"Ich meide Medien komplett"

Gefunden auf otto.de web.de:

Gruß,

Kannitverstan

Und nun?

Leute, die sich nicht über das Weltgeschehen informieren, die gibt es, das ist eigentlich nicht neu. Man bezeichnet solche Personen meist als „einfach“ oder auch als „ungebildet“.

Nix. Der Witz, den ich darin sehe:
Jemand erzählt in einem Internetforum, dass es ihn nervt, beim Email-Lesen mit Nachrichten konfrontiert zu werden, und offensichtlich weiß er auch über das TV Bescheid.
Aber er meidet die Medien komplett :wink:
Sicher brüstet er sich damit auch auf Facebook und Twitter…

Gruß,

Kannitverstan

Abgesehen von dem Spruch mit „Ich meide Medien komplett“, der natürlich Blödsinn und in diesem Zusammenhang auch paradox ist, spricht er doch ein durchaus wahres Wort zum Thema Berichterstattung über Fernsehformate.

Und das kann ich nur voll unterstreichen. Ich meide Medien natürlich nicht komplett, und halte mich im Gegensatz sogar für recht gut informiert, gerade weil ich recht viel und regelmäßig Medien konsumiere. Aber ich finde es auch zunehmend erschreckend, welchen Platz in Print, Radio und Web inzwischen Berichterstattungen über Dinge einnehmen, die im engeren oder weiteren Sinne mit Trash-TV zu tun haben, das ich für sich genommen strikt meide, mit dem ich aber so doch ständig in aufdringlicher Form belästigt werde. Man kann ja inzwischen keine ganz normale, biedere Tageszeitung mehr aufmachen, ohne dass einem diverse entsprechende Meldungen an den Kopf geknallt werden. Man kann kaum noch Radiosender mit ansonsten akzeptablem Musikprogramm und sonstigen Beiträgen über eine längere Autofahrt hören, ohne dass man auch dort unfreiwillig erfährt, was gerade in welchem Trashformat so läuft (ja, ich weiß, man kann die Station auch wechseln, aber ich fummle nicht gerne bei Autobahngeschwindigkeit ständig am Radio).

Genau so schlimm in meinen Augen die Wiedergabe von irgendwelchem Mist aus dem Internet in Radio, Fernsehen und Presse. Ich nutze Fratzenbuch ja mit Absicht nicht mehr, als um zu sehen, was die weitere Familie und Freunde ggf. mit Fotos meiner Kinder treiben. Aber dann werden einem ständig minutenlang irgendwelche Postings von Bumsi und Pupsi vorgelesen, die den Inhalt einer leeren Klopapierrolle haben, oder findet man abgedruckt große Bilder mit verunstalteten Texten, in denen sich ein Gartenzaun an den anderen reiht, und die außer „ganz viel tollen Schlagwörtern“ so rein gar nichts zu sagen haben.

1 Like

Dito. Und das ist manchmal richtig peinlich: „Am Samstag kommt Hans Dampf, der Gewinner von ‚Deutschlands Superhansdampf‘ 2015, zur Autogrammstunde ins städtische Einkaufszentrum!“ - letztens sinngemäß im Anzeigenblatt einer 15000 Einwohner-Stadt gelesen :stuck_out_tongue_closed_eyes:

An der Stelle sei „Deutschlandfunk Kultur“ empfohlen:
Trash-Formate werden hier - wenn überhaupt - nur am alleräußersten Rande erwähnt, ansonsten gibt’s teils sehr interessante Reportagen, eine mitunter bemerkenswerte Musikauswahl, Humor mit Niveau - und natürlich die Stimme von Ute Welty, die allein schon Grund genug ist, den Sender NICHT zu wechseln :kissing_smiling_eyes:

Gruß,

Kannitverstan

1 Like

Dem mir gratis den Briefkasten verstopfendem Anzeigenblättchen verzeihe ich solche Dinge noch. Das wandert - wenn mich nicht gerade mal sonntägliche Langeweile packt - ohnehin üblicherweise direkt vom Briefkasten in die Tonne und erreicht somit nicht mal unser Haus. Aber wir hatten hier neulich in der von mir bezahlten Tageszeitung (für den ganzen Großraum Hannover) über mindestens zwei Wochen diverse große Berichte und Fotos von irgendeiner dahergelaufenen Hupfdohle aus irgend so einem Trashformat, die hier ebenfalls in einem Einkaufszentrum rumhopsen wollte.

