Liebe Qualitäter,
ich habe ein großes Problem und hoffe, daß Ihr mir weiterhelfen könnt:
Wir sind nach DIN EN ISO 9002 zertifiziert und haben u.A. sehr genaue Arbeitsanweisungen.
Nun ist etwas passiert, was nicht hätte passieren dürfen.
Der Fehler ist auf reines menschliches Versagen zurückzuführen und hätte durch nichts vermieden werden können, außer der Mensch hätte aufgepaßt; unser System ist in Ordnung.
Unser Kunde hat uns nun als Lieferant erst einmal gesperrt, da er von einem schweren Mangel im QM spricht.
Was ich nun brauche: Argumente, die sachlich so gut sind, daß ich ihm klarmachen kann, daß absolut kein Mangel bei uns vorliegt, sondern „nur“ ein Mensch versagt hat. Ich bin überzeugt, daß kein QM-System der Welt ausschließen kann, daß ein Mensch Fehler macht.
Ich muß den Kunden davon überzeugen, damit wir wieder als Lieferant freigegeben werden.
Habt Ihr Tipps?
Ich bedanke mich im voraus schion mal herzlich für Eure Hilfe,
viele Grüße
Marion
Hallo Marion,
Was ich nun brauche: Argumente, die sachlich so gut sind, daß
ich ihm klarmachen kann, daß absolut kein Mangel bei uns
vorliegt, sondern „nur“ ein Mensch versagt hat. Ich bin
überzeugt, daß kein QM-System der Welt ausschließen kann, daß
ein Mensch Fehler macht.
ich würde sagen, dass ein Mangel im QM-System vorliegt, wenn der Fehler voraussehbar war (was offenbar nicht der Fall ist) oder wenn euer QM-System nun nicht richtig auf diesen Fehler reagiert. Ich würde eurem Kunden einen Plan darüber zusenden, welche Maßnahmen ihr ergriffen habt, dass dieser oder ähnliche Fehler wieder passieren bzw. zu spät entdeckt werden. Dann ebenso Berichte über die Umsetzungen dieses Planes.
Nein, ich bin nicht selbst im QM-Management tätig, aber ich fände als Kunde ein solches Vorgehen eines Lieferanten überzeugend.
Alles Gute
Michael
Hallo Marion,
ich weiß ja nicht, was euer Produkt ist (Harte Ware, Dienstleistung, …).
Wenn es aber zur „Auslieferung“ eines fehlerhaften Produktes kommt, dann ist euer QMS unvollkommen (was übrigens jedes QMS ist!!).
Da die ständige Verbesserung Dreh- und Angelpunkt aller QMSe ist, müsst Ihr selbstverfreilich reagieren. Und zwar wie folgt:
-
Suche der Ursache des Fehlers. Gemeint ist die wirkliche Ursache. Ein Mitarbeiter macht ja nicht zum Spaß einen Fehler. Ist er überlastet? War er abgelenkt?
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Einschätzen der Auswirkungen des Fehlers (Gefahr für den Kunden, Mißmut beim Kunden, Umsatzeinbußen, …)
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Abschätzen der Auftretenswahrscheinlichkeit des Fehlers.
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Mögliche Maßnahmen zur zukünftigen Vermeidung des Fehlers (incl. Abschätzung des notwendigen Aufwandes).
-
Bewerten des Gesamtkunstwerks: Lohnt der Aufwand zur Vermeidung. Ist der Aufwand angemessen anbetrachts der Auftretenswahrscheinlichkeit und der möglichen Folgen.
Das nennt die Norm eine Korrekturmaßnahme. Eigentlich ist es eine Mini-FMEA. Wahrscheinlich habt ihr das sowieso alles schon gemacht! Sicher habt ihr daüber gesprochen und all diese Punkte behandelt. Das müßte nur noch dokumentiert und dem Kunden vorgezeigt werden.
So, jetzt war ich wieder geschwätzig. Ich hoffe aber, daß ich Dir helfen konnte.
t:o)m
Hallo Thomas,
vielen Dank für Deine Infos.
Haben inzwischen die Schwachstelle Gott sei Dank entdeckt. Es war keine Überforderung, etc., der Mitarbeiter war sich lediglich zu selbstsicher und hat die vorgeschriebenen Sicherheitsmaßnahmen nicht eingehalten (mir passiert dabei nichts, ich kann das alles). Das einzig Gute (wenn man überhaupt etwas Positives aus der Sache ziehen kann) ist, daß wir in den letzten zwei Wochen so sensibel an die Angelegenheit gegangen sind, daß wir es geschafft haben, die Mitarbeiter mal wieder von dem Sinn und Zweck einer Anweisung zu überzeugen.
In der Beziehung ist es im Moment sehr schön mit den Mitarbeitern zu reden. Es kommen Anregungen und Vorschläge, das hatten wir bisher noch nicht. Jetzt müssen wir „nur noch“ das Lieferantenaudit überstehen. Aber inzwischen bin ich guter Hoffnung.
Nochmals vielen Dank,
alles Gute
Marion
Widerspruch
Hallo Thomas,
Wenn es aber zur „Auslieferung“ eines fehlerhaften Produktes
kommt, dann ist euer QMS unvollkommen (was übrigens jedes QMS
ist!!).
dass jedes QMS unvollkommen ist, dem stimme ich zu. Dass ein QMS aber unvollkommen ist, wenn ein fehlerhaftes Produkt zur Auslieferung kommt, sehe ich anders. Gewisse Fehler wären nur mit einem unverhältnismäßigen (finanziellen) Aufwand, vermeidbar oder vor Auslieferung erkennbar.
Ein Webhoster z.B. der einen Ausfall 100% (nicht 99,9999%, sondern 100%!) verhindern will, würde dafür soviel investieren müssen, dass kein Kunde das bezahlen will. Also setzt man eine Leistungsmarke, z.B. 99,5% Verfügbarkeit pro Jahr, 98% pro Monat, 95% pro Woche und 90% pro Tag. Wenn es jetzt aber zu einem tatsächlichen Ausfall kommt, selbst wenn der innerhalb der gesetzten Grenzen liegt, liegt immer noch ein Ausfall und somit ein Fehler vor. 90% pro Tag wäre immhin ein Aufall von bis zu fast zweieinhalb Stunden - zur besten Tageszeit schon schlimm genug.
Jetzt ist das QMS gefragt, wie damit umgegangen wird, ob der Fehler überhaupt rechtzeitigt bemerkt wird, ob es einen definierten Prozess gibt, wie beim Ausfall verfahren wird, wie gleiche Fehler in Zukunft vermieden werden. Und die Entscheidung kann sein: die einzig denkbare Maßnahme hättehundertfache Kosten, was aber nicht machbar ist. Dann wäre der Fehler da, der Kunde sauer, und das QMS dennoch fehlerfrei.
Genauso wie man auch ohne QMS kann man fehlerfreie Waren produzieren kann (mit viel Glück oder Talent) kann man auch mit einem fehlerfreien QMS dennoch fehlerbehaftete Produkte erhalten.
Dem Rest deines Beitrags stimme ich zu. Aber wie gesagt: ich habe eigentlich gar keine Ahung von QM, bin nur Autodidakt.
Alles Gute
Michael