2:

Dagegen wurde auch nachgewiesen, dass bar 'nasch (Mensch, als Gattung?) in einer Reihe von untersuchten aramäischen Dialekten kaum vorkomme, eher als altertümlich-dichterisch galt, und dass bar 'nascha überhaupt nicht im Sprachgebrauch vorstellbar gewesen sei. Daher sei nachvollziehbar, dass dieses den terminologischen Sinn (messianische Würdebezeichnung) erhalten konnte.

plus (ergänzend?)

Mir ist auch bekannt, dass der Menschensohn-Terminus auch aus der jüdischen Apokalyptik enstehen konnte und damit auch zumindest zum Teil unabhängig(?) davon ist, ob (1) oder (2) zutrifft.

Ich habe an meinen Unsicherheiten Fragezeichen festgemacht. Plus würde ich bitten, dass mir jemand Auskunft gibt, wie der aktuelle Stand zum Thema ist.

Vielen Dank

fliegerbaer

Jetzt nur in aller Kürze, morgen Früh kommt mehr:

Die Bezeichnung stammt aus Daniel 7, 13 und ist ganz eindeutig in einem apokalyptischen Zusammenhang genannt und zu verorten.
Und er meint in Daniel ganz bestimmt nicht den oder irgendeinen Messias, sondern bedeutet ganz einfach: wie ein Mensch.
Denn Daniel sieht ja vier Tiere, die besdchrieben werden, und als fünften eine Gestalt wie einen Menschen. Dieses „bar enosch“ - כבר אנש - soll ja nur die Gestalt im Gegensatz zu der Gestalt der Tiere beschreiben, hat also noch gar keine sonderliche inhaltliche Füllung.
Die kommt erst später.

Aber davon auch später.

Gruß - Rolf

Hallo Fliegerbaer,

Herkunft der Würdebezeichnung „Menschensohn“

Warum, denkst du, ist das eine Würdebezeichnung? Ein Menschensohn ist doch einfach nur ein Sohn der Menschen, im Gegensatz zu Halbgöttern, Abkömmlingen von Herrscherfamilien oder Gesandte vom Himmel, wie Rolf schon mit seinem Bibelzitat feststellte.

Jesus ist einfach nur einer von „uns“, einer aus dem Volk. Insofern wird er als solcher anerkannt. Dadurch hat er auch Würde. Sie liegt darin, dass er nicht von oben eingesetzt wurde, sondern als ganz normaler Mensch auftrat.

Ich denke, wenn er mehrmals als Menschensohn bezeichnet wird, will damit nur gesagt sein, dass er ein normaler Mensch war. Die Erhebung zum Mitglied der Dreifaltigkeit kam erst viel später.

Gruß Fralang

Hallo FraLang,

In der Urgemeinde hatte dieser Begriff (meinem dzt. Wissenstand nach) eine besondere Bedeutung. Und das bereits in der ältesten Schicht der Überlieferung (der Synoptischen Evangelien).

Zum einen weil Jesus sich als Menschensohn bezeichnet und als solcher Rechte beansprucht die er gegenwärtig ausübt. Der Menschensohn hat Macht, auf Erden Sünden zu vergeben, Der Menschensohn ist Herr über den Sabbat.

Zum anderen spricht Jesus in der dritten Person von seiner künftigen Stellung in der Würde des Menschensohns und seinem Tod als den Durchgangspunkt zu dieser künftigen Stellung. Wodurch der Titel einen transzendent-eschatologischen Sinn bekommt.

Im Glauben der Urgemeinde sitzt der Menschensohn zur Rechten Gottes, er soll erscheinen auf den Wolken des Himmels, in der Herrlichkeit des Vaters usw. Der Menschensohn ist so für die Urgemeinde der künftige Weltrichter.

Es wäre natürlich auch legitim zu sagen, dass an dem Ganzen nichts dran ist. Wenn das dann noch im Hinblick auf die von mir genannten Aussprüche Jesu und vielleicht sogar darüber hinaus begründet wird, hätte ich selbstverständlich auch profitiert.

Grüße
fliegerbaer

Die Bezeichnung stammt aus Daniel 7, 13 und ist ganz eindeutig
in einem apokalyptischen Zusammenhang genannt und zu verorten.

Apokalypse?
Daniel ist, wie der Name DAN bereits sagt, eine Anleitung zum richten. Es ist ein Lehrstück über Logik.

