Guten Abend!
Im 11. Buch der Metamorphosen (oder: Der goldene Esel) des Apuleius lese ich gerade, wie Lucius die Mondgöttin als Regina caeli, also als Himmelskönigin, anspricht und dann unsicher ist, ob sich dahinter Ceres (alma frugum parens: mütterliche Spenderin der Feldfrüchte) oder die caelestis Venus oder Phoebi soror (also Artemis als Schwester Apollos) oder nocturnis ululatibus horrenda Proserpina (P., die durch ihr Geheul zur Nachtzeit Schreckliche) verbirgt.
Da fällt einem dann allerlei Altorientalisches ein; aber ich stellte fest, dass ich nicht weiß, seit wann man im Christentum Maria als Himmelskönigin zu bezeichnen wagte. Kann jemand mitteilen, wann und evtl. durch wen dies den Anfang nahm?
Man könnte das ja wegen der genannten Vorbilder auch als Skandalon betrachten.
Mit freundlichen Grüßen!
H.
Salve Ioanne,
ohne den Titel einer regina coeli, aber bildlich als regina gekennzeichnet wird Maria bereits unmittelbar nach der amtlichen Zuerkennung der Isis-Rolle beim Konzil von Ephesus: Krönung Mariae in der Apsis von Santa Maria Maggiore.
Der Tagesordnungspunkt des Konzils hieß ja zwar „Gottesgebärerin“, aber der Veranstaltungsort weist eher Richtung Artemis als Richtung Isis.
Von daher werfe ich einmal „mindestens Anfang des 5. Jahrhunderts“ in die Runde.
Schöne Grüße
MM
Hallo Hannes,
Da fällt einem dann allerlei Altorientalisches ein
so ist es. Und wie bei fast allen christlichen Theologoumena haben sich die Ideen u.a. in sog. Volksfrömmigkeiten, rekursiv verstärkt durch apokryphe Texte, entwickelt lange bevor sie dann in Synoden dogmatisch formuliert wurden. So hat sich der Marienkult schon in den ersten Jhdten ausgebildet, bevor sich mit der von MM schon erwähnten Synode in Ephesos (und dann nochmal in Chalkedon) eine regelrechte Mariologie ausprägte. Die Wurzeln des Marienkultes liegen, wie man heute zweifelsfrei weiß, in den Chokhma/Sophia-Konzeptionen der jüdischen Weisheitsliteraturen: Ijob 28, Proverbia 8, Jesus Sirach 24, Lib. Sap. 7 und dann vor allem in der Sophia-Logos-Engführung bei Philo Alexandrinus (in „De Ebrietate“, „Quod Deus sit Immutabilis“, „De Opificio Mundi“, „Legum Allegoriae“).
Dort sind bereits alle späteren mariologischen Bestandteile vorhanden: Die Jungfräulichkeit der Sophia (gemeinsam mit ihrer Rolle als Partnerin bzw. Tochter des Gottes), ihre Teilnahme bzw. Teilhabe an der Schöpfung, ihre Rolle als Vermittlerin (in Ephesos wird Maria als mediatrix bezeichnt) zwischen der himmlischen (kosmos noetos bei Philo) und irdischen Welt (kosmos aisthetos bei Philo) bis hin zu ihrem Platz „zur Rechten Gottes“ auf dem himmlischen Thron.
; seit wann man im Christentum Maria als Himmelskönigin zu bezeichnen wagte.
Die Titel regina (basilea), domina (kyria) sind bei zahlreichen christlichen Autoren schon vor Ephesos geläufig (z.B. Gregor von Nazianz), bei Origenes (Scholia in Lucam) findet sich sogar der Ausdruck „theotokos“). Und die quasi göttlichen Eigenschaften der Maria theotokos wird ja in Ephesos festgeschrieben:
„… Durch sie jubeln die Himmel, durch sie freuen sich die Engel und Erzengel, durch sie werden die Dämonen vertrieben, durch sie stürzt der Teufel vom Himmel, durch sie wird die gefallene Schöpfung in den Himmel erhoben, durch sie gelangte die ganze Schöpfung … dazu, die Wahrheit zu erkennen …“ [Kyrill v. Alexandria: Homiliae diversae, PG 77, 991 ff]
Die Enzyklika „Ad caeli reginam“ (Cap. I) von Pius XII versucht, die Begriffsgeschichte (zumindest die aus christlicher Zeit, die jüdische Weisheitsliteratur wird nicht erwähnt) grob (und plakativ) nachzuzeichnen.
