Hilfe für die Eltern
Hallo,
ich denke, die Hilfe müsste bei den Eltern ansetzen. Diese scheinen sich nach wie vor sehr stark in der Verantwortung zu fühlen, nicht zuletzt wegen der Medikamente, die der junge Mann nehmen muss. Hier wäre eine Beratungsstelle - eventuell auch bei einer Einrichtung der Lebenshilfe - sicher eine gute Idee.
Ich glaube, dass Eltern die Entscheidung nicht treffen können, ihren Sohn sich selbst zu überlassen, wenn sie damit rechnen müssen, dass er stirbt, weil er seine Medikation vernachlässigt. Da redet man von außen leicht, dass es eben in der Verantwortung des Sohnes selbst liege. Mit den potentiellen Folgen müssen die Eltern ja zurechtkommen.
Hier wäre also zu klären, inwieweit der junge Mann tatsächlich in der Lage ist, ein eigenständiges Leben zu führen. Möglicherweise „vergisst“ er die Medikamente ja auch aus Berechnung - was von außen sicher nicht zu beurteilen ist. Wenn die Fähigkeiten des jungen Mannes so weit eingeschränkt sein sollten, dass er die Verantwortung für sein Leben nicht in vollem Umfang allein übernehmen kann, wäre eine Einrichtung des betreuten Wohnens eine Option.
Dort wäre die medikamentöse Versorgung sichergestellt, allerdings gäbe es natürlich auch Spielregeln, an die er sich halten müsste. Dauerparty feiern dürfte dazu nicht gehören.
Stellt sich heraus, dass man dem Sohn ein eigenverantwortliches Leben zutrauen kann, führt der Weg über eine zügige Abnabelung.
Letzten Endes müssen die Eltern entscheiden, mit welcher Lösung es ihnen wirklich am besten geht. Es könnte durchaus sein, dass ihnen der völlige Verlust der Kontrolle über das Leben ihres Sohnes inklusive der potentiellen Folgen viel schwerer fiele, als den derzeitigen Zustand beizubehalten.
Ein Versuch könnte vielleicht sein, den Komfortbetrieb einzustellen: Kein Waschen der Kleider mehr, kein Erinnern an Medikamente. Das Ganze mit der Ankündigung, dass für den Fall, dass er nicht selbstständig an seine Medikamente denkt, ein Umzug in eine betreute Einrichtung die Konsequenz wäre.
Wie bereit und fähig die Eltern sind, das in Angriff zu nehmen, muss man abwarten.
Nach meiner Erfahrung ist die Sorge um das „Kind“ meist größer, als das Leid, das durch die damit verbundenen Einschränkungen einhergeht.
Schöne Grüße,
Jule