Denn Daniel sieht ja vier Tiere, die beschrieben werden, und
als fünften eine Gestalt wie einen Menschen. Dieses „bar
enosch“ - כבר אנש - soll ja nur die Gestalt im Gegensatz zu
der Gestalt der Tiere beschreiben, hat also noch gar keine
sonderliche inhaltliche Füllung.

Er beschreibt verschiedene Weisen vom Leben.
Leben ist das gleiche Wort wie Tier.
Was heißt denn כבר אנש - noch?
Man kann nicht behaupten, das hieße Sohn, wenn bar noch außer oder bar äußeres, oder bar freies Feld oder bar rein (lauter) oder bar Getreide heißt.

Von enosch fange ich gar nicht an…

Mykene

Gruß - Rolf

Von enosch fange ich gar nicht an…

Das ist auch besser so, glaub mir!

Gruß - Rolf

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Beim Thema „Jesus im Glauben der palästinensischen Urgemeinde“
bin ich (no na net) an einer ausführlichen Behandlung der
Herkunft der Würdebezeichnung „Menschensohn“ bzw. „der Sohn
des Menschen“ natürlich nicht vorbeigekommen.

Ich ziehe deine an Fralang gerichtete Botschaft zur Analyse heran:

Im Glauben der Urgemeinde sitzt der Menschensohn zur Rechten Gottes, er soll erscheinen auf den Wolken des Himmels, in der Herrlichkeit des Vaters usw. Der Menschensohn ist so für die Urgemeinde der künftige Weltrichter.

Hoffentlich bist du nicht enttäuscht, wenn ich dein Thema von der anderen Seite her aufrolle, deren Ansprüche nicht festige. Wie wurde das dir vorgemacht wurde - durch einen sprachlichen Aufhänger eines einzigen Wortes? Schauen wir mal das ganze Gebäude von unten her an. Das Obige mögen sie sich gerne vorstellen, wie man andere Sekten zuvor. Sie haben dann - wie sie - mit einigen Folgen zu tun.

A) Trifft das so ein?

B) Ist es fachlich richtig, wie sie die Bibel auffassen und stimmen ihre Bezüge zu den Bibelsprüchen oder kommt da der größte Blödsinn und noch mehr Ungereimtheiten als bisher heraus?

C) Was wichtiger ist - was folgt aus solchen Ansprüchen?

Der erste Eindruck für mich - ein Durcheinander und vorprogrammierte Enttäuschungen. Deutsche Philosophen haben sich mit diesen Themen längst beschäftigt und sie abgehakt. Erspare es mir, die Zitate herauszusuchen. Es ist bereits Allgemeinwissen, das aus vielen Quellen gespeist wird. Es kann kein Mensch einige Milliarden der Weltbevölkerung persönlich richten, selbst dann nicht, wenn er auf einer Wolke sitzt. Was bedeutet das Sitzen zur Rechten Gottes. Wer sitzt links und überhaupt ist da die Frage, warum Gott so lange geschlafen hat und die Erde zu einem Kriegsschauplatz verkommen ist.

Ich schätze, dafür haben sie keine logische Antwort bereit. Sie rennen nur ihrer eigenen Idee nach. Interessant wäre zu wissen, ob sie fähig sind - die Bibel richtig zu lesen - also die Ungereimtheiten logisch erklären, und Menschen erleichter damit. Je unlogischer die Vorstellung, desto schwieriger erscheint es hier Grund rein zu bringen. Vergebliche Versuche hier was zu erreichen, erinnern mich an den Umgang mit Puddig. Sie wollen das so fliegerbaer…

Ihr Anspruch ist vom Text der Bibel her nicht begründet. Darin werden nur die Regeln von Liebeslehren und Logik gezeigt. Diese benutzen sie nicht. Sie verwenden eine „Masche“, auf die Leute gern reinfallen.

Auslegetechnisch ist ben adam (Menschensohn) in Bibeltexten -zusätzlich - zur Erzählweise als Form vorhanden. Die wird zur Lösung der Fragen mit Hilfe der anderen Begriffen von „ben“ aufgelöst. Dazu zählen u.a. zählt = ben, enthält ben, und weil auch ohne Vokale „gereimt“ wurde, zählt ebenso das „bin“, das unterscheiden und verstehen dazu, evt. noch was aufbaut, ban.

