Himmel und Himmel

Hallo!

Ja, ich weiß, langsam bräuchten wir ein eigenes Brett nur für Mevius’ Fragen. Gäbe es für euch hier Gehalt, so könntet ihr Erschwerniszuschläge verlangen. Nun trotzdem zu meiner Frage:

Während das Englische zwischen sky und heaven unterscheidet, kennt die deutsche Sprache für beides ein gemeinsames Wort: Himmel. Muss man aber, um biblisch zu denken, für das Englische in etwa sagen, der heaven sei im sky? Obwohl ich nicht direkt gläubig bin, habe ich nach meiner letzten großen Prüfung, kaum dass ich danach allein unter freiem Himmel stand, ein kurzes Danke gesprochen, und ich meine, dass ich dazu nach oben gen Himmel gesehen habe. Ergibt das nur vor dem Hintergrund meiner deutschen Muttersprache Sinn, oder wäre das auch bei Unterscheidung von heaven und sky durchaus konsistent?

Zu meiner Überraschung habe in eben in Augustinus’ 22. Buch über den Gottesstaat in Kapitel 11 den Eindruck gewonnen, dass Augustinus davon ausgeht, dass, wer im heaven-Himmel wohnt, tatsächlich auch im sky-Himmel wohnt, als sei der eine Himmel auch der andere. So ganz ausdrücklich sagt er das m.E. nicht, aber ich verstehe den Kontext so. So heißt es:

„Sollte am Ende nicht doch kraft des Wertes dieser so vorzüglichen Natur bewirkt werden können, daß [der Seelen] Leib in den Himmel erhoben wird?“

http://www.unifr.ch/bkv/kapitel1940-10.htm

Ich kann mir kaum vorstellen, dass Augustinus die Vorstellung hatte, am Ende würden alle Geretteten im sky-Himmel weilen, zumal er zwar wohl kaum wusste, wie bitterkalt es dort ist, wohl aber, dass dieser Himmel nicht ewig Bestand haben würde. Doch an anderer Stelle habe ich, glaube ich, auch gelesen, dass er meint, Jesus sei körperlich in den Himmel aufgefahren. Damit wird er doch nicht ein Ereignis gemeint haben, bei dem man, hätte man daneben gestanden, gesehen hätte, wie Jesus plötzlich vom Boden abhebt und einer Rakete gleich in die Höhe geht. Aber was dann?

Es dankt wie immer
Mevius

Über den Unterschied …
… von sky und heaven hätte im Mittelmeerraum vor 2000 Jahren jeder den Kopf geschüttelt. Kein Mensch hätte verstanden, was damit gemeint sein soll.

Gruß
Metapher

Hallo,

warts doch einfach ab und lass Dich überraschen (Weihnachtsgeschenke packt man ja auch nicht vorher aus).

Wohin Du beten solltest, dürfte bei Deiner Religionsgemeinschaft zu erfahren sein, da gibt es sicher Unterschiede.

Gruß, Hovke

Meinst du damit, dass es seinerzeit selbstverständlich war, den heaven im sky zu verorten? Glaubte man also wirklich, Gott, Engel und erlöste Seelen (bzw. ggf. Körper) würden oben wohnen, so dass man sie, könnte man nur hoch genug fliegen, quasi sehen und vielleicht sogar besuchen könnte? Ist Jesus nach damaliger Vorstellung also doch quasi gleich einer Rakete abgehoben und körperlich nach oben geschwebt, wo er schließlich geblieben ist?

Und habe ich es richtig verstanden, dass Augustinus (der ja nicht vor 2.000, sondern vor 1.600 Jahren lebte) an der von mir zitierten Stelle darlegen wollte, dass diese Vorstellung vom heaven eben sehr wohl möglich ist, dass man also im heaven und also im sky wohnen kann, ohne durch die Schwerkraft zur Erde gezogen zu werden?

Wenn das alles durch ein kurzes Ja beantwortbar ist, würde mir das genügen. Ich möchte nur sicher gehen, dich richtig verstanden zu haben.

heaven ist ein zustand, sky ein ort. Beides hat nichts miteinander zu tun.

Wenn ich Metapher richtig verstehe, und wenn ich Augustinus richtig verstanden habe, stimmt das eben nicht. Dann ging man ursprünglich vielmehr davon aus, dass beides dasselbe meint oder zumindest der heaven im sky liegt und zwar als Ort. Zu meinen, dass das eine ein Ort und das andere ein Zustand ist, ist gewiss eine moderne Ansicht. Aber es scheint nicht so zwingend zu sein.