Dort wird behauptet, Papst Sixtus IV (1414-1484) habe den Ausdruck „regina caeli et terrae“ als Erster eingeführt. Aber es gibt eine marianische Antiphon „Regina caeli“, die aus dem 12. Jhdt. bezeugt ist.
Einen entscheidenden Schritt zur „Himmels“-Königin dürfte aber bereits die Idee der „leiblichen Aufnahme Mariens in den Himmel“ bedeutet haben. Die leibliche „Himmelfahrt“ (im Unterschied zu der ihrer Seele) hatte bis zu der Verbreitung einer apokryphen Legende unbekannten Ursprungs „De Transitu Beatae Mariae Virginis“ am Ende des 5. Jhdts keinerlei Vorläufer, weder biblisch noch bei den Kirchenvätern noch irgendwo anders vormals.
Man könnte das ja wegen der genannten Vorbilder auch als Skandalon betrachten.
Genau das hat Nestorius vor und nach Ephesos ja auch zumindest bzgl. der Gottesgebärerin bereits getan. Er sah die Gefahr der Identifizierung mit den „heidnischen“ Vorbildern: Vor allem mit der syrischen Kybele, der ägyptischen Isis, der kleinasiatischen Artemis.
Aber in Ephesos (anders als danach in Chalkedon) bestand der Konsens auf der Einheit („henosis“) der beiden „naturae“ Jesu, womit der Weg zur theotokos bereitet war.
Schönen Gruß
Metapher
Diesem kenntnisreichen Artikel möchte ich nur noch anfügen, dass die leibliche Aufnahme Mariens in den Himmel 1950 von Pius XII. als Dogma ex cathedra verkündet wurde.
Als Argument für das Recht der Dogmatisierung wurde der Satz des Vinzenz von Lerin gebraucht: Vere catholicum est, quod semper, quod ubique et quod ab omnibus creditum
est.
Wahrhaft katholisch ist, was immer, was überall und was von allen geglaubt worden ist.
Gruß - Rolf
Et terrae
Hallo Metapher,
Die Enzyklika „Ad caeli reginam“ (Cap. I) von Pius XII versucht, die Begriffsgeschichte zumindest die aus christlicher Zeit, die jüdische Weisheitsliteratur wird nicht erwähnt) grob und plakativ) nachzuzeichnen.
Dort wird behauptet, Papst Sixtus IV (1414-1484) habe den Ausdruck „regina caeli et terrae“ :als Erster eingeführt. Aber es gibt eine marianische Antiphon „Regina caeli“, die aus dem 12. :Jhdt. bezeugt ist.
Das „aber“ stört. Natürlich war die Angabe darauf bezogen, dass Maria auch als Regina Terrae bezeichnet wird.
Gruss,
Mike
Königin der Völker
Hallo,
Das „aber“ stört.
seltsame Rhetorik. Wenn du damit meinen solltest, daß dich da was stört, dann sag es doch auch so.
Natürlich war die Angabe darauf bezogen, dass Maria auch als Regina Terrae bezeichnet wird.
Woher meinst du das zu wissen?
Sachlich ist es jedenfalls falsch. Die „regina gentium“, „domina gentium“ ist ein noch viel geläufigerer Topos als die „regina caeli“ gewesen in dieser Zeit. Das war also erst recht nichts neues bei Sixtus. Auch klar, denn über was sollte denn die Vergöttlichte Königin, Herrscherin sein, wenn nicht über die Völker, Menschen, also die Erde. Denn bereits in den Homilien des Kyrill war sie ja als Mitverantwortliche nicht nur über kosmisches Geschehen (wie ich schon zitierte), sondern gerade auch über irdisches Geschehen festgeschrieben: „…durch sie werden die Könige herrschen …“ usw.
Mit anderen Worten: Ihr Herrschaftsbereich ist sowieso die Erde, bzw die Völker. „Terra“ ist doch nur ein Metonym für „_gente_s“. Und „Himmelskönigin“ heißt ja nicht, daß sie über den Himmel herrscht, sondern im Himmel, und zwar über die Erde.