Ein Mensch tut sich schwer in den Wolken zu sitzen. Man kann anani über ana (reagieren, antworten, entsprechen, prüfen) auflösen. Dann bricht aber deren ganzes Glaubensgebäude ein, wenn die Wolke so banal abstürzt.

Theologisch ist die Auskunft „Menschensohn“ unwahr,
denn Jesus entstand aus einer !Jungfrau durch den Hl. Geist.
Muss man nicht hier nach dem Sinn fragen?

Mykene

Enosch, der Mensch und seine Varianten

Von enosch אנוש fange ich gar nicht an…

Das ist auch besser so, glaub mir!

Aber sicher, sonst kommt אנוש ['anusch] gefährlich ;-( und hoffnungslos hervor.

…und du müssten dein anus, das Aufgewungene, loslassen…

Gruß - Rolf

Logik der Weltgeschichte

Theologisch ist die Auskunft „Menschensohn“ unwahr,
denn Jesus entstand aus einer !Jungfrau durch den Hl. Geist.
Muss man nicht hier nach dem Sinn fragen?

Die Logik ist: Wenn Jesus p, ist x keine Jungfrau. Wenn x Jungfrau, ist p kein Menschensohn. Folglich muss die Logik, die von den Gründern einer Religion stammt, keine nummerische Logik sein, sondern kann nur in einer psychologischen Analyse Aufschluss geben.

Alle Religionen verstehen sich ja, wenn ich dem Gedanken von Sigmund Freud folge, nicht als ursprüngliche Erfindung für die Mächtigen einer Gruppe. Die Führer benützen eine Religion erst später als opportunes Machtinstrument. Der Religionsgründer „sollte“ also nach dieser Logik gar kein Menschensohn sein, sondern er „sollte“ göttlich sein. Erst später nach der Reformpädagogik wurde daraus wieder ein normaler Menschensohn…

Bei keiner anderen Religion der fünf Weltreligionen ist es so offensichtlich, dass der Religionsgründer nicht zu den Machthabern zählte als beim Christentum. So gesehen ist also die psychologische Logik die, zur bestehenden politischen Machtkonstellation eine Gegenmacht zu konstruieren, in einer menschlichen Vorstellung vom „Übermenschlichen“.

Daraus ergibt sich die Frage nach der Psychologie der Identität, die von den Machthabern in der Welt und den Machtlosen im Himmel beansprucht wird zur Begründung des eigenen Selbstbewusstseins und Selbstgefühls. Sobald durch die anwachsende Anhängerschaft von Gläubigen die Macht einer Religion allmählich so groß wird, dass die Machthaber sie nicht mehr länger ignorieren oder politisch bekämpfen können, machen sich die Machthaber eine Religion zur eigenen Identität und unterlaufen damit in ihrer Politik die ursprüngliche Gegenmacht. Das ist wie gesagt keine mathematische Logik, sondern die Logik der Weltgeschichte.

CJW

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Kleine Klarstellung
Hallo Mykene,

Du mißverstehst mein Anliegen. Ich bin nicht auf der Suche nach dem meinem Glauben. Insofern besteht keine Gefahr dass „Sie“ (wen auch immer du meinst) mir einen Glauben „weismachen“, weil sie das „so wollen“.

Die Bücher, die ich lese sind aus der Richtung historisch-kritische Forschung und weniger auf der theologischen Seite. Leider referenzieren sie auf ältere Literatur, z. B. Wellhausen, sind toll geschrieben, nur weiß ich nicht wie es um deren Aktualität bestimmt ist. Die Frage bezieht sich auch nur auf einen kleinen Teil, eigentlich fast ein Randaspekt meiner Literatur.

Zur Jungfrauengeburt möchte ich noch anmerken:

Aus der Interpretation der christlichen Urgemeinde, dass es sich beim Menschensohn um den Messias in einem transzendent-eschatologischen Sinn handelte, und dieser als präexistent zu verstehen war, wird m. E. klar, dass dieser nicht von einer Frau auf natürlichem Wege geboren sein konnte/durfte.

Man kann also ganz ohne Glauben an diese, die „Notwendigkeit der Erfindung“ der Jungfrauengeburt für die Judenchristen der Urgemeinde durchaus auch darauf zurückführen, obwohl das zugegebenermaßen für jemanden mit meinem (noch engen) Wissenstand schon eine gewagte Vermutung ist.