Ich hoffe, Metapher wird meine Rückfrage beantworten, damit ich darüber Klarheit gewinne.

m. W. ja.
War da nicht ein russischer kosmonaut sehr „enttäuscht“, als er im Weltall eben nicht Gott sehen konnte?

war der Turmbau zu Baberl nicht gedacht als Weg zu Gott in den Himmel?

War da nicht ein russischer kosmonaut sehr „enttäuscht“, als
er im Weltall eben nicht Gott sehen konnte?

Ich weiß wohl, dass mein Religionslehrer in der Grundschule mal etwas ähnliches erzählt hat, ja.

war der Turmbau zu Baberl nicht gedacht als Weg zu Gott in den
Himmel?

Nun gut, aber der ist ja, wenn ich das richtig sehe, auch eher eine Art Mythos denn eine historische Tatsache.

Ich verstehe derzeit Folgendes:

  1. Zu Jesus’ Zeiten war sky = heaven.

  2. Auch Augustinus (späte Antike) sah das noch so.

  3. Heute ist die Vorstellung allenfalls noch im Volksglauben verankert.

also, wenn Augustinus sagt, dass Himmel-Zustand gleich Himmel-Ort ist, dann liegt er nachweislich falsch. Wenn er das so sagt, mag das richtig zitiert sein, aber dann hat sich A. halt auch hier mal geirrt. kommt halt vor.

Nun gut, aber der ist ja, wenn ich das richtig sehe, auch eher
eine Art Mythos denn eine historische Tatsache.

bin unsicher, aber ich denke, ein solches Bauwerk hat es gegeben. Auf jeden Fall ist es sehr realistisch.

Ich verstehe derzeit Folgendes:

  1. Zu Jesus’ Zeiten war sky = heaven

Ob Jesus das so verstanden hat, kann man bezweifeln, aber sein Umfeld. Ja, bis ins mittelater, manchmal sogar bis heute so.

  1. Auch Augustinus (späte Antike) sah das noch so.

Mag sein. Ist aber dann ein Irrtum von Augustinus.

  1. Heute ist die Vorstellung allenfalls noch im Volksglauben
    verankert.

ja, aber doch da und trotzdem falsch.
ich denke, du hast das Ganze richtig verstanden und auch richtig zitiert. (Aber etwas Falsches wird durch richtige Zitate nicht richtig.)

Hallo Mevius,

Während das Englische zwischen sky und heaven unterscheidet, kennt :die deutsche Sprache für beides ein gemeinsames Wort: Himmel.

zunächst: diese Unterscheidung im Englischen ist erst recht jungen Datums - sie entstammt schon einer Zeit, als man auch im volkstümlichen Glauben den christlichen ‚Himmel‘ nicht mehr einfach über unseren Köpfen verorten wollte. ‚Sky‘ bzw. Altsächsisch ‚scio‘, Altenglisch ‚sceo‘ bedeutete ursprünglich ‚Wolke‘ oder auch ‚Wolkendecke‘. Erst um 1300 begann es allmählich, neben den Begriff ‚heofon‘ zu treten - noch im Mittelenglischen kann es sowohl ‚Himmel‘ wie ‚Wolke‘ bedeuten.

Für das Verständnis, was Augustinus unter ‚Himmel‘ verstanden hat, gibt das allerdings nicht viel her - da liegt ein Jahrtausend dazwischen. Das klassische biblische Verständnis ist zunächst einmal ohnehin ein ganz anderes - da gibt es mindestens 3 übereinander angeordnete Himmel (Shamayim). Und selbstverständlich hat man den Wohnort Gottes ganz naiv über unseren Köpfen verortet, von wo aus er uns wie Insekten herumkrabbeln sieht, vgl. Jesaja 40.22: „Der ich über dem Kreise der Erde sitze und vor dem ihre Bewohner wie Heuschrecken sind; der ich den Himmel ausbreite wie einen Flor und ihn ausspanne wie ein Zelt, daß man darunter wohne“. Über diesem „Zeltdach“ ist der Thron Gottes „Der HERR ist in seinem heiligen Tempel. Des HERRN Thron ist im Himmel; seine Augen spähen, seine Wimpern prüfen die Menschenkinder“ (Psalm 11.4), „Vom Himmel schaut der HERR herab, er betrachtet alle Menschenkinder; von seinem festen Thron sieht er alle, die auf Erden wohnen“ (Psalm 33.13-14). Oder auch „Der Himmel ist mein Thron und die Erde meiner Füße Schemel“ (Jesaja 66.1). Gelegentlich spaziert er auf diesem ‚Zeltdach‘ sogar herum „Die Wolken hüllen ihn ein, daß er nicht sehen kann, und er wandelt auf dem Himmelsgewölbe umher“ (Hiob 22.14). Man wird hier vielleicht entgegnen, das sei natürlich alles nur symbolhaft zu verstehen. Nun ja, dass die Zeitgenossen der Autoren dies tatsächlich symbolisch gemeint haben - das glaube, wer will.

