Hypostasis/Person - ousia/Wesen/Natur

Hallo zusammen,

seit meiner Studienzeit beschäftige ich mich immer wieder mit der Entwicklung des christologischen Dogmas der ersten 5 Jahrhunderte. Insbesondere die für das Dogma in seiner Endgestalt seit Chalcedon 451 konstitutiven Begriffe der „hypostasis“ sowie der „ousia“ habe ich jedoch bis heute für mich nicht zufrieden stellend durchdrungen. Jesus Christus ist demnach die eine Person / Hypostase des ewigen Logos, die in zwei Naturen (göttlich / menschlich) existiert, wobei die beiden Naturen ungetrennt und unvermischt sind.
Vorbelastet durch den modernen Person-Begriff habe ich Mühe, die Inhalte der Begrifflichkeit, so wie sie von den Konzilsvätern der alten Kirche gemeint waren, zu verstehen.

Kürzlich traf ich bei Gerhard L. Müller (Katholische Dogmatik) auf die folgende Definition (S. 342f.):

„Man kann Person/Hypostase auch als Bezeichnung für diejenige metaphysische Realität heranziehen, die das Aktualisierungsprinzip einer Naturallgemeinheit benennt. Gewiss fallen bei allen wirklich existierenden Menschen die metaphysische Aktualität und die empirisch greifbare individuelle geist-leibliche Natur zusammen. Im alltäglichen Sprachgebrauch sagt man in diesem Sinn, dass jeder Mensch Person sei. Man meint damit die besondere Würde des Menschen. Kaum beachtet wird dabei die Tatsache, dass die Person, insofern sie die Subsistenz einer geist-leiblichen Natur verwirklicht, in der Relationalität zu Gott besteht, der in einem Schöpfungsakt die Person als Träger der geistigen Natur hervorbringt und auf diese Weise immer dem Menschen inexistiert.
In dem unvergleichlichen Geschehen der Menschwerdung Gottes ereignet sich diese Aktualisierung (Hypostasierung…) einer menschlichen Natur nicht durch den allgemeinen Willen Gottes, eine geschaffene Person sich gegenüberzustellen. […] Der Existenzakt, wodurch Gott die menschliche Natur Jesu als individuelle subsistieren lässt, ist dabei identisch mit der Person des Logos, in der das Wesen Gottes relational subsistiert.
Von Seiten der angenommenen menschlichen Natur ist das Einigungsprinzip die Seele. Dies gilt nicht, insofern sie die natureigene Form des Leibes ist, sondern sofern sie durch den existenzverleihenden Selbstmitteilungsakt des Logos subsistiert.“

Für ein Verständnis der Begrifflichkeit würde mir sehr weiterhelfen, wenn ich Beispiele dafür hätte, was bei einem „normalen“ Menschen die Begriffe ‚menschliche Natur‘ (= geist-leibliche?) Natur einerseits und die diese Natur tragende / zur Aktualität bringende ‚Hypostase‘ andererseits umfassen. Was umfassen die beiden Begriffe im Unterschied dazu bei Jesus Christus?

Das Verständnis des christologischen Dogmas scheint mir mit dem Verständnis dieser beiden Begriffe zu stehen oder zu fallen, daher meine zugegebenermaßen etwas spezielle Frage.

Falls mir jemand helfen kann, wäre ich sehr dankbar.

Viele Grüße
C. Schröder

Hallo Christoph,

Jesus Christus ist
demnach die eine Person / Hypostase des ewigen Logos, die in
zwei Naturen (göttlich / menschlich) existiert, wobei die
beiden Naturen ungetrennt und unvermischt sind.

ungeachtet der Tatsache, dass ich die Definition von G.L.Müller nicht ganz verstehe, schreibe ich eine einfache Erklärung.

Der Logos als Teil der Dreieinigkeit Gottes war, nach Joh.1, immer schon Teil Gottes.

Die Schöpfungsgeschichte erwähnt ihn beiläufig: „Und Gott sprach…“ Das ist das schöpferische Wort, das auch in Joh.1,3 bezeichnet ist.

Als Maria durch den Heiligen Geist schwanger wurde, geschah folgendes.
Er, der in göttlicher Gestalt war, hielt es nicht für einen Raub, Gott gleich zu sein, sondern entäußerte sich selbst und nahm Knechtsgestalt an, ward den Menschen gleich und der Erscheinung nach als Mensch erkannt.“ (Phil.2,6-7)

Jesus ließ seine Göttlichkeit bei seinem Vater zurück und war für die Dauer seines Erdendaseins ganz Mensch. Darum bezeichnet er sich selber auch als Menschensohn.

Nach seiner Auferstehung und Himmelfahrt erhielt er vom Vater wieder seinen ehemaligen Status zurück.
"20 Nun aber ist Christus auferstanden von den Toten als Erstling unter denen, die entschlafen sind.
45 Wie geschrieben steht: Der erste Mensch, Adam, «wurde zu einem lebendigen Wesen» (1. Mose 2,7), und der letzte Adam (Jesus) zum Geist, der lebendig macht.
46 Aber der geistliche Leib ist nicht der erste, sondern der natürliche; danach der geistliche.
47 Der erste Mensch ist von der Erde und irdisch; der zweite Mensch ist vom Himmel.
" (1.Kor.15)

Somit ist Jesus Gott und Mensch, aber nicht gleichzeitig.

Hoffe das hilft ein wenig.

Gruss Harald

Hypostase Person Wesen Natur und all das
Hi Christoph,

tatsächlich hast du es hier miteiner recht komplizierten Angelegenheit von Begriffsbildungen zu tun, die sich durch die frühe europäische Philosophiegeschichte ziehen und die ihre Ursprünge in den jahrhundertelangen Diskussionen um

  1. trinitarische und
  2. christologische Bestimmungen haben.