Jetzt bleiben folgende Punkte: Ich denke ich habe den Autor richtig verstanden, jedoch wollte ich mich bezüglich eines Teilbereiches noch weiter erkundigen. Das ist immer noch unbeantwortet geblieben, so hoffe ich also auf zusätzliche Antworten.

Grüße
fb

Hallo,

zunächst: Der Menschesohn-Begriff ist im NT nicht durchgängig einheitlich verstanden. Die Frage nach der Quelle ist daher sehr komplex. Wesentliche Unterschiede gibt es zwischen Joh.-Ev. und den Synoptikern. Und innerhalb der synoptischen Texte wiederum ist er auch nicht eindeutig.

Bei Johannes ist er eine himmlische Gestalt mit eschatologischer Bedeutung:
Joh.1.51 … Ihr werdet sehen den Himmel geöffnet und die Engel des Gottes aufsteigend und niedersteigend auf den Sohn des Menschen.
Joh. 5.27 Und er gab ihm Vollmacht, Gericht zu machen, weil er der Sohn des Menschen ist.
Joh. 12.23 … Gekommen ist die Stunde, daß der Sohn des Menschen verherrlicht wird.
Hinzukommt, daß im Joh. oft nur „der Sohn“ geschrieben ist, nicht immer „der Sohn des Menschen“. Die „Sohn“-Aussagen beziehen sich mehr auf sein gegenwärtiges Handeln.

Bei den Synoptikern handelt er einerseits in der zeitgenössischen Gegenwart. Z.B.:
Mk 2.10 Ihr sollt aber wissen, daß der Sohn des Menschen die Vollmacht hat, hier auf der Erde Sünden zu vergeben.
andererseits liegt sein Kommen in der Zukunft. Z.B.:
Lk 12.40 Denn der Sohn des Menschen kommt zu einer Stunde, in der ihr es nicht erwartet.

Der Begriff findet sich zuerst bei Hesekiel, wo JHWH den Propheten so anredet. Z.B:
Hes. 34.2 Menschensohn [ben adam], sprich du als Prophet gegen Israels Hirten …

Zu derselben Benennung im Buch Daniel hat Rolf schon geschrieben. Hier ist es der, dem die Herrschaft über das zukünftige „Reich“ gegeben werden wird.

Besonders zu erwähnen sind dann aber noch zwei Texte, die zu den atl. Apokryphen zählen, die jedoch eine weite Verbreitung in der betrachteten Zeit hatten: Henoch und Ezra 4.

Im Henoch (der äthiopische ist gemeint), von dem hier kürzlich die Rede war, weil er deutliche awestische Elemente enthält, ist der bar 'enascha eine vorzeitliche Gestalt (ähnlich wie das johanneische „weil du mich geliebt hast vor Grundlegung der Welt“ bzw. „Herrlichkeit, die ich hatte vor dem Sein der Welt“ in Joh. 17), und zugleich eine eschatologische, die einst die Welt richten wird.

In 4. Ezra, hier neben „Sohn des Menschen“ zahlreich nur „der Mensch“ (haAdam) benannt, ist er derjenige „Sohn des Gottes“, der die Welt erlösen soll, ansonsten fällt seine Rolle weitgehend mit der in Hesekiel zusammen.

Gruß
Metapher

Kopiert hast du das wunderbar und auch mit dem recht gut klingenden Metapher-Sprüchen verbrämt. Leider steht ein Mensch, dem noch nicht alle Gehirnwindungen abhanden kamen - kopfschüttelnd da:

Bei Johannes ist er eine himmlische Gestalt mit
eschatologischer Bedeutung:
Joh.1.51 … Ihr werdet sehen den Himmel geöffnet und die Engel des Gottes aufsteigend und niedersteigend auf den Sohn des Menschen.

Nach fast 50 Versen unverständlicher Rede?
Darin ging um Angaben wie: Das Wort ist Fleisch geworden; wie Jesaja sagt, die waren von den Pharisäern; ein Lamm trägt die Sünde der Welt; dann kommen ein paar Jünger daher; einen kennt Jesus sitzend unterm Feigenbaum - und so kommt der Schluss … (siehe oben!)

???

Joh. 5.27 Und er gab ihm Vollmacht, Gericht zu machen, weil er
der Sohn des Menschen ist.

… es kommt die Stunde, sagt der Vers danach, in Gräbern hören sie eine Stimme. Ich befürchte, die hören gar nichts, sind nur Masse.

???

