Hinanyana-Buddhismus

Liebe/-r Experte/-in,
ich schreibe eine Klausur über das Thema „Hinanyana-Buddhismus“ und ich brauche ganz dringend ein paar Ratschlage oder Meinungen.

Wie sehen Sie das? Handelt es sich bei dieser Schulrichtung um eine Religion?
Im Buddhismus fehlt ja ein transzendentes Wesen. Ist es trotzdem eine Religion?
Was macht denn eine Religion denn aus?
Ihre Ansicht würde mich sehr interessieren und mir auch weiterhelfen.

Vielen herzlichen Dank und mit freundlichen Grüßen,

Maria

Hallo Maria,

über den Hinanyana-Buddhismus lässt sich eine ganze Reihe sagen. Vieles steht ganz übersichtlich im Buch von Hans Wolfgang Schumann „Buddhismus: Stifter, Schulen und Systeme“ drin.

Was mir dazu zuerst einfiel ist, dass der Name Hinanyana keine sehr günstige und in den entsprechenden Regionen gebräuchliche Bezeichnung für diese Schule ist. Sie wird als sehr abwertend verstanden.

Vielleicht wäre es mal interessant, die Entwicklungslinie des Hinanyana und des Theravada näher anzuschauen und in der Klausur zu diskutieren. Ich weiß allerdings nicht, welche Anforderungen und Erwartungen an euch gestellt wurden und wie viele „Freiheiten“ ihr in eurer Recherche habt.

Die Fragen „Was macht eine Religion aus?“, „Ist der Buddhismus eine Religion?“ werden in der Religionswissenschaft heiß diskutiert. Ob der Buddhismus eine Religion ist, hängt dabei ganz stark von der Definition von Religion ab.

Ninian Smart hat 7 Dimensionen, die eine Religion kennzeichnen herausgestellt. Dies wäre EINE Möglichkeit, Religion zu charakterisieren:

  1. die praktische und rituelle
  2. die erfahrungsmäßige und emotionale
  3. die narrative oder mythische
  4. die doktrinale und philosophische
  5. die ethische und rechtliche
  6. die soziale und institutionale
  7. die materielle Dimension (z. B. sakrale Bauwerke).

Interessant ist diese „Definition“ von Religion, da sie eine Gottheit nicht zur Voraussetzung für eine Religion macht. So gesehen zählt auch der Buddhismus zur Religion (zu einer atheistischen Religion).

Dies ist ein funktionalistischer Religionsbegriff: Religionen müssen dann auch nicht unbedingt an Gottheiten oder „transzendente Wesen“ glauben, um als Religion zu gelten.

Dieser Religionsbegriff lässt es auch zu, auch kulturelle Phänomene zu untersuchen, die unter Umständen „kurz vor“ einer Anbetung von „transzendenten Wesen“ stehen. (Du siehst: gerade kleinere Religionen entwickeln sich natürlich auch heute noch weiter)

Die andere Möglichkeit, Religion zu bestimmen, wäre auf die Inhalte und Merkmale von Religionen zu schauen. Damit wird ein -substanzialistischer Religionsbegriff- vertreten. Hier heißt es bspw. „eine Religion braucht etwas Transzendentes, Absolutes oder Numinoses.“ Dann wird es mit dem Buddhismus schwierig. Doch auch mit einem substanzialistischen Religionsbegriff ist der Buddhismus eine Religion. Denn auch beim Buddhismus geht es um eine Art „Macht“ oder „Kraft“, die der einzelne Glaubende (bzw. Meditierende) erleben kann.