Die Verwirrung besteht dadurch, daß
a. die lateinischen Korrelate zu den griechischen Begriffen nicht immer eindeutig sind
b. sowohl die griechischen als auch die lateinischen Begriffe mehrere Bedeutungsvarianten haben können
c. sich diese Korrelationen und diese Bedeutungsvarianten im Laufe der Begriffsgeschichte veränderten

Um es hier nicht ausufern zu lassen in möglichst kurzer Form das Vokabular:

gr. ousia (schon bei Aristoteles in zwei Bedeutungen)
= lat. 1. substantia 2. essentia 3. natura 4. res = dt. Wesen, Natur, Substanz, Essenz oder (Verhandlungs-)Sache
gr. physis = lat. 1. natura 2. substantia 3. materia
gr. physis = gr. ousia (bei manchen Autoren) = dt. Wesen
gr. hypostasis = lat. 1. subsistentia 2. persona(1) = dt. Subsistenz
gr. hypostasis = gr. ousia (z.B. bei Cyrill)
gr. prosopon = lat. persona(2) (z.B. bei Sabellius)

persona(1) (= Subsistenz) und persona(2) (= Maske des Schauspielers) unterscheiden sich zwar, aber ihre Unterschieden sind Streitsache gewesen. Aus beiden persona-Begriffen entwickeln sich erst sehr viel später die heutigen, ebenfalls sehr unterschiedlichen Begriffe von „Person“ und „Persönlichkeit“ in juristischen, psychologischen und diversen sozialen Kontexten, die ich hier nicht alle aufzählen will.

Zu dem Begriff der Hypostase siehe unsere Diskussion:
http://www.wer-weiss-was.de/cgi-bin/forum/showarchiv…
http://www.wer-weiss-was.de/cgi-bin/forum/showarchiv…

und zur Etymologie von „persona“:
http://www.wer-weiss-was.de/cgi-bin/forum/showarchiv…

In dem von dir erwähnten christologischen Zusammenhang wird bzw wurde nun um die göttliche und menschliche Natur (Wesen, ousia) Christi gestritten, und entschieden in Chalzedon 451 in dieser (wörtlich) exklusiven Formulierung, daß 1. Christus beide Naturen besitze und 2. in ihm beide Naturen „zu einer Person und einer Hypostase“ (eis hen prosopon kai mian hypostasin) vereinigt seien (henosis).

Diese Formulierung wendet sich vorzugsweise gegen die Nestorianer, die die zwei Naturen als getrennt behaupteten und dementsprechend Christus auch zwei Subjekte (hypokeimena) zuordneten - und gegen die Monophysiten, die nur eine Natur behaupteten.

Hier wird es aber schon kompliziert: Denn Cyrill sprach noch von einer „henosis kath’ hypostasin“ (Vereinigung im Wesen), verwendete also den Begriff „Hypostase“ noch in einem anderen Sinne. Aber Chalzedon vermeidet den Ausdruck „hypostatische Vereinigung“. Erst Konstantinopel 553 formuliert als verbindlich für die katholische Lehre: „Wenn jemand nicht bekennt, daß der Logos Gottes (logos theou) dem Wesen nach (kath’ hypostasin) mit dem Fleisch (sarx = die materiell existierende persona = prosopon) vereinigt wurde und daß es deshalb nur EINE Hypsostase oder nur EINE Person desselben gibt … der sei ausgeschlossen“.

In der Geschichte wird also zweimal die Grundbedeutung „Hypsostase“ gewechselt. Das liegt daran, daß Hypostase auf verschiedenen Begriffs-Ebenen verwendet wurde. Die hier relevante lautet:

Hypostase ist eine individuelle, vollsträndige, für sich bestehende Substanz (substantia singularis completa tota in se) oder auch: eine substantia incommunicabilis = „unübertragbare“ Substanz.

Und die Person (persona) wiederum ist eine hypostasis rationalis (vernünftige Hypostase), also eine spezifizierte Bestimmung der Hypostase. Man kann auch sagen (nach Ludwig Ott, Grundriss der Dogmatik), die Hypostase ist die Trägerin der Natur (ousia) und das letzte Subjekt allen Seins und aller Tätigkeit, „principium quod“, und die Natur (ousia) ist das, wodurch die Hypostase ist, „principium quo“. Also noch ganz im Sinne der aristotelischen Kategorien.

Was Müller da macht, ist ein - im Sinne der damaligen trinitarischen und christologischen Diskussionen - gewagtes Thesenspiel zur Herleitung des menschlichen (d.h. nicht-christologischen) „Person“-Begriffs mit Begriffen, die ursprünglich zu den Bestimmungen der innertrinitarischen „Dynamik“ gehören: „Relationalität“, „Hervorbringen“ (processio ad extra), „inexistieren“ usw. … Gewagt deshalb, weil der Personbegriff in keinem der heutigen Verständnisse damals schon existierte. Er wird vielmehr später dem scholastischen Individuumsbegriff aufgesetzt und hat von damals aus gesehen noch eine lange Geschichte vor sich.

Er ist deshalb nicht ohne Weiteres mit dem Vokabular der Trinitätskonzepte zu bewältigen, weil der Mensch - nach dem damaligen Stand der Dinge - komplett Geschöpf ist, Christus aber nicht.

Ferner gehört der vorscholastische Seelenbegriff komplett in die menschliche Natur, nicht in die Christologie als solche. Aber das ist ein kompliziertes Kapitel und an sich too much für ein Posting.

Man kann jedenfalls im vorscholastischen christologischen Kontext sagen, daß der Mensch keine Hypostase ist. Daß die Seele die Wesenform des Leibes ist (anima … forma corporis humani essentialiter), wird erst im Konzil von Vienne 1311 formuliert. Insofern gehört zur menschlichen Natur Christi ebenfalls eine Seele. Die individuelle Seele wird nach undefinierter Lehre unmittelbar aus Nichts erschaffen. Aber dieses Erschaffen hat nichts zu tun mit der hypostatischen Vereinigung
der beiden Naturen Christi, denn der Mensch hat ja diese göttliche Natur nicht.