Joh. 12.23 … Gekommen ist die Stunde, daß der Sohn des
Menschen verherrlicht wird.

Ich mach es mal mit der anderen Seite her, sonst denkt man, ich bin gegen die Bibel. Nachdem Lazarus von den Toten auferweckt wurde kamen sie angerannt. Mit anderer Denkweise: Hilfe wurde zum Leben erweckt - L_azar_as Zu verstehen ist: Jeder Mensch strahlte. Wenn du aber dafür sagen willst, dass der Sohn des Menschen verherrlicht wird, geht es nicht so einfach und vernünftig zu denken.

Der Rest wird zu lang …

Mykene

Gruß
Metapher

Vielen Dank Metapher! Das hilft mir ein gutes Stück. Zum Abschluss und zur Sicherheit frage ich noch einen Punkt nach:

Die Frage danach ob nun bar 'nascha im aramäischen gebräuchlich war oder nicht, bzw. ob die seltsame griechische Wendung „der Sohn des Menschen“ sprachliches Mißverständnis sei. Für die Entstehung des Messiasbildes im frühen Judenchristentum sehe ich das nun als unwesentlich an, dennoch hat es natürlich in den Texten eine besondere Bedeutung.

Wenn es tatsächlich so ungewöhnliche Wendungen sein sollten, dann doch nur als schriftlicher Ausdruck für das bereits zuvor entstandenes Messias-Bild (der Urgemeinde), und falls sie nicht so ungewöhnlich wären, dann bekamen sie innerhalb der christlichen Texte eine besondere Bedeutung, nämlich wiederum im Sinne des bereits zuvor geprägten Messiasbildes.(?)

Mit der Beantwortung dieses Punktes könnte ich dann das Kapitel abschließen und mich der heidenchristlichen Urgemeinde zuwenden :smile:

Danke nochmal & Grüße
fb

Literatur, z. B. Wellhausen, sind toll geschrieben, nur weiß
ich nicht wie es um deren Aktualität bestimmt ist.

Der hat schon Generationen von Theologiestudenten das Leben schwer gemacht. Heraus kam nichts als Buckel mit weiteren Verwerfungen.

Jungfraugeburt:

Aus der Interpretation der christlichen Urgemeinde, dass es
sich beim Menschensohn um den Messias in einem
transzendent-eschatologischen Sinn handelte, und dieser als
präexistent zu verstehen war, wird m. E. klar, dass dieser
nicht von einer Frau auf natürlichem Wege geboren sein
konnte/durfte.

Mach es nicht so kompliziert.
Von der Jungfrau Maria (sprich der Ignorierung der Bitterkeit) wurde die Erlösung (Jesus) geboren, nachdem sie vorher vom heiligen Sinn „befruchtet“ worden war.

Teilbereiches noch weiter erkundigen. Das ist immer noch
unbeantwortet geblieben, so hoffe ich also auf zusätzliche
Antworten.

Eine Notiz auf einer Skizze, die eigentlich in den Papierkorb gehört - weil der Entwurf nichts gebracht hatte?

Mykene

Grüße
fb

Hallo Fliegerbär,

an allen Stellen der Evangelien, mit einer Ausnahme, wird der Begriff Menschnsohn doppelt derterminiert gebraucht: ho hyios tou anthropou =er Sohn des Menschen.
Die Ausnahme in den Evangelien ist Joh 5,27. Im Hebräerbrief 2, 6 - was ein Zitat von Psalm 8, 5 aus der LXX ist - und in der Apokalypse wird es ebenfalls einfach determiniert gebraucht. Und diese Form der doppelten Determinierung kennt erst das NT.

Ich gehe jetzt mal nicht auf die ganze Forschungsgeschichte ein, aber es sieht so aus, als sei dieser Ausdruck eine Selbstbezeichnug Jesu gewesen, ohne dass er damit freilich eine besondere Vorstellung vom Mesias verbunden hätte noch gar, dass er selbst dieser Messias sei.
Denn es ist auffällig, dass dieser Begriff nirgendwo in einem Bekenntnis verwendet wird. Er wird auch nie als Prädikat für Jesus verwendet, „Jesus, der Menschensohn“.
Die messianische Deutung der Danielstelle erscheibt m.W. zuerst in 1. Henoch 37-71 und im 4. Esra, worauf schon Metapher hingewiesen hat.