Als Quasi-Göttin war sie schon in den Jahrhunderten vor Sixtus deutlich verehrt vor allem in den Predigten der Zisterzienser, und ab 13. Jhdt auch der Dominikaner. Dort spätestens sind alle Antonomasien bereits vorhanden: Mutter Gottes (abgeleitet aus der Gottesgebärerin), Himmelskönigin, Herrscherin der Völker u.a.
Allerdings ist es in diesem auch für Verhältnisse um 1950 begriffsgeschichtlich unprofessionellen Essay des Pius XII nicht so deutlich zu erkennen. Denn, wie schon erwähnt, kommen die Ursprünge der meisten entscheidenden dogmatischen Formeln gar nicht primär aus den Schriften der Kirchenväter und Kirchenlehrer. Meist sind sie nur diejenigen, die die Ideen in systematische und diskutable Form gebracht haben. Die gesamte frühe Mariologie des Anfangs des 5. Jhdt. war genährt von der Volksfrömmigkeit, die die „heidnischen“ Göttinnenkulte problemlos mit dem Marienkult verschmolzen.
Interessante Literatur dazu:
Die Thesis von Maria F. Gonzales: The Road to Ephesus. The Rise of Marian Devotion in the Eastern Mediterranean. Princeton U.P. 1999, mit Zeugnissen aus der Zeit vor Ephesus.
Metapher
… euch für die aufschlussreichen Antworten!
H.
Hallo Metapher,
an solchen Dinmgen (Danke für Deine ausführlichen Erklärungen) sieht man halt wieder dass die Menschen, die „Mitläufer“ irgendeiner Organisation (ob religiöser oder weltlicher Orientierung) ganz schön an der Nase herumgeführt werden und somit auch geistig verblöden. Ich verstehe einfach nicht warum man alles was nicht logisch erklärber ist überhaupt annehmen kann ?
Ich bevorzuge da eher die Sichtweise der „lebenden Meister“ (auch wenn sie heute schon den Körper verlassen haben). So empfehle ich Dir die Bücher von Kirpal SIngh in edition-naam.com unter Spiritualität und Kirpakl Singh und Bücher zu lesen.
LG von
Guruji
Wegen dem ‚Stören‘ ist hier ein bisschen ‚Polemik‘ angesagt
Hallo Metapher,
dann nehmen wir’s doch einfach wörtlich und genau:
„regina coeli et terrae“ (sic).
Und dann kannst Du suchen gehen, wo dies so (sic) ausgedrückt ist, und vielleicht verstehst Du dann, warum Dein Herumreiten auf Pius XII.
- wahrscheinlich - nicht nur mich stört.
Aber von wegen „mich“ stören: Jesus starb bekanntlich am Kreuz auch allein.
Schon dies ist mir Fingerzeig genug, dass Wahrheit nicht von Mehrheit kommt.
Gruss,
Mike
Transitus Mariae Virginis
Hallo Rolf,
Als Argument für das Recht der Dogmatisierung wurde der Satz des Vinzenz von Lerin gebraucht: Vere catholicum est, quod semper, quod ubique et quod ab omnibus creditum :est.
Diese Berufung auf den vielzitierten Satz von Vinzenz (aus seinem Commonitorium), der btw. im Grunde lediglich eine suppositio materialis der umgangssprachlichen Vokabel „catholicum“ ist, ist gerade in diesem Falle besonders pikant, weil, wie ich a.a.O. erwähnte, gerade diese Idee der leiblichen Himmelfahrt (die seelische war tatsächlich schon seit dem 2. Jhdt. communis) Mariens erst am Ende des 5. Jhdts anonym aus dem Nichts auftauchte. Und zwar in mehreren Versionen und zahlreichen Sprachen. Sie hatte bis dato keinerlei Vorläufer.
Eine erste Edition der Hauptversion „De Transitu Beatae Mariae Virginis“ in:
von Tischendorf: „Apocalypses Apocryphae“, Leipzig 1866.
Eine Passage daraus: „Und plötzlich umstrahlte sie [d.h. die umherstehenden Apostel] ein Licht vom Himmel her und der heilige Leib wurde, während sie zu Boden fielen, von Engeln in den Himmel genommen.“
Eine Sichtung der diversen Versionen in:
Christa Schaffer: Koimesis. Der Heimgang Mariens. Das Entschlafungsbild in seiner Abhängigkeit von Legende und Theologie. Regensburg 1985.