Sofern Müller also die damaligen Diskussionen und Formulierungen rezipiert, scheinen mir solche Fromulierungen „bei allen wirklich existierenden Menschen die metaphysische Aktualität [= Hypostase] und die empirisch greifbare individuelle geist-leibliche Natur zusammen“ nicht ganz korrekt zu sein. Sie treffen auf die damalige Christologie zu aber nicht auf jeden Menschen. Erst Meister Eckart um 1300 herum formuliert das funcelin in der Seele, darin sie EINS ist mit Gott …

Na ja, ich hoffe, daß dich das ein wenig durch die verwirrenden Begriffsspiele der damaligen Zeit geleitet?

Gruß

Metapher

Hi Metapher,

Erst Konstantinopel 553
formuliert als verbindlich für die katholische Lehre: „Wenn
jemand nicht bekennt, daß der Logos Gottes (logos
theou
) dem Wesen nach (kath’ hypostasin) mit dem
Fleisch (sarx = die materiell existierende persona = prosopon)
vereinigt wurde und daß es deshalb nur EINE Hypsostase oder
nur EINE Person desselben gibt … der sei ausgeschlossen“.

der Text aus 1.Joh.4,2-3 ist doch schon viel älter.
Daran sollt ihr den Geist Gottes erkennen: Ein jeder Geist, der bekennt, daß Jesus Christus in das Fleisch gekommen ist, der ist von Gott; und ein jeder Geist, der Jesus nicht bekennt, der ist nicht von Gott.

Warum konnte man sich erst so spät darauf einigen?
Kann man aus dem Bibeltext noch eine andere Interpretation herauslesen?

Gruss Harald

Für ein Verständnis der Begrifflichkeit würde mir sehr
weiterhelfen, wenn ich Beispiele dafür hätte, was bei einem
„normalen“ Menschen die Begriffe ‚menschliche Natur‘ (=
geist-leibliche?) Natur einerseits und die diese Natur
tragende / zur Aktualität bringende ‚Hypostase‘ andererseits
umfassen. Was umfassen die beiden Begriffe im Unterschied dazu
bei Jesus Christus?

Hallo

Vielleicht hilft Dir zum Verständnis dieser Frage, die Antworten die Sri Aurobindo oder das Vedanta gibt.

Nach diesen hat der Mensch eine niedere und eine höhere Natur. Die Niedere ist die, in die er hineingeboren ist; die Höhere, die Göttliche, die in ihm latent vorhanden ist und in die er hineinwachsen muß. Es steht hier Ego und Seele Atman gegenüber.

Daneben gibt es die Herabkünfte sogenannter Avatare. Diese gelten als direkte Göttliche Naturen. Hier könnte man Jesus einordnen. Sie finden leicht zu ihrer Göttlichen Natur im Leben, ohne ihre menschliche Natur zu verleugnen. So gesehen ist die Bezeichnung Jesu als Menschensohn und Gottessohn kein Gegensatz, sondern nur eine Änderung in der Perspektive.

Über dieses Phänomen berichtet Sri Aurobindo in seinem Werk „Essays über die Gita“ im Detail.

gruß
rolf

etwas längere Antwort :wink:
Hi Harald,

Erst Konstantinopel 553
formuliert als verbindlich für die katholische Lehre: „Wenn
jemand nicht bekennt, daß der Logos Gottes (logos
theou
) dem Wesen nach (kath’ hypostasin) mit dem
Fleisch (sarx = die materiell existierende persona = prosopon)
vereinigt wurde und daß es deshalb nur EINE Hypsostase oder
nur EINE Person desselben gibt … der sei ausgeschlossen“.

der Text aus 1.Joh.4,2-3 ist doch schon viel älter.
"Daran sollt ihr den Geist Gottes erkennen: Ein jeder
Geist, der bekennt, daß Jesus Christus in das Fleisch
gekommen ist, der ist von Gott; und ein jeder Geist, der
Jesus nicht bekennt, der ist nicht von Gott.
"

Warum konnte man sich erst so spät darauf einigen?
Kann man aus dem Bibeltext noch eine andere Interpretation
herauslesen?

janee, das stand nicht zu Debatte, das waren ja die Voraussetzungen und Ausgangspunkte des Ganzen - außerdem lautet die Stelle „im Fleisch gekommen…“ :wink:

Vielmehr ging es genauer darum, wie dies genauer zu verstehen war. Also nicht um eine andere Interpretation, sondern um eine differenziertere: Hat er während seiner (historischen) Lebenszeit beide „Naturen“ (= Wesen) gehabt, die göttliche und die menschliche? Oder war er während des irdischen Lebens nur Mensch, nicht Gott? wie unterscheiden sich die Wesenheiten während der Lebenszeit und nachdem er „zum Vater gegangen“ war? Kommt ihm nach seinem Tod die menschliche Natur nicht mehr zu? Und waren die zwei Naturen während seiner Lebenszeit zu einer Einheit verschmolzen, so, daß er nur EIN Wesen hatte (wie es die Monophysiten sagten)? Oder, sofern er beide Naturen hatte: Lagen beide Wesensbestimmtheiten dann auch als Personen (Hypostasen) vor? Und wenn ja, waren die dann eine oder zwei? Und wenn zwei: hat er dann zwei Subjekte gehabt, zwei „Ich“ (wie es die Nestorianer sagten)?

War eine eine ontische (reale) bzw. ontologische Einheit (bzw Zweiheit)? Oder war es eine nur formale Einheit, in der die zu den Personen gehörenden Selbtbewußtseine (sorry *g*) sich nur durchdringen (diese neo-nestorianische Frage wurde noch im 19. Jahrhundert diskutiert: Anton Günther)? Oder war es eine (aktuelle, akzidentelle) homogene Verschmelzung? Und wurde die wieder aufgelöst oder ist sie ewig?