In der Alten Kirche wurde der Begriff hauptsächlich im Gegensatz zum anderen Begriff „Sohn Gottes“ verwendet. Er sollte also eine Aussage über die menschlicheNatur Jesu transportieren; dieser Gedanke aber ist dem NT völlig fremd.

Gruß - Rolf

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Der kosmische Urmensch als Erlöser
Hi.

Will der Aramäer einen Menschen bezeichnen so wählt er
entweder „der Mann“ oder „die Frau“ oder sich der Umschreibung
„Menschensohn“ bedienen. Das aramäische bar 'nascha meint also
einen bestimmten Menschen („der Mensch“). Nach dieser Theorie
hätte dieses Idiom den Sinn einer messianischen
Würdebezeichnung erst durch die ungewöhnliche griechische
Formulierung „der Sohn des Menschen“ erhalten.

„Menschensohn“ bedeutet sprachlich einfach nur (einzelner) „Mensch“ (im Unterschied zum Gattungsbegriff „Mensch“). Darüber ist man sich in der Fachwelt ziemlich einig. Laut Oscar Cullmann bediente sich Jesus (bzw. die literarische Jesusfigur) den einzigen Ausdrucks, den er/sie für den Begriff „einzelner Mensch“ kannte: „bar nascha“ = Menschensohn.

Wichtiger ist, was dieser „Mensch“ in den Zusammenhängen bedeutet, in denen vom „Menschensohn“ die Rede ist.

Was in den bisherigen Beiträgen (wieder mal) nicht klar herauskommt oder zumindest nur sehr vage angedeutet wird, ist der synkretistisch-historische Zusammenhang einer religiösen Idee (hier: „Menschensohn“) mit Vorgängerkonzepten in anderen Religionen. Der Eindruck wird erweckt, als habe das Judentum das religiöse Konzept „Menschensohn“ ex nihilo erfunden. Kein Blick über den Tellerrand hinaus. Dabei wird schon lange in der Fachwelt diskutiert, ob und in welchem Maße die Idee vom „Urmensch“, wie es sie vor allem im Zoroastrismus gab, Einfluss auf die jüdische und später christliche Idee vom „Menschensohn“ hatte. Die Stelle bei Daniel wird von vielen Forschern als eine Variation der zoroastrischen Idee vom präexistenten himmlischen Urmenschen angesehen, der die Menschen erlösen wird. In spätjüdischen Quellen wird Adam z.B. als engelhaftes himmlisches Wesen dargestellt, was den zoroastrischen Vorstellungen entspricht.

Von der Gnosis wurde das Urmensch-Erlöser-Menschensohn-Konzept ebenfalls übernommen.

Diese Grundidee hat sich auch in christologischen Konzepten niedergeschlagen. Paulus z.B. deutet im 1 Korinther die Christusfigur als „zweiten Menschen“ (= zweiter Adam, also zweiter Ur-Mensch). Die Referenz zu den Vorstellungen im Judentum und vor allem im Zoroastrismus ist, trotz einiger Unterschiede, bei Paulus unübersehbar.

Zu erwähnen wäre auch die Zweinaturenlehre der Alten Kirche, die der Versuch war, sich von den doketistischen (= Jesus hatte nur einen geistigen Leib, keinen physischen) Vorstellungen der Gnosis und vermutlich auch der frühen christlichen Gemeinden abzusetzen. In Jesus, so diese Lehre, bestehen eine menschliche und eine göttliche Natur nebeneinander.

Was nun die Jesus-Zitate betrifft, in denen „er“ sich selbst als „Menschensohn“ bezeichnet, so werden diese in der Regel so gedeutet, dass er sagen wollte: „Ich bin nur ein Mensch (und kein Gott).“ Man darf aber getrost annehmen, dass diese Zitate (sofern JC überhaupt existierte) ihm nachträglich in den Mund gelegt wurden.

Chan

Hallo Rolf,

Und diese Form der doppelten Determinierung kennt
erst das NT.

Danke!!

Ich gehe jetzt mal nicht auf die ganze Forschungsgeschichte
ein, aber es sieht so aus, als sei dieser Ausdruck eine
Selbstbezeichnug Jesu gewesen, ohne dass er damit freilich
eine besondere Vorstellung vom Mesias verbunden hätte noch
gar, dass er selbst dieser Messias sei.

