Hallo zusammen,
seit meiner Studienzeit beschäftige ich mich immer wieder mit der Entwicklung des christologischen Dogmas der ersten 5 Jahrhunderte. Insbesondere die für das Dogma in seiner Endgestalt seit Chalcedon 451 konstitutiven Begriffe der „hypostasis“ sowie der „ousia“ habe ich jedoch bis heute für mich nicht zufrieden stellend durchdrungen. Jesus Christus ist demnach die eine Person / Hypostase des ewigen Logos, die in zwei Naturen (göttlich / menschlich) existiert, wobei die beiden Naturen ungetrennt und unvermischt sind.
Vorbelastet durch den modernen Person-Begriff habe ich Mühe, die Inhalte der Begrifflichkeit, so wie sie von den Konzilsvätern der alten Kirche gemeint waren, zu verstehen.
Kürzlich traf ich bei Gerhard L. Müller (Katholische Dogmatik) auf die folgende Definition (S. 342f.):
„Man kann Person/Hypostase auch als Bezeichnung für diejenige metaphysische Realität heranziehen, die das Aktualisierungsprinzip einer Naturallgemeinheit benennt. Gewiss fallen bei allen wirklich existierenden Menschen die metaphysische Aktualität und die empirisch greifbare individuelle geist-leibliche Natur zusammen. Im alltäglichen Sprachgebrauch sagt man in diesem Sinn, dass jeder Mensch Person sei. Man meint damit die besondere Würde des Menschen. Kaum beachtet wird dabei die Tatsache, dass die Person, insofern sie die Subsistenz einer geist-leiblichen Natur verwirklicht, in der Relationalität zu Gott besteht, der in einem Schöpfungsakt die Person als Träger der geistigen Natur hervorbringt und auf diese Weise immer dem Menschen inexistiert.
In dem unvergleichlichen Geschehen der Menschwerdung Gottes ereignet sich diese Aktualisierung (Hypostasierung…) einer menschlichen Natur nicht durch den allgemeinen Willen Gottes, eine geschaffene Person sich gegenüberzustellen. […] Der Existenzakt, wodurch Gott die menschliche Natur Jesu als individuelle subsistieren lässt, ist dabei identisch mit der Person des Logos, in der das Wesen Gottes relational subsistiert.
Von Seiten der angenommenen menschlichen Natur ist das Einigungsprinzip die Seele. Dies gilt nicht, insofern sie die natureigene Form des Leibes ist, sondern sofern sie durch den existenzverleihenden Selbstmitteilungsakt des Logos subsistiert.“
Für ein Verständnis der Begrifflichkeit würde mir sehr weiterhelfen, wenn ich Beispiele dafür hätte, was bei einem „normalen“ Menschen die Begriffe ‚menschliche Natur‘ (= geist-leibliche?) Natur einerseits und die diese Natur tragende / zur Aktualität bringende ‚Hypostase‘ andererseits umfassen. Was umfassen die beiden Begriffe im Unterschied dazu bei Jesus Christus?
Das Verständnis des christologischen Dogmas scheint mir mit dem Verständnis dieser beiden Begriffe zu stehen oder zu fallen, daher meine zugegebenermaßen etwas spezielle Frage.
Falls mir jemand helfen kann, wäre ich sehr dankbar.
Viele Grüße
C. Schröder