Augustinus freilich ist so naiv nicht mehr - er steht am Anfang eines religiösen Denkens, wo der physische Himmel (‚sky‘) von einem transzendenten Himmel (‚heaven‘ - wenn wir diese englischen Ausdrücke der Einfachheit einmal verwenden wollen) unterschieden wird. Noch recht unbeholfen spricht er in Anlehnung an Psalm 115.16 von einem ‚Himmel des Himmels‘, ‚caelum caeli‘:

„Deiner Hoheit bekennt meiner Zunge Niedrigkeit, daß du Himmel und Erde geschaffen hast; diesen Himmel, den ich sehe, und die Erde, die ich betrete; und auch die Erde, die ich an mir trage, hast du gemacht. Aber wo ist der Himmel des Himmels, Herr, von dem wir hören in dem Worte des Psalms: Der Himmel des Himmels ist des Herrn, aber die Erde hat er den Menschenkindern gegeben? Wo ist der Himmel, den wir nicht sehen, gegen den alles das, was wir sehen, Erde ist? Denn dieses ganz Körperliche, dessen Unterstes unsere Erde ist, erhielt nicht überall in den letzten Teilen eine schöne Gestalt, sondern gegen diesen Himmel des Himmels ist auch unserer Erde Himmel Erde. Und diese beiden großen Körper sind in Wahrheit Erde gegen jenen Himmel, der des Herrn ist, und nicht der Menschenkinder.“
(Confessiones 12.2, Übers. Otto F. Lachmann)

Augustinus fasst - für seine Zeit recht originell (und natürlich in apologetischer Absicht, um dem Spott der philosophisch Gebildeten entgegenzutreten) Himmel und Erde zu einem neuen Begriff von ‚Erde‘ zusammen, der hier für die physische Welt steht. Dem gegenüber steht der transzendente ‚Himmel‘ („der des Herrn ist“) als ‚Himmel der Himmel‘. In den folgenden Kapiteln folgt dann eine recht weitschweifige Herleitung, die ich nicht weiter referieren mag, ich finde das zu ermüdend. Tolle lege: http://gutenberg.spiegel.de/buch/510/13

Freundliche Grüße,
Ralf

bin unsicher, aber ich denke, ein solches Bauwerk hat es
gegeben. Auf jeden Fall ist es sehr realistisch.

Ja, es gab wohl einen Turm, den man mit dem Turmbau zu Babel in Verbindung bringen kann. Das heißt aber nicht, dass die Geschichte des Turmbaus im Übrigen historisch korrekt ist. Sonst wären hier wirklich mit einem Schlag die verschiedenen Sprachen entstanden, was ich zu bezweifeln mir erlaube. Wenn es aber nicht um historische Tatsachen geht, dann ist wohl von einem Mythos zu sprechen.

  1. Zu Jesus’ Zeiten war sky = heaven

Ob Jesus das so verstanden hat, kann man bezweifeln, aber sein
Umfeld. Ja, bis ins mittelater, manchmal sogar bis heute so.

Ob Jesus das nun so gedacht hat oder nicht, weiß ich natürlich auch nicht. Ich nehme aber an, dass dein Zweifel von dem Gedanken herrührt, dass er wohl nichts anderes als ein gewöhnlicher Mensch gewesen wäre, wenn er nicht gewusst hätte, dass Gott nicht im Sky-Himmel sitzt. Und weil du diese Schlussfolgerung nicht glaubst, kann für dich auch die Prämisse nicht stimmen. Das ist nur so mein en passant erwähnter Eindruck und weder eine Kritik noch der vorsätzliche Anstoß einer Diskussion über diese Frage.

  1. Auch Augustinus (späte Antike) sah das noch so.

Mag sein. Ist aber dann ein Irrtum von Augustinus.