Ich persönlich halte die Definition von Ninian Smart für sehr praktisch auch wenn man sich nicht nur auf diese eine beschränken sollte. Es zeigt sich heute immer mehr, das aufgrund der hochkomplexen kulturellen Phänomene keine einfache Definition mehr ausreicht. Es gibt nicht den Buddhismus, das Christentum, den Islam oder das Judentum. Es gibt aber auch nicht den Hianyana-Buddhismus (einige verwerfen den Begriff völlig) oder den christl. Protestantismus, denn auch hier spaltet es sich weiter auf bis wir beim einzelnen Menschen angekommen sind, der seine ganz persönliche Vorstellung von Religion hat und sich zwar teilweise anh die jeweiligen Institutionen orientiert, doch das was er „Gott“ nennt sich nicht zwangsläufig mit diesen Institutionen decken muss. So ists auch im Buddhismus. Zwar kann allgemein gesagt werden, dass im Buddhismus keine transzendenten Wesen „angebetet“ werden, doch sieht es bei den einzelnen Menschen wieder ganz anders aus… Die haben dann doch schon vorstellungen von lenkenden Wesen und gewissen Arten von Göttern.

Ich hoffe ich konnte dir einen einigermaßen breiten und doch etwas tiefer gehenden Überblick geben.

Wenn du noch fragen hast, dann schreibe mir einfach noch einmal.

Wenn nicht, dann viel Erfolg in der Klausur!

vastitas

tut mir leid, da bin ich kein experte. mal im internet googlen!!!
mfg zingulum

Liebe Maria,
leider bin ich kein Experte für Buddhismus. Vielleicht aber helfen dir folgende Bemerkungen:
Erstens dürftest du dich verschrieben haben - Es heißt Hinayana.
Zweitens solltest du im Auge behalten, dass Hinayana eigentlich ein abwertender Begriff ist („geringeres“ oder „schlechteres Fahrzeug“ - im Gegensatz zu Mahayana = „Großes Fahrzeug“), der deshalb umstritten ist und nur verwendet wird, weil es keinen anderen Begriff gibt, der die entsprechenden „Schulen“ umfasst und allgemein akzeptiert ist.
Von den verschiedenen historischen Richtungen des Hinayana existiert heute nur mehr eine, der Theravada („Schule der Älteren“) - vielleicht willst du genau genommen ja eigentlich darüber schreiben?
Schließlich zu deinen Fragen:
Religion ja oder nein? - Das ist eine Frage der Definition. Je nachdem ist der Buddhismus dann für den einen Religion, für den anderen Philosophie. Ich würde mir in ein paar Lexika die Definitionen für Religion anschauen …
Übrigens kann man nicht sagen, dass der Buddhismus keine transzendenten Wesen kennt. Es gibt keine Gottesvorstellung im christlichen Sinn, aber es gibt durchaus Götter (z.B. die hinduistischen), nur haben diese zwar ein sehr langes, aber kein ewiges Leben. Dafür spielt das namenlose Absolute eine zentrale Rolle.
Ich hoffe, das hilft dir ein wenig.
Herbert

Hinayana-Buddhismus
Herr Stöllner,

vielen herzliche Dank für Ihre Antwort.

Mit freundlichen Grüßen,

Maria

Liebe Margot Schuller, leider kann ich Ihnen auf diesem Gebiet nicht weiterhelfen.
Nur eine Anmerkung: Eine Religion macht aus: der Glaube an eine geistige Welt. Es muß nicht ein geistiges Wesen sein. Jedes gedankliche Bild eines göttlichen Wesens muss immer falsch sein, da wir Menschen uns nichts vorstellen können, was jenseits von Raum und Zeit ist.
Viel Erfolg bei Ihrer Arbeit. Grüße von Reinhold Müller

Buddhismus
Sehr geehrter Herr Müller,

danke!

Mit freundlichen Grüßen,
Maria

Hallo Vastitas,

vielen lieben herzlichen Dank für die sehr ausführliche und hilfreiche Mail!!!

Liebe Grüße,

Maria

Buddhismus
Hallo Vastitas,

da du so nett und hilfsbereit warst und du mir angeboten hast, dich weiterhin fragen zu können.tue ich das hiermit.

Ich habe mir etwas über die buddhistische Ethik und den allegemeinen Religionsbegriff zusammengestellt und nun wollte ich dich bitten, ob du es dir mal durchlesen könntest und mir sagen könntest, ob mein Text so in Ordnung ist oder was du daran ändern würdest.

