Guten Abend!
Kann mir jemand helfen die Bedeutung meines Nachnamen zu finden? Es handelt sich um den slawischen Familiennamen Graßke (Grasske) ??
Guten Abend!
Kann mir jemand helfen die Bedeutung meines Nachnamen zu finden? Es handelt sich um den slawischen Familiennamen Graßke (Grasske) ??
Hallo Namenloser,
wie kommst Du auf „slawisch“?
Wo slawisch, wann slawisch, wie lange slawisch?
Ich kann Dir so nur sagen: könnte sein, ist aber bei weitem nicht sicher. Ich bräuchte dazu deutlich mehr Informationen über die Region, in der Deine Familie in den letzten 200 besser 400 Jahren gelebt hat.
Zumindest aber wo die Familie in der Zeit um 1900 beheimatet war.
Ich vermute mal, dass es sich um eine Region handelt, in der sowohl deutschsprachige Personen als auch slawischsprachige Personen neben einander gleichzeitig lebten…
Soweit für den Moment
Viele Grüße und einen schönen Abend wünscht (—> Ein Abschiedsgruß wird hier gern gesehen)
Alexander
Hallo Alexander,
die Frage, warum slawisch habe ich mir hier auch schon gestellt.
Zum Einen deutet die Endung „-ke“ schon in die Richtung bzw ist mir hauptsächlich aus ehemaligen deutschen Ostegbieten geläufig.
Was aber gar nicht zum slawischen passen will ist das „ß“.
Mal abwarten, ob wir nähere Infos bekommen.
Gruß
Lawrence
Guten Abend!
Die Endung meines Namen ist ke daher denke ich das mein Familienname slawischen Ursprung ist. Ich heiße Graßke, in manchen alten Urkunden auch als Grasske. Sowéit mir bekannt, zu mindest in den letzten 150 Jahren, lebte mein Familie im Spreewald und Umgebung.
Mit freundlichem Gruß
Falk Graßke
Hallo Falk,
gut, Danke für die zusätzliche Info. Der Spreewald war bis um das Jahr 1000 nach Chr. slawisch-sprachig. Die Familiennamen sind in diesem Teil Deutschlands jedoch vermehrt erst ab ca. 1300 (1200 in den Städten) aufgetaucht. Somit bleibt meine große Skepsis, ob Du mit „slawisch“ richtig liegst.
Wie Lawrence schon schrieb, ist das Suffix -ke ein überaus häufiges Namenspartikel insbesondere im Bereich des niederdeutschen Sprachraumes. Die Grenze zwischen niederdeutsch und hochdeutsch verläuft etwa entlang folgender Linie: Dünkirchen/Frankreich - Brüssel/Belgien - Aachen - Düsseldorf-Benrath (dort kreuzt diese Linie den Rhein, daher wird sie auch „Benrather Linie“ genannt:wink: - Hagen/Westf. - Kassel - Wittenberg - Frankfurt/Oder - Posen/Polen. Es ist gleichzeitig die Lautgrenze zwischen „machen“ und „maken“, „ich“ und „ik“.
Der Rufname „Anke“ ist die niederdeutsche Variante von „Annchen“ oder im Bayerischen „s’Annerl“ = die kleine Anna.
Das Suffix -ke repräsentiert somit die Verkleinerungssilbe „-chen“. In der Onomastik kann diese Verkleinerung in aller Regel als „der Kleine (Sohn) des …“ interpretiert werden.
Unsere Familiennamen rekrutieren sich aus genau vier Hauptgruppen: #
Aus Berufen (Schmid -> Schmittke)
Aus Herkunftsbegriffen (Waggershausen, Adenauer, Steinbrück, Effenberg)(hier lässt sich eher selten ein daraus entstandener Familienname mit -ke finden; selbst „Zerbske“, was ich mir gut vorstellen hätte können, scheint es nicht oder nur extrem selten zu geben http://www.verwandt.de/karten/absolut/zerbske.html.
Aus Übernamen (= ähnlich Spitznamen) Schnell -> Schnelleke
Und eben die, die aus Rufnamen entstanden sind: Bartholomäus - Bartel -> Bartelke, Bartke; Erasmus - Rass -> Raske
Bei Deinem Namen liegt vielleicht die Ursache in einem alten Rufnamen.
Es gibt zwei Rufnamensgruppen, aus der Dein Name theoretisch kommen könnte.
Aber es gibt noch eine zweite Rufnamensgruppe, die ebenfalls „grad“ als Namensglied hat. Diese Rufnamensgruppe ist slawischen Ursprungs und geht auf das slawische Wort „gradu“ (= Burg, Stadt; siehe Belgrad, Wolgograd, Stargard/Pommern aber auch Graz in Österreich! sic!) zurück. Damit findet dieses „grad“ sein Pendant im germanischen Rufnamensteil „Burg“: Burghart, Borgwart, Burgmann, Burgwin, Walburga, Hildburg etc.