Mag sein, aber es interessiert mich eben, wie Augustinus oder wie man generell zu seiner Zeit gedacht hat. Ich habe gestern erstmalig Texte von ihm gelesen. Dabei hatte ich den Eindruck, dass er sowohl Himmel als auch Hölle sehr wörtlich auffasst und insbesondere als Orte versteht; nun gut, das wusste ich im Grunde schon mehr oder weniger genau, weil ich in Russells Philosophie des Abendlandes darüber gelesen hatte. Hinsichtlich des Himmels bekam ich dann aber zusätzlich den Eindruck, dass er wirklich den Sky-Himmel meinte und ihn mit dem Heaven-Himmel gleichsetzte. Das war für mich keineswegs so selbstverständlich und ist es auch noch nicht. Vielleicht irrt ja nicht Augustinus, sondern vielleicht irre ja ich, wenn ich mir einbilde zu verstehen, was Augustinus meint. Das größte Problem beim Verständnis scheint mir zu sein, dass sich die Art zu denken und die Kategorien des Denkens teilweise unterscheiden, so dass man an einen Text u.U. ein falsches Maß anlegt und unter falschen Vorzeichen interpretiert. Das könnte mir mit Augustinus so ergehen, und das erginge sicher auch Augustinus so mit mir, wenn er plötzlich wieder erscheinen und hier im Brett mitschreiben würde, es sei denn, er hätte den Fortgang der Geistesgeschichte seit seines Ablebens verinnerlicht.

  1. Heute ist die Vorstellung allenfalls noch im Volksglauben
    verankert.

ja, aber doch da und trotzdem falsch.

Tja, ich weiß nicht - wenn ich darüber nachdenke, dann fiele mir eigentlich gar niemand ein, der meint, der Heaven-Himmel sei im Sky-Himmel. Ich würde diesen Gedanken auch recht naiv finden. Allerdings gibt es ja durchaus auch sehr naive Glaubensformen, wie man an der Geschichte des Harold Camping mal wieder sieht. Wobei das vielleicht weniger naiv war als vielmehr total gaga.

Über den frühchristlichen Himmel

Meinst du damit, dass es seinerzeit selbstverständlich war, den heaven im sky zu verorten?

Nein, ich meine damit, daß es keinen Sinn macht, spätere, insbesondere heutige, Vorstsellungen und Differenzierungen in antike texte hineinpressen zu wollen. Dadurch kommt man zu Fragestellungen, die noch kurioser sind als die Texte uns erscheinen, aus denen wir auf antike Vorstellungen schließen wollen - und müssen, denn andere Wege in antike Weltbilder gibt es nicht. Und damit stecken wir im Prozess des hermeneutischen Zirkels: Wir müssen aus der Paralleität vieler anderer antiker zeitgenössischer Texte auf die Vorstellungen schließen, die den betrachteten zu Grunde liegen.

Daraus folgt, daß wir von biblischen und zeitgenössischen Texten nicht Fragen zu unseren heutigen Weltbildern beantworten können. Zumindest gilt das für physikalisch-kosmologische Fragen. Natürlich setze ich hier auch mal vorsichtshalber voraus, daß du NICHT ernsthaft fragst, ob die Alten glaubten, ein Mensch würde „wie eine Rakete“ (was ist das?) die Gravitation (was ist das?) überwinden und nun dort herumkreisen, wo wir die Fixsterne verorten …

Wieweit Augustinus in der ptolemäischen Himmelmechanik kundig war, darüber weiß man wohl nichts (weiß auch niemand, der dieser Frage nachgegangen ist). Noch zu seiner Zeit, und vor allem in seinem literarischen Einzugsgebiet, waren aber überaus zahlreiche Vorstellungen über Fragen des Aufenthaltes der Toten und über die sinnliche und nichtsinnliche Existenz des Menschen im Umlauf, die man gar nicht auf einen Nenner bringen kann. Dasselbe gilt für ganz und gar unausgegorene kosmologische Andeutungen.

Die Himmelsvorstellungen in der Spann vom 2. Jhdt v.u.Z bis 3. Jhdt u.Z. waren bestimmt von jüdischer und christlicher apokalyptischer Literatur. Ferner von zahllosen Schriften die zu den jüdischen und christlichen Apokryphen zählen. Und in Alexandria, Athen, Rom und anderen Zentren wurde das amalgamiert mit Denkschulen aus Griechenland: Epikur, Stoa. auch Platon (der mit Plotin und anderen im Neuplatonismus eine Renaissance erlebte), ferner auch die Ausläufer des Pythagoras-Umfeldes, und nicht zu vergessen der Zarathustrismus, der schon seit dem babylonischen Exil ganz erheblichen Einfluß auf frühjüdische und dann frühchristliche Begriffsbildungen hatte.

Augustinus selbst befaßte sich mit diesbezüglichen Fragen insbesondere im Bezug auf die atl. Texte. Mit dem israelitischen Kosmos befaßt er sich in den Confessiones nur beiläufig. Seine Hauptschrift dazu ist aber „De Genesi ad Litteram“ („Über die Genesis im Wortlaut“). Und hier auch nur, sofern das alte kosmologische Bild der Genesis und anderer atl. Texte, das aus der kanaanäischen (genauer der ugaritischen) Kosmologie übernommen war, zu seiner Zeit überhaupt noch bekannt war.

