Ausufernder Lokativ
Lieber Aia,
jetzt enttäuschst Du mich aber.
Das tut mir echt Leid. Aber irgendwas drängt mir die Worte: vice versa auf.
Und das nach allem, was wir zusammen durchgemacht haben…
Eben!
Erstens ist der alte Lokativ im Latein ähnlich dem GENITIV
Dazu weiter unten.
(was liest Du auch meine Beiträge nicht…), z.B. Romae = in Rom
Was soll ich dazu sagen?
Ich glaube, vesperi - abends ist auch so ein Fall
Es gibt aber auch die – weniger archaische - Form „vespere“ und
das i s t ein Ablativ, lieber Franz!
OK, lassen wir den Vokativ.
Weißt Du was - Du liest die Beiträge anderer Menschen, und meine enttäuschenderweise im Besonderen, nicht ordentlich.
Das war mir neu. Und was soll ich nun dazu sagen?
Daher kommen dann auch die Mißverständnisse.
So wird es wohl sein, *seufz“
Aber, liebe Aia,
könnte es sein, dass wir verschiedenes Latein gelernt haben?
Ich hole meinen alten Landgraf/Leitschuh heraus und lese im
§ 40 d) andere Ablativ-Bildungen:
vespere (sic!) = abends, diu = lange, noctu = nachts, foris = draußen (Lokative)
Und im § 150
_c. Der Lokativ
Der Lokativ, ursprünglich ein selbständiger Kasus mit der Endung -i, ist bis auf wenige Reste (z. B. domi, humi) untergegangen. Seine Aufgaben übernahm der Ablativ als ablativus loci (Ortsbestimmungen) und als ablativus ternporis (Zeitbestimmungen).
I. ablativus loci
Auf die Frage: wo? steht in den meisten Fällen der Ablativ mit in.
Der bloße Ablativ steht:
a) bei Ortsnamen (s. § 152);
b) bei Substantiven mit dem Attribut totus:
tota urbe - in der ganzen Stadt
toto orbe terrarurn - auf dem ganzen Erdkreis;
c) bei locus in der Bedeutung Lage, Bücherstelle:
meliore loco esse - sich in einer besseren Lage befinden; hoc loco - an dieser Stelle (eines Buches);
Zusatz. Bei locus = Ort kommt auch der Ablativ mit in vor: (in) loco angusto - an einer engen Stelle; in locis desertis - in der Wüste; aequo (iniquo) loco - an einem günstigen (ungünstigen) Platz, loco, in loco, meo (tuo, suo usw.) loco am rechten Platz; obsidum loco - an Stelle von Geiseln, als Geiseln.
d) zur Bezeichnung des Weges oder der Richtung einer Bewegung:
breviore via ire - auf einem kürzeren Wege gehen
via Appia proficisci - auf der Appischen Straße reisen
recta (erg. via) - in gerader Richtung, geradewegs;
e) in den Ausdrücken
terra - zu Lande
mari - auf dem Meere
terra marique = et terrä et mari - zu Wasser und zu Lande
dextra - zur Rechten
laeva (sinistra) - zur Linken.
§ 151 2. ablativus temporis
Der bloße Ablativ bezeichnet:
a) eine Zeitbestimmung auf die Frage: wann?
luce und luci (Lokativ) - am hellen Tag
prima lüca - beim Morgengrauen
vespere und vesperi (Lokativ) - am Abend, abends_
Ich erspare dir und den eventuell doch noch vorhandenen Mitlesern die restlichen Beispiele.
Wie weit meine Theorie-Skizze mit dem Lokativ stimmt, weiß ich ja selber nicht. Sie entspricht nur meinem Sprachgefühl. Und wenn der Duden das nicht hergibt, ist er selber schuld.
Über dein Sprachgefühl würde ich gern mehr wissen. Dazu sollte ich etwas mehr über deinen Hintergrund erfahren. Ich finde sowieso, dass wir diese Detaildiskussion besser in Privatmails ausfechten sollten, statt coram publico. Dazu müsstest du eine andere Mailanschrift angeben, denn mit der im Forum komme ich nicht zu dir durch. Ich habe es probiert.
Das ist ein gewaltig spezielles und noch gewaltiger abgelegenes Thema, worüber wir da parlieren. Sowas habe ich schon lange nicht mehr gehabt.
Schöne Grüße Fritz