Buddhistische Ethik:
Buddhas Lehre hat, abgesehen von dem Ziel der Erlösung, den Aspekt der universellen Solidarität im Namen des Mitleids mit allen Wesen.
Für Buddha war das Kastenwesen ein unethisches und unmoralisches System, und alle menschen waren gleich in dem Sinne, dass jeder die Möglichkeit hat, nach seinen Taten und Kräften die Erlösung zu suchen und zu finden.
Der B. ist somit eine Reformbewegung, die Kastenunterschiede nicht anerkennt. Dies war für die damalige zeit ein großer Fortschritt im sozialen und politischen Leben.
Buddhas Leben ist beispielhaft für seine Lehre. Er vermeidet immer die beiden Extreme:weder die Befriedigung der eigenen Wünsche noch die Selbstkasteiung sind die Ideale. Das erste Extrem führt zu Egoismus und Leiden und das 2.Extrem ist Leiden. Dies durchlebte Buddha selbst. Er gab die Selbstkasteiung auf und schreibt den mittleren Pfad als den Weg zur Erlösung vor.
Definiert man Religion in erster Linie durch ihren unverzichtbaren ethischen Kern, dass ist der B. eine Religion par excellence.
Die buddhistische Ethik ist in 1.Linie eine Gesinnungsethik. Die bloß intellektuelle Einsicht in das Gute reicht nicht aus, um das Gute zu tun. Im geiste der lehre vom abhängigen Entstehen lehrt Buddha das Tun der guten karmas, denn es sind karmas, die uns an diese Welt nicht nur binden, sondern uns auch von ihr befreien.Wer das karma-Gesetz ernst nimmt, sieht ein, dass Strafe und Belohnung durch einen Gott überflüssig werden. Buddhas Lehre verlangt von den Menschen die Liebe zu allen Wesen. Es gibt keine Gnade und auch keinen, der Gnade schenkt. Wenn Gott als letzte Entscheidungsinstanz ausfällt, so stellt sich die Frage nach dem Kriteium für das gute handeln. Dieses Kriterium ist nach Buddha der Mensch selbst.Damit setzt die Ethik beim Individuum und weniger bei der Gesellschaft an.

Begriffsdefinition-Was ist Religion?
Auf Grund der Vielschichtigkeit an religiösen Phänomenen ist es schwierig einen einheitlichen Religionsbegriff zu Grunde zu legen.
Es ist ein fast unlösbares Problem, das Wort Religion zu definieren. Es gibt verschiedene Methoden,um zu einem Wesensbegriff zu kommen, doch es gibt keinen gemeinsamen Nenner für sämtliche Religionen.
Der Name Religion stammt von relegere, was wörtlich „wieder aufsammeln“ bedeutet. Im übertragenen Sinne heisst das Wort „bedenken“, nachdenklich sein, nämlich angesichts einer wichtigen Sache.
Theo Sundermeier definiert Religion wie folgt:
"Religion ist die gemeinschaftliche Antwort des Menschen auf Transzendenzerfahrung, die sich in Ritus und Ethik Gestalt gibt.
Der Begriff"Transzendenzerfahrung"gehört zu jeder Religionsdefinition. Es gibt keine Religion ohne Transzendenzerfahrung. Sie ist konstitutiv für jede Religion.Transzendenz meint das Überschreiten der Grenzen der Erfahrung des Bewußtseins, des Diesseits.
Riten sind…
Eine Religion ohne Ethik ist nicht vorstellbar, denn sie ist ein essentieller Bestandteil jeder Religion.

Zum Thema Riten muss ich noch was schreiben, aber das ist nicht das Prolem.

Es wäre nett,wenn du mir sagen würdest,ob es so ok ist oder ob du was ändern würdest und wenn ja, was.

Zum Begriff Etik muss ich noch was schreiben. Soll ich einfach schreiben,was Ethik allgemein ist?Oder ist die Ethik in der Religion eine andere?