Schönen Gruß
Metapher
Sehr witzig.
dann nehmen wir’s doch einfach wörtlich und genau: „regina coeli et terrae“ (sic).
Und dann kannst Du suchen gehen, wo dies so (sic) ausgedrückt ist, und vielleicht verstehst Du dann, warum Dein Herumreiten auf Pius XII - wahrscheinlich - nicht nur mich stört.
Ich pflege nicht auf Päpsten herumzureiten. Wenn du - nachvollziehbarerweise - nicht verstehst, was ich beschrieb, dann empfehle ich dir, dich in die zisterziensischen und dominikanischen Predigttraditionen des 12. bzw 13. Jhdts einzuarbeiten. Und in alles andere, was ich zum Fragestellung angab. Da wirst du geholfen.
Aber von wegen „mich“ stören: Jesus starb bekanntlich am Kreuz auch allein.
Schon dies ist mir Fingerzeig genug, dass Wahrheit nicht von Mehrheit kommt.
Was ist denn das für ein Geschwurbel! Was soll mir das sagen? Wo ist von „Mehrheit“ die Rede!?
Hier wurde eine begriffs- bzw. ideengeschichtliche Frage gestellt! Und ich habe weitgehend Hinweise auch auf literarische Quellen gegeben, soweit das aufwandmäßig ad hoc möglich war. Wenn du mehr dazu beitragen kannst, dann tu das doch! Für weinerliche papstdevote Sensibilitäten eines lefebvreschen Missionarismus dürfte hier per def. kein Raum gegeben sein.
Und wieder mal geht’s hoch her
Hallo Metapher,
nicht Dich und mich verwechseln, bitte.
Wer hatte das (Neben-)Thema angerissen? Das eigentlich ins Sprachenbrett gehört
dich stören
Diese Forderung nach Subjektivität ist etwas vom Niederträchtigsten in einer Diskussion überhaupt, weil es den andern persönlich angreift, sie hat ungefähr dasselbe Niveau wie das Herumnörgeln an des andern Grammatik, nur noch etwas tiefer, weil hier wenigstens manchmal klare Regeln vorliegen.
Zu Deinen wiederholten Vorwürfen des Lefebvrismus sollte auch bald etwas gesagt werden - nur ist es hier nicht Gegenstand des Threads. Vielleicht soviel als Anmerkung: Wer den andern in eine Ecke stellt, macht ihn zum Märtyrer, also pass mal auf, dass Du keine Eigentore schiesst.
Gruss,
Mike
EOD
„geht’s hoch her“ sieht mir sehr nach einer megalomanen Selbstüberhöhung aus. Das „mal wieder“ spar ich mir. ich will dich ja nicht „in eine Ecke stellen“.
Zu Deinen wiederholten Vorwürfen des Lefebvrismus sollte auch bald etwas gesagt werden
Das ist kein Vorwurf, sondern eine Charakterisierung. Für einen Repliken stil
Hallo
dass ich nicht weiß, seit :wann man im Christentum Maria als Himmelskönigin zu :bezeichnen wagte. Kann jemand mitteilen, wann und evtl. durch wen dies den Anfang nahm?
die Bibel sagt … "Erkennen ist „stückweise“ 1.Kor.13,9…
wird Kindern früh gesagt , glaube was dir „gelehrt“ wird und folge der „Tradition“ – s´war immer so - egal was du selber denkst….sucht „Kind“ z.B.später selbst nach Antwort lt. 1 Thess.5,20…. prüft alles…findet es zur Frage Himmelskönigin vielleicht :
Die Verehrung einer Himmelskönigin kam von Babylon. In den Jahren 626-612 vor Christus haben die Israeliten eine Königin des Himmels verehrt. Gott war erzürnt über dieses Verhalten und sagte zum Propheten Jeremia: Du aber, bitte nicht für dieses Volk und erhebe weder Flehen noch Gebete für sie…Auch im Neuen Testament findet man die heidnische Verehrung einer Gottesmutter. Im Jahre 391 nach Christus ernannte Kaiser Theodosius I. das Christentum zur Staatsreligion… Im Jahre 431 bezeichnete das Konzil zu Ephesus Maria nicht mehr als Mutter Jesu, sondern als Gottesgebärerin. So begann an Stelle der Artemis die Verehrung von Maria als Gottesmutter… v. Bernhard Dura
was sagt die Bibel?