Deutschland Funk Kultur hatte ich zufällig vorletzte Woche auf meinem Baustellenradio. Das ist mir dann aber doch zu schwere Kost für nebenbei. Da bleibe ich dann lieber bei Radio21 und ertrage den ein oder anderen Mist (textlich wie musikalisch). Bei uns in der Wohnung läuft (wenn überhaupt) dann eher Webradio mit Rock, Blues und Jazz

Früher war alles besser!

Dann „konsumierst“ du einfach dei falschen Medien.

Seitdem ich keine Tageszeitung mehr im Abo habe, nutze ich überwiegend das Internet, das Fernsehen und beim Autofahren das Radio. Und was soll ich sagen? Ich werde nicht mit Trash zugemüllt, überhaupt nicht. Im Internet kann ich auf seriöse Medienangebote zugreifen, beispielsweise faz.net, aber auch auf viele fachliche oder allgemeinbildende Angebote. Im Fernsehen nutze ich die Nachrichtensendungen von ARD und ZDF, manchmal auch die privaten Nachrichtensender, außerdem natürlich die Sportsendungen. Wenn ich Auto fahre, höre ich Deutschlandradio oder NDR-Info. Alles toll, kaum Boulevard.

Auf der Startseite meines Browsers oder bei bing.com oder auch an anderen Stellen werde ich manchmal auf Medien hingewiesen, die über die bunten Themen Berichten, Harry und Megan, Heidi Klum und ihre Top-Models usw., manchmal klicke ich auch in so etwas rein, aber eher selten. Das Angebot ist vorhanden, sicher auch nicht zu knapp, aber ich muss es nicht nutzen und es müllt mich auch nicht zu.

Früher musste man seine seriösen Printmedien kaufen, und wenn man mal Lust auf Klatschpresse hatte, musste man mindestens zum Friseur gehen oder beim Kiosk Geld ausgeben. Im Fernsehen gab es nur fest getaktet (zwar überwiegend seriöse) Angebote, aber man konnte nicht 24/7 Nachrichten sehen. Auch die reinen Nachrichtenkanäle im Radio gab es vor Anfang der Neunziger nicht. Durch Internet und private Rundfunkanbieter hat sich das Angebot massiv verbreitert, es ist überwiegend umsonst und es bedient die unterschiedlichen Zielgruppen.

Aber schon meine Oma meinte:

Früher war alles besser!

Welche Hupfdohle wo auftritt, auch das kann ich noch verstehen. Dann kann ich z.B. das entsprechende Einkaufszentrum an dem Tag meiden (nicht eigentlich wegen der Hupfdohle, sondern weil es da dann von Menschen wimmelt, die die Hupfdohle oder das Begleitprogramm sehen wollen).

Auch ich lese viel im Internet. Ich habe eine Zeitung abonniert, eine lokale, auch weil ich finde, dass man Printmedien, die auch im Internet veröffentlichen, unterstützen sollte. Mehr als eine Zeitung kann ich mir aber nicht leisten. Außerdem genieße ich es - im Vergleich zu früher - dass ich eben nicht nur eine Zeitung lese, sondern dass ich verschiedene lesen kann, dass ich zu einem Thema verschiedene Berichte lesen kann.

Aber hier- und da muss ich Rotalge widersprechen - begegnet mir eben genau der Trash, den Wiz und Kannitverstan monieren. Natürlich nur als Überschrift und Anriss des Artikels, aber ich kenne die Namen von verschiedenen Trashkandidaten einfach dadurch, weiß dadurch, wer sich gerade wieder mit wem verbandelt hat (Leute, die ich auf der Straße nicht erkennen würde, die mich nicht interessieren), so Zeug bleibt einfach in meinen Hirnzellen hängen (und belastet die Speicherkapazität). Schlimmer: es muss Leute geben, die das anklicken und lesen, sonst würde es nicht veröffentlicht.

Ich habe mich bewusst von der Berichterstattung dieser Hochzeit in England vor ein paar Wochen ferngehalten. Dennoch weiß ich, wie das Kleid ausgesehen hat, wie die Braut heißt, dass es Probleme mit der Berichterstattung über ihre Herkunft gab, dass ihr Vater mal da sein wollte und dann mal nicht (verpasst habe ich, ob er nun dabei war, immerhin), dass es Täschchen für die Gäste gab, die dann auf ebay versteigert wurden, … usw. All das OHNE EINEN EINZIGEN ARTIKEL angeklickt zu haben, nur durch die Sidebars, Vorschauen, usw. Und das kann man multiplizieren mit Menschen, die nichts, aber auch gar nichts erreicht oder geschaffen haben, außer dass sie in irgendeinem Fernsehprogramm zu einer kleinen Berühmtheit gekommen sind.