Im Slawischen gab es Rufnamen wie Gradumir, Gradoslav u.a., die in Kurzform „Gradu“ oder „Grazo“ hießen. Da wir im Spreewaldgebiet um die familiennamensentstehende Zeit zwar schon im germanischen Sprachraum stehen, war die ganze Tradition dennoch (bis heute!) noch sehr stark mit der slawischen Kultur verbunden und benutzte durchaus gemanisch ausgesprochene slawische Rufnamen als Alltagsrufnamen weiter. So könnte man das Suffix -ke als germanische Neuanfügung an einen slawischen Kurzrufnamen deuten (ich tendiere zu dieser Sichtweise), weshalb die Bedeutung „Der kleine Sohn des Grazo“ wahrscheinlich ist.
Stellt man sich auf den (nicht unberechtigten) Standtpunkt, dass man Familiennamen nie aus zwei unterschiedlichen Sprachen erklären sollte (hier: slawisch und germanisch-deutsch), dann könnte man das -ke als Eindeutschung aus dem slawischen -ki/ky deuten, was soviel wie „von“ heißt. Folglich bleibt die Bedeutung gleich: „(Der kleine Sohn) von Grazo“. Die Vokalsenkung im Dialekt vom i-Laut zum e-Laut müsste dann aber über andere Quellen glaubhaft gemacht werden. Ich schließe das nicht aus, dass es solch eine Verdumpfung des Vokals (e ist dunkler als i) in dem Raum gibt/gab. Ich weiß es schlicht nicht. Da das Ergebnis aber in beiden Interpretationen das Gleiche ist, halte ich diese Nuance auch für unerheblich (André Müller möge mir verzeihen).
Hier sollte man meinen sollte ich aufhören. Aber ich habe einen Aspekt noch nicht angesprochen, und dieser wirft letztlich all das bisher Gesagte über den Haufen. Dass ich das bisher Geschriebene dennoch stehen lasse, ist darin begründet um Dir zu zeigen, dass ein Familienname selten nur eine einzige Ursache haben kann, oft sind es mehrere, manchmal (wie bei Deinem Namen Graßke) sogar fast unendlich viele. Und es gilt eine Vielzahl von Einflussfaktoren bei der Namensdeutung zu berücksichtigen. so auch die 100-km-Regel:
Die 100-km-Regel besagt, dass die Distanz zwischen dem Wohnort der Familie um 1900 und dem Ort, an dem der Name erstmals als Familienname verwendet wurde, sehr selten größer als 100 km Luftlinie ist - trotz aller Mobilität von heute. Das ist auch der Grund, weshalb die Namensverteilungskarten von heute sehr aufschlussreich sind, in welcher Region ein Familienname entstanden ist.
Jedenfalls ist eine Namensverteilung wie diese http://www.verwandt.de/karten/relativ/grasske.html schon sehr ungewöhnlich und deutet per se NICHT auf einen Rufnamen. Rufnamen sind sehr viel breiter gestreut und kommen nicht so zentriert in einer Ecke der Republik vor.
Leider habe ich vom Osten Deutschlands nur relativ schlechte elektronische Landkarten. Aber ich habe just in dem Gebiet des Spreewaldes einen Ort „Krossen“ gefunden (Gemeinde Drahnsdorf). Und je nach dem wie das örtliche Dialekt den Ortsnamen verunstaltet, könnte er „Kross“ oder „Krass“ ausgesprochen werden oder worden sein. Und da ist dann über eine kleine Aussprache-Änderung der Weg zum „Grass/Graß“ nicht mehr weit. Dann wieder das schon bekannte Diminutivsuffix -ke und dann passt wirklich alles zusammen: „Der Kleine aus dem Ort Krossen“
Namensverteilung: diese starke Konzentration weist auf eine Örtlichkeit (kleinen Ort oder Flurname als Wohnstätte) oder einen Spitznamen hin, kaum auf einen Rufnamen.
Namensbedeutung: nachvollziehbar: Bezeichnung nach seiner Wohnstätte, Herkunft
Namenshäufigkeit: Krossen ist ein kleiner Ort, somit ist auch der Familienname, der aus diesem Ortsnamen erwachsen ist, ziemlich selten.
Damit dürften wir jetzt wirklich alles haben:
Am wahrscheinlichsten erachte ich den Namen als
Herkunftsnamen nach der Wohnstätte für einen Einheimischen
geographische Herkunft: Spreewald
räumliche Herkunft: ländlich (fast alle Familiennamen aus Herkunftsbezeichnungen sind ländlichen Ursprungs)
Alter: erstmals verwendet ca. 1350 bis 1450
Formales: durch Buchstabenverschiebungsmöglichkeiten gibt es eine Unzahl von Varianten, die man alle einzeln auf die Wahrscheinlichkeit hin überprüfen müsste, möglicherweise würde sich auch noch irgend eine Bezeichnung für einen Übernamen (Spitznamen) ergeben, die auch tauglich wäre. Die in Betracht kommenden Buchstabenverschiebungen:
G-K-Ch-H
r-l
a-o-u-au-ow-ai-
s-z-tz-t-d
woraus sich zahllose mögliche Buchstabenkombinationen ergeben.