So etwa lauteten Fragen, die man sich damals international stellte, und sie wurden über Jahrhunderte diskutiert, und ihre Antworten sind nicht unmittelbar aus den Evangelien zu entnehmen gewesen. Deren Autoren hatten diese hohe Bildschirmauflösung der Begriffe noch nicht. So ist zB genau genommen das Zitat 1 Joh. 4.2 irreführend, denn „Jesus Christus“ IST ja selbst schon vom Begriff her der „im Fleisch“-Dagewesene, es wäre also eine Tautologie. Was gemeint ist, ist das Bekenntnis „daß Jesus der Christus ist/war“ oder eben „daß Jesus der fleischgewordene Logos ist und daher Christus“. Der Autor hätte schreiben müssen: „daß Christus (= Logos, nach johanneischer Denkweise) Jesus (Fleisch) geworden ist - und zu uns gekommen ist“, also so, wie er es auch schon in Joh. 1.14 tat …

Jede Begriffsdifferenzierung hat eben ihre Geschichte, und daher auch das Verständnis und die Interpretation biblischer Texte …

Gruß

Metapher

3 Like

Hallo Harald,

Somit ist Jesus Gott und Mensch, aber nicht gleichzeitig.

Gerade das wurde von den Kirchenvätern als Häresie des Adoptianismus / Homuncionismus verurteilt.
Das Dogma besagt doch gerade die eine Person Jesu Christi in zwei Naturen (wahrer Mensch und wahrer Gott).

Gruß,
CS

Hallo Metapher,

vielen Dank für die ausführliche und fundierte Antwort.

Gruß,
CS

Hi Metapher,

danke für die ausführliche Antwort.

Wenn eine Sache klar zu sein scheint, merkt man gar nicht, wieviele Fragen rundherum noch möglich sind :wink:

Gruss Harald

Hallo Christoph,

Somit ist Jesus Gott und Mensch, aber nicht gleichzeitig.

Gerade das wurde von den Kirchenvätern als Häresie des
Adoptianismus / Homuncionismus verurteilt.
Das Dogma besagt doch gerade die eine Person Jesu Christi in
zwei Naturen (wahrer Mensch und wahrer Gott).

das schließt sich aber gegenseitig aus.
Als „wahrer Mensch“ kann er nicht gleichzeitig „wahrer Gott“ sein.

Es hätte auch das Ziel verfehlt, wenn Jesus während seines Erdendaseins göttlich gewesen wäre. Wie hätte er mit unserer Schwachheit mit leiden können?
Weil wir denn einen großen Hohenpriester haben, Jesus, den Sohn Gottes, der die Himmel durchschritten hat, so laßt uns festhalten an dem Bekenntnis. Denn wir haben nicht einen Hohenpriester, der nicht könnte mit leiden mit unserer Schwachheit, sondern der versucht worden ist in allem wie wir, doch ohne Sünde.“ (Hebr.4,14-15)

Gruss Harald

Hallo Christoph Schröder,

die Gotteslehre, die Gott den Menschen selbst gegeben hat, ist im Grunde sehr einfach und gut zu verstehen. Aber die Priesterschaft hat es über die Zeitläufe verstanden, die Gotteslehre so kompliziert wie möglich zu gestalten, um die eigene Unentbehrlichkeit zu erhöhen und um das Ansehen und den Verdienst zu steigern. Das hat dazu geführt, dass viele Menschen sich von solch einer Lehre zunehmen abwenden und sagen, Jesus ja, Kirche nein.

Ich will nun versuchen in aller Kürze ein treffendes Bild zu zeichnen:

Gott ist dreieinig! Aber diese Dreieinigkeit besteht nicht nebeneinander in drei Personen, was eine materialistische Sicht ist, sondern ineinander in EINER Person. Dabei ist der Vater das Göttliche an Gott, der Sohn ist das Menschliche an Gott und der Heilige Geist ist die Willenskraft Gottes, mit der er alles regiert und leitet. Denn Gott ist wahrer Gott und wahrer Mensch zugleich und hat uns nach seinem Bild geschaffen! Wir sind wirklich seine Kinder!!!

Moses hat uns in 1.Mo 1,27 gezeigt, dass Gott ein Mensch ist. Natürlich nicht unvollkommen wie wir. Wir können sagen, Gott ist der vollkommene, allmächtige, ewige Urmensch aller Menschen und sein Wesen ist die Liebe!

Daß Gott ein Mensch ist, bestätigt z. B. 2.Mo 33,23. Jesus bringt uns Gott im Vaterunser sogar noch näher, so zu sagen auf Augenhöhe, in dem wir ihn „Vater“ nennen sollen. Jesus will nicht, dass wir vor Gottes Allmacht erschrecken, sondern wir sollen ihn als lieben Vater mehr als alles andere auf der Welt lieben und unsere Nebenmenschen wie uns selbst!

Wie aber lieben wir den Himmlischen Vater, nun, in dem wir die 10 Gebote halten! Wir können ihm alles sagen, sollten ihn aber vorzugsweise um Schätze des Geistes bitten. Denn ihm geht es nicht in erster Linie um die Wohlfahrt unseres Leibes, den wir nur eine begrenze Zeit tragen, sondern um die Vollkommenheit unserer Seele! (Mt 5,48)

Der Vater weiß um alles und lässt uns die Freiheit, nach seinem oder unserem Willen zu leben. Wer von uns Kinder hat, behandelt sie doch auch nicht wie Marionetten! Wir aber sind auf der richtigen Seite, wenn wir allzeit seinen Willen tun, uns unter seinen Schutz stellen und ihm voller Vertrauen all unsere Sorgen übertragen!

Die Liebe des Vaters zu uns können wir an dem ermessen, dass er vor fast 2000 Jahren fast unerkannt (in Jesus) die Erde betrat und an Kreuz litt!

Wie ist nun die Dreieinigkeit beim Menschen gestaltet?

Die Basis der Wesenheit Mensch ist die Seele. Sie sieht genauso aus wie der Leib, sie hat alle Glieder und sie ist materiell unzerstörbar. Wenn also z. B. der Leib durch einen Unfall einen Fuß verliert, so verliert ihn die Seele nicht!

