Hexenverfolgung und Christentum

Gott zum Gruße!

In meiner Neigung zur Hoffart (die, wie man sieht, manchmal mit entsprechender Selbstkritik einhergeht) habe ich gestern in einem Gespräch folgende Behauptungen aufgestellt:

  1. Die spätmittelalterlichen und neuzeitlichen Hexenverfolgungen waren in katholisch geprägten Gegenden seltener als dort, wo der Protestantismus den Ton angab.

  2. Hexenglaube als solcher setzt kein christlich-theologisches Konzept voraus, sondern war und ist (auch) ein vor- und außerchristliches Phänomen (kommt es in Indien nicht bis heute zu Hexenverfolgungen?). Inbesondere bedarf es nicht des Konzepts eines Teufels, den es - so, wie man sich ihn volkstümlich vorstellt - in der christlichen Theologie - anders als in der Volksmythologie - auch gar nicht gibt. Letztere Behauptung war meine Antwort auf die Aussage, dass das konstitutive Merkmal einer „Hexe“ im Rahmen der Hexenverfolgungen gerade der Pakt mit dem Teufel, dem Leibhaftigen, gewesen sei. Letztlich lief meine Erwiderung darauf hinaus, dass weniger die offizielle christliche Theologie als vielmehr volkstümlicher Aberglaube mit christlichem Anstrich die treibende Kraft war.

Ich bitte, soweit erforderlich, um Korrektur. Soweit meine Behauptungen zutreffen, würde ich mich über eine Quellenangabe freuen, die auch bei intellektuellen Geisteswissenschaftlern ein höheres Maß an Vertrauen genießt als die (von mir selbst, der ich mich nicht zu den Intellektuellen zähle, durchaus sehr geschätzte) Wikipedia.

Benvolio

Hey :smile:

ich bin mir auf keinem fall 100% sicher… ich habe erst kürzlich in religion maturiert und mit fällt nur eine kleinigkeit ein, die ich im rahmen dieser matura lernen musse… und zwar ging es dabei um ordensgemeinschaften und ich weiß, dass es da eine gemeinschaft gab ich glaub di dominikaner (kann auch jz falsch sein) und die waren sehr treibend bei der hexenverbrennung usw. also glaub ich … das es auch in katholisch geprägten gegenden auch zu schlimmen hexenverfolgungen gekommen ist… :smile:

lg punji

Inbesondere bedarf es nicht des
Konzepts eines Teufels, den es - so, wie man sich ihn
volkstümlich vorstellt - in der christlichen Theologie -
anders als in der Volksmythologie - auch gar nicht gibt.

Das stimmt nicht. Der Glaube, dass es den Teufel gibt, ist biblisch: Z. B. Versuchung Jesu durch den Teufel.

Hallo Benvolio,

  1. Die spätmittelalterlichen und neuzeitlichen
    Hexenverfolgungen waren in katholisch geprägten Gegenden
    seltener als dort, wo der Protestantismus den Ton angab.

Naja, für spätmittelalterliche Hexenverfolgungen kann man schlecht einen Vergleich zwischen katholischen und protestantischen Gegenden anstellen. Selbst wenn man „spätmittelalterlich“ großzügig ansetzt, kommt man gerade mal in die Anfänge der Reformation. Aber im allgemeinen scheint deine Meinung in der Literatur vorzuherrschen. Da ich nur Laie bin, kann ich das weder bestätigen noch widerlegen. Ich möchte aber trotzdem zu Bedenken geben, daß solch eine Aussage zumindest schwierig ist, man müsste sozusagen das Verhältnis von Prozessen/Hinrichtungen zur Bevölkerungszahl feststellen und dies noch zeitlich und ürtlich differenzieren, da ja auch die Verfolgung je nach Zeit und Ort durchaus unterschiedlich war. Dies mag interessant sein, aber ob man das dann wie bei einem Fußballspiel auswerten kann, 3:2 gegen den Protestantismus, ich weiß nicht recht. Zumal man aus beiden Lagern Geistliche hervorheben kann, die ganz besonders „eifrig“ waren.

  1. Hexenglaube als solcher setzt kein christlich-theologisches
    Konzept voraus, sondern war und ist (auch) ein vor- und
    außerchristliches Phänomen

Nun, da würde ich das „auch“ schon stärker betonen. Da ja das Christentum nicht aus dem Nichts entstanden ist, sondern seine Wurzeln im Judentum hat, das sich wiederum als monotheistische Religion immer mit polytheistischen Religionen und Einflüßen auseinandergesetzt hat, ist das schon richtig. Für die wahren Anhänger des einzigen Gottes Jahwe mussten natürlich alle anderen Götter ein Greuel sein und deren Göttlichkeit bezweifelt werden. Ein Mittel dazu war sicher auch, sie zu Götzen, Dämonen und Widersachern Gottes zu „degradieren“, um diesen sicher komplizierteren Vorgang mal etwas verkürzt darzustellen.

Inbesondere bedarf es nicht des
Konzepts eines Teufels

Kommt drauf an, was Du jetzt unter diesem Konzept verstehst. Aber ich denke schon, das es eines solchen, wie auch immer gearteten Konzeptes bedarf. Ist doch der Hexenglaube wohl immer mit Schadzauberei verbunden, und diese „Kraft“ oder „Fähigkeit“ zur Hexerei gewinnen die Hexen ja nicht aus sich selbst heraus, sondern indem sie ein Bündnis mit dämonischen Mächten eingehen. Und in der betreffenden Zeit und dem Raum (Europa) wurden solche dämonischen Mächte nun mal als Verkörperungen des Teufels (z.B. Incubus) angesehen, auch wenn man sie aus heutiger Sicht religionshistorisch bis in heidnische (was ja nichts anderes als außerchristlich bedeutet) bzw. vorchristliche Zeiten (Mesopotamien) zurückführen kann.

Ich bitte, soweit erforderlich, um Korrektur. Soweit meine
Behauptungen zutreffen, würde ich mich über eine Quellenangabe
freuen

Uff, das ist ein weites Feld, über das man gewißlich mehr als ein Buch schreiben kann. Ich denke, auch wenn ich deine Behauptungen nicht ganz zutreffend finde, ist dir dieser Link nützlich (und auch wissenschaftlich untermauert)
http://www.historicum.net/themen/hexenforschung/
Da findest Du links in den grün hinterlegten Links genug Stoff zum Studieren.
Und was die Wikipedia betrifft, so kann ich nicht anders und möchte darauf hinweisen, daß, selbst wenn man den eigentlichen Text der Artikel „verachtet“, im unteren Teil immer mehr Verweise auf meist durchaus wissenschaftlich anspruchsvolle Literatur vorhanden ist. Aber klar, ein gesundes, wissenschaftliche unterfüttertes Hinterfragen von Texten empfiehlt sich immer, aber eben nicht nur bei der Wikipedia…

Viele Grüße
Marvin

Ja, ich habe hier etwas verwechselt, nämlich im Zusammenhang mit der Funktion des Teufels. Allerdings hoffe ich, dass ich das gestern doch nicht so gesagt habe, so dass sich insoweit eine Korrektur dann erübrigt. Hoffentlich :smile:

Hallo,

  1. Hexenglaube als solcher setzt kein christlich-theologisches
    Konzept voraus, sondern war und ist (auch) ein vor- und
    außerchristliches Phänomen (kommt es in Indien nicht bis heute
    zu Hexenverfolgungen?).

Das kann man sicher so sagen. Im Grunde steht Hexenglauben ja im Widerspruch zum Christilchen Glauben, auch wenn es biblische bezugstexte gibt. In anderen Religionen liegt der Gedanke an magische Manipulationen durch Mitmenschen viel Näher. Heute ist die Ermordung von angeblichen Hexern meines Wissens vor allem in Afrika ein verbreitetes Phänomen mit geschätzt mehreren tausend Toten pro Jahr.

Letztlich lief meine Erwiderung
darauf hinaus, dass weniger die offizielle christliche
Theologie als vielmehr volkstümlicher Aberglaube mit
christlichem Anstrich die treibende Kraft war.

Entscheident dürfte hier die Definition von „weniger“ und „vielmehr“ sein. Ich wage da keine Schätzung, gehe aber davon aus, dass beides in nicht zu vernachlässigendem Umfang vorhanden war. In vielen Fällen werden auch Habgier, politische Ambitionen oder soziale Ventilfunktion (Sündenbock) angenommen, so das sogar der volkstümliche Aberglaube nur Anstrich auf einem säkularen Untergrund war.

Gruß
Werner