Hallo,
Jeder Gedanke an einen bevorstehenden Atomkrieg ist
unbegründet,
wir haben heute den Vorteil, daß wir alle kriegerischen Konflikte der Vergangenheit im Nachhinein analysieren und die Entwicklung bis zum heißen Ausbruch nachvollziehen können. Wenn man fair wäre (bzw. es sein könnte), müßte man sich aber die Entwicklung vor dem eigentlichen Krieg anschauen und die Wahrscheinlichkeit eines Ausbruchs x Jahre vorher zu ermitteln versuchen. Es dürfte den wenigsten ohne das Wissen um die Zukunft gelingen, die Wahrscheinlichkeit bzw. Beginn und die Intensität des folgenden Krieges exakt zu bestimmen.
Ein Krieg begann noch nie damit, daß bewaffnete Truppen von Land A aus in Land B einmarschierten, ohne daß es eine Vorgeschichte gegeben hätte und ein Krieg begann auch noch nie damit, daß von jetzt auf gleich ohne Grund gleich mit den schwersten verfügbaren Waffen gegen den Gegner vorgegangen wäre. Vielmehr gibt es mehrere Eskalationsphasen (heute mehr als noch früher), deren Übergang jeweils relativ fließend erscheint. Am Ende führten die aber trotzdem vom Frieden zum Krieg - gelegentlich zum Weltkrieg.
Genauso gab es andere Konflikte, bei denen es aus Besonnenheit oder Zögerlichkeit einzelner Akteure eben doch nicht zum Äußersten gekommen ist. Fragt man Zeitzeugen in Bevölkerung und Politik kann bspw. die Brisanz der Kubakrise kaum überschätzt werden.
Zusammenfassend: eine Betrachtung im Nachhinein ist die einzige, die Sicherheit verspricht. Mitten in der Eskalationsphase muß eine Beurteilung nicht zwangsweise das spätere Ergebnis treffen. Allein schon, weil man als mehr oder weniger interessierte Öffentlichkeit weder die Details kennt noch die Persönlichkeit der Protagonisten noch ihr Umfeld.
Ein interessantes Buch in dem Zusammenhang ist übrigens „Ende“ von Anton-Andreas Guha. Dort wird in Tagebuchform die Entwicklung vom Kalten Krieg bis zum dritten Weltkrieg und letztlich zum Atomkrieg über Deutschland erzählt, ohne daß man auch nur an einer Stelle den Eindruck hätte, die Eskalation wäre aus dramaturgischen Gründen aufgemotzt oder beschleunigt worden. Obwohl aus dem Jahre 1983 stammend, hat es an Eindringlichkeit und Realismus bis heute nichts verloren.
Gruß
C.