Ich bin Logopaedin und brauche dringend folgende Auskuenfte:
Nach der Verschaerfung der Heil- und Hilfsmittelrichtlinien wird
es immer schwieriger, fuer Kinder und Jugendliche, die
hyperaktiv sind und unter dem sogenannten
Aufmerksamkeitsdefizizsyndrom (ADHS) leiden, eine Therapie zu
finden. Das mangelnde Konzentrationsvermoegen verursacht oft
Kranksheitsbilder, die man „Legasthenie“ oder „Dyslexie“ nennen
koennte. Die Krankenkassen machen eine Unterscheidung zwischen
medizinischer und sozialer Indikation.
Bis vor einiger Zeit spielten die Aerzte noch mit und schrieben
Rezepte aus, die den Patienten halfen ihre Sprachprobleme zu
beseitigen (die Aerzte bescheinigten den Patienten Sprech-,
Sprach- oder Stimmstoeungen). Diese Stoerungen darf ich als
Sprachtherapeutin behandeln.
Jetzt gibt es mittlerweile eine staerkere Kontrolle der
Krankenkassen und ich muss viele Patienten abweisen, die unter
ADHS und den damit verbundenen Sprachstoerungen leiden, denn das
"Leitsymptom” ist ADHS und die Sprachstoerungen werden als
sekundaer bzw. als gar nicht im Zusammhang mit ADHS stehend
gesehen. Die Argumentation laeuft darauf hinaus, dass erst die
„Erziehungsschwierigkeiten“ und „psychischen Fehler“ der
Patienten beseitigt werden muessen, bevor eine logopaedische
Therapie sinnvoll ist. Das ist natuerlich vollkommender Unsinn,
denn Ritalin (eine Psychopille zur Linderung der Symptome mit
erhebliche Nebenwirkungen) erspart den Betroffenen nicht das
Vokabellernen und hilft auch nicht, die vor der medikamentoesen
Behandung entstandenen Lese- und Rechtschreibprobleme schnell zu
beseitigen. Die Patienten muessen ganz schoen kaempfen, um ihre
Wissensluecken zu stopfen.
Die Behandlung von LRS-Stoerungen ist aber per Gesetz aus dem
Leistungskatalog gestrichen worden. Es ist keine medizinische,
sondern eine soziale Indikation und dafuer sind Krankenkassen
nicht zustaendig.
Kollegen haben mir gesagt, es gaebe eine Eingliederungshilfe
fuer diese Faelle. Doch wer legt die Ausbildungsanforderungen
an die Therapeuten fest? Welche Ausbildung muss ich haben, damit
ich ADHS-Patienten mit LRS-Problemen helfen kann? Was wird als
Abschluss anerkannt? Ich wohne in einer Kleinstadt in NRW und
telefonisch bekam ich beim Rathaus keine verbindlichen Aussagen.
Wer ist fuer dieses Problem zustaendig? Das Kreisjugendamt,
Erziehungsberatungsstellen, das Schulverwaltungsamt oder das
Sozialamt?
Die Patienten stehen auf der Strasse. Koennen Lehrer die
Therapie von ADHS- Patienten mit Lese- und Sprachproblemen
uebernehmen (ich habe das 1. Staatsexamen fuer Lehrer an
Sonderschulen: Schwerpunkt Lern- u. Sprachbehinderte)? Muss ich
extra Schulungen nachweisen (mit Einschulungstest, Testtheorie
und -praxis kenne ich mich aus —> Vordiplom in Psychologie)?
Gibt es ein einheitliches Berufsbild mit konkreten
Anforderungen? Wer kann mir und meinen Patienten konkret
weiterhelfen?
Sissi de Vries
(Logopädin/Heilpraktikerin/Diplompädagogin/ psychol.Beraterin)