In wieweit ist der Islam Lebensbejahend ?

Laut Schopenhauer soll ja der Islam Lebensbejahend sein. Warum eigentlich ? in seiner Philosophie behauptet er dies, gibt aber keine Anhaltspunkte warum das so ist.
Hab zwar auch mal von einer moslemischen Freundin gehört , das der Islam das Leben lobt und befürwortet, also scheint wohl was dran zu sein, aber eine Begründung konnte ich ihr nicht entlocken.
Wäre nett, wenn mir jmd weiterhelfen könnte.

Gruß Joey

Warum eigentlich nicht?

Servus,

auf welche Aussage von Schopenhauer beziehst Du Dich? Welches Werk, welche Stelle?

Schöne Grüße

MM

Hallo

also was ich bis jetzt gefunden habe ist nachzulesen in die Welt als Wille und Vorstellung "zur Lehre der Verneinung des Willens zum Leben " Seite 724 ganz unten und Seite 703 weiter unten.

Aber wie gesagt sind es hauptsächlich Behauptungen das eben der Islam Optimistisch sprich Lebensbejahend ist.
An einer Stelle (muss ich noch suchen) leitet er den Islam aus dem Judentum ab in dem der Islam diverse Propheten aus dem Judentum übernimmt, welches ebenfalls Lebensbejahend ist.

Viele grüße

Hallo,

http://www.schopenhauers-kosmos.de/Islam

wieso sollte theistische Religion nicht (theoretisch) positiv zum Geschenk „Leben“ stehen?

vdmaster

Warum eingentlich nicht doch?

„Lebensbejahend“, so wie du es hier offenbar meinst, scheint mir nicht der richtige Begriff zu sein. Schopenhauer spielt hier auf die starke Schicksalsgläubigkeit (Kismet, aus dem Arabischen!) der Muslime an, nach ohnehin alles von Allah vorbestimmt ist. Man kann das negativ sehen (in Reiseberichten des 18. Jhs. hüpfen die Muslime gerne vom Schiff, während im Hafen noch die Pest herscht, was Europäer gar nicht witzig fanden), oder eben postitiv als „Optimismus“ (warum nicht nach Schicksalsschlägen nach vorne schauen, es ist ja ohnehin alles vorbestimmt und liegt nicht in meiner Hand!)
Grüße
D.

Ich habe als leidlich begabter Schopenhauer-Kenner den Zusammenhang Schopenhauer+Islam jetzt nicht vor Augen und du gibst auch keine Textstelle an, aber generell:
a) das Lebensbejahendste überhaupt ist für Schopenhauer die Sexualität, das ist bei ihm fast ein Synonym,
b) dem Islam wurde (zumindest noch bis vor einigen Jahrzehnten; jedenfalls aber zu Schopenhauers Zeiten) sehr viel mehr Sinn für Erotik und Leidenschaft in der (ehelichen) Sexualität zugeschrieben als etwa dem Christentum
Vgl. auch: http://www.religionen.at/irprochaska.htm

Gruß
F.

Naja, was soll er machen? … „lebensbejahend“ ist eben Schopenhauers Begriff (vielleicht sogar dessen Hauptbegriff).
Und um den gehts dem UP ja nun mal :wink:

Gruß
F.

Der Sufismus, nicht der Islam

Hallo,

eine Seitenangabe macht i.d.R. natürlich nur Sinn, wenn klar ist, auf welche Edition sie sich bezieht :slight_smile:

Die Abhandlung

„Zur Lehre der Verneinung des Willens zum Leben“

gehört zu den „Ergänzungen“ zum 4. Buch der WWV und bezieht sich dort auf §68.
In „Sämtliche Werke“, Stuttgart, Frankfurt 1968 (Repro: Darmstadt 1989-82) im II. Bd.
ebendort ab S. 772.

Diese Abhandlung fokussiert einerseits auf den Unterschied zwischen den Denkwegen der Philosophie und der Mystik, andererseits auf den Unterschied von Theismus und Mystik. Obwohl er programmatisch sich zwischen bzw über die Alternative philosophischer und mystischer Bemühungen stellt, zeigt er sich hier gegenüber den von im unter „Mystik“ gefaßten Wegen positiv.