Jedenfalls muss ich ja diesen allgemeinen Religionsbegriff auf den Hinayana-Buddhismus übertragen.
Ich habe so meine Schwieriglkeit mit der „Transzendenzerfahrung“. Was genau ist denn nun die Transzendenzerfahrung im Buddhismus, vor allem im Hinayana?

Vielen herzlichen Dank für deine Hilfe…

liebe Grüße,

Maria

P.S.:falls meine E-Mail-Adresse benötigst,gebe ich sie dir

[email protected]

Hallo Maria,

das klingt schon ganz gut. Du hast deine Aussagen schlüssig miteinander verbunden und stets gut begründet.

Auch nimmst du eine wichtige wissenschaftliche Distanz zu den „Behauptungen“ und „Hypothesen“ ein und stellst damit klar, dass du diese Hypothesen kennst, ihnen aber nicht sklavisch folgst. Besonders deutlich wird das an folgendem Satz: „Definiert man Religion in erster Linie durch ihren […] ethischen Kern, dann…“

Zur Ethik solltest du in der Tat noch etwas schreiben. Halte dich allerdings nicht so an der Ethik im „Allgemeinen“ auf. Du wirst eh nicht alle Aspekte (normative E., deskriptive E. etc.) nennen können - und es ist auch nicht deine Aufgabe. Beziehe dich ganz speziell auf die Buddhistische Ethik bzw. (wenn gefordert) auf den Hinanyana-Buddhismus. Daran kannst du ebenfalls allgemeine Merkmale der Ethik klar machen.

Zum Ritual hast du bisher nichts geschrieben. Wenn das gefordert ist, dann schlage ich dir auch hier vor, Bezüge zu den bereits Geschriebenen herzustellen - damit es nicht so „unpassend“ und „verloren“ im Text steht.

Zum Thema Religionsbegriff habe ich einige kritische Anmerkungen.

Es wäre hier ebenfalls angebracht, etwas auf Distanz zu den Thesen zu gehen. So ist es keinesfalls klar, ob Religion von relegere kommt und „wieder aufsammeln“ bedeutet. Der Aspekt des „Bindens“, des „Zurück-Bindens“, der Sorgfalt, Aufmerksamkeit, Verpflichtung, Verehrung, des „Stehenbleibens und Nachdenkens“ (Luckmann) und die Besonnenheit, also all das, was religio beinhaltet, wird dann nicht deutlich.

Auch der Punkt, ob es wirklich ein „re-“ vor dem „legere“ ist ist strittig. Es wird auch das „rem-“ legere diskutiert. Diese Ausführungen sind sicher zu detaiiliert für eine Klausur, doch sollen sie dir deutlich machen, dass es grundsätzlich keine absolute Aussage in der Wissenschaft gibt.

So ist es auch mit der Transzendenzerfahrung, die deiner Meinung nach „zu jeder Religionsdefinition“ gehört. Besser wäre es, auch hier auf Distanz zu gehen: Nach -Name- gibt es keine Religion ohne Transzendenzerfahrung. Er/Sie begründet das damit, dass… (o.ä.)

Damit machst du deutlich, dass du davon weist und dich damit auseinander gesetzt hast. Aber zusätzlich zeigst du, dass du noch „lernfähig“ bist und dich nicht auf das einmal gelernte festlegst.

Übrigens:
Die Ethik in der Religion ist schon noch etwas anderes als die in der (griechisch geprägten) Philosophie. Es gibt gleiche Schnittmengen, aber es fällt in der Religion der Aspekt der „Logik“ weitgehend heraus. Die Letztbegründung liegt meist in etwas „Transzendentem“ (Gott, Erlösung).

Liebe Grüße
Vastitas

Hallo Maria, ich möchte mich nachträglich entschuldigen, dass ich auf Deine damalige Anfrage nicht geantwortet habe, Ich war eine Weil indisponiert und gesundheitlich nicht in der Lage, regelmäßig meine Mails abzurufen. Ich hoffe, dass Du inzwischen von einem anderen Experten Deine Antworten erhalten hast.

Mit den besten Grüßen, Ingmar ten Venne