hott = richtig; wist = falsch
So zu lesen im größten Heldenbuch Süddeutschlands:
_ In diesem und in den anderen Kapiteln wird erzählt, was sich vorderhand mit den Sieben Schwaben zugetragen hat
Es ist aber an der Zeit, dass ich dich, günstiger Leser, mit den Helden dieser Geschichte näher bekannt mache und was dir sonst zu wissen nötig ist, aufrichtig erzähle.
Vernimm also, dass der Seehas ausgegangen ist … Du musst aber wissen, dass dies ein Schimpfname für ihn geworden ist seit der Zeit, als die Sieben Schwaben ihr Abenteuer gehabt haben, von dem du, wenn du Geduld hast, am Ende hören wirst. Er ist aber in Überlingen am Bodensee zuerst Eschhay, dann Bannwart gewesen.
Da traf er unweit Freiburg im Breisgau den NesteIschwaben hinter einem Zaun, wo er etwas zu tun hatte, was der soeben getan hatte. Und sie machten sogleich Bekanntschaft, wie ehrliche Schwaben zu tun pflegen. Der Seehas fragte ihn, was er für ein Landsmann sei. Jener sagte, er sei kein Landsmann, sondern nur ein Mähnbub bei jenem Bauern, der dort den Acker pflüge. Da merkte der Seehas sogleich, mit wem er’s zu tun habe, und so ein Dummrian war ihm gerade recht. Er machte ihm daher den Vorschlag, er solle mit ihm kommen als sein Knecht, der ihm das Bündel trage; und wenn er etwas erzähle, so solle er nichts sagen, als dass es wahr sei. Jener sagte, er wisse aber nicht, was wahr sei oder nicht wahr.
Darauf sagte der Seehas: „Merk, Bauernlümmel: „Hott“ bedeutet wahr, „Wist“ heißt nicht wahr.“
So verstehe er’s, sagte jener, und er wolle mit ihm gehen und ihm um einen Batzen Wochenlohn sein Bündel tragen durch die ganze Welt und weiter.
Und die Geschichte weiß noch bis heutigentags nicht anzugeben, was dieser Mensch für ein Landsmann gewesen ist – ob ein Schwab oder ein Schweizer oder ein Pfälzer oder sonst einer aus dem deutschen Reich -, denn er redete in allen Landessprachen und in keiner recht. Er wird aber darum der Nestelschwab genannt, weil er statt der Knöpfe Nesteln hatte an Janker und Hosen; und da die meiste Zelt eine und die andere zerrissen war – besonders an den Hosen -, so musste er immer nachhelfen mit der einen Hand, was ihm dann so sehr zur Gewohnheit geworden ist, dass er auch dann so tat, wenn er nicht so hätte tun dürfen.
Beide zogen nun weiter und kamen zum Gelbfüßler, der in Bopfingen ansässig war.
Vom Gelbfüßler und was sich weiter begeben hat
Man erzählt, als die von Bopfingen ihrem Herzog die jährliche Abgabe, die in Eiern bestand, einst geben wollten, hätten sie die Eier in einen Krättenwagen getan und, damit recht viele hineingingen, mit den Füßen eingetreten - was denn ihrer Ehrlichkeit keine Schande macht. Daher haben sie denn alle, die aus jener Gegend sind in böser Leute Mund den Namen „Gelbfüßler“ erhalten.
Zu einem von diesen, der Bopfinger Bote war, kam nun der Seehas und erzählte ihm, dass in dem großen Wald am Bodensee ein fürchterliches Tier hause, das Land und Leuten großen Schaden zufüge- Beschreiben könne er es ihm gar nicht; aber es sei so groß wie eine wilde Katze, doch weit scheußlicher und gräulicher anzusehen; und Augen habe es im Kopf, so groß wie Goldgulden, die funkelten nicht anders als das höllische Feuer; und Ohren habe es -
„Nicht wahr, Landsmann?“
„Wist!“ sagte der Nestelschwab.
„Hott!“ sagte der Seehas.
„'s ist wägerle wahr“, sagte der Nestelschwab. Und jener fuhr fort, er beschwöre daher den Landsmann um des gemeinen Besten willen, er möge ihm mit Rat und Tat zur Seite stehen und ihm treue Helfer zu werben suchen aus allen schwäbischen Gauen.
Der Gelbfüßler sagte, fechten könne er zwar nicht; aber sei’s mit dem Laufen getan, so könne er den Teufel auf dem freien Feld fangen. Da der Seehas sagte, so einen Mann könne er brauchen, so schlug der Gelbfüßler ein und sagte, er müsse nur noch seine Stiefele anziehen und sein Rändle packen.
Als dies geschehen war, zogen sie weiter. Anfangs waren sie uneins, wohin sie sich wenden sollten, ob gegen das Ries oder die Donau. „Im Ries“, sagte der Gelbfüßler, „gibt es wohl viele Gänse, hab’ ich gehört, aber ich weiß nicht, ob es auch Menschen dort gibt.“
Der Seehas aber meinte: „Das Sehen kostet nichts; und erfahren wir’s nicht neu, so erfahren wir’s doch alt.“
Und damit gingen sie zum Ries._