Das bestätigt was ich gelesen habe: Dieser Titel fehlt in der evangelischen Erzählung völlig und auch in der Anrede Jesu durch andere Personen (im Gegensatz zu z. B. Christus). Er findet sich nur als Selbstbezeichnung. Ich bin dabei aber weniger daran interessiert wie das Selbstverständnis Jesu gewesen sein könnte, oder ob es daraus ableitbar wäre, sondern eher der Meinung dass darin die Theologie der Urgemeinde zu erkennen ist.

Das muss aber nicht im Detail diskutiert werden.

Danke & Grüße
fliegerbaer

barnascha
Ich hoffe, ich hab jetzt (erst) deinen (wiederholten) Teil deiner Frage richtig verstanden:

Die Frage danach ob nun bar 'nascha im aramäischen gebräuchlich war oder nicht, bzw. ob die seltsame griechische Wendung „der Sohn des Menschen“ sprachliches Mißverständnis sei.

Tatsächlich wird der aramäische Ausdruck „änasch“, dem hebräischen „änowsch“ entsprechend, für „Mensch“ im Sinne von „Menschengeschlecht“, „Menschheit“ verwendet: „Der Mensch ist sterblich“, „Der Mensch ist Geschöpf Gottes“. Er tritt nie im Plural auf. Ist ein Einzelner gemeint, dann kann „bar 'änasch“, oder meist kontrahiert zu „barnasch’a“ stehen: „Menschensohn“, wie im dt. „Menschen(s)kind“.

So steht in Joh. 1.7 (griech.εγενετο ανθρωπος egeneto anthropos „Es trat ein Mensch auf …“) in der Peschitta (die antike aramäische Übersetzung des NT):
הוא ברנשא haw’a barnasch’a „es/da war (ein) Menschensohn“. Und hier ist ja jedenfalls Jochanan und nicht Jesus gemeint. Die hebräische Übersetzung hat hier einfach „wajehi isch“: „da war ein Mann/Mensch“

Anderes Beispiel aus Joh.5.7 (griech. ανθρωπον ουκ εχω anthropon ouk echo … „ich habe keinen Menschen …“). Hier hat die Peschitta
לית … אנש …'änasch „da ist nicht … ein Mensch …“. Die hebräische Übersetzung hat auch hier einfach אין איש 'eyn 'isch „kein Mann/Mensch“.

Der Ausdruck als solcher ist also im Aramäischen nicht so in der Nähe eines messianischen Titels gemeint. Der griechische Ausdruck mit den (fast immer) doppelten Artikeln „der Sohn des Menschen“, was keineswegs koine-üblich ist, stellt daher erst im Kontext der zugehörigen Aussagen im Kontrast dazu den Bezug zu den schon erwähnten Quellen her und damit zu dem Charakter des göttlichen/himmlischen Gesandten. Es handelt sich also nicht um ein sekundäres sprachliches Mißverständnis.

Zur frühchristlichen theologischen Diskussion hat Rolf ja schon vieles erwähnt.

Gruß
Metapher

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Hallo Ch’an,

erstmal ganz kurz, ich muss das von dir geschriebene nochmal eingehender lesen. Was mir aber sofort aufgefallen ist:

„Menschensohn“ bedeutet sprachlich einfach nur (einzelner)
„Mensch“ (im Unterschied zum Gattungsbegriff „Mensch“).
Darüber ist man sich in der Fachwelt ziemlich einig. Laut
Oscar Cullmann bediente sich Jesus (bzw. die literarische
Jesusfigur) den einzigen Ausdrucks, den er/sie für den Begriff
„einzelner Mensch“ kannte: „bar nascha“ = Menschensohn.

Wellhausen schon vor ihm („meine“ Variante 1). Als Wissenschafter hat er die Referenz sicher angegeben. Dem entgegen stehen noch die Forschungen von Dalman („meine“ Variante 2)

Was in den bisherigen Beiträgen (wieder mal) nicht klar
herauskommt oder zumindest nur sehr vage angedeutet wird, ist
der synkretistisch-historische Zusammenhang einer religiösen
Idee
(hier: „Menschensohn“) mit Vorgängerkonzepten in anderen
Religionen. Der Eindruck wird erweckt, als habe das Judentum
das religiöse Konzept „Menschensohn“ ex nihilo erfunden.

Metapher hat doch das äthiopische Henochbuch erwähnt.

Soweit erstmal, ich werde mich nochmal melden, sollte ich noch Fragen haben.

Danke & Grüße
fliegerbaer

Klasse, danke!

Gruß
fliegerbaer