Denn außer dem Plural שמיים „schamajim“, die Himmel, der in der Septuaginta ins griechische ουρανοι ouranoi übernommen wurde, war davon nicht mehr viel bekannt (im Ggs zu heute). Dieser Plural kommt nicht von der Zweistufigkeit (Wasservorrat und Aufenthalt der Götter), sondern von den zahlreichen Kammern des unteren Himmels, in denen das Regenwasser gespeichert ist. Davon war in der hier betrachteten Zeit wohl nichts mehr bekannt, es gehörte nicht zur Alltagsvorstellung von „Himmel“.

Glaubte man also wirklich, Gott, Engel und erlöste Seelen (bzw. ggf. Körper) würden oben wohnen, so dass man sie, könnte man nur hoch genug fliegen, quasi sehen und vielleicht sogar besuchen könnte?

Ich weiß nicht, welche Texte dich zu dieser Frage animieren. Nein, der wesentliche kosmologische Grundzug der hier betrachteten Epoche der Mittelmeerkulturen war, daß die Götter, oder der Gott, im Unsichtbaren jenseits der sichtbaren Himmelssphäre war. Die Engel derweil, im Jüdischen inzwischen auf die Funktion der Botschafter reduziert, „stiegen auf und nieder“ (siehe Joh. 1.51!) zwischen diesem utopischen „Ort“ und der Erde. Und die Toten befanden sich in einer nicht unkompliziert und nicht durchgängig einheitlich verstandenen Totenwelt, die ich hier schon mal genauer dargestellt hatte:
/t/glaubensbekenntnis/6066614/19

Ist Jesus nach damaliger Vorstellung also doch quasi gleich einer Rakete abgehoben und körperlich nach oben geschwebt, wo er schließlich geblieben ist?

Die Texte in Mk 16.19, Lk 24.51 und Apg 1.9-11 sagen nur, daß er vor ihren Augen entschwand, bzw. in den Himmel, und zwar sagt der Zusatz in Mk. daß damit eben der „Ort“ Gottes gemeint ist, in dem der Thron steht, also der Ort, der für menschliche Augen unzugänglich ist. Daß die Schüler dabei „nach oben“ schauen, dürfte ein Rest des Mythems „Gott ist über uns“ sein, das der israelitischen Kosmologie entspricht und andererseits schlicht eine Beschreibung der psychischen Verfassung. In Apg. haben wir natürlich die literarisch künstlich hochstilisierte Variante des Autors (Lukas?) vor uns, die mythologisch interessant, aber kosmologisch uninteressant ist.

Wenn das alles durch ein kurzes Ja beantwortbar ist, würde mir das genügen.

Das war vielmehr mein „kurzes Nein“ :smile:

Gruß
Metapher

1 Like

Nur gut, dass ich noch mal nachgefragt habe. Denn offenbar war mein Eindruck falsch.

Das hier:

Augustinus freilich ist so naiv nicht mehr - er steht am
Anfang eines religiösen Denkens, wo der physische Himmel
(‚sky‘) von einem transzendenten Himmel (‚heaven‘ - wenn wir
diese englischen Ausdrücke der Einfachheit einmal verwenden
wollen) unterschieden wird. Noch recht unbeholfen spricht er
in Anlehnung an Psalm 115.16 von einem ‚Himmel des Himmels‘,
‚caelum caeli‘:

und das hier:

Augustinus fasst - für seine Zeit recht originell (und
natürlich in apologetischer Absicht, um dem Spott der
philosophisch Gebildeten entgegenzutreten) Himmel und Erde zu
einem neuen Begriff von ‚Erde‘ zusammen, der hier für die
physische Welt steht. Dem gegenüber steht der transzendente
‚Himmel‘ („der des Herrn ist“) als ‚Himmel der Himmel‘. In den
folgenden Kapiteln folgt dann eine recht weitschweifige
Herleitung, die ich nicht weiter referieren mag, ich finde das
zu ermüdend.

ist eine wirklich sehr gelungene Erklärung für den dann zitierten Originaltext. Kompliment!

Ich muss allerdings gestehen, dass ich vor diesem Hintergrund die Ausführungen von Augustinus, wieso einer Seele Körper in den Himmel auffahren kann, nicht mehr recht verstehe. Wenn es sich um eine transzendente Realität handelt, erübrigen sich doch alle physikalischen oder sonstwie naturwissenschaftlichen Ausführungen.

Tolle lege

Und das war nun wirklich geradezu genial als Empfehlung, einen Text von Augustinus zu lesen. Dein Beitrag hat gute Chancen darauf, das Posting des Monats zu werden.