Nur die Endung -ke ist und bleibt letztlich eindeutig.
Abschluss: Nix gwies woas ma ned (= nichts Genaues weiß man nicht) - sagt der Bayer. Aber bitte dennoch keine Hoffnungslosigkeit: die oben geschilderten Möglichkeiten dürften schon die wahrscheinlichsten Deutungen sein. Die Namensverteilung bringt mich zur Herkunftsnamen-Deutung, bei anderer Verteilung hätte ich die Rufnamensdeutung bevorzugt.
Hoffentlich hat es Dir ein wenig genutzt.
Viele Grüße und gute Nacht wünscht
Alexander
Hallo Alexander,
warum darf man pro Beitrag eigentlich nur einen Stern vergeben?
Nur eines will ich wegen der 100 Km-Regel noch anfügen.
Keine 100 Km vom Spreewald ist das Wohngebiet der slawischen Sorben und es ist nachweislich bewiesen, dass deren Verbreitungsgebiet einst viel größer war.
Damit dürften viele Ortsnamen auf slawische Wurzeln zurückgehen, so wahrscheinlich auch das Krossen. Übrigens gibt es auch ein Crossen an der Oder unweit der Oder-Neiße-Linie im heutigen Polen, einstmals Schlesien.
Gruß
Lawrence
Hallo Lawrence,
warum darf man pro Beitrag eigentlich nur einen Stern
vergeben?
Danke für das Lob
Nur eines will ich wegen der 100 Km-Regel noch anfügen.
Keine 100 Km vom Spreewald ist das Wohngebiet der slawischen
Sorben und es ist nachweislich bewiesen, dass deren
Verbreitungsgebiet einst viel größer war.
das ist richtig.
Damit dürften viele Ortsnamen auf slawische Wurzeln
zurückgehen,
Das ist so sicher wie das Amen in der Kirche.
so wahrscheinlich auch das Krossen. Übrigens gibt
es auch ein Crossen an der Oder unweit der Oder-Neiße-Linie im
heutigen Polen, einstmals Schlesien.
Da sind wir aber dann schon ganz tief in der Ortsnamenforschung.
Aber Du hast natürlich Recht: wenn man „Straßburger“ heißt, ist es eine Binsenweisheit, dass die Vorfahren wohl aus Straßburg kamen. Da ist dann jeder natürlich sofort mit der Frage da: Schön und gut „aus Straßburg“ … aber was bedeutet denn „Straßburg“. Oder hier: "Was bedeutet denn Krossen (oder Crossen oder andere ähnlich lautende Ortsnamen). Sind schon die Familiennamen in ihrer Bedeutung nicht eindeutig BEweisbar (man findet nur HINweise), so wird es bei den Orts- und Örtlichkeitsnamen erst richtig spekulativ. Da kann man gleich gar nichts mehr BEweisen. Und für jeden HINweis kann man 10 Gegen-Hinweise finden, wenn man sich die Mühe macht. Die Denkweise der damaligen Menschen legt aber den Verdacht nahe, dass viele Ortsnamen sich aus Flur-/Geländeformationsbezeichnungen ergeben haben und - wenn man die Gesamtlage des Ortes kennt - sich somit logisch übersetzen lassen, ohne irgendwelche erfundenen angeblichen Ortsgründer bemühen zu müssen. Solche Personen haben allzu oft nie existiert.
Gerade in den östlichen Gebieten ist bei Ortsnamen der slawische Einfluss allgegenwärtig. Leipzig, Dresden, Cottbus, Maktredwitz und viele andere Orte mehr sind nachweislich slawischen Namensursprungs.
Um wieder auf den Fragesteller Grasske zurück zu kommen: Ortsnamen sind um ein Vielfaches älter als Familiennamen. Daher bleibe ich dabei, dass Grasske ein Familiennamen mit deutschen Wurzeln ist, der vermutlich auf einen kleinen Ort im Großraum zurückgeht, in dem zur namensentstehenden Zeit deutsch gesprochen wurde. Dem tut es keinen Abbruch, dass der zugrundeliegende Ortsname selbst slawischen Namensursprungs ist…
Soweit für heute
Viele Grüße
Alexander
Gerade in den östlichen Gebieten ist bei Ortsnamen der
slawische Einfluss allgegenwärtig. Leipzig, Dresden, Cottbus,
Maktredwitz und viele andere Orte mehr sind nachweislich
slawischen Namensursprungs.
und natürlich mein Paradebeispiel Berlin.
Bestehend aus den slawischen Bestandteilen „Brl“ = Sumpf und „in“ = Ort, also Ort am Sumpf.
Und wer die Gegebenheiten in Berlin kennt, der weiß, dass diese Bezeichnung sehr treffend ist.
Gruß
Lawrence