Das Verhältnis zwischen Leib und Seele kann man sich vorstellen wie das Verhältnis zwischen Kleidung und Leib. Bewegt sich der Leib, so bewegt sich auch die Kleidung. Niemand wird aber behaupten, die Kleidung habe eigenes Leben. Legt der Leib die Kleidung ab, so liegt die Kleidung unbeweglich da, so wie auch der Leib unbeweglich daliegt, wenn die Seele den Leib ablegt.

Der Leib ist also eine zeitweise vorhandene, von der Seele gesteuerte und mitbelebte materielle, biologische Maschine und ein Werkzeug der Seele, damit diese auf dieser materiellen Welt agieren kann. Er ist das Außenwesen der dreigliedrigen Wesenheit Mensch.

Zu der dreigliedrigen Wesenheit Mensch fehlt noch der primäre, alles durchdringende, Leib und Seele bedingende nichtmaterielle Geist. (Tiere haben diesen Geist nicht). Dieser Geist wird dem Menschen kurz vor der Geburt als Keim ins Herz der Seele gelegt. Die Zugehörigkeit von Geist, Seele und Leib einer Individualität ist äußerlich durch das gleiche Antlitz gekennzeichnet. (Deshalb erkennen wir uns im Jenseits wieder)

So wie nun Leib und Seele ausgebildet werden durch die Nahrung, wobei die Seele das ihr entsprechende Seelische, der Leib das Materielle aufnimmt, so wird auch der Geist durch eine geistige Speise genährt. Die geistige Speise sind die Taten nach dem Beispiel des barmherzigen Samariters.

Ist nun diese geistige Kost gut, so wächst der geistige Embryo, wird größer und größer und breitet sich in der Seele aus. Hat er die Seele erfüllt, ist die Wiedergeburt des Geistes in der Seele herbeigekommen. Das ist das Ziel, das der Mensch in seinem irdischen Leben anstreben soll.

Wenn der Leib mürbe geworden ist, kommt der Ruf Gottes an die Seele, herauszutreten aus dem Leib und ins Jenseits einzugehen. Die Seele tritt aus dem Leib und dieser, seines Lebens - und Steuerorgans beraubt, ist leblos und verwest. Die Seele aber ist in dem Moment des Austritts aus dem Leib schon im Jenseits, wird dort weitergeführt und kümmert sich nicht mehr um ihren abgelegten Leib.

Wo liegt nun der Unterschied zwischen Gott und Mensch?

Im Herzen des Geistes eines jeden Menschen wohnt ein Gottesfunke, ein lebendiges Abbild Gottes. Jeder vollkommene, also wiedergeborene Mensch, kann mit ihm sprechen!

Bei Jesus ist das anders. Im Herzen seines Geistes wohnt nicht nur ein Gottesfunke, sondern der Vater selbst!

Erst wenn die Menschheit erkennt, dass die Wesenheit des Menschen aus drei ineinander wohnenden Menschen besteht, wird sie auch die Dreieinigkeit Gottes fassen, der den Menschen nach seinem Bild geschaffen hat.

Herzliche Grüße
Helmut

gleichzeitig
Hi Harald,

Gerade das wurde von den Kirchenvätern als Häresie des
Adoptianismus / Homuncionismus verurteilt.
Das Dogma besagt doch gerade die eine Person Jesu Christi in
zwei Naturen (wahrer Mensch und wahrer Gott).

das schließt sich aber gegenseitig aus.
Als „wahrer Mensch“ kann er nicht gleichzeitig „wahrer
Gott“ sein.

Darum aber, um es noch mal zu erwähnen, ging es dich gerade. Das war neben den schon genannten die Auffassung der Nestorianer. Und dagen wandte sich explizit die Formulierung von Chalzedon: „beide Naturen in einer Person“ … und, jawohl, zugleich.

Es hätte auch das Ziel verfehlt, wenn Jesus während seines
Erdendaseins göttlich gewesen wäre. Wie hätte er mit unserer :Schwachheit mit leiden können?

Ob genau das auch als Argument verhandelt wurde, kann ich grad nicht überblicken. Aber das Gegenargument müßte etwa so gelautet haben: nur deshalb, weil er zugleich als Mensch und als Gott litt, konnte der Foltertod soteriologischen Sinn haben. Wäre er nur als Mensch gefoltert worden, dann wäre es nur halt einer mehr von vielen anderen gewesen.

Das Argument, daß er als Mensch gelebt und dann als Gott aus den Toten aufgestanden wäre, hat es meines Wissens in der Christengeschichte nie gegeben. Denn dann wäre die Auferstehenung ja keine Kunst gewesen. Götter, die vorübergehend in Menschengestalt auf der Erde verweilen, war in der antiken Welt ein geläufiger Topos, sei es bei den Griechen (bei denen z.B. Zeus seine listigen Spielchen mit menschlichen Frauen trieb), sei es bei den hindistischen Indern in Gestalt der von Thorshammer schon erwähnten Avatare …

"Weil wir denn einen großen Hohenpriester haben, Jesus, den
Sohn Gottes , der die Himmel durchschritten hat, so laßt uns
festhalten an dem Bekenntnis. Denn wir haben nicht einen
Hohenpriester, der nicht könnte mit leiden mit unserer
Schwachheit, sondern der versucht worden ist in allem wie wir,
doch ohne Sünde.
" (Hebr.4,14-15)

Ja, eben …

Gruß

Metapher

Hi Metapher,

ich will ja nicht den ganzen Disput neu aufrollen :wink:
Außerdem weiss ich zuwenig von den Inhalten, die 553 diskutiert wurden. Aber ich hab mir eben auch Gedanken darüber gemacht.

Es hätte auch das Ziel verfehlt, wenn Jesus während seines
Erdendaseins göttlich gewesen wäre. Wie hätte er mit unserer
Schwachheit mit leiden können?

Ob genau das auch als Argument verhandelt wurde, kann ich grad
nicht überblicken. Aber das Gegenargument müßte etwa so
gelautet haben: nur deshalb, weil er zugleich
als Mensch und als Gott litt, konnte der
Foltertod soteriologischen Sinn haben. Wäre er nur als Mensch
gefoltert worden, dann wäre es nur halt einer mehr von vielen
anderen gewesen.