Keine Panik, ich bin nicht gekommen, um Augustinus zu verteidigen. Mein Wirken in diesem Forum ist in keiner Weise missionarisch, ich bin in allererster Linie der, der fragt, um zu lernen und zu verstehen.

Es hat sich übrigens mittlerweile ergeben, dass ich Augustinus wohl falsch verstanden habe, weil er Sky und Heaven eben doch nicht gleichsetzt.

warts doch einfach ab und lass Dich überraschen

Nur was soll ich abwarten? Sagt ja keiner, dass ich je in den Himmel komme.

Wie ich schon sagte: Gut, dass ich noch mal nachgefragt habe. Aus deiner ersten Antwort konnte ich ja nun unmöglich all das schließen, was du hier ausführst.

Meinst du damit, dass es seinerzeit selbstverständlich war, den heaven im sky zu verorten?

Nein, ich meine damit, daß es keinen Sinn macht, spätere,
insbesondere heutige, Vorstsellungen und Differenzierungen in
antike texte hineinpressen zu wollen.

Gewiss, aber das will ich doch auch gar nicht. Ich bin nach wie vor von dem Versuch des Verstehens getrieben. Ausgangspunkt kann dabei nur die mir bekannte Art zu denken sein; wie sonst soll ich anfangen?

Im Übrigen war ich bei dem, was ich von Augustinus gelesen habe, und was mich dann wieder mal ins Forum führte, etwas überrascht, weil ich gerade den Eindruck hatte, dass die Art zu denken doch sehr der heutigen ähnelt oder sogar entspricht. Z.B. geht die Begründung für das Verbot, sich selbst zu töten, nämlich die Subsumtion unter das Gebot „Du sollst nicht töten“ mit ganz konkreten Argumenten, völlig konform mit juristischer Logik und Methodenlehre, wie sie heute Standard ist. Und dann eben jener Text, der für mich klang, als erkläre Augustinus, wieso ein Körper in den Himmel auffahren kann. Diese Aussagen ergaben für mich nur Sinn, wenn es sich gerade um den Sky-Himmel handelt, weil, so dachte ich, die quasinaturgesetzlichen Erklärungen andernfalls völlig überflüssig wären.

Dass ich mir aber nicht sicher war, bezeugt ja die Tatsache, dass ich hier im Forum noch mal nachgefragt habe. Und dass ich mir nicht sicher war, lag nicht zuletzt auch daran, dass ich mir darüber bewusst bin, dass sich antike Texte mit heutigen Maßstäben kaum zuverlässig verstehen lassen. Wenn ich auch vieles noch nicht verstehe, so habe ich das doch begriffen, wenn auch sicher nicht in seiner ganzen Tragweite.

Dadurch kommt man zu
Fragestellungen, die noch kurioser sind als die Texte uns
erscheinen, aus denen wir auf antike Vorstellungen schließen
wollen - und müssen, denn andere Wege in antike Weltbilder
gibt es nicht.

Eben. Andere Wege gibt es nicht. Ich hoffe, dass auch du mal klein angefangen hast und darum vielleicht noch ein wenig Verständnis für die Anlaufschwierigkeiten anderer aufbringst. Mir ist durchaus bewusst, dass man in seinem Fachgebiet recht schnell mal denken kann, dass andere, die nicht vom Fach sind, sich doch erstaunlich schwer damit tun, das zu verstehen, was einem selbst so selbstverständlich scheint.

Und damit stecken wir im Prozess des
hermeneutischen Zirkels: Wir müssen aus der Paralleität vieler
anderer antiker zeitgenössischer Texte auf die Vorstellungen
schließen, die den betrachteten zu Grunde liegen.

Nun, hier hast du Gott sei Dank in deinem Leben schon einige Vorarbeit geleistet, und du lässt uns hier auch daran teilhaben. Es fällt mir allerdings nicht immer ganz leicht, dir gedanklich zu folgen. Das muss nicht an einer mangelhaften Didaktik liegen, es kann auch meinen eingeschränkten intellektuellen Fähigkeiten geschuldet sein, wie ich anmerke, ohne mich für diesen Gedanken sonderlich zu schämen. Ich bin ja eigentlich ganz froh, nicht der klügste Mensch der Welt zu sein, denn wen sollte ich dann noch wissen, den ich fragen kann?

Daraus folgt, daß wir von biblischen und zeitgenössischen
Texten nicht Fragen zu unseren heutigen Weltbildern
beantworten können.

Meine Fragen bezogen sich ja auch nicht auf heutige, sondern auf frühere Weltbilder.

Zumindest gilt das für
physikalisch-kosmologische Fragen.

Und sonst?