sie „lehrt“ auch nicht dass einer „ Himmelskönigin“ect. Anbetung gebührt, sie zeigt z.B. Maria- die Mutter Jesu – war eine ganz normale sterbliche Frau- sie hatte neben Jesus auch noch andere Kinder –
Jesus allein ist „Mittler“ zwischen Gott und den Menschen …1.Tim.2,5…Joh.3,17 und seiner Mutter geht es gut… speedytwo
Hallo speedytwo,
„wie soll das geschehen, da ich keinen Mann erkenne?“
„Der heilige Geist wird über dich kommen, und die Kraft des Höchsten wird dich überschatten“ (Lk 1).
Eine ganz normale Frau?
Gruss,
Mike
Altorientalischer Kontext
Hi Hannes.
Im 11. Buch der Metamorphosen (oder: Der goldene Esel) des Apuleius lese ich gerade, wie Lucius die Mondgöttin als Regina caeli, also als Himmelskönigin, anspricht und dann unsicher ist, ob sich dahinter Ceres (alma frugum parens: mütterliche Spenderin der Feldfrüchte) oder die caelestis Venus oder Phoebi soror (also Artemis als Schwester Apollos) oder nocturnis ululatibus horrenda Proserpina (P., die durch ihr Geheul zur Nachtzeit Schreckliche) verbirgt.
Analysiert man religionsgeschichtlich tief genug, findet man in den Genen der Himmelskönigin alle genannten Aspekte, nämlich den chthonischen, den astralen und den schrecklichen (der mit vorgenannten Aspekten zusammenhängt).
Der altorientalische Kontext des Maria-Mythos ist in diesem Thread - obwohl du ihn in deinem UP ansprichst - abgesehen von einer kurzen Andeutung bei Speedy2 nicht zur Sprache gekommen, so dass ich das hier nachhole, auch, um zu zeigen, dass die Charakteristika der Maria (Jungfräulichkeit und schöpferische Kraft) nicht nur, wie Metapher in seinem zwar informativen, in diesem Punkt aber irreführenden Beitrag meint, auf die jüdische Chokmah/Sophia zurückgehen (angeblich die „Wurzel des Marienkultes“) - so als wäre diese Gestalt die originale Quelle jener Charakteristika. Vielmehr ist die Chokmah selbst eine Ableitung viel älterer Göttinnengestalten, vor allem der ägyptischen Isis, die ebenfalls diese Charakteristika aufweist und ihrerseits auf die Formung der Marien-Figur Einfluss hatte, und zwar direkt und ohne Vermittlung über die jüdische Weisheitsgestalt (ikonographisch: Isis mit Gotteskind Horus / Maria mit Gotteskind Jesus, weitere Beispiele ganz unten). Man sollte nicht übersehen, dass Isis zur Zeit der Herausbildung des Christentums die populärste Göttin, ja Gottheit überhaupt, des gesamten Mittelmeerraums war, sowohl beim einfachen Volk wie bei den gebildeten Schichten.
Am Anfang stand die prähistorische Muttergöttin des Paläolithikums, der in der neolithischen Phase ein Sohn-Geliebter - in Gestalt eines Stiergottes - zugesellt wurde, wie dies z.B. aus den Funden im anatolischen Catal Hüyük ersichtlich ist. Diese steinzeitliche Ur-Mutter ist die unhintergehbare Grundlage aller späteren Göttinnen, auch der „Gottesmutter Maria“. Ein wesentlicher Aspekt der Maria - die jungfräuliche Empfängnis - wurzelt in der parthenogenetischen (= ohne männliche Beteiligung) Fruchtbarkeit der prähistorischen Ur-Göttin, wie auch andere historische Göttinnen, denen jungfräuliche Fruchtbarkeit zugesprochen wurde (wie z.B. in manchen Mythemen die Isis) diesen Aspekt ihrem steinzeitlichen Vorbild verdanken. Auch der Sohn-Aspekt im Maria-Mythos geht auf die Ur-Göttin zurück: Jesus als sterbender und auferstehender Gott hat sein Vorbild im sterbenden und wiedergeborenen Sohn-Gott der Prähistorie und in dessen späteren historischen Varianten (Dumuzi/Tammuz, Attis, Adonis).
