Hallo Christian,
meine Einschätzung: Ein Jugendhaus ist ein Ort, an dem Kinder und Jugendliche ihre Freizeit verbringen und Möglichkeiten sinnvoller Freizeitgestaltung kennenlernen können. Sie können Führung erfahren, indem sie Grenzen erleben, sie können sich an positiven Rollenvorbildern orientieren und mit der Unterstützung der Pädagogen ihre Stärken entdecken.
Das alles funktioniert aber nur, wenn die Kinder über ausreichend kognitive und soziale Fähigkeiten verfügen, sich in dieses System einklinken zu können. Defizite in einzelnen Bereichen sind dabei in der Regel durchaus aufzufangen - schwerer wiegende psychische Störungen definitiv nicht.
Denn eines ist ein Jugendhaus mit Sicherheit nicht: Eine therapeutische Einrichtung.
Aus diesem Grund muss es wohl eine Aufgabe des Teams sein, für sich zu entscheiden, ob der Junge in ihrem System tragbar ist oder nicht. Zu berücksichtigen sind dabei die Möglichkeiten (und selbstverständlich auch die Grenzen) der Mitarbeiter und die Konsequenzen für die anderen Besucher des Jugendhauses.
Sind die Ressourcen beim Team ausreichend gut, den Jungen individuell aufzufangen und ist die Struktur der Peergroup belastbar genug, um den Jungen auszuhalten, kann man über Möglichkeiten der Integration nachdenken. Fehlt es an der einen oder der anderen Position, sollte man lieber die Finger davon lassen.
Heißt konkret: Der Junge kriegt Verhaltensmaßregeln, an die er sich zu halten hat und erfährt gleichzeitig, welche Konsequenzen der (wiederholte) Verstoß dagegen haben wird. Die letzte dieser Konsequenzen wird der Ausschluss aus der Einrichtung sein. Wenn er nicht in der Lage ist, die Tragweite des Ganzen zu begreifen, weil er beispielsweise eine geistige Behinderung hat, stellt sich die Frage nach den Möglichkeiten eines Jugendhauses erst recht.
Abhängig von dem, was realistisch (nicht idealistisch!) betrachtet von Personal und Peers leistbar ist, kann man dann überlegen, wie man ihm bei der Integration helfen kann und an Unterstützungssysteme (wie Verstärkerpläne) gehen. Auch hierbei sollte aber von Anfang an klar sein, dass ein Scheitern der Unterstützungsmaßnahmen innerhalb eines festgelegten Zeitfensters bestimmt Konsequenzen haben muss.
Gut täte sicher eine Bezugsperson, die sich verstärkt um den Jungen kümmert. Hierbei sollte es sich um jemanden handeln, der sich gleichzeitig persönlich ausreichend gut abgrenzen kann. Gleichzeitig sollte man nicht übersehen, dass verstärkte Zuwendung durch die Erzieher von den anderen Jugendlichen schnell als Ungerechtigkeit wahrgenommen werden und damit wiederum erst recht zu einer Ausgrenzung des Jungen führen.
Schöne Grüße,
Jule