Natürlich setze ich hier
auch mal vorsichtshalber voraus, daß du NICHT ernsthaft
fragst, ob die Alten glaubten, ein Mensch würde „wie eine
Rakete“ (was ist das?) die Gravitation (was ist das?)
überwinden und nun dort herumkreisen, wo wir die Fixsterne
verorten …

Nun ja, die Frage war zumindest kein reiner Spaß und mehr als bloße Ironie, auch wenn die Ausdrucksweise vielleicht einen anderen Eindruck erweckte. Es fällt mir wahnsinnig schwer, mir vorzustellen, wie man etwa eine Himmelfahrt verstehen kann, wenn es sich nicht um den körperlichen Aufstieg nach oben, aber auch nicht um einen rein geistigen Prozess handelt. Ich vermute mal, dass ich mit diesen Verständnisproblemen nicht ganz allein dastehe. Was es natürlich nicht besser oder schlechter macht.

Glaubte man also wirklich, Gott, Engel und erlöste Seelen (bzw. ggf. Körper) würden oben wohnen, so dass man sie, könnte man nur hoch genug fliegen, quasi sehen und vielleicht sogar besuchen könnte?

Ich weiß nicht, welche Texte dich zu dieser Frage animieren.

Jenes Zitat: „Sollte am Ende nicht doch kraft des Wertes dieser so vorzüglichen Natur bewirkt werden können, daß [der Seelen] Leib in den Himmel erhoben wird?“ und zwar im Kontext von dem hier:

http://www.unifr.ch/bkv/kapitel1940-10.htm

Ist Jesus nach damaliger Vorstellung also doch quasi gleich einer Rakete abgehoben und körperlich nach oben geschwebt, wo er schließlich geblieben ist?

Das war vielmehr mein „kurzes Nein“ :smile:

Nun, das Nein verlangte ja auch nach einer Erklärung. Ein Ja wäre wohl zu einfach gewesen.

Schönen Dank!

Hallo Mevius,


Zu meiner Überraschung habe in eben in Augustinus’ 22. Buch
über den Gottesstaat in Kapitel 11 den Eindruck gewonnen, dass
Augustinus davon ausgeht, dass, wer im heaven-Himmel wohnt,
tatsächlich auch im sky-Himmel wohnt, als sei der eine Himmel
auch der andere.

ich gehe mal davon aus, daß du mit dieser Frage niemanden veralbern
willst obwohl Du die „alberene“ Vorstellung von Himmel hier
forcierst bzw.hinterfragst.
Natürlich wußten die Menschen es früher nicht besser und auch die
„Heidenreligionen“ haben die Götter oben verortet.
Wir wissen es besser - und auch Jesus hat dem Himmel=Himmelreich
keinen „Ort“ zugewiesen.
Bei ihm ist Himmelreich etwas was sich naht bzw.verwirklicht,etwas
was wird, wächst und sich gestaltet,was man sucht und wenn man es
gefunden hat man alles dafür hergibt; etwas (ein SEIN ?) in dem das
was in dieser „Welt“ Bedeutung hat gering geachtet wird und das was
hier als niedrig gilt dort groß gilt,Ansehen hat.
(deswegen haben diejenigen,welche an weltlichem Reichtum hängen auch
Schwierigkeit Zugang zu finden)
Es ist etwas was gegeben wird, was man „schaut“(in dem man"aufgeht")
Dies ist so durchgehend (bis auf 2-3 Ausnahmen) in den Evangelien
berichtet, soweit man diese Worte dazu dort Jesus zugeordnet hat.
Wenn wir also von „Himmel“ im christlichen Sinne sprechen (ich gehe
davon aus, daß Du hier diesen meintest) so ist es müßig, da Autoren
zu bemühen, welche ihre Phantasie mit überholten (nach Jesus) teils
„heidnischen“ Vorstellungen einer Verortung von Himmel bekunden und
Jesus ignorieren, auch wenn diese Autoren die Qualität von
Augustinus aufweisen.
„Himmel“ ist also ein SEIN was sich gestaltet (auch durch uns !!)

  • nach Jesus.
    Auch sein „Vater im Himmel“ ist kein Ortsbewohner sondern einer
    „Der da IST“.(s.auch Exodus 3.14)

Gruß VIKTOR

ich gehe mal davon aus, daß du mit dieser Frage niemanden
veralbern
willst

Richtig. Ich habe sogar als selbstverständlich vorausgesetzt, dass mittlerweile alle Stammuser wissen, dass ich hier bin, um auf ernst gemeinte Fragen ernst gemeinte Antworten zu erhalten.

obwohl Du die „alberene“ Vorstellung von Himmel hier
forcierst bzw.hinterfragst.