Was den Himmelskönigin-Aspekt der Maria betrifft, lässt sich dieser einerseits zur sumerischen Himmelsgöttin Inanna und andererseits zu den ägyptischen Himmelsgöttinnen Nut und Isis zurückverfolgen, also bis zum Ende des 4. Jahrtausends v.u.Z… Inanna war seit dieser Zeit die wichtigste Göttin Mesopotamiens, wurde als Morgen- und Abendstern astralisiert und entsprechend als „Himmelskönigin“ verehrt. Die ersten literarischen Hymnen auf diese Göttin werden Enheduanna zugeschrieben, einer Hohepriesterin der Inanna und Tochter des akkadischen Königs Sargon I. - sie gilt übrigens als erster in Ich-Form schreibender Autor überhaupt (d.h. eine Frau hat die Literatur begründet). Seit der Zeit Sargons I. - um 2300 - verschmolz die sumerische Inanna mit der semitischen Ischtar und nahm eine Doppelfunktion ein: als Morgenstern war sie Kriegsgöttin, als Abendstern Liebesgöttin. Noch im 8. Jahrhundert v.u.Z. wurde Ischtar (= Ex-Inanna) in Palästina, wie ikonograpischen Funde belegen, von Israeliten als „Himmelskönigin“ verehrt, und das nicht nur vereinzelt, sondern in Form eines im israelitischen Volk verbreiteten Kultes.
Unmittelbarer in die Entstehungszeit des Christentums hinein ragt aber die Tradition der ägyptischen Himmelskönigin, als welche die Muttergöttin Nut und die Muttergöttin Isis, mythologisch eine Tochter von Nut, verehrt wurden (seit dem späten 4. Jt. v.u.Z.). Nut galt als „Mutter aller Götter“ und gebar täglich aufs Neue den Sonnengott Re. Ihre Tochter Isis übernahm die schöpferischen und himmlischen Attribute von Nut. Vieles von dem, was den christlichen Kult ausmacht, bestand schon in der Isisreligion: eine Heilige Schrift, eine Priesterhierarchie, Fastenrituale, Weihwasser usw. Als Gottesmutter war Isis für Maria Vorbild in puncto mütterliches Erbarmen, Hilfsbereitschaft, Heilkraft für Blinde und Lahme sowie als „Schmerzensreiche Mutter“, die ihren Sohn (Horus) betrauert. Natürlich galt sie auch als „Himmelskönigin“. Ihr auf manchen Darstellungen erkennbarer blauer Mantel wurde von Maria übernommen, ebenso wie - seit dem Konzil von Ephesos im Jahr 431 - die Epitheta „Mutter Gottes“ und „Gottesgebärerin“.
Chan
Erratum
Die ersten
literarischen Hymnen auf diese Göttin werden Enheduanna
zugeschrieben, einer Hohepriesterin der Inanna und Tochter des
akkadischen Königs Sargon I. -
Gemeint ist natürlich König Sargon (von Akkad) ohne eine Zahlenangabe. Die nummerierten Sargons I. und II. lebten im 2. bzw. 1. Jt. v.u.Z. und waren Assyrer.
Chan
Hallo Mike
„wie soll das geschehen, da ich keinen Mann erkenne?“
„Der heilige Geist wird über dich kommen, und die Kraft des Höchsten wird dich :überschatten“ (Lk 1).
Eine ganz normale Frau?
Ja, sie wurde von Gott erwählt, den Erlöser hervorzubringen …
Luk.1,30… Und der Engel sprach zu ihr: Fürchte dich nicht, Maria! Denn du hast Gnade bei Gott gefunden.31 Und siehe, du wirst schwanger werden und einen Sohn gebären; und du sollst ihm den Namen Jesus [8] Fn. .Jesus ist die gr. Schreibweise des hebr. Jehoschua; dieser Name bedeutet »Der Herr ist Rettung«.
In der New Catholic Encyclopedia (1967, Bd. VII, S. 378 bis 381) „Die Heilige Schrift enthält keinen direkten Hinweis auf die unbefleckte Empfängnis Marias . . . Die frühesten Kirchenväter betrachteten Maria als heilig, aber nicht als absolut sündenlos. . …
als einfache Frau wusste sie - Joh.14,6 Jesus spricht zu ihm: Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater als nur durch mich! Schlachter Bibel 2000 speedytwo