Ich habe gerade einen Krimi gelesen, Die Menschen, die es nicht verdienen, von Michael Hjorth. Dort bringt ein Serienkiller genau die Sorte Menschen um, VIPs aus TVs Gnaden, die aber ansonsten durch nichts anderes glänzen. Zumindest in der Prämisse ist der Mörder bei mir auf gewisse Sympathien gestoßen.

Grüße
Siboniwe

2 Like

Für die lokale Berichterstattung gibt es hier bislang leider keine wirkliche Alternative zur gedruckten Tageszeitung, bzw. ist das kostenpflichtige volle Online-Programm eine 1:1 Kopie der gedruckten Variante (gönne ich mir gelegentlich Urlaub). Was kostenfrei erreichbar ist, ist so mit Werbung überladen, dass selbst meine 200MBit-Leitung und mein modernes Highend-Tablet stöhnen. Abgesehen davon, dass man das Angebot massiv mit der Einbindung externer Angebote zu Sport, Reise, … aufbläht, bei denen es nur um Clickbaiting geht, und die man dann mühsam vor sich her schiebt.

Regional nutze ich die Nachrichten von N3, wenn ich um 21:45 Zeit dafür habe. Die sind aber eigentlich auch schon wieder zu voll mit nationalen und internationalen Nachrichten, die ich tagsüber im Internet bekommen kann.

„Sarah Lombardi ist frisch verliebt“ sehe ich übrigens gerade auf faz.net :wink: Das ist aber grundsätzlich schon eine Seite recht nah an meinem Geschmack, wobei mir die dann doch für den schnellen Blick zwischendurch oft schon wieder zu trocken ist. Ich habe ja auch gar nichts gegen ein paar spaßige Geschichten am Rande. Das geht aber auch ohne tägliche Meldungen von Sarah Lombaridi und Co.

Vor Familie und Haus habe ich mir gerne das Vergnügen gemacht, die Samstagsausgabe der FAZ und ggf. auch noch der Süddeutschen, der NZ oder Times intensiv zu lesen. Die Zeit fehlt mir heute leider. Und angesichts der Möglichkeiten des Internets fühle ich mich heute grundsätzlich auch nicht schlechter als damals informiert. Es geht sogar heute alles viel schneller und einfacher. Insoweit war früher sicher nicht alles besser. Allerdings hat die Qualität nun mal vielfach ganz massiv nachgelassen, und dies finde ich schon teilweise bedenklich.

1 Like

Bist du sicher, dass du Deutschlandfunk Kultur hattest, und nicht etwa ohne Kultur? Der „normale“ Deutschlandfunk ist in der Tat eher was für Aurikularmasochisten :smile:

Ja, es hat schon auch sein Gutes, dass man heute zwischen so vielen Medien auswählen kann.

Gruß,

Kannitverstan

Doch, das war schon „Kultur“, mit einem ziemlich verquasten Beitrag pro/contra Märchen für Kinder, die voller ganz, ganz böser, überkommener Rollenbilder stecken (Prinzessin wird gezwungen hässlichen Frosch zu küssen; Schneewittchen wird - ungefragt - vom Prinzen wachgeküsst #metoo; …), Opernpremiere hier, Literaturpreis da, …

Das ist mir für „Begleitmusik“ neben dem samstäglichen Trockenbau oder im Auto dann doch zu viel.

An Nachrichten über Sandra Lombardi kann ich mich erinnern, seit ich deutsche Tageszeitungen im Web lese (Bild habe ausgeblendet, sonst habe ich gleich morgens Magenbeschwerden). Wer tun Kuckuck ist das??

Die Sandra heißt eigentlich Sarah und ihr Nachname ist Lombardi, seit sie mit Pietro Lombardi verheiratet war. Beide sind ehemalige „DSDS“-Teilnehmer, vielleicht sogar Gewinner, keine Ahnung. Jedenfalls recht passable Kandidaten für deinen Serienkiller :wink:

Es ist tatsächlich beängstigend, was man so alles mitkriegt und behält, ohne sich
a) dafür zu interessieren und
b) damit zu beschäftigen

Gruß,

Kannitverstan

2 Like