Da muss jemand etwas anders interpretieren.
Es ist nicht die Folterung mit Todesfolge, die Jesus zum Messias macht. Sondern, dass er sein Leben lang der Sünde widerstanden hat (das wäre bei einem Gott selbstredend) und unsere Sünde, stellvertretend für uns, ans Kreuz getragen hat (das wäre einem Gott unmöglich).

Die Trennung zwischen dem Menschen Jesus und Gott, dem Vater, wird deutlich, als Jesus laut ausruft: „Eli, Eli, lama asabtani? Das heißt: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ (Matth.27,46)
Das war der Zeitpunkt, als Jesus die Sünde auf sich nahm bzw. „für uns zur Sünde gemacht“ wurde. (2.Kor.5,19)
Gott kann keine Gemeinschaft mit der Sünde haben. Ebenso kann ein Mensch Gott nicht ansehen („Mein Angesicht kannst du nicht sehen; denn kein Mensch wird leben, der mich sieht.“ 2.Mose 33,20) Und deshalb kann Jesus nicht „ganz Gott“ gewesen sein.

Das Argument, daß er als Mensch gelebt und dann als Gott aus
den Toten aufgestanden wäre, hat es meines Wissens in der
Christengeschichte nie gegeben.

Ich will da keine neue Religion gründen :wink:

Denn dann wäre die
Auferstehenung ja keine Kunst gewesen.

Die Auferstehung war eigentlich nichts Besonderes *g*
Auch Lazarus ist auferstanden, weil er von Jesus auferweckt wurde.
Die Auferstehung geschah, weil Gott (der Vater) zu seinem Versprechen stand und ihn auferweckte. Das Besondere an der Auferstehung Jesu ist, dass er „verwandelt“ wurde („Nun aber ist Christus auferstanden von den Toten als Erstling unter denen, die entschlafen sind. Denn da durch einen Menschen der Tod gekommen ist, so kommt auch durch einen Menschen die Auferstehung der Toten. Denn wie sie in Adam alle sterben, so werden sie in Christus alle lebendig gemacht werden. Ein jeder aber in seiner Ordnung: als Erstling Christus; danach, wenn er kommen wird, die, die Christus angehören;“ 1.Kor.15,20-23)

Im Gegensatz zu Lazarus, der später wieder starb, wurde Jesus verwandelt und konnte so zu seinem Vater zurückkehren.

Gruss Harald

Hallo Metapher,

wenn ich die Begriffsbestimmungen zu hypostasis und ousia richtig verstanden habe, dann kann man sagen, dass die menschliche Natur Jesu Christi nach dieser Terminologie zu einem konkreten Menschen aktualisiert wird durch die Hypostase des Logos mit seiner göttlichen Natur. Die menschliche Natur Jesu Christi subsistiert also in der Person des göttlichen Wortes, der Logos ist der Seinsakt des Menschen Jesu - durch die Vermittlung der menschlichen Seele.

Wenn das so stimmt - und bisher kann ich es nachvollziehen - dann würde ich bei der Übertragung dieser Terminologie auf die innergöttliche Trinität allerdings bei drei Personen/Hypostasen (als Aktualisierungen des einen göttlichen Wesens) gedanklich bei einem Tri-theismus landen, oder nicht?
Sind die Begriffe Hypostase und Person im Trinitätsdogma anders zu verstehen als im christologischen Dogma, oder habe ich einen Denkfehler?

Müller schreibt zu dieser Problematik im Rekurs auf die Theologie des Duns Scotus und des Thomas von Aquin (S. 361f.):

_Auf die Frage: Wer ist dieser Mensch Jesus? antworten die Thomisten: Die Person des ewigen Sohnes in der angenommenen, mit ihm vereinten und durch sie existierenden menschlichen Natur.
Duns Scotus würde hier antworten: Er ist als Mensch Adoptivsohn der Dreifaltigkeit, der mit der Person des ewigen Logos hypostatisch verbunden ist. […]

Thomas geht von einer Realdistinktion von Wesen und Dasein aus._ [Was soll das heißen?]

Er kann sagen, dass die menschliche Natur Jesu durch die Person des Logos aktualisiert und individualisiert wird.
[so weit, so gut, s.o.]

Für Duns Scotus besteht jedoch nur eine Formaldistinktion zwischen Wesen und Dasein.
[Was soll das nun im Unterschied zu Thomas heißen?]

Eine Person ist [nach Duns Scotus] nicht nur die Aktualität eines geistbestimmten allgemeinen Wesens, sondern zugleich bestimmt durch ihre ontologische Konstitution, nämlich ihre bleibende Ursprungsrelation. Zur Persondefinition gehören also zwei Momente: die Ursprungsrelation und das Wesen.
[Verstehe ich nicht.]

Die göttlichen Personen sind nicht durch eine univoke Partizipation an einer gemeinsamen Natur bestimmt, sondern gerade durch ihre relational sich vollziehenden Ursprungsbeziehungen. In der Trinität sind die Personen in ihre Selbststand positiv bestimmt. Auf jeden Fall eignet ihrer Selbstunterscheidung (Nichtmitteilbarkeit), wodurch sie sie selbst sind, kein negativer oder gar privativer Charakter. Mit der Definition der menschlichen Person verhält es sich anders. Bei der Kreatur fallen Natur und das Suppositum
[Was ist das?]
zusammen, so dass eine positive Verwirklichung einer konkret existierenden Wesensnatur in mehreren, relational aufeinander bezogenen Personen unmöglich ist.

Was bedeutet die Rede vom Suppositum bei Scotus?
Wo ist der Unterschied im Personbegriff bei Duns Scotus und Thomas, so dass Scotus offenbar einen einheitlichen Personbegriff erhält, der sowohl auf die Trinität, auf Jesus Christus und auf ‚normale‘ Menschen anwendbar ist?

Bin gespannt auf deine Erklärungen.