Falsch. Ich habe sie weder forciert noch hinterfragt, sondern ich wollte wissen, wie man dies vor 2.000 Jahren gesehen hat und wie Augustinus das gesehen hat.

Im Übrigen hätte ich die Vorstellung vom Heaven-Himmel als Bestandteil des Sky-Himmels keineswegs albern gefunden. Wieso sollte ich auch? Der einzige Grund, warum man dies völlig ablehnen muss, ist doch der, dass wir heute so viel über die Erde und den Sky-Himmel und das Weltall wissen, dass wir mit Sicherheit sagen können, dass in unserem Sky-Himmel ganz gewiss kein körperlicher Gott sitzt, weder allein noch mit Engeln und/oder menschlichen Seelen. Da den Menschen vor 2.000 Jahren und auch vor 1.600 Jahren dieses Wissen jedenfalls so nicht zur Verfügung stand, würde ich mir nicht anmaßen, solche Vorstellungen zu verspotten.

Abgesehen davon, dass ich den Gedanken nicht albern finde, versuche ich mich auch in größtmöglicher Öffnung. Wenn ich verstehen will, was antike Menschen dachten, dann sollte ich mich doch davor hüten, bestimmte Denkweisen von vornherein auszuklammern.

Vor allem aber finde ich zum Beispiel die Vorstellung vom Himmel als einen rein geistigen Zustand nach dem Tod nicht mehr oder weniger nahe liegend oder vernünftig oder albern oder abwegig als die Vorstellung, der Heaven sei im Sky. Das gilt gleichermaßen für das, was du mir als Himmel darstellst. Es klingt nicht ganz unbekannt, aber verstanden habe ich es noch nie.

Wenn wir also von „Himmel“ im christlichen Sinne sprechen (ich
gehe
davon aus, daß Du hier diesen meintest)

In erster Linie, ja.

so ist es müßig, da
Autoren
zu bemühen, welche ihre Phantasie mit überholten (nach Jesus)
teils
„heidnischen“ Vorstellungen einer Verortung von Himmel
bekunden und
Jesus ignorieren, auch wenn diese Autoren die Qualität von
Augustinus aufweisen.
„Himmel“ ist also ein SEIN was sich gestaltet (auch durch uns
!!)

  • nach Jesus.
    Auch sein „Vater im Himmel“ ist kein Ortsbewohner sondern
    einer
    „Der da IST“.(s.auch Exodus 3.14)

Während die Himmel-Vorstellungen etwas kompliziert sind, scheinen die Vorstellungen der Hölle doch recht verständlich. Wenn ich mir Jesus-Worte zu beiden ansehe, dann verstehe ich das eine nicht und das andere schon, es sei denn, ich verstehe das andere falsch.

Hallo Mevius,

ich wollte wissen, wie man dies vor 2.000 Jahren gesehen hat
und wie Augustinus das gesehen hat.

was antike Menschen dachten, dann sollte ich
mich doch davor hüten, bestimmte Denkweisen von vornherein
auszuklammern.
Das
gilt gleichermaßen für das, was du mir als Himmel darstellst.
Es klingt nicht ganz unbekannt, aber verstanden habe ich es
noch nie.

Wenn wir also von „Himmel“ im christlichen Sinne sprechen (ich
gehe
davon aus, daß Du hier diesen meintest)

In erster Linie, ja.

wenn dem so ist, dann ist die erste Adresse für eine Antwort doch
Jesus selbst.Warum forcierst Du dann andere(alberene!)Vorstellungen.
Du mußt die Darstellung von Jesus ja nicht anerkennen oder
„verstehen“ (ein bisschen verstehen was er rüber gebracht hat wäre
aber auch nicht schlecht) aber sie zu Kenntnis nehmen.
Es ist sehr wohl albern, da den „Ortsvorstellungen“ von Himmel
eine „Chance“ zu geben welche mit Jesus nicht gemein haben.

so ist es müßig, da
Autoren
zu bemühen, welche ihre Phantasie mit überholten (nach Jesus)
teils
„heidnischen“ Vorstellungen einer Verortung von Himmel
bekunden und
Jesus ignorieren, auch wenn diese Autoren die Qualität von
Augustinus aufweisen.

Während die Himmel-Vorstellungen etwas kompliziert sind,
scheinen die Vorstellungen der Hölle doch recht verständlich.

So ?
Daß auch dies kein „Ort“ ist, sollte doch klar sein .
Gruß VIKTOR

PS.
Könnte es sein, daß Du Dich mehr mit den „Kommentaren“ zu der
Botschaft beschäftigst als mit der Botschaft selbst ?
Theologen gegen Jesus - o.ä.