Er zählt (z.B. op. cit. S. 784) unter diese

  • die Upanishads (er diskutiert sie unter der persischen bzw sassanidischen Bezeichnung „Oupnekhat“, woraus ersichtlich ist, dass er als Quelle Duperrons lateinische Übersetzung der in Indien verfaßten persischen Übersetzung benutzte), ferner
  • die Enneaden des Plotin
  • die Hauptschrift „Peri Physeon“ des Johannes Scottus Eriugena (den er als „Scotus Erigena“ zitiert)
  • Jakob Böhme
  • den „Cherubinischen Wandersmann“ des Angelus Silesius
    und last but not least die Deutschen Predigten des Meister Eckhart. Interessanterweise nimmt er den bedeutendsten spätantiken Mystiker Pseudo-Dionysius Areopagita nicht zur Kenntnis.

Aber ganz besonders hebt er - hier und andernorts - den Sufismus hervor. Also jene moslemische Mystik, die sich unter anderem aus dem Islam herausgebildet hatte (aber keineswegs in allen islamischen Schulen respektiert wurde und wird!). Es ist nicht „der Islam“, sondern (teils sogar im Gegensatz zu diesem) eben die Lehrtradition der Sufis, denen er vorzügliche Achtung beschert.

Dazu op. cit. S. 785 zum Beispiel:
„Eben diesem Geiste gemäß äußert sich durchgängig auch die Mystik der Sufis hauptsächlich als ein Schwelgen in dem Bewußtsein, daß man selbst der Kern der Welt und die Quelle alles Daseins ist, zu der alles zurückkehrt […] Dieser Verschiedenheit der Auffassung entsprechend hat die mohammedanische Mystik [Anm. von mir: Also der Sufismus, aber nicht der Islam] einen sehr heiteren Charakter, die christliche einen düstern und schmerzlichen; die der Hindu, über beiden stehend, hält sich auch in dieser Hinsicht die Mitte.“

Gruß
Metapher

2 Like

Wie Metapher schon schon schrieb, war S. ein Fan des Sufismus. Sufisten waren, ähnlich wie die 68-er vor kurzem noch, ursprünglich egozentrische asketische kiffende Banden (Bruderschaften). Sich selbst lebensbejahend fühlend. Wenn man wie S. nichts mit anderen ( z.B. Frauen) anzufangen wusste außer Verachtung, dann war und ist es wohl die einzige und beste Lösung in der Krise.

Franz

Nö, der ist ‚optimistisch‘ bzw. 'Optimismus".

Servus,

dass der Islam mit seinen Cousinen Schriftreligionen in enger Verbindung steht, ist keine Erfindung von Schopenhauer, wie man hier

glauben könnte.

Wenn Du Dir mal den Abschnitt über die Kreuzigung Jesu (bzw. eben grade nicht dieses Menschen) im Koran durchliest, wird Dir schnell deutlich, warum die Moslems noch im achtzehnten Jahrhundert genauso als von der Alleinseligmachenden abgespaltene Sekte betrachtet wurden wie die Hussiten, die Lutheraner, die Utraquisten, die Materialisten (!), die Albigenser usw. usw.

Schöne Grüße

MM

Das stimmt ja grundsätzlich. Schopenhauer scheint mir aber - worauf sich das „lebensbejahend“ im Ausgangspost bezieht - den ‚Optimismus‘ der Muslime im Zusammenhang mit ihrem ‚Fatalismus‘ zu sehen. Also in seiner Weltsicht als etwas negatives. Das ist ein verbreiteter Topos in der Literatur seiner und der vorhergehenden Zeit. Siehe meinen anderen Beitrag. Seine Haltung zum Sufismus steht hier auf einem ganz anderen Blatt.
Gruß
D.

Wie meinst du das?
Dass Schopenhauer in Zusammenhang mit dem Islam von „optimistisch“ spricht, nicht aber von „lebensbejahend“?

(Dass das Begriffspaar Lebensverneinung/-bejahung im allgemeinen eine zentrale Rolle bei Schopenhauer spielt, wird unstrittig sein)

Gruß
F.

Ich habe durchaus keine Gesamtausgabe zur Hand. Aber an allen Stellen, die ich gerade in unserer Bibliothek nachschlagen konnte, war im Bezug zum Islam die Rede von ‚optimistisch‘ bzw. ‚Optimismus‘. Setzt er ‚optimistisch‘ mit ‚lebensbejahend‘ gleich?

Danke, interessant.

Nein.

Hast du dich wegen Schopenhauer gelöscht?
Der Wille zum Nichts :wink:

Gruß
F.