Gruß,
Christoph

Nebenbei: Darf ich nach der Quelle (Beruf/Ausbildung/…?) für deine detaillierten Kenntnisse fragen?

Person: Thomas, Duns Scotus
Hi Christoph,

uff - ein wenig viel Stoff auf einmal :smile:

wenn ich die Begriffsbestimmungen zu hypostasis und ousia
richtig verstanden habe, dann kann man sagen, dass die
menschliche Natur Jesu Christi nach dieser Terminologie zu
einem konkreten Menschen aktualisiert wird durch die Hypostase
des Logos mit seiner göttlichen Natur. Die menschliche Natur
Jesu Christi subsistiert also in der Person des göttlichen
Wortes, der Logos ist der Seinsakt des Menschen Jesu - durch
die Vermittlung der menschlichen Seele.

Wenn das so stimmt …

Es ist so eine Sache, diese Dinge im schwierigen scholastischen Vokabular nachzuformulieren. Es ist im Obengesagten ein wenig „schief“. Die „menschliche Natur“ aktualisiert sich in der konkreten „Person“ und das betrifft jeden Manschen. Zugleich aktualisiert sich (nach Chalzedon) die „göttliche Natur“ (d.h. der Logos, welcher Hypostase ist in der Einheit der Person. Der letzte Satz oben ist, so formuliert, wohl nicht in dieser Konzeption unterzubringen. Aber - sorry - das wäre Stoff für eine ganze Seminardiskussion …

dann würde ich bei der Übertragung dieser Terminologie auf die
innergöttliche Trinität allerdings bei drei
Personen/Hypostasen (als Aktualisierungen des einen göttlichen
Wesens) gedanklich bei einem Tri-theismus landen, oder nicht?
Sind die Begriffe Hypostase und Person im Trinitätsdogma
anders zu verstehen als im christologischen Dogma, oder habe
ich einen Denkfehler?

Sicherlich ist zu unterschieden, ob von „Person“ als einer der drei göttlichen Personen die Rede ist, oder von der Person Jesu Xi als Vereinigung der göttlichen und menschlichen Natur. Das ist sozusagen synonym zuder Formulierung „der Logos ist Fleisch geworden“. Bei einem Tritheismus landet man gerade nicht, wenn man unterscheidet zwischen Person = Einheit der zwei Naturen und Person = eine aus der Dreiheit, die EINES Wesens sind.

Thomas geht von einer Realdistinktion von Wesen und Dasein aus.

Für Duns Scotus besteht jedoch nur eine Formaldistinktion
zwischen Wesen und Dasein.
[Was soll das heißen?]

Realdistinktion ist die Unterscheiedung zweier Seinsebenen bzw. eine ontologische Unterscheidung. Formaldistiktion ist die Unterscheidung zweier Begriffsebenen bzw. eine logische Unterscheidung.

… Zur Persondefinition gehören also
zwei Momente: die Ursprungsrelation und das Wesen.
[Verstehe ich nicht.]

Ich kann auch nur spekulieren, was Müller mit Urspungsrelation meint … Womöglich meint er mit den zwei „Momenten“ (dieser hegelsche Terminus wäre hier toatal falsch angewendet) einerseits das Wesen und dann die Relation (d.h. die Beziehung) auf dieses Wesen als einem Ursprung … Du müßtest Müller selbst fragen :smile:

Was bedeutet die Rede vom Suppositum bei Scotus?

Nicht nur bei Scotus, auch Thomas verwendet „suppositum“ synonym zu „subjectum“ und „substantia“, „individuum“. Die ähnlichen Vokabeln, die alle „liegen“, „legen“, „stehen“, „stellen“, „setzen“ verwenden, sind tatsächlich sehr verwirrend, zumal sie nicht eindeutig und durchgehend konsistent verwendet werden:

subjectum ← darunterliegen
subsistentia ← darunter(be)stehen
substantia ← darunterstehen
suppositum ← darunterstellen, daruntersetzen

Wo ist der Unterschied im Personbegriff bei Duns Scotus und
Thomas, so dass Scotus offenbar einen einheitlichen
Personbegriff erhält, der sowohl auf die Trinität, auf Jesus
Christus und auf ‚normale‘ Menschen anwendbar ist?

Also genau müßte auch ich mich nochmal dareinvertiefen. Aus dem Handgelenk gesagt: Thomas macht den Begriff an den drei thematisierten Gegenständen selbst fest, ihre Analogie voraussetzend (schau mal unter „analogia entis“ nach), während Duns Scotus den Begriff auf die drei Gegenstände nur anwendet. Bin aber grad nicht sicher, ob man das so verkärzt sagen kann.

Gruß

Metapher

Nebenbei: Darf ich nach der Quelle (Beruf/Ausbildung/…?) für
deine detaillierten Kenntnisse fragen?

Vielleicht mag dir die ViKa erstmal reichen? :wink:

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Hi Harald,

Da muss jemand etwas anders interpretieren.

Nun ja, ich kann mir kaum eine Interpretation denken, die in der Zeit bis incl. zur Scholastik nicht von irgendeiner Seite ausprobiert wurde.

Es ist nicht die Folterung mit Todesfolge, die Jesus zum
Messias macht. Sondern, dass er sein Leben lang der Sünde
widerstanden hat (das wäre bei einem Gott selbstredend) und
unsere Sünde, stellvertretend für uns, ans Kreuz getragen hat
(das wäre einem Gott unmöglich).

So hätte man sich un etwa auch damals schon einigen können, wenn seit jeher alleine einige der paulinischen Schriften bekannt gewesen wären bzw. vorgelegen hätten, Rö, 1. Kor, 2. Kor z.B.

Die Trennung zwischen dem Menschen Jesus und Gott, dem Vater,
wird deutlich, als Jesus laut ausruft: "Eli, Eli, lama
asabtani? Das heißt: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich
verlassen?
" (Matth.27,46)

Über die Fragwürdigkeit dieses Zitates siehe:
http://www.wer-weiss-was.de/cgi-bin/forum/showarchiv…

Das war der Zeitpunkt als Jesus die Sünde auf sich nahm

Woher holst du das?

bzw.
für uns zur Sünde gemacht“ wurde. (2.Kor.5,19)

Wo steht das? In 2. Kor. 5.19 steht es jedenfalls nicht.

Gott kann keine Gemeinschaft mit der Sünde haben.

Nicht nur das, sondern es wäre eine widersinnige Rede. Daher ja die Einigung damals auf die Formulierung „zwei Naturen in einer Person vereinigt“ usw. Siehe die Antworten an Christoph …

Gruß

Metapher

Hallo Harald,

Es hätte auch das Ziel verfehlt, wenn Jesus während seines
Erdendaseins göttlich gewesen wäre. Wie hätte er mit unserer
Schwachheit mit leiden können?

Ob genau das auch als Argument verhandelt wurde, kann ich grad
nicht überblicken. Aber das Gegenargument müßte etwa so
gelautet haben: nur deshalb, weil er zugleich
als Mensch und als Gott litt, konnte der
Foltertod soteriologischen Sinn haben. Wäre er nur als Mensch
gefoltert worden, dann wäre es nur halt einer mehr von vielen
anderen gewesen.

Da muss jemand etwas anders interpretieren.
Es ist nicht die Folterung mit Todesfolge, die Jesus zum
Messias macht. Sondern, dass er sein Leben lang der Sünde
widerstanden hat (das wäre bei einem Gott selbstredend) und
unsere Sünde, stellvertretend für uns, ans Kreuz getragen hat
(das wäre einem Gott unmöglich).

Metaphers gegenargument war eigentlich die Kardinalfrage, mit der sich sowohl die alexandrinische als auch die antiochenische theologie herumgeschlagen haben. Denn letztendlich ging es ja nie nur um Christologie, sondern immer auch um Soteriologie.
Die Chalkedonense von 351 lehrt: die Einheit Christi „in zwei NAturen unvermischt, unverwandelt, ungetrennt, unzerteilt“, weiter, daß der Unterschied der Naturen nicht aufzuheben ist, sondern die Eigentümlichkeit (idiotes) jeder der Naturen erhalten bleibt und in eine Erscheinungsform (prosopon) und in eine Hypostase zusammenkommt.
D.h. letztlich, daß man sich in gewisser Weise von einem streng substanzontologischen (aristotelischen) Denken distanziert zukunsten einer konsequent gedachten Inkarnation. Wir sollten uns also fragen, ob wir an dem Dogma der Leidensunfähigkeit Gottes festhalten können, wenn er als Inkarnierter die Gottverlassenheit des Menschen erlebt hat.

Das Argument, daß er als Mensch gelebt und dann als Gott aus
den Toten aufgestanden wäre, hat es meines Wissens in der
Christengeschichte nie gegeben.

Ich will da keine neue Religion gründen :wink:

Keine Sorge, tust Du nicht:wink:
Bei Irenäus (und wohl auch Hermas) sind derartige Vorstellungen durchaus belegt. Zusammenfassend werden sie Adoptianismus genannt, d.h. die Erhöhung Jesu zu Gott (oder durch den Geist Gottes) zum Sohn entweder bei der Taufe (und da wären wir dann beim Mk-Evangelium) oder bei der Auferstehung. Nach Irenäus sind die Vertreter der Gnostiker Kerinth und einige Schülergruppen der Valentianer - nach Metaphers Ausführungen also kaum verwunderlich, daß es sich hier um gebildete Griechen gehandelt haben wird.

Grüße,
taju

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interessant
Hi Taju,

Das Argument, daß er als Mensch gelebt und dann als Gott aus
den Toten aufgestanden wäre, hat es meines Wissens in der
Christengeschichte nie gegeben.

Bei Irenäus (und wohl auch Hermas) sind derartige
Vorstellungen durchaus belegt. Zusammenfassend werden sie
Adoptianismus genannt, d.h. die Erhöhung Jesu zu Gott (oder
durch den Geist Gottes) zum Sohn entweder bei der Taufe (und
da wären wir dann beim Mk-Evangelium) oder bei der
Auferstehung. Nach Irenäus sind die Vertreter der Gnostiker
Kerinth und einige Schülergruppen der Valentianer

danke dir für die Korrektur! Das ist sehr interessant und es war mir nicht präsent. Ich wußte, daß du zu diesen Fragen viel mehr betragen konntest.

Gruß

Metapher

Hi Metapher,

Die Trennung zwischen dem Menschen Jesus und Gott, dem Vater,
wird deutlich, als Jesus laut ausruft: "Eli, Eli, lama
asabtani? Das heißt: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich
verlassen?
" (Matth.27,46)

Über die Fragwürdigkeit dieses Zitates siehe:
http://www.wer-weiss-was.de/cgi-bin/forum/showarchiv…

auch wenn Du es für fragwürdig hältst, es gibt keinen schlüssigen Beweis, dass Jesus es nicht gesagt haben sollte.

Und als er nach seiner Auferstehung den Emmausjüngern (Luk.24,27) die prophetischen Stellen nannte, die auf seinen Tod hinweisen, war sicher auch Ps.22 dabei.

Das war der Zeitpunkt als Jesus die Sünde auf sich nahm

Woher holst du das?

  1. Jes.53,5
    Aber er ist um unsrer Missetat willen verwundet und um unsrer Sünde willen zerschlagen. Die Strafe liegt auf ihm, auf daß wir Frieden hätten,

  2. Matth.27,45
    Und von der sechsten Stunde an kam eine Finsternis über das ganze Land bis zur neunten Stunde.

Woher kam diese Finsternis?
Es war keine Sonnenfinsternis, weil es Vollmond gab!

für uns zur Sünde gemacht“ wurde. (2.Kor.5,19)

Wo steht das? In 2. Kor. 5.19 steht es jedenfalls nicht.

Verzeihung, Zeile verrutscht :wink:
2.Kor.5,21

Gruss Harald

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