The Devil Wears Prada
Obwohl, wie meistens, hier von dir mal wieder ein Thread benutzt wird, eine Abhandlung zu deponieren, die mit dem Threadthema null und nichts auch nur annäherungsweise zu tun hat, will ich mich mal en detail mit diesem Exemplar hier befassen. Das, obwohl ich mir schon seit längerem die Mühe nicht mehr mache, deine phantasievollen religionshistorischen Rundumschläge im Einzelnen auseinanderzupflücken.
Die Erfahrung lehrt, dass es für dich keinen Sinn macht, denn deine Unbelehrbarkeit hast du ja schon seit Jahren immer wieder den wenigen noch verbliebenen Experten gegenüber, so auch mir gegenüber demonstriert. Unbelehrbar, weil die Experten dieses Brettes von dir einen „nur beschränkten Horizont“ diagnostiziert bekommen, damit du ihre Ausführungen nicht zu perzipieren brauchst. So kann man sich erfolgreich davor bewahren, dass durch Experteneinwände die Illusion erschüttert wird, Experte zu sein. Nur das Motiv bleibt dann noch interpretationswürdig.
Du schreibst ja, dass du meine Antworten an dich nicht liest. Das ist gut so. Dann poste ich diesen Rundgang hier - zumal der Text umfangreich geworden ist, wie ich bei der Durchsicht gerade entdecke - nur für solche User, die sich für den einen oder anderen Inhalt der angerissenen Thematik interessieren. Da das ganz offtopic ist, möge der MOD mir das verzeihen. Aber deine Exponate läßt er ja auch stehen.
Ich habe einen Hinweis auf eine Verbindung von Schlangengöttin, Satanfigur und Christusfigur gefunden.
- Schlangenkult um Nehushtan/Aschera im Juda der Hiskia-Zeit
- Legendenbildung um die Eherne Schlange als Derivat der Nehushtan-Schlange
- Christliche Deutung der Ehernen Schlange als Satan = Christus am Kreuz
Ok, hier kräuseln sich allein wegen der Formulierungen bereits die Fußnägel. Aber schaumermal …
4 Mose 21, 6-9 … „feurige Schlangen“,
In 4 Mo 21.6 heißt es,
„Und JHWH sandte unter das Volk הנחשים השרפים (han-nəchāschim has-sərāphim)“
Nun ist nāchāsch = „Schlange“ (als Gattungsbegriff) und sārāph = „(ver)brennend“. Aber eine nāchāsch sārāph (oder nur sārāph) ist eine Giftschlange, und zwar, wie aus anderen Zeugnissen zu erschließen, eine Kobraart (Naja haje), die im südlichen Mittelmeerraum heimisch war und ist. JHWH schickte also Kobras, deren tödlicher Biß „brennende“ Schmerzen verursacht (daher deren Name).
Die Septuaginta übersetzt demensprechend auch (Akk.) οφεις θανατουντας, opheis thanatountas, tödliche Schlangen. Und nicht „feurige“ Schlangen, wie die meisten deutschen Übersetzungen,
Nun zu 4 Mo 21.8:
Du zitierst:
Und der Herr sprach zu ihm: Mache eine eherne Schlange und richte sie zum Zeichen auf … Also machte Moses eine eherne Schlange und richtete sie zum Zeichen auf.
Dort steht aber:
„Und JHWH sprach zu ihm: Mache einen שרף , sārāph und setze ihn auf eine Stange …“
21.9: „Und Moses machte einen נחש נחשת , nchsch nchscht (nəchasch nəchoschæt, „Schlange von Bronze/Kupfer“) und setzte sie auf eine Stange.“
Das besondere an diesem Ding, das Moses auf die Stange setzte, ist
-
- dass JHWH selbst das Wort „Bronze“ oder „aus Bronze“ gar nicht benutzt, und
-
- dass „Schlange“ und „Bronze/Kupfer“ denselben Radikal haben, was in der Konsonantenschreibweise sofort sichtbar ist (die Nikud, die Vokalisation durch Punktierung wurde erst ca. 900 Jahre nach der Niederschrift dieser Texte erfunden).
-
- kommt hinzu, dass nchsch (als nāchasch vokalisiert) zugleich „wahrsagen“ bedeutet, der Schlange also jedenfalls sakrale, zumindest divinatorische Eigenschaften zugeordnet werden.Tatsächlich ist das ja auch, nicht nur im semitischsprachigen Raum, der Fall gewesen.
Aus dem Zusammenhang der Textpassage (die Schlangen werden dem Volk als Strafe Gottes geschickt) wird deutlich, dass damit ein Kultgegenstand initiiert wurde: Wer dieses Kultobjektes anblickt = verehrt, wird von dem Wesen, das er präsentiert, nicht getötet bzw ist gerettet. Wer es nicht tut, wird getötet = nicht gerettet. Diese Episode aus dem Buch Numeri ist also ein retrospektiver Gründungsmythos eines in der Gegenwart der Niederschrift bereits bestehenden Kultes. Ein Beispiel, wie es in der antiken Mythographie unzählige weitere Beispiele gibt. Die Gegenwart wird durch eine archetypischen Akt in der mythischen Vergangenheit „erklärt“ bzw begründet.
Dieses Kultobjekt, zu dem in dieser Exodus-Passage der Initiationsritus eingefügt wurde, hat offenbar zur Zeit des Königs Hizǝqijāh (Hiskia) noch im Tempel existiert, wie 2 Kö. 18.4 berichtet. Es wurde „von den Kindern Israels“ mit Rauchopfern (qatterijm) verehrt und - es hatte sogar einen Namen: נחשתן , nchschtn, Nechuschthan.
In diesem Namen verbergen sich somit BEIDE Konnotationen, die mit dem Kultobjekt dargestellt werden: „Bronze/Kupfer“ (nchscht) und „Schlange“ (nchsch) - und damit eine beschützende bzw rettende göttliche Kraft. Und da die mit dem Initiationsritus definierte Assoziation (Rettung vor dem sonst wegen einer Sünde erfolgenden Tode) auch die Sündenvergebung. Die Schlange hat hier also eine positive Konnotation!
Um dies hier vorweg zu nehmen: Genau das ist der Kontext, in dem im Johannes-Evangelium (also ca 700 jahre später) Joh.-Ev. 3.14 auf diesen Initiationritus referiert wird:
„Und wie Moses in der Wüste die Schlange erhöht hat, so muß der Menschensohn erhöht werden, damit jeder, der glaubt, das ewige Leben habe.“
Das „Erhöhen“ hat in der johanneischen Theologie zwar die Konnotation
„Aufsteigen = Zurückkehren dahin, wo er hergekommen ist = von oben“. Die Kreuzigung als Metapher ist bei Joh. nicht gemeint - im Gegensatz zu einigen frühen Theologen, wie z.B. Paulus, oder die erwähnten Tertullian und Justin. Der Joh-Autor hat (ebenfalls im Unterschied zu den beiden Genannten - und btw auch zu zahlreichen Midraschim des rabbinischen Judentums der nachchristlichen Zeit, in denen dasselbe Problem thematisiert wird!) offenbar auch gar keine Probleme damit, dass mit der Kultobjekt der Schlange auf dem Stab ja eine Paradoxie gegeben ist: Derselbe Gott, der soeben jedes Aufstellen und kultische Verehren von Kultgegenständen verboten hat (2 Mo 20.2ff), befiehlt hier dasselbe sogar selbst. (Genau das Problem ist nämlich der Kontext der Zitate von Tertullian und Justin!). Jedenfalls hat bei dem Autor des Joh.-Ev. die Schlange ebenso eine positive Konnotation, wie das Buch 4 Mo, und nicht die negative wie bei Hiskia in 4 Kö.
Zurück zum Nechuschtan:
Hier wird - in mythologischer Transformation - gleich in zweifacher Weise auf die altorientalische Schlangengöttin angespielt.
- „mythologische Transformation“ ist wohl das Zauberwort, mit dem hier einer wüsten „mythenhistorischen Spekulation“ Seriosität untergejubelt werden soll?
- Es gibt nicht „die“ altorientalische Schlangengöttin. D.h. weder eine Göttin noch ein Gott, der eine Schlange IST. Schlangen treten aber sehr wohl als Begleittiere auf, ja, bei Göttinnen und auch bei Göttern. Und zwar in sehr unterschiedlichen Formen und Kontexten. Vor allem aber treten in semitischen Dämonologien diverse Dämonen in Schlangengestalt auf. Z.B. der Sturm/Baum-Dämon Lil (eine Triade mit Lilitu und Ardath Lili, die mit der späteren israelitischen Dämonin Lilith verwandt ist: FAQ:3347). Manchmal haben die Schlangen 3 Flügelpaare, manchmal Hörner. Sie sind jedenfalls nicht nur einer einzigen Göttin zugeordnet.
Und erst recht nicht allein der Ascherah, die zweifellos in den vorexilischen beiden israelitischen Königreichen (Israel und Juda) eine nicht unbedeutende Rolle gespielt hat. Spätestens seit den Arbeiten von Raphael Patai (1947, Man and Temple in Ancient Jewish Myth and Ritual) füllen die Literaturen über diese (ugaritisch-israelische) Göttingestalt ganze Bibliotheken.
Das Wesen Nechuschtan aber, von dessen geschlechtlicher Zuordnung keine Rede ist an der einen und einzigen (!) Stelle, wo es erwähnt wird, 2. Kö 18.4, führt in keiner Weise zu einer Assoziation an Ascherah. Die diversen Heiligtümer, die Hizqiah zerstört, werden in diesem Vers mit „wav“ (der hebräischen Konjunktion) aufgezählt und damit separiert, und sie gehören differenten Kulten an. Dazu gehört - neben den anderen, besonders dem Nechuschtan - auch die אשרה, „ascherah“. Dies ist eine hölzerne Säule, die die Gegenwart der Göttin Ascherah präsentiert. An vielen Stellen, wo dieses Wort im Tanach vorkommt, ist nicht eindeutig zu unterscheiden, ob eine solche Säule oder die Göttin selbst gemeint ist.
Jedenfalls hat Ascherah weder in Ugarit, ihrem Usprungsort, noch im vorexilischen Judentum irgendetwas mit „Bronze“ oder Kupfer zu tun! Und bronzene/kupferne Votivobjekte in Form von Schlangen, wie sie zu Tausenden in Palästina gefunden wurden, zeigen ebenfalls keine Spezifikation für Ascherah. Für eine Assoziation der Ascherah an Bronze oder Kupfer gibt es jedenfalls keinerlei Hinweise in den archäologischen Funden.
Nechuschtan, dieses Amalgam aus Schlange und Bronze/Kupfer allein schon dem Namen nach führt nämlich in einen ganz anderen Kontext: Im Aramäischen heißt Bronze/Kupfer nämlich nicht nǝchoschӕt, sondern ebenfalls wie die Schlange nǝchāsch. Die Radikale sind identisch.
Die Frage, wie dieser Kult in die israelitischen Stämme kam, bzw dieses Kultobjekt in den Tempel, läßt auf dieser Basis in eine ganz andere Richtung denken. Das sei hier nur kurz angedeutet, denn es führt ja von der zur Debatte stehenden Spekulation weg, die bronzene Schlange auf dem Stab habe etwas mit der Göttin Ascherah zu tun:
Wo mag die Schlange, mit Kupfer homonym, wohl eher kultische Valenz bekommen als dort, wo Kupfererz angebaut und wo zugleich Kupfer im großen Maßstab verwertet wurde? Wo hat Moses überhaupt die Bronze hergehabtr für das Kultobjekt? Die bedeutendste Kupferabbausiedlung am Ende des 2. Jhrtd war Timna. Timna war eine midianitische Siedlung und zugleich ein Ort mit zahlreichen Heiligtümern. Zur fraglichen Zeit war Timna im Besitz der Midianiter, später haben die Ägypter den Kupferbergbau „konfisziert“. Die midianitische Sprache war aramäisch. Von einem midianitischen Priester, Jethro alias Reguel, seinem Schwiegervater, hatte Moses den JHWH-Kult mitgebracht, der sich mit dem vormaligen El-Kult amalgamierte. Und die midianitische Siedlung Timna liegt auf der Wanderroute der Israeliten. Moses war sozusagen mit den Midianitern verheiratet …
Soweit die historischen bzw. textlich hinterlegten Fakten. Wenn schon Spekulation, dann sollte man beim Nächstliegenden anfangen: Der Schlange-Bronze-Kult weist auf einen midianitischen Synkretismus hin. Anders: Er wurde aus der israelitisch-midianitischen Begegnung mitgebracht.
Dies ist aber lediglich eine Möglichkeit. Beweise liegen bis jetzt nicht vor. Nur ein paar weitere Hinweise. Allerdings bringt sie die Bronzeschlangen-Episode des Exodus überhaupt vor einen Hintergrund, ohne den sie völlig unmotiviert in der Luft hinge. Sogar als Paradoxie. Daher ja auch die Problembehandlung der jüdischen und einiger christlicher Theologen des 2. und 3. Jhdt. n.u.Z.
Zur Entwicklung der Satanfigur aus der Schlangengöttin:
Ja, das ist die sagenhafte „Logik“ dieser Abhandlung: Die Göttin Ascherah wird auf die Nummer Schlangengöttin festgenagelt (was eh Unsinn ist). Dann wird die kultische bronzene Schlange mit Ascherah identifiziert, und zwar aus einer einzigen(!) Textstelle in 2. Kö 18.4, wo beide lediglich zwei Komponenten einer vier-komponentigen Aufzählung sind.
Nun wird in deiner Abhandlung die folgende Tatsache in Anspruch genommen, daß ca 500-900 Jahre nach dieser Texttradition, nämlich im 2. vorchristlichen bis 2. nachchristlichen Jhdt., in der jüdischen zuerst und dann auch in der christlichen Apokalyptik und Mythologie, eine positiv besetzte jüdische mythische Gestalt, Satan (sozusagen das enfant terrible im Reich Gottes), mit einer der jüdischen Mythologie zuerst fremden Gestalt eines radikalen und gleichmächtigen Gegenspielers des Gottes identifiziert wird. Satan (alias Sammael alias Satanail) ist nun in mehren apokryphen Texten der Inbegriff und die Personifizierung des Bösen. Zuerst der „äthiopische Henoch“, dann die „Abraham-Apokalypse“ und die „Vita Adae“, dann der „slavische Henoch“, dann weiter in zahlreichen rabbinischen Midraschim und anderen rabbinischen Texten.
Und vor allem: Er wird (jetzt erst!) mit der Schlange im Garten-Eden-Mythos identifiziert. Seitdem hat sich, vor allem in christlichen Traditionen, die Vorstellung „Satan“ (später auch griech. „diabolos“, woraus dann „Teufel“ wird, siehe FAQ:1518) an die Vorstellung „Schlange“ geheftet. In deiner Interpretation heißt das aber zugleich: Satan wird mit einer „Schlangengöttin“ identifiziert. So kommst du zu der These, dass in dem europäischen Satan eine „Dämonisierung des Weiblichen“ stecke, dem Satan also eine feminine Konnotation zugeordnet werde.
Niemand außer dir weiß das, wie Kate bereits herausgestellt hat. Es ist uns allen eben unbewußt (deine Versuche, psychoanalytisch zu argumentieren, hat einen Humor der eigenen Art. Das Thema steht aber auf einem anderen Blatt.)
Obwohl wir es eigentlich hätten wissen müssen: The Devil Wears Prada!
… Alice Bach. Sie schreibt über die Mutter des Königs Hiskia, im Königebuch ´Nehushta´ genannt:
Ok, stimmt nicht, aber wie ich gerade sehe, hast du die Verwechslung schon erkannt. Aber weißt vermutlich gar nicht, warum sie passierte.
(In: Men´s World, Women´s Place, Introduction)
Das Buch, aus dem du zitierst, heißt
Alice Bach (Hrsg.): „Women in the Hebrew Bible: A Reader“, 1999
und nicht: „Men´s World, Women´s Place“.
Das ist vielmehr der Titel des Einleitungskapitels.
Das Buch enthält zahlreiche Reprints von interessanten Artikeln von Autorinnen und Autoren, die meist auch anderweitig aus Religionswissenschaft und Archäologie bekannt sind, und die sich dem Feminismus zuordnen.
Aber wie genau du liest, selbst Zitate von Zitaten, wird daran sichtbar: Das Zitat
This material showing the association of Ashera and serpents suggest (…) that the Queen Mother Nehushta,„the serpent:Lady“ … …
stammt nämlich nicht von Alice Bach, sondern von Susan Ackerman. In dem Artikel „The Queen Mother and the Cult in Ancient Israel“ befaßt sie sich mit der Frage nach der Rolle der גברת, gǝbӕrӕt, der Herrscherin bzw Königin bzw der Königinmutter im Königtums beider Reiche Israel und Juda, und kommt bei ihrer Suche nach Belegen zu sehr interessanten Resultaten, durch die sie sich btw. auch einen Namen gemacht hat.
In dem Zitat bezieht sie sich auf 2 Kö 24.8, wo die Königinmutter von Jǝhowjakhijn, (Jehijachin), mit Namen genannt wird: נחשתא, nchscht’, Nǝchuschtā. Immerhin ist das 9 Königgenerationen nach Hiskia. Und es ist das einzige Vorkommen dieses weiblichen Namens in der gesamten israelitischen und frühjüdischen Literatur. Ackerman assoziiert nun (ohne sich auf den kultischen Nǝchuschtan aus 2. Kö 18.4 zu beziehen) den weiblichen Namen nchscht’ an nchsch (Schlange), statt auf das Nächstliegende: nchscht (Bronze/Kupfer), womit der Name schlicht als „die Bronzene“ zu übersetzen wäre. Ackerman schließt aber auf „Lady of the serpent“ als Übersetzung, und - und das ist nun wirklich nicht mehr nachvollziehbar - dass die Königinmutter eine Anhängerin bzw Betreiberin eines Schlangenkultes gewesen sei. Diese Schlußfolgerung ist seltsam, da Ackerman in ihren sonstigen Publikationen, wenn auch nicht immer, viel sorgfältiger argumentiert.
Wie hängt der mosaische Schlangenstab (mit seiner positiv-heilsamen Funktion) mit der Satanfigur zusammen?
Diese Deutung geht auf den Kirchenvater Tertullian zurück, der folgendes schreibt:
Das sind solche rhetorischen Figuren von dir, die Kate unten zurecht zu der Bezeichnung „Stuss“ veranlasst haben. Man fragt sich nur nach dseinen Motiven, die nicht im Bereich rationalen Denkens nachzuvollziehen sind.
Nein, das geht nicht auf Tertullian (und auch nicht auf Justin) „zurück“. Wieso überhaupt „zurück“!? Solltest du nämlich nicht verstanden haben, obwohl zumindest ich ja hier schon x-mal darauf verwiesen habe, daß die Identifizierung der Paradies-Schlange mit dem vormalig ganz anders konnotierten „Satan“ ein Topos der jüdischen apokryphen Literatur seit dem 2. Jhdt v.u.Z. ist, insbesondere der apokalyptischen. Und in dieser Tradition steht auch die Apokalypse des Neuen Testamentes. Weder für Justin noch für Tertullian ist das also etwas Neues.
Und worum es den beiden in den von dir zitierten Schriften geht, müßtest du doch wissen, wenn du sie gelesen hättest: Es geht um die fragwürdige Anweisung des JHWH, einen „Götzen“ zu bauen und ihn kultisch zu verehren. Wie man sieht, wird das umgekehrt damit begründet, dass es sich um ein Vorbild für das Kreuz handelte (eine Interpretation, für die sich Tertullian auf Paulus beruft, von dem sie nämlich stammt). Aber in deinem Zitat hast du hier
genau diesen folgenden Satz ausgelassen - warum? Er erklärt nämlich, was du nicht verstanden hast:
"siue quae alia figurae istius expositio dignioribus reuelata est."
„oder was für eine andere Auslegung dieses Bildes Würdigeren geoffenbart ist …“
d.h. diese Auslegung ist irrelevant, wichtig ist, dass es Vorbild für das Kreuzesgeschehen ist. Damit soll nämlich die Paradoxie erklärt werden (ob das Geltung hat, sei mal dahingestellt), wieso JHWH, der Bilderkulte verboten hat, einen Bilderkult befiehlt.
Abgesehen davon, dass hier nicht von „satanas“, sondern von „diabolus“ gesprochen wird (aber was kümmern dich solche Details, wenn es dir um den ganz großen Entwurf geht): Du schreibst als Resultat deiner genialen Explikation:
- Christus am Kreuz wird funktional mit der Satanschlange identifiziert
Wo also wird hier Christus mit Satan identifiziert!?
Davon ist weit und breit nichts zu sehen. Und dafür das ganze Gedöns vorher